Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

(Dirk Kienscherf SPD: Verfassungsrecht ist das!)

um die Bevölkerung an Demokratie wirklich partizipieren lassen zu können. Das kann man so machen, aber dann muss man sich auch nicht wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in die Parlamente verlieren. Das lehnen wir ab, und deshalb haben wir diesen Dreiminutenbeitrag angemeldet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Lächerlich!)

Herr Tabbert bekommt das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Dolzer, es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich man auf dieselbe Materie blicken kann. Im Gegensatz zu Ihnen war ich zusammen mit meinem damaligen Fraktionsvorsitzenden und heutigem Finanzsenator Andreas Dressel und Frau Peltonen von Transparency International, die heute hier zu Besuch ist, nicht ganz unmaßgeblich an der Entstehung des Transparenzgesetzes beteiligt, das Sie hier als das fortschrittlichste in ganz Deutschland loben. DIE LINKE hat dem damals übrigens zugestimmt; sie ist damals ein bisschen pragmatischer und großherziger an die Sache herangegangen, als Sie das heute gemacht haben. Ich glaube, es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, wenn Sie etwas gnädiger mit dem umgehen würden, was hier beschlossen worden ist.

Auf alle angesprochenen Aspekte kann ich hier nicht eingehen, aber ich kann Ihnen natürlich so viel sagen: Das Transparenzgesetz haben wir nicht nur nicht eingeschränkt, sondern wir haben es unter anderem mit unserem heutigen interfraktionellen Zusatzantrag sogar noch gestärkt und für mehr

(Präsidentin Carola Veit)

Transparenz gesorgt. Das betrifft die Akteure, also die Einbeziehung der mittelbaren Staatsverwaltungen in die Veröffentlichungspflicht im Transparenzportal. Das heißt, Handelskammer, Hochschulen, Handwerkskammern, Anwaltskammern et cetera müssen jetzt auch nicht nur auf Antrag, was auch mit Kosten verbunden war, sondern sozusagen von Amts wegen alle wesentlichen Informationen über öffentliche Belange ins Transparenzportal einstellen. Wie man vor dem Hintergrund dazu kommen kann, dass das Gesetz hier eingeschränkt wird, erschließt sich mir nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Punkt zwei, zu den Inhalten: Mit dem Änderungsantrag sorgen wir in der Zukunft dafür, dass alle Verwaltungsvorschriften und Gutachten, soweit sie nicht nur von Behörden in Auftrag gegeben worden sind, sondern auch in deren Entscheidungen oder in deren Vorbereitung einfließen, in den Anwendungsbereich des Transparenzgesetzes fallen. Wenn ich es richtig sehe, lieber Herr Kollege Dolzer, gehen wir mit diesem Änderungsantrag sogar weiter, als Sie das als DIE LINKE fordern.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Was die Verträge angeht, die die Stadt schließt, haben wir die Sache noch einmal einer Überprüfung unterzogen und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Natürlich bleibt die Veröffentlichungspflicht. Aber sobald die Verdingungsordnung für Leistungen Teil B betroffen ist, wollen wir nicht mehr in das Gesetz schreiben, dass das Rücktrittsrecht ausgehandelt werden muss, weil dies dazu führen würde, dass die VOB/B oder das Rücktrittsrecht selbst unwirksam wären. Das können selbst Sie nicht wollen.

(Glocke)

Herr Tabbert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dolzer?

Nein, jetzt nicht. Er kann sich noch einmal zu Wort melden.

(Zurufe: Kann er nicht!)

Gut, ja, dann soll er eine Zwischenfrage stellen.

Bitte, Herr Dolzer.

Lieber Herr Tabbert, wie erklären Sie sich dann, dass diejenigen, mit denen Sie das 2011 auf den Weg gebracht haben, in der Pressemitteilung vom gestrigen Tag die gleiche Kritik vorbringen, die ich jetzt gerade vorgebracht habe?

Das kann ich Ihnen jetzt in 30 Sekunden nicht sagen. Das müssen Sie dann die entsprechenden Akteure fragen.

Ich würde gern meine Rede ausführen. Ich hatte noch 30 Sekunden, bevor die Zwischenfrage kam. Okay.

Außerdem haben wir die Kompetenzen des Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten gestärkt. Er hat im Gegensatz zu bisher auch noch die Kompetenz, Verstöße gegen das Gesetz gerichtlich feststellen zu lassen. Ich weiß, die FDP fordert hier mehr und will sogar eine Anordnungsbefugnis. Dafür waren wir ursprünglich auch. Wir haben das aber noch einmal verfassungsrechtlich überprüft. Artikel 33 Absatz 2 der Hamburgischen Verfassung legt fest, dass niemand dem Senat bei der Führung der Verwaltung übergeordnet ist. Da müssen Sie einmal in "David", Verfassungskommentar zu Artikel 33 Randnummer 18 nachschauen. So eine Überordnung hätten wir aber durch die Anordnungsbefugnis. Darum haben wir es hier bei der Feststellungsklage belassen.

Letzter Punkt, auf den ich noch eingehen muss, weil Sie, Herr Dolzer, hier Schauerbilder mit Todesfällen in Tschechien an die Wand gemalt haben. Also Antragstellende, die nach personenbezogenen Daten fragen, können sich nach unserem Änderungsantrag, den wir heute beschließen, absolut sicher sein,

(Glocke)

dass ihre Daten im Rahmen einer Bearbeitung nicht ohne Überprüfung an Dritte weitergegeben werden.

(Glocke)

Sollte das Interesse an Geheimhaltung der Identität überwiegen, so dürfen deren Daten nicht offengelegt werden.

Herr Tabbert, Ihre Zeit ist jetzt wirklich abgelaufen.

Ja, gut. Insofern … Ja.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Seelmaecker bekommt das Wort für die CDU-Fraktion. – Kein Stress, wir haben Zeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Ich fasse mich kurz; ich habe das schon gehört, Details brauchen wir im Grunde genommen auch gar nicht mehr in dieser Kurzdebatte anzuführen. Wir haben uns interfraktionell sehr intensiv mit dem Änderungsantrag, mit der Problematik, mit den einzel

(Urs Tabbert)

nen Punkten beschäftigt. Es ist nicht so, dass wir es uns einfach gemacht hätten. Im Gegenteil, es liegt in der Natur der Sache, dass ein Kompromiss etwas ist, ein Konsens, auf den man sich mit mehreren Fraktionen einigt, um das bestmögliche Gesamtergebnis zu bekommen. Das haben wir damals, als dieses Gesetz eingeführt wurde, und meines Erachtens auch jetzt erreicht, indem wir es fortschreiben, es evaluiert haben, leider in einer sehr kurzen Zeit. Das ist allerdings dem Umstand geschuldet, dass wir das Ende der Legislaturperiode praktisch erreicht haben; ansonsten wären unsere Bemühungen der Diskontinuität anheimgefallen. Das kann keiner wollen, und da muss ich sogar sagen, Hut ab vor den Regierungsfraktionen, dass sie sich diesem interfraktionellen Antrag angeschlossen oder mitgemacht haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Insofern bin ich dankbar, dass das funktioniert hat.

Das A und O ist doch, dass das, was im Transparenzgesetz verankert ist, mit Leben gefüllt wird. Darin, dass das noch nicht das Optimum ist, sind wir uns, glaube ich, alle einig. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg, dass der Prozess sehr gut ist, auch wenn es, wie gesagt, noch nicht optimal ist. Herr Dolzer, im Gegensatz zu Ihnen glaube ich, dass die Tatsache, dass durch die Veränderungen, die wir jetzt vorgenommen haben, von den Behörden proaktiv darauf hingewiesen werden wird, was für Rechte und Möglichkeiten bestehen, weiter dazu beitragen wird, dass das Vertrauen der Menschen in das Transparenzgesetz und seine Folgen größer wird, als es bisher der Fall ist. Und wenn wir später noch weitere Verbesserungen vornehmen wollen, dann können wir das immer tun. Jetzt aber haben wir die Zeit genutzt, und das, meine ich, ist ein gutes Ergebnis. – Danke sehr.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN und der FDP)

Herr Müller bekommt das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Der Kollege Tabbert hat es eben schon gesagt: Diese Novelle des Transparenzgesetzes ist ein Mehr und kein Weniger an Transparenz für die Hamburger Verwaltung,

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

und es ist immer noch und wird es wahrscheinlich auf längere Sicht bleiben das Gesetz mit der größten Transparenz in allen Bundesländern.

(André Trepoll CDU: Das ist so durchsichtig, das sieht man gar nicht!)

Jetzt gibt es auch – ich will auf einen Punkt, der hier besonders drastisch dargestellt wurde, kurz eingehen – die Auskunftspflicht Dritter. Als wir das Transparenzgesetz nach einer Volksinitiative in diesem Hause fraktionsübergreifend beschlossen

haben, gab es die Datenschutzgrundverordnung noch nicht. Das Leben ist ein bisschen komplexer, Herr Dolzer, als Sie es vielleicht manchmal versuchen wahrzunehmen. Wir haben also eine Güterabwägung zwischen dem berechtigten Schutz von Daten, die der Staat verwaltet, und dem berechtigten Interesse an Transparenz. Diese Güterabwägung müssen wir jetzt vornehmen, weil die Datenschutzgrundverordnung jetzt gilt; sie galt damals noch nicht. Dabei haben wir sehr wenig, wenn überhaupt, politischen Spielraum. Egal, ob Sie hier eine absolute Mehrheit hätten, Herr Dolzer, Sie könnten es nicht beschließen oder zumindest wäre es nichtig. Deswegen haben wir uns im Ausschuss noch einmal die Mühe gemacht, diesen einen Punkt, was wir tun können, wenn es tatsächlich eine Gefährdung der Persönlichkeit gibt, die diese Auskunft gern möchte, genau abzuwägen. Das haben wir jetzt ins Gesetz reingeschrieben, und deswegen, glaube ich, ist das der einzige Punkt, den wir hier noch machen konnten. Das alles mag Ihnen nicht passen,

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

nur, es ist in dieser Hamburgischen Bürgerschaft nicht möglich, EU-Recht und Bundesrecht auszuhebeln, nur weil wir uns etwas anderes wünschen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Joachim Lenders CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Dann kommen wir hier zur Abstimmung.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Herr Dolzer, Sie hatten bereits das Wort.

Wir beginnen mit dem Antrag der LINKEN aus Drucksache 21/19369.

Wer stimmt ihm zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag abgelehnt.