Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Philipp Heißner CDU und Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wir haben wieder den Wolf im Schafspelz gesehen, denn das muss man einmal denjenigen sagen, die hier oben sitzen und zuhören. Wenn Sie sich einmal den Werbespot der Partei, die hier am rechten Rand sitzt, anschauen, dann sehen Sie dort die unterste Schublade des Populismus, und dort zeigen sie ihr wirklich wahres Gesicht. Schauen Sie sich das einmal an, hoffentlich haben wir davon weniger im nächsten Parlament sitzen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und Herr Heißner, auch Ihr zweiter Redebeitrag hat es nicht besser gemacht. Alles rund um die

Kopftuchdebatte konnten Sie hier nicht ausräumen. Ich habe dagegen aber Herrn Weinberg noch aus den letzten Tagen im Ohr und habe ihn anders verstanden. Er überlegte nämlich, ob es nicht einen Zusatzantrag der CDU geben sollte mit dem Tenor, auch psychologische und Traumabegleitung zu gewährleisten. Das scheint mir ein wesentlich sinnvollerer Beitrag zu dieser Debatte zu sein, als Ihrer es hier vorn gewesen ist.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wir als Rot-Grün haben uns bereits in der Debatte um die Seenotrettung eindeutig positioniert und gemeinsam mit vielen anderen Städten und Kommunen beschlossen, dass wir Menschen auch über den Königsteiner Schlüssel hinaus aufnehmen. Wir haben dies deutlich an Herrn Seehofer übermittelt, und ich bin mir sicher, dass wir ihn auch dieses Mal wieder zum Jagen tragen werden und er auch dieses Mal seine Position ändern wird.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Europa, ja, da haben wir alle eine Verantwortung, denn alle Parteien, die hier im Parlament sitzen, haben eine Verantwortung für die, die es dort angeht. Und ich hoffe, dass wir das alle an diejenigen herantragen im Sinne eines solidarischeren Europas.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Bekeris. – Das Wort erhält jetzt Dr. Anjes Tjarks für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute vielleicht die letzte Flüchtlingsdebatte in dieser Legislaturperiode, und ich finde es eigentlich recht angemessen, weil das vielleicht das Thema ist, das diese Legislaturperiode doch am deutlichsten geprägt hatte, dass wir mit der Aufnahme von fast 30 000 Geflüchteten in den Jahren 2015/2016 als Stadt, als Stadtgesellschaft, als Zivilgesellschaft, als Verwaltung, als Senat und eben auch als Hamburgische Bürgerschaft doch ziemlich viel in diesem Bereich geleistet haben. Hier können wir mit Zufriedenheit und auch ein bisschen Stolz zurückblicken, wir können sagen, wir haben das alles geschafft. Und, Herr Heißner, da gilt der Satz der Bundeskanzlerin selbstverständlich, wir haben ihn in Hamburg auch wahrgemacht. Ich finde, das sollten wir auch noch einmal sagen, wenn wir uns über diese Kleinigkeiten hier zerstreiten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos und André Tre- poll CDU)

(Christiane Schneider)

Ehrlicherweise war mir dabei immer besonders wichtig – und ich fand, dass Sie von der LINKEN da durchaus auch eine konstruktive Rolle in den meisten Fällen gespielt haben –, dass diejenigen, die sagen, wir wollen, dass Geflüchtete in dieser Stadt aufgenommen werden, dort auch im Ziel einig sind und sagen, wir kämpfen gemeinsam dafür, dass es klappt. Das habe ich an vielen Stellen erlebt in dieser Legislaturperiode, und ich muss sagen, umso enttäuschter bin ich, dass Sie sich an dieser Stelle jetzt hoffnungslos verrannt haben. Denn es ist doch so offensichtlich, dass es Ihnen überhaupt nicht um das Schicksal irgendeines Geflüchteten geht,

(Zurufe von der LINKEN)

sondern es geht doch darum, hier Wahlkampf zu machen, und das sieht man genau an diesen Reaktionen. Und das ist das, wo man sehr klar sagen muss, das haben Sie die ganze Legislaturperiode nicht gemacht und es wäre gut, wenn Sie das auch hier gelassen hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn wir wissen doch, dass die Situation …

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist doch peinlich!)

Das ist nicht peinlich, sondern Sie müssen sich einmal mit der Realität auseinandersetzen. Sie sind doch die Partei, die "Einfach machen" auf Ihre Wahlplakate schreibt, und die einzige Partei, bei der einfach machen definitiv gar nicht funktioniert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schneider?

Ja, selbstverständlich.

Können Sie bitte einmal sagen, was wir genau hätten lassen sollen? Hätten wir …

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ich verstehe Sie gar nicht!)

Können Sie bitte sagen, was genau wir hätten lassen sollen? Hätten wir lassen sollen, die Aufnahme von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten seit Dezember zu fordern? Hätten wir lassen sollen zu sagen, es gibt noch ein weiteres Bündnis, das unseres Erachtens einen guten Weg beschritten hat, das ein breites Bündnis ist, wenn auch nicht besonders groß, aber ein breites Bündnis, hätten wir diese Forderungen unterlassen sollen? Sollen wir jetzt nur noch Forderungen stellen, die von Ihnen vorher genehmigt worden sind, oder wie denken Sie sich das?

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Schneider, und Frau Möller hat es schon gesagt, das Thema ist doch nicht, dass Sie nicht fordern können, dass Hamburg in einem Bündnis ist, und das Thema ist doch nicht, dass Sie uns vorwerfen, dass wir Kritik am Bündnis haben. Wenn wir Kritik am Bündnis haben, dann können wir das beim Bündnis direkt äußern. Der Punkt ist, dass Sie wollen, dass wir in diesem einen bestimmten Bündnis sind und nicht in dem anderen. Wir sind in dem breiten Bündnis und das haben

(Zurufe von der LINKEN)

wir hier breit beschlossen.

Und das zweite Thema ist, dass Sie auch inhaltlich nicht recht haben, weil die Situation nämlich so ist, dass Sie gesagt haben, die sollen in diesem Bündnis einen Weg suchen, wie wir vielleicht doch direkt, ohne den Bundesinnenminister zu fragen, Flüchtlinge hier aufnehmen. Diesen Weg gibt es aber nicht, Frau Schneider, und Sie wissen das, und deswegen streuen Sie den Leuten falschen Sand in die Augen. Diesen direkten Weg gehen wir nicht, es geht nicht, weil wir über das Bundesinnenministerium gehen müssen, und wir machen dort Druck. Das ist das, was wir tun können. Das machen wir mit Niedersachsen, mit Berlin und Thüringen, und die machen auch nicht mehr, denn etwas anderes gibt es nicht, und das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Ewald Aukes FDP – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Tjarks, es liegt erneut die Bitte um eine Zwischenbemerkung oder Wortmeldung von Frau Schneider vor. Wie stehen Sie dazu?

Bitte.

Könnten Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht gesagt haben, Hamburg soll aus dem einen Bündnis aus- und in das andere eintreten? Könnten Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht gesagt haben, das Bündnis der 41 Städte soll das und das tun, sondern dass wir sagen, das, was das Bündnis auch in sein Programm geschrieben hat, in die Potsdamer Erklärung, das, woran sie arbeiten, dass wir wünschen, dass Hamburg das unterstützt? Das ist etwas vollständig anderes, als Sie hier behauptet haben. Und wenn Sie die Debatte nur hochfahren, um hier Wahlkampf zu machen, dann sind Sie es, die Wahlkampf machen, nicht wir.

(Beifall bei der LINKEN)

(Dr. Anjes Tjarks)

Frau Schneider, ich nehme zur Kenntnis, dass es im Vorwege der Debattenanmeldung einen offenen Brief eines vermeintlich großen Bündnisses gab, der im Ton

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was ist das denn, vermeintlich groß?)

extrem deplatziert war und dass Sie nochmals – kann ich Sie daran erinnern? –, uns hier aufgefordert haben, einen Weg zu suchen, nach dem Sie schon sehr lange suchen, nämlich ohne das Bundesinnenministerium, Flüchtlinge einfach so in Deutschland aufzunehmen und in Hamburg. Es gibt diesen Weg nicht, und es wäre gut, wenn Sie das an dieser Stelle einfach einmal zur Kenntnis nehmen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben hier gemeinsam mit Ihnen das beschlossen, was man als Stadt mit Hafen und als Seefahrerstadt und auch aus menschlichen, moralischen Erwägungen beschließen muss, dass wir ein sicherer Hafen sind. Wir haben gesagt, wir wollen, dass Retterinnen und Retter im Mittelmeer nicht kriminalisiert werden. Wir haben gesagt, wir wollen, dass der Bund, die Bundesrepublik Deutschland nicht auf Europa wartet, sondern auch mit einer Koalition der Willigen sagt, wir wollen gemeinsam vorangehen und die Lage im Mittelmeer und in Griechenland verbessern. Und wir haben gesagt, wir wollen als Freie und Hansestadt Hamburg unseren Beitrag dazu leisten und auch über die Maßen Flüchtlinge aufnehmen.

Wir legen jetzt noch nach, indem wir sagen, ja, wir wollen das auch bei minderjährig unbegleiteten Flüchtlingen, konkret aus Griechenland. Und auch Sie fordern in Ihrem Antrag, dass sich der Bund darüber hinaus finanziell dort engagieren muss, auch das wollen wir, und insofern ist die Debatte ein bisschen müßig. Ich würde mich freuen, wenn wir für das gleiche Ziel streiten, ohne dass man sich in dem Wahlkampfgetöse hier die ganze Zeit zerlegt.

Ansonsten bemerken wir, dass wir am Ende einer Flüchtlingsdebatte in dieser Legislaturperiode als Freie und Hansestadt Hamburg, als Menschen in dieser Stadt, wirklich Herausragendes in diesen Fragen geleistet haben. Und ich bin mir sicher, dass die Stadt davon wirtschaftlich und kulturell insgesamt profitiert. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Dann liegt mir zu dem Thema keine weitere Wortmeldung vor.

Ich rufe das nächste Thema auf. Von der FDPFraktion ist angemeldet worden:

Für Experimente ungeeignet: Rechtsstaatliche Themen gehören nicht ins 'grüne Labor'

Wird das Wort dazu gewünscht? – Frau von Treuenfels-Frowein erhält es für fünf Minuten.

Jetzt kommen wir zu einem anderen Thema, wahrscheinlich wird es ähnlich emotional sein.