Das ist unser Verständnis von konstruktiver Oppositionsarbeit. Hätten Sie unseren Initiativen zugestimmt, statt Parteipolitik im alten Stil zu betreiben, wäre die Ausländerbehörde längst in der Lage, die Verfahren zügig zu betreiben und ausreisepflichtige Personen konsequent abzuschieben.
Hätten Sie unsere Forderungen nach Personalverstärkung nicht abgelehnt, hätte das Verwaltungsgericht heute in den Asyl- und Ausländerangelegenheiten weniger unerledigte Fälle und kürzere Verfahrensdauern. Herr Dressel, ich habe den Antrag selbst vor einem Jahr eingebracht. Sie haben ihn abgelehnt und das erst vor wenigen Wochen nachvollzogen. Das ist die Wahrheit, und das können Sie auch nicht bestreiten.
Ich weiß schon, was gleich kommen wird, was Sie sagen werden, aber auch bei der Suche geeigneter Flächen für die Flüchtlingsunterbringung haben wir uns als CDU, als FDP in allen Bezirken konstruktiv beteiligt.
Sie wissen das, weil sie gestern Nacht noch eine E-Mail an Ihre SPD-Fraktionsvorsitzenden in den Bezirken geschrieben haben: Teilt uns doch mal mit, wo sich die CDU vor Ort querstellt.
Und als Antwort haben Sie bekommen, weil die Zusammenarbeit in den Bezirken nämlich sehr gut ist: Bei uns ist alles in Ordnung, lasst uns da bloß raus, hier macht die CDU alles mit.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- dreas Dressel SPD: Schön, dass Sie meinen E-Mail-Account lesen!)
Sie können von uns nicht erwarten, dass wir Fehlentwicklungen stillschweigend hinnehmen. Große Massenunterkünfte sind ein Fehler, und ich kann das sagen, Frau Schneider, ich war mehrfach in Flüchtlingsunterkünften und habe jeweils auch mit den Leitungen gesprochen. Ich habe jeder Leiterin, jedem Leiter die gleiche Frage gestellt: Was halten Sie davon, eine solch große Einrichtung einzusetzen? Sie kennen die Antwort: Lassen Sie das bleiben, es macht mehr Probleme. Es ist auch kurzfristig keine Lösung der Situation, es funktioniert einfach nicht. Und so erleben wir das jetzt auch in den großen Einrichtungen.
(Zuruf von der SPD: Haben Sie auch eine Alternative? – Juliane Timmermann SPD: Was ist denn Ihre Lösung?)
Und deshalb mache ich Ihnen heute einen neuen Vorschlag. Die Stadtteile, die enorme Unterbringungskapazitäten schultern, müssen sich auf die Unterstützung der gesamten Stadt verlassen können. Deshalb brauchen wir einen Ausgleichsmechanismus, einen Pakt der Solidarität. Das bedeutet konkret, dass diese Stadtteile auch entsprechend entlastet und deutlich stärker als bisher unterstützt werden, beispielsweise bei der sozialen Infrastruktur, bei den Kindergärten und Schulen, bei Spielplätzen und Jugendtreffs, bei Sozialarbeitern und Polizisten. Das müssen wir jetzt organisieren, um die notwendige Akzeptanz zu schaffen.
Ich will Ihnen das ganz konkret sagen, denn ich weiß es, weil ich selbst aus Harburg komme. Man kann im Karolinenviertel Willkommensfeste feiern, wie man will, der Integrationsdruck und die Integrationslast werden von den Stadtteilen getragen werden müssen, die sie schon jahrzehntelang getragen haben. Sie haben Gott sei Dank auch schon Erfahrung damit, aber wir dürfen diese Stadtteile nicht allein lassen. Wenn Sie schon diesen Weg einschlagen, dann müssen Sie auch dafür Sorge tragen. Das ist unsere feste Auffassung.
Ihren einzigen konkreten Vorschlag zur Schaffung von 5 600 Wohnungen und zur Unterbringung von Flüchtlingen werden wir kritisch, aber konstruktiv begleiten. Das neue Sonderbaurecht sieht zwar kein übliches Bebauungsplanverfahren vor, aber auf Bürgerbeteiligung im Vorwege sollte trotzdem nicht verzichtet werden. Nur Beteiligung schafft Akzeptanz.
Deshalb stelle ich mir schon die Frage: Was hat denn der Bürgermeister nun Neues, Wegweisendes verkündet? Ich hätte zumindest erwartet, dass Sie etwas zum rot-grünen Koalitionsvertrag sagen, Herr Scholz, der aus meiner Sicht in vielen Punkten hinfällig geworden ist, weil er auf die konkreten Anforderungen der Flüchtlingskrise überhaupt keine Antworten gibt. Gerade einmal auf 14 dürftigen Zeilen, eine Viertelseite der etwa 115 Seiten, beschäftigt sich Rot-Grün mit der Flüchtlingsfrage.
Wenn Sie es ernst nähmen mit der Lösung der Aufgabe, dann müssten Sie, Herr Scholz, und Sie, Frau Gallina, jetzt eigentlich einen neuen Koalitionsvertrag ausverhandeln
Im Föderalismus hat jeder seine verfassungsgemäß festgelegten Aufgaben. So ist es auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Olaf Scholz trägt als Bundesvize den Kurs der SPD im Bund unwidersprochen mit, aber hier in Hamburg zeigt er auf den Bund. Die Bundesregierung hat Ländern und Kommunen finanziell enorm unter die Arme gegriffen und versucht auf europäischer Ebene alles, um die EU-Außengrenzen zu sichern. Ich glaube, dass eine faire Lastenverteilung in Europa herbeigeführt und der Zuzug damit in geordnetere Bahnen gelenkt werden kann. Der Bund handelt längst entschlossen. Sie, Herr Scholz, sind gut beraten, auch in Hamburg endlich damit anzufangen.
Der Asylkompromiss, der jetzt beschlossen wird, ist ein gutes politisches Gesamtpaket, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern beschlossen hat. Das ist vor allem ein Verhandlungserfolg der Bundeskanzlerin. Sie hat einige rot-grüne Landesregierungen beim Asylkompromiss überzeugt
und so eine schnelle Einigung zum Wohle des Landes ermöglicht. Sie stellt sich der Herausforderung und weicht keiner unangenehmen Frage aus.
Sie hat wichtige Schritte zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs im Konsens erreicht. Davon, Herr Scholz, können Sie sich eine dicke Scheibe abschneiden.
Ziel dieses Asylkompromisses ist es vor allem, die Rückführung von ausreisepflichtigen Personen zu vereinfachen und deutlich zu beschleunigen. Aber, meine Damen und Herren, dazu gehört eben auch, dass die Länder ihre Hausaufgaben machen und genügend Personal bereitstellen. Schauen wir uns doch einmal die Fakten in Hamburg an: Geltendes Recht ist in unserem Land konsequent anzuwenden, und dazu gehört am Ende auch die Durchsetzung der Ausreisepflicht – ich weiß, dass Sie das nicht so gern hören –
und auch zügige Abschiebungen. Hier ergeben sich aus dem Asylkompromiss neue Möglichkeiten; Sie wissen das, Herr Dr. Dressel. Deshalb ist Hamburg jetzt in der Pflicht. Sie müssen endlich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Lediglich 38 Abschiebungen im August sind ein Armutszeugnis, Herr Scholz.
Gleiches gilt für den Kapazitätsausbau der öffentlichen Unterbringung der BASFI. Sie haben es in diesem Jahr gerade einmal geschafft, dort fünf zusätzliche Stellen zu schaffen – fünf zusätzliche Stellen für diese Herkulesaufgabe, bei einer Verdreifachung der Flüchtlingszahlen in Hamburg; Sie haben selbst darauf hingewiesen. Ich will einmal nur als Vergleich sagen, was der Bund macht. Im BAMF wird sich die Zahl der sogenannten Entscheider bis Ende dieses Jahres vervierfacht haben.
(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das glauben Sie doch selber nicht! Das ist ja lächerlich! – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist wohl der Rückstau der Anträge!)
Und nun sind Sie auf eine an und für sich gute Idee gekommen: Sie haben Pensionäre um Unterstützung gebeten. Viele Menschen sind bereit zu helfen. Aber dann muss man diese Hilfsbereitschaft auch tatkräftig unterstützen. Was wir erfahren, ist, dass Sie bei den entscheidenden beamtenrechtlichen Fragen, was Krankenkassen, Finanzämter und so weiter angeht, die Pensionäre einfach im Stich lassen, und das ist ein Unding. Es wäre das Mindeste, dass das Personalamt die Hilfsbereiten hier unterstützt. Und auch dazu will ich Ihnen einen konkreten Vorschlag machen. Machen Sie es allen Hilfswilligen einfach, greifen Sie analog auf die Regelung für die Aufwandsentschädigung beispielsweise der Bezirksabgeordneten zurück. Sonst brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Sie dringend benötigte Unterstützung nicht schnell genug organisieren können. Da müssen
Ihr Gesetz zur Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen, also die Beschlagnahme von privatem Eigentum, ist keine Lösung für die Schaffung von Flüchtlingsunterbringungen, sondern dient allein der Einschüchterung. Eigentum verpflichtet. Meine Damen und Herren! Regierungsverantwortung verpflichtet ebenfalls. Dieser Verpflichtung werden Sie mit diesem Gesetz nicht gerecht.
Weder ist Rot-Grün in der Lage zu sagen, wie viele Eigentümer überhaupt die Nutzung leerstehender Hallen zuvor abgelehnt haben, noch sind SPD und GRÜNE in der Lage, die zahlreichen Immobilienangebote von Privaten zur Unterbringung zu überprüfen. Es gibt mehr als 3 000 private Angebote, die Sie noch nicht einmal ansatzweise geprüft haben; die Kollegen der FDP haben das erfragt.
(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist to- taler Quatsch!)