Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Und wir finden es ebenso beschämend und traurig, dass der politischen Kraft in Hamburg, die am aktivsten zu dieser fatalen Situation beigetragen hat – das ist nun einmal die CDU –, immer noch von einigen Medien Wirtschaftskompetenz zugesprochen wird. Ich halte das für absolut unerträglich. Wie ist so etwas möglich?

(Beifall bei der LINKEN)

Wie ist die Situation gegenwärtig? Was ist das Geschäftsmodell? Auch hier stellen wir fest, dass das Geschäftsmodell nicht funktioniert. Das mit den Gewinnen, die nicht vorhanden sind, habe ich schon dargestellt. Ein weiterer Punkt: Das Geschäftsmodell ist eine Bank für Unternehmer im Norden. Stattdessen stellen wir fest, dass die Bank vor allen Dingen in Immobiliengeschäfte investiert hat.

Wir stellen der Stadt die Aufgabe, den geordneten Weg über das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz einzufordern. Das ist die einzige Möglichkeit, Transparenz herzustellen, unabhängig von den Aussagen der HSH Nordbank. Der Mut für diesen Weg sollte von der Stadt gefunden werden. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun bekommt Herr Schreiber von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hackbusch, ich höre Ihnen eigentlich ganz gern zu, weil ich dieses Stolpern über den spitzen Stein mag. Ich kann Ihnen inhaltlich auch nicht vorschreiben, worüber Sie sprechen, denn das darf ein Mitglied einer Regierungsfraktion nicht gegenüber der Opposition, und zu Recht nicht. Ich kann an dieser Stelle aber doch anmerken, dass die Auswahl des Themas HSH Nordbank für die heutige Aktuelle Stunde in der heißen, finalen Phase der Verhandlung mit der EUKommission für Hamburg und Schleswig-Holstein nicht gut ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Auch für eine Oppositionspartei sollte das Wohl Hamburgs an oberster Stelle stehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Sie wissen natürlich, dass weder der Senat noch ein Mitglied einer Regierungsfraktion Verhandlungsstände in der Öffentlichkeit diskutieren wird, weil dies die Verhandlungen gefährden und die Position Hamburgs und Schleswig-Holsteins schwächen würde. Sie wissen auch, dass wir im Ausschuss Öffentliche Unternehmen vertrauliche Informationen erhalten und diskutiert haben. Überraschenderweise konnte man diese Informationen, zum Teil zumindest, in der Zeitung nachlesen, womit Sie, lieber Herr Hackbusch, vermutlich nichts zu tun haben werden, weil dies einen eklatanten Verstoß gegen Ihre Pflichten als Abgeordneter darstellen würde.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Was soll das denn?)

Aber – Sie können dem auch widersprechen, das würde mich schon interessieren –

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Sie sollen mir mal sagen, was das soll!)

Sie wissen auch, dass solche Veröffentlichungen für die Verhandlungen und für die Bank und für Hamburg und Schleswig-Holstein nicht hilfreich sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Genauso wie Sie wissen, dass es hinsichtlich der HSH Nordbank keine einfache Lösung gibt, keine einfache Lösung geben wird. Keiner weiß genau, was denn das von Ihnen bevorzugte Ende mit Schrecken bedeutet, Sie auch nicht. Wissen tun wir nur, dass es in jedem Fall schrecklich teuer wird und dass wir erst in einigen Jahren wissen werden, was die HSH Nordbank den Steuerzahler gekostet haben wird. Darauf hat der Bürgermeister bereits in seiner Regierungserklärung hingewiesen.

Nur zur Erinnerung weise ich darauf hin, dass es die Finanzsenatoren Dr. Peiner und Dr. Freytag unter einem Bürgermeister Ole von Beust – alle CDU – waren, die aus der ehemaligen Hamburgischen Landesbank eine international tätige Großbank, einen Global Player, machen wollten. Wobei man nicht verschweigen muss, dass auch die SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis gesagt hat – ich zitiere –:

"Wir waren damals alle mehr oder minder besoffen von der Idee, dass die HSH Nordbank als Global Player immer satte Gewinne einfährt."

(Zuruf von Stephan Jersch DIE LINKE)

Dass dies eine eklatante Fehleinschätzung war, ist seit Langem klar und unbestritten. Dass diese Fehleinschätzung teure Folgen für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben wird,

(Norbert Hackbusch)

auch. Statt besoffen müssen wir zumindest jetzt nüchtern agieren. Das in Bälde vorliegende Ergebnis der Verhandlungen mit der EU-Kommission müssen wir uns im Ausschuss Öffentliche Unternehmen vorstellen lassen, die Alternativen dazu auch. Und dann müssen wir abwägen, um schließlich in der Hamburgischen Bürgerschaft, in diesem Raum, in diesem Plenarsaal, zu entscheiden, welcher Weg der am wenigsten schreckliche ist; einen einfachen, guten wird es nicht geben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Jetzt aber hektisch im Rahmen einer Aktuellen Stunde ein Ende mit Schrecken zu fordern, ohne auch nur im Ansatz zu wissen, was das bedeutet und welche finanziellen Auswirkungen das auf Hamburg und Schleswig-Holstein hat, ist unklug und hat mit ordentlichem Regierungshandwerk nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Deshalb überlassen wir das Ihnen, Herr Hackbusch, und machen da nicht mit. In Verantwortung für Hamburg und seine Steuerzahler wollen wir die bestmögliche Lösung, und daran arbeiten wir weiter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Von der CDU-Fraktion bekommt jetzt Herr Kleibauer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist über die letzten Jahre klar erkennbar geworden, dass die Risiken der Stadt aus der Beteiligung an der HSH Nordbank sehr stark gestiegen sind. Das ist, glaube ich, auch ein Thema, was man in der Aktuellen Stunde diskutieren kann. Im Endeffekt war es der Vorstandsvorsitzende dieser Bank selbst, der vor einem Monat öffentlich sehr deutlich gesagt hat: Wir können die Altlasten nicht mehr tragen, eine Lösung bis Ende September muss her. Ich schaue mir nun schon längere Zeit die HSH Nordbank und andere öffentliche Unternehmen an, aber dass ein solcher Aufschrei aus der Führungsriege eines öffentlichen Unternehmens kommt, ist schon äußerst selten. Das unterstreicht, wie dramatisch die Situation für uns und für die Stadt ist.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Kruse FDP)

Gestatten Sie mir – Sie haben es aufgegriffen, Herr Schreiber, – eine kurze Anmerkung zur Themenanmeldung der LINKEN. Ich finde nämlich auch, Herr Hackbusch, dass die Wortwahl "Ende mit Schrecken" den Menschen suggeriert, es gäbe die Möglichkeit einer zwar teuren, aber einer

schnellen, einer einfachen Lösung. Und genau so ist es nicht. Herr Hackbusch, das ist auch ein Stück weit fahrlässig. Sie streuen den Menschen bewusst Sand in die Augen. Das sollten Sie nicht tun.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wir alle wissen, es gibt keine einfache Lösung. Wir alle wissen, es gibt Zweifel am Geschäftsmodell. Ich glaube auch, es ist wenig sinnhaft, dass die Stadt Hamburg auf Dauer eine Großbank finanziert, die bundesweit im Bereich der Immobilienfinanzierung unterwegs ist. Aber es ist im Moment nicht die Situation, dass wir darüber entscheiden, ob wir eine Bank gründen oder es sein lassen, sondern bei der Entscheidung heute und in den kommenden Monaten geht es doch um die Frage, wie wir mit dem Risiko umgehen. Und dass wir das Risiko begrenzen und reduzieren wollen, das gilt, glaube ich, für alle hier im Haus, Herr Hackbusch.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Für uns steht dabei eines ganz klar im Vordergrund, und das ist die Sicherung der Vermögensposition der Stadt. Es muss jetzt um Lösungen mit dem geringsten wirtschaftlichen Nachteil für die Hamburger Steuerzahler gehen. Darum geht es. Und in dem Zusammenhang, Herr Finanzsenator, sage ich ganz deutlich: Jede Lösung, die das jetzt schon bestehende Ausfallrisiko der Stadt noch signifikant erhöht, wird gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt besonders erklärungsbedürftig sein.

Herr Schreiber ist tief in die Historie der Bank gegangen. Es gibt viele Beteiligte in beiden Bundesländern, Hamburg und Schleswig-Holstein, und ich weiß noch, wie einvernehmlich hier 2003 die Fusion der Landesbanken besprochen wurde. Es gibt aber auch eine neuere Geschichte. Die hören Sie vielleicht nicht so gern, aber die muss man sich auch anschauen. Im Juli 2011 hat Herr Scholz gesagt, das EU-Beihilfeverfahren sei durch. Das Fortführungskonzept der HSH Nordbank werde durch das Ergebnis gestärkt, unter weiterer Begrenzung der Risiken und mit geringerer wirtschaftlicher Belastung der Bank. 2012, ein Jahr später, gab es die erste Verlustprognose, die erste Prognose einer Garantieinanspruchnahme der Bundesländer, damals 1,3 Milliarden Euro. Das ist dann Stück für Stück nach oben gegangen. Und vor zweieinhalb Jahren haben wir hier im Haus die Frage der Wiederaufstockung der Garantie diskutiert. Ich habe noch einmal in die Drucksache von damals geschaut, Herr Finanzsenator. Sie haben damals drei Szenarien vorgelegt. Das erste Szenario, sozusagen der Best Case: Die Bank hält ihre Prognosen ein. Es kann einen wundern, dass das schon aus damaliger Sicht die optimistischere Variante gewesen ist. Das zweite Szenario: Der Verlauf ist

(Markus Schreiber)

schlechter, aber die Situation stabilisiert sich weiterhin durch die Garantie. Und das dritte Szenario – Sie haben damals wörtlich davon gesprochen – war ein dramatischer Verlauf, bei dem die Verluste noch höher werden. Bei allen Zahlen, die man heute den Zeitungen entnehmen kann, muss man trotz aller Vorsicht sagen, es ist das dritte Szenario geworden, und auch das sollte uns zum Nachdenken bringen, Herr Dr. Tschentscher.

(Beifall bei der CDU)

Das ist nicht nur die Schuld der Bank; bei Ihnen ist sehr viel Schwarz-Weiß-Malerei, Herr Hackbusch. Das hat etwas zu tun mit dem Marktumfeld. Es hat auch viel zu tun mit regulatorischen Veränderungen, für die im Endeffekt auch die Politik, wenn auch auf anderer Ebene, verantwortlich ist. Es gibt durchaus Fortschritte, die die Bank gemacht hat, das sollte man nicht verkennen. Aber wir müssen auch sehen, dass wir seit Jahren in Hamburg und Schleswig-Holstein große Klimmzüge machen, um diese Bank über Wasser zu halten, und es reicht trotzdem nur für das schlechteste Rating aller deutscher Banken. Das behindert die HSH Nordbank natürlich nachhaltig im Wettbewerb.

Ich habe wenig Verständnis dafür, dass wir diese Entscheidungen gefühlt immer erst drei Minuten vor zwölf diskutieren. Ich habe Ihnen vorhin die Entwicklung seit 2011 aufgezeigt, den stufenweisen Verlauf. Die Stadt hat seit Jahren hochkarätige Berater engagiert; 15 Millionen Euro Beraterhonorare in den letzten Jahren. Dann kann man auch verlangen, dass dort Pläne für unterschiedliche Szenarien in der Schublade liegen. Dann kann man verlangen, dass es einen Plan B und einen Plan C gibt und Sie mehr tun können, als immer nur kurz vor zwölf mit einer Vorlage des Senats zu kommen. Dafür habe ich kein Verständnis.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, Herr Dr. Tschentscher, dass Sie sich heute wohl kaum zu den letzten Details irgendwelcher internen Verhandlungen mit Kiel oder mit Brüssel äußern. Das versteht, glaube ich, jeder.

Ich vermeide bei der HSH Nordbank, mit dem Begriff Hoffnung zu arbeiten. Ich habe trotzdem die Hoffnung, dass wir in Kürze zumindest Klarheit haben: Klarheit über das weitere Risiko der Stadt, Klarheit über die Frage, wie die Altlasten abgebaut und reduziert werden, und vor allen Dingen auch Klarheit für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank, die besonders unter der Unsicherheit im Moment leiden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist keine neue Feststel

lung, aber sie gilt weiterhin: Die HSH Nordbank ist das größte Haushaltsrisiko für das Land Hamburg. In Kürze wird die Europäische Kommission zusammen mit der Europäischen Zentralbank entscheiden, ob die Wiedererhöhung der Ländergarantie mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ist. Auf dieser Basis – und erst auf dieser Basis – müssen wir den Sachverhalt bewerten, ihn im Ausschuss detailliert besprechen, schauen, welche Alternativszenarien es gibt, und am Ende vor das Parlament treten, um eine Entscheidung über die Zukunft dieser Bank zu fällen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)