[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien – Drs 21/14935 –]
Wir haben wieder vereinbart, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Die Stimmzettel sind verteilt worden. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung, und Sie dürfen wie immer auf jedem Stimmzettel bei jedem Namen ein Kreuz machen, nur eins, sonst ist der Stimmzettel ungültig. Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidung vor, und ich darf die Schriftführung bitten, mit dem Einsammeln der Wahlscheine zu beginnen.
Sind alle Stimmzettel eingesammelt worden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann werden die Stimmen ausgezählt und im Laufe der Sitzung bekannt gegeben.
Ich rufe jetzt auf die Punkte 11, 29, 30 und 41 unserer Tagesordnung, und zwar die Senatsmitteilung: Landesprogramm "Hamburg – Stadt mit Courage" – Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus, dazu den Antrag der CDU-Fraktion: Dem Judenhass keine Chance geben – Bürgerschaft beschließt Definition und Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus in Hamburg, den Antrag der FDP-Fraktion: Antisemitismus entschie
den bekämpfen – unsere Demokratie braucht Freiheit, Toleranz und Vielfalt, und den Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Jüdisches Leben fördern und Antisemitismus entschlossen entgegentreten – Einrichtung des Amtes einer beziehungsweise eines Beauftragten für jüdisches Leben.
[Senatsmitteilung: Landesprogramm "Hamburg – Stadt mit Courage" – Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus 2019 – zugleich Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 10. Mai 2017 "Weitere Förderung der demokratischen Kultur, des gegenseitigen Respekts und des sozialen Zusammenhalts (Drucksache 21/8891) – Ziffer 4 und zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 12. Dezember 2018 "Antisemitismus wirksam bekämpfen – Demokratische Kultur weiter fördern" (Druck- sache 21/15399) – Drs 21/18643 –]
[Antrag der CDU-Fraktion: Dem Judenhass keine Chance geben – Bürgerschaft beschließt Definition und Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus in Hamburg – Drs 21/18740 –]
[Antrag der FDP-Fraktion: Antisemitismus entschieden bekämpfen – unsere Demokratie braucht Freiheit, Toleranz und Vielfalt – Drs 21/18769 –]
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Jüdisches Leben fördern und Antisemitismus entschlossen entgegentreten – Einrichtung des Amtes einer beziehungsweise eines Beauftragten für jüdisches Leben und die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus in Hamburg – Drs 21/18780 –]
Alle vier Drucksachen möchten die Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und FDP an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht erst seit dem Mord an Walter Lübcke und dem schrecklichen Anschlag von Halle ist klar, dass die größte Gefahr für unsere Demokratie vom Rechtsextremismus ausgeht.
Ich freue mich deshalb, dass wir nach der Debatte zum Antisemitismus in der letzten Aktuellen Stunde heute die Fortschreibung des Landesprogramms "Hamburg – Stadt mit Courage" – Vorbeugung und Bekämpfung des Rechtsextremismus beraten und debattieren. Wir haben so die Gelegenheit, anhand dieser Drucksache und der wichtigen Anträge zur Weiterentwicklung der Bekämpfung des Antisemitismus im Ausschuss zu überprüfen, ob unsere bisherigen Maßnahmen ausreichend sind und wo wir sie sinnvoll ergänzen sollten.
Die vorliegende Drucksache zeigt eindrucksvoll und detailreich den ganzheitlichen Ansatz des Senats. Dabei ist das Landesprogramm in eine breit angelegte Gesamtstrategie zur Förderung des Zusammenhalts und der Demokratie eingebettet. Die Koalitionsfraktionen haben in dieser Legislaturperiode dazu mehrfach umfangreiche Anträge vorgelegt. Wir wollen den Zusammenhalt in unserer vielfältigen Stadt beständig stärken, denn das ist der beste Schutz gegen das Erstarken des Rechtsextremismus.
Uns ist dabei klar, dass der Staat allein den Rechtsextremismus nicht eindämmen kann. Er ist auf das Zusammenwirken mit einer aktiven Zivilgesellschaft angewiesen. Hamburg verfügt über diese aktive und agile Zivilgesellschaft, die Demokratie und Zusammenhalt lebt und sich Rechtsextremisten entgegenstellt, wenn es notwendig ist. Dafür sind wir sehr dankbar.
Die Drucksache skizziert den weiten Bogen der Präventionsarbeit in Hamburg von Kita und Schule bis hin zu sozialräumlichen Angeboten und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Sie stellt die speziellen Einrichtungen zur Intervention und zum Opferschutz vor, die in Hamburg gefördert werden, vom mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus bis hin zu den Ausstiegsprogrammen. Und sie zeigt die umfangreichen Aktivitäten im Bereich der Repression durch Polizei, Landeskriminalamt und Landesamt für Verfassungsschutz, das mit seiner in jüngster Zeit offensiven Informationspolitik auch einen wesentlichen Beitrag zur Prävention leistet.
Zusammen ergibt sich das Bild einer Stadt, die für die Gefahren des Rechtsextremismus sensibilisiert ist, sich ihm entgegenstellt und in diesem Sinne wehrhaft ist.
Die Drucksache liefert daneben einen Überblick über die Entwicklungstendenzen des Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren. Besonders
erschreckend ist dabei der Befund zum Antisemitismus. Es ist deshalb gut und richtig, dass wir uns mit den vorliegenden Anträgen gemeinsam auf den Weg machen, um die Bekämpfung des Antisemitismus zu intensivieren, vor allem aber um das kulturelle und Alltagsleben von Jüdinnen und Juden in Hamburg und dessen öffentliche Sichtbarkeit zu fördern, damit ein vitales Judentum in naher Zukunft im besten Sinne wieder zur Normalität unseres Zusammenlebens wird.
Abschließend zur Strategie der Diskursverschiebung und Entgrenzung, die insbesondere für die sogenannte Neue Rechte eine zentrale Rolle spielt. Deren Vordenker Götz Kubitschek schrieb bereits 2007 in seinem Buch "Provokationen":
"Wir bewegen uns auf das zu, was wir den Vorbürgerkrieg nennen können, wohl wissend, wie groß das Wort vom Bürgerkrieg ist, wie unvorstellbar die Angst und Zerrüttung, wenn eine echte Wolfszeit anbricht."
"Heute lautet die Frage, Schaf oder Wolf. Und ich, nein, wir entscheiden uns in dieser Lage, Wolf zu sein."
"Wenn erst einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen. Man werde um wohltemperierte Grausamkeiten nicht herumkommen."
Die AfD spielt eine Schlüsselrolle in der Strategie der Neuen Rechten zur Diskursverschiebung und gibt sich dem leider mehr und mehr hin.
Nie wieder Faschismus. Diesem Auftrag und dieser Aufgabe stellt sich jede Generation von Neuem und unsere heutige Generation leider im Besonderen. Lassen Sie uns diesen Auftrag gemeinsam und entschlossen annehmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben bereits vor zwei Wochen in der Aktuellen Stunde eine gute Debatte zu diesen Themen geführt, leider mit einer Ausnahme. Aber ich glaube, das Wichtige, das Signal war klar. Ich hoffe – so habe ich die Rede eben gesehen –, dass dieses Signal auch von dieser Debatte ausgeht.
Die jüdische Sprache ist weitgehend verschwunden. Der Nationalsozialismus hat sie ausgerottet, aber Jiddisch hat der Welt ein Wort geschenkt, das ich auch schon in der letzten Rede benutzt habe: Tacheles. Ich finde, bei diesem Thema muss man tatsächlich Tacheles sprechen. Wenn unsere Demokratie angegriffen wird, ist das notwendig.
Antisemitismus hat in unserem Land seit Längerem wieder eine traurige Präsenz. Antisemitismus zeigt sich heute sehr stark bei Rechtsextremen wie in Halle, leider auch bei Linksextremen, in Teilen auch bei der muslimischen Bevölkerung. Er zeigt sich durch Worte, durch offene Feindseligkeit, durch Handlungen, durch Antizionismus, durch Boykottforderungen gegen Israel oder gegen israelische Künstler. Antisemitismus hat seine Ursache in kruden rechtsextremistischen Weltbildern, in unreflektierten Denkmustern oder auch in der Tatsache, dass man damit vielleicht einfach nur groß geworden ist.
Ich bin der Meinung, dass Antisemitismus überall und möglichst von allen Menschen widersprochen werden muss. Der Einsatz gegen Antisemitismus ist letztendlich nichts anderes als ein Ausdruck von Humanismus. Das muss unser Konsens sein. Wir müssen diesen Nährboden für Hass, Hetze und Gewalt austrocknen. Das ist auch unsere Pflicht als politisch Verantwortliche.