Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Er ist ein Erfolgsprojekt in der Hinsicht, dass er in die Lage versetzt hat, einen gewissen minimalen Standard zu verbessern – übrigens im Gegensatz zu dem, Herr Professor Kruse, was die Wirtschaftsweisen damals immer so gern gesagt haben. Deren sämtliche Vorhersagen sind nicht eingetroffen. Das sollte uns doch alle dazu bringen, die Ratschläge dieser Weisen, die meinen, sie hätten alles im Griff, kritisch zu hinterfragen und zu sagen: Die machen häufig Mist, sie erzählen nicht das Richtige, und sie sind nicht diejenigen, die uns volkswirtschaftlich zur Seite stehen sollten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist wichtig zu unterscheiden. Ich bin deswegen froh, dass wir hier eine größere Einvernehmlichkeit diesbezüglich haben. Denn wir stehen doch auch vor dem Problem, dem politischen Problem in dieser Stadt, dass die Kluft zwischen Arm und Reich ständig wächst. Wir alle stehen da und fragen uns: Was sind die Mechanismen, was können wir machen, damit diese Kluft nicht weiter wächst? Und da ist der Mindestlohn eines der wenigen Instrumente, die wir uns bisher haben einfallen lassen und die einigermaßen funktioniert haben. Deswegen möchte ich auch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit in diesem Haus für dieses Thema, weil es so wichtig ist sozial, das gut zu organisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch einmal kurz, weil es von allen angeführt worden ist, dass 14 Euro populistisch seien und Ähnliches: Nein. Es ist die Realität vieler Menschen in dieser Stadt, dass sie 45 Jahre nicht viel mehr verdienen werden als den Mindestlohn. Das ist die Realität gegenwärtig, und damit muss sich auch die SPD auseinandersetzen. Dort kommt sie doch eigentlich in gewisser Weise her.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn wir feststellen, dass die dann nach über 40 Jahren immer noch keine vernünftige Rente dafür bekommen, muss uns das doch wehtun. Dann müssen wir sagen: Das kann nicht sein, wir müssen daran etwas verändern, wir müssen das erhöhen. Dementsprechend ist es nicht populistisch von uns, so etwas zu machen, sondern eine Anforderung der Realität, die man in dieser Stadt gegenwärtig ins Auge fassen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ist jetzt die Schwierigkeit, die wir mit den 12 Euro hatten? Ich habe mich darüber gefreut damals, als die 12 Euro ins Auge gefasst worden sind; das haben wir übrigens auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Aber es gibt gegenwärtig noch etliche strukturelle Schwächen. So haben wir die Diskussion in den Betrieben, wo sie eingeführt werden sollen, dass die 450-Euro-Jobs davon nicht betroffen sein sollen.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Also es wird wirklich wieder zu laut. – Fahren Sie fort.

Ich werde leiser, vielleicht wird es dadurch besser. – Das strukturelle Problem ist, dass gegenwärtig in den Tarifverträgen, die dort verhandelt werden um 12 Euro, die 450-Euro-Jobs nicht einbezogen werden mit der Begründung, das seien keine richtigen Jobs, das machten die nur nebenbei. Wir finden das einen Hohn. Das können wir nicht akzeptieren. Auch die 450-Euro-Jobs müssen Mindestlohnstandard bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und ein zweiter Punkt dazu: Es kann nicht sein, dass für einen bestimmten Teil des Betriebs die 12 Euro durchgesetzt werden, aber diejenigen, die über die Vergabe dort arbeiten, meinetwegen die Security-Leute in den Museen, diese 12 Euro nicht bekommen können. Deswegen wollen wir das Vergabegesetz an dieser Stelle verändern.

Vielleicht ist es auch besser, die nächste Zeit damit zu verbringen zu sagen, wir brauchen einen Landesmindestlohn für Hamburg. Wir haben in Hamburg höhere Kosten als in Schleswig-Holstein oder in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben die Situation, dass man hier mehr ausgeben muss. Dann muss man in dieser Stadt nach meiner Meinung auch mehr verdienen. Dann hätten wir die Problematik mit Vergabe und Ähnlichem nicht, sondern einen schönen klaren Weg. Das wäre doch ein Superprojekt für die Zukunft. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Rose für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich würde gern ein paar Anmerkungen zu den Argumenten von Herrn Kleibauer machen und ihn auch einmal fragen wollen, wie er denn überhaupt zu dem Zusatzantrag steht; dazu haben wir nichts gehört. Das werden wir natürlich nachher bei der Abstimmung sehen, aber es hätte mich nach Ihrem Beitrag interessiert.

Erste Anmerkung. Die Mindestlohnkommission arbeitet nach dem Mindestlohngesetz. Dieses Mindestlohngesetz hat eine Beschränkung für die Ergebnisse, die sie an die Bundesregierung weitergibt: Sie darf sich nur im Rahmen der durchschnittlichen Tarifanhebung bewegen. Wenn wir 12 Euro fordern, dann fordern wir damit einen extra strukturellen Schritt, nach dem dann wieder die jährliche oder zweijährliche Tarifanhebung stattfinden soll. Wenn Sie das miteinander in einen Topf werfen, entspricht das nicht der Gesetzgebung. Insofern wäre es gut, wenn Sie sich da noch einmal überlegen, wie Sie als Fraktion oder Partei dazu stehen. Wir brauchen eine strukturelle neue Grundlage für den Mindestlohn, um dafür zu sorgen, dass die Ergebnisse, die wir damit erzielen wollen – Altersarmut beseitigen und so weiter –, erreicht werden können.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt. Sie haben davon gesprochen, dass die Tarifautonomie dadurch geschwächt würde. Wenn Sie unseren Zusatzantrag durchlesen, sehen Sie, dass es für uns zwei zentrale Punkte bei der Änderung des Vergabegesetzes gibt, der eine sind die 14 Euro, der andere ist die Frage Tarifbindung. Das heißt, wenn wir feststellen, dass Tarifverträge Schritt für Schritt immer weniger werden in unserem Land und auch in unserer Stadt, dann müssen wir denjenigen, die von der Stadt einen Auftrag bekommen wollen, auch sagen: Ihr müsst in einen Tarifvertrag reingehen, nicht nur tariftreu sein, sondern ihr müsst in einen Tarifvertrag reingehen. Das bedeutet auch, dass sie dann die Möglichkeit haben, über ihren Arbeitgeberverband an den Tarifverhandlungen teilzunehmen. Das sage ich nur deswegen, weil oft gesagt wird, sie würden sozusagen gezwungen, Tarife anzuwenden. Nein, sie werden nicht nur gezwungen, sie haben auch das Recht, an diesen Verhandlungen über die Tarife, an die sie hinterher gebunden sind, teilzunehmen. Deswegen ist es kein Schritt gegen die Tarifautonomie, sondern es ist ein Schritt für die Stärkung der Tarifautonomie an diesem Punkt.

(Beifall bei der SPD)

Der dritte Punkt. Sie haben unterstellt, das sei ein unverbindlicher Antrag, um über den Wahltermin

(Norbert Hackbusch)

zu kommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie das gern so sehen möchten. Aber wenn Sie sich alle unsere Punkte zum Thema "Stadt der Guten Arbeit" in der letzten Legislaturperiode anschauen, dann haben wir Schritt für Schritt, auch ohne dass ein Wahltermin direkt vor der Tür stand, einen Schritt nach dem anderen in die Realität umgesetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, wenn Sie an der Regierung wären, das Interesse hätten, innerhalb von zwei Monaten eine Reform des Vergaberechts mal kurz per Gesetz im Parlament zu beschließen, ohne den Senat zu beteiligen.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Also von daher: Seien Sie hier fair und realistisch in dieser Frage. Wir haben immer das Prinzip gehabt, gerade in diesem Punkt, versprochen – gehalten. Das werden wir auch bei diesem Punkt so machen. Im Übrigen ist das ein Punkt, der im Wahlprogramm der SPD steht. Insofern können Sie uns daran messen, ob wir nach der Wahl, wenn wir dann wieder an der Regierung sind, das machen, was wir vorher versprochen haben. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dann liegt mir keine weitere Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/19259.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? Den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit großer Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zum Antrag der SPD- und GRÜNEN Fraktion aus Drucksache 21/19425.

Wer möchte diesen beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen beschlossen.

Ich darf Ihnen jetzt das Ergebnis der Wahlen bekannt geben.

Bei der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkommission wurden 100 Stimmzettel abgegeben. Davon waren 2 ungültig, also 98 gültig. Auf Herrn Nockemann entfielen 14 JaStimmen, 80 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen. Damit ist Herr Nockemann nicht gewählt worden, und wir werden diese Wahl in unserer nächsten Sitzung erneut auf die Tagesordnung setzen.

Bei der Wahl eines weiteren stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkommission – das betrifft TOP 3 – sind 100 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war 1 Stimmzettel ungültig, somit sind

99 Stimmzettel gültig. Herr Dr. Alexander Wolf erhielt 22 Ja-Stimmen, 73 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen. Damit ist Herr Dr. Wolf nicht gewählt worden, und wir werden auch diese Wahl in unserer nächsten Sitzung erneut auf die Tagesordnung setzen.

Ich rufe jetzt auf Punkt 89, Antrag der FDP-Fraktion: Wahl der Bezirksamtsleitenden für die Dauer der Wahlperiode der Bezirksversammlungen.

[Antrag der FDP-Fraktion: Wahl der Bezirksamtsleitenden für die Dauer der Wahlperiode der Bezirksversammlungen – Drs 21/19269 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und FDP an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Duwe erhält es für den Antragsteller, die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Amt der Bezirksamtsleitenden ist das höchste Amt auf Bezirksebene und eine wichtige Schlüsselposition mit viel Verantwortung, und zwar nicht nur politischer Verantwortung, sondern vor allen Dingen auch amtlicher Verantwortung. Es ist immer mehr festzustellen, dass die Besetzung von diesen Posten nur noch nachrangig anhand der fachlichen Kompetenzen erfolgt; ich habe das einmal diplomatisch ausgedrückt. Die letzten Ereignisse in diversen Bezirken haben mich darin bestärkt, dass es doch eher eine parteipolitische Position ist und keine Fachposition und keine Verwaltungsposition. All die Reibereien liegen unter anderem daran, dass die Wahlperiode der Bezirksversammlungen und die Amtsdauer der Bezirksamtsleiter oder -leiterinnen auseinanderklaffen, sodass eigentlich immer nicht nur nach Wahlen, sondern auch zwischendrin Besetzungen erfolgen können oder müssen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das bedeutet einerseits eine Nichtplanbarkeit für diejenigen, die das Amt übernehmen, zumindest eine schlechtere Planbarkeit, und zum anderen natürlich die Notwendigkeit, dass Parteien sich nach den Wahlen immer irgendwelche Ausreden überlegen müssen, warum eigentlich jetzt derjenige, der vier Jahre gut gearbeitet hat, doch nicht so geeignet ist für diesen Posten, weil er zufälligerweise von einer anderen Partei kommt.

Ich habe gerade festgestellt, dass es eigentlich schon ausreicht, wenn man Fraktionsvorsitzender einer Bezirksfraktion gewesen ist, um zum Bezirksamtsleiter gewählt zu werden. Ich habe mir schon

(Wolfgang Rose)

überlegt, ob ich das nicht doch einmal versuche in Harburg,

(André Trepoll CDU: Das geht nur bei den GRÜNEN!)

habe aber überlegt, das nicht zu machen, weil ich noch andere Sachen im Kopf habe und für Harburg an anderer Stelle mehr erreichen kann; es steht ja auch nicht an.

Ein Kollateralschaden entsteht natürlich immer, wenn Leute, die noch ein paar Jahre im Amt sein könnten, abgelöst werden. Dann werden sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt, und das kostet Geld, es sei denn, die Person findet innerhalb von zwei Nanosekunden eine gleichwertige Position. Das ist natürlich nicht der Fall.

Wir schlagen vor, die Amtsdauer der Bezirksamtsleitenden mit der Wahlperiode für die Bezirksversammlungen zusammenzulegen. Das würde natürlich auch bedeuten, dass immer neu gewählt werden wird, aber wahrscheinlich werden die Wahlgänge viel kürzer sein, und ich glaube auch, dass so mehr Kontinuität in die Verwaltungen der Bezirksämter kommen wird.