Beginnen möchte ich heute mit Geburtstagsglückwünschen, die sich an unseren Kollegen Lars Pochnicht richten. Lieber Herr Pochnicht, im Namen des ganzen Hauses herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Alles Gute für das neue Lebensjahr.
Die Fraktionen sind übereingekommen, die Tagesordnung um einen weiteren Punkt zu ergänzen. Hierbei handelt es sich um eine Unterrichtung aus Drucksache 21/1884, die als TOP 13a nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Darüber hinaus sind die Fraktionen abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats übereingekommen, heute auf die Aktuelle Stunde zu verzichten. Außerdem sind sie übereingekommen, auf die Debatten zu den Tagesordnungspunkten 24 und 8 zu verzichten.
Der Präsident des Senats hat mich gebeten, ihm gemäß Paragraf 12 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung die Gelegenheit zur Abgabe einer Regierungserklärung zu geben. Die Fraktionen haben vereinbart, dass hierzu eine Beratung stattfinden soll. Dabei soll jeder Fraktion und dem Senat eine Redezeit von 40 Minuten sowie den fraktionslosen Abgeordneten eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung stehen.
"Eine Fülle von Aufgaben liegt vor uns und über manchen scheint das Wort 'unmöglich' geschrieben zu sein."
Das war die Quintessenz, die Max Brauer im November 1946 zum Schluss seiner Regierungserklärung gezogen hat. Damals lag die Stadt in Trümmern, gerade einmal 20 Prozent des Wohnraums waren unversehrt, Hunderttausende drängten zurück und wurden notdürftig in Nissenhütten entlang der Trümmerfelder beherbergt. Max Brauer war selbst nach Jahren der Flucht und des Exils gerade erst aus den USA wieder zurückgekehrt. Ihm war vielleicht auch deshalb jede Mutlosigkeit oder falsche Sorge fremd. Ihm schien eben nichts unmöglich. Im Gegenteil, sein Appell an die Stadtgesellschaft war klar:
"Nüchternen Sinnes und heißen Herzens, voll der Leidenschaft, die Not zu wenden, wollen wir zusammenstehen."
Die Erinnerung an diese vor 70 Jahren formulierte Haltung Hamburgs ist gerade in diesen Tagen wichtig, in denen auch wieder viel von historischen Dimensionen die Rede ist. Sie gibt Perspektive und kann uns als Maßstab dienen.
Denn auch unsere Zeiten sind besonders: Im August sind 6 600 Flüchtlinge zu uns nach Hamburg gekommen, im September waren es sogar 10 100. Tag für Tag erreichen uns so viele wie in dem Jahr zuvor in einem ganzen Monat. Seit den Zeiten Max Brauers kamen nicht mehr so viele Menschen in so kurzer Zeit nach Hamburg.
Wir haben das Glück und die Chance, dass sie in eine intakte und prosperierende Stadt kommen, die über alle Ressourcen verfügt, um mit dieser Aufgabe fertigzuwerden.
Es geht nicht wie 1946 darum, Hunger und Elend zu wenden, sondern es geht darum, denen, die zu uns kommen, einen Einstieg in unsere Gesellschaft zu geben. Denn machen wir uns nichts vor: Der größte Teil derjenigen, die heute, morgen und auch in den Tagen danach in Deutschland und in Hamburg ankommen, ist geflohen aus Syrien, aus dem Nordirak oder zum Beispiel aus Eritrea. Sie kommen aus Ländern, in denen der Staat ganz oder teilweise keinen Schutz mehr bietet vor Gewalt und Unterdrückung oder in denen er selbst zum Aggressor geworden ist. Die Neuankömmlinge aus diesen Staaten haben ein Recht darauf, dass wir ihre Fluchtgeschichte hören, und sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Recht auf Asyl bei uns haben. Wir stehen in der monetären Pflicht, ihnen Schutz und Perspektive zu bieten.
Und es ist beeindruckend zu sehen, mit welcher Weltoffenheit und mit welcher Ernsthaftigkeit die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sich dieser Aufgabe zuwenden. Ihnen gebührt unser Dank.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Karin Prien, Birgit Stöver, beide CDU, und Dr. Jörn Kruse AfD)
Genauso sind wir allen im öffentlichen Dienst und der Verwaltung dankbar, die seit Monaten große und erfolgreiche Anstrengungen unternehmen, damit wir die Verfahren im Griff behalten. Das verlangt einer ordentlichen Verwaltung einiges ab: f & w fördern und wohnen ist im letzten Jahr schneller gewachsen als manches Start-up, von rund 900 auf über 1 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Kernverwaltung haben sich Be
Wir erleben gerade überall – in der Verwaltung, bei den Hilfsorganisationen, bei den Ehrenamtlichen – eine Durchhaltefähigkeit über Wochen und Monate, die beeindruckt und die wir in den kommenden Jahren weiterhin benötigen werden.
Wir werden daher am 18. Dezember zum ersten Mal das Forum Flüchtlingshilfe veranstalten, um diesen breiten Resonanzraum gesellschaftlicher Unterstützung noch besser zu fassen.
Und auch der Fonds "Flüchtlinge & Ehrenamt" mehrerer Hamburger Stiftungen wächst. Er wird von der BürgerStiftung Hamburg verwaltet und verfügt bereits über 210 000 Euro – ein Ausdruck wichtiger gesellschaftlicher Solidarität.
Meine Damen und Herren! Hamburg steht mit diesen Anstrengungen nicht allein. Wir erleben die unausweichlichen Konsequenzen einer global vernetzten Weltgesellschaft, in der Fluchtbewegungen längst nicht mehr in den Nachbarländern der Krisenregionen enden. Natürlich muss es uns daher vordringlich darum gehen, die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. Angesichts der vielen Krisenherde auf der Welt ist das eine Aufgabe, die dauern wird und die uns viel Kraft abverlangen wird. Unser Europa, das Kriege und Vertreibung über Jahrhunderte hinweg selbst erleben musste und überwunden hat, ist heute zu einem Versprechen in der Welt geworden. Unsere offenen, liberalen und demokratischen Gesellschaften verheißen ein Leben in Freiheit und Sicherheit und Wohlstand. Sie versprechen die Chance, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und verbessern zu können. Viele, die zu uns kommen, sind neben all dem bitteren Leid, das sie erfahren mussten, schließlich auch beseelt von eben dieser Hoffnung auf ein besseres Leben. Dass sie mit dieser Hoffnung gerade nach Deutschland kommen, ist übrigens ein Grund, unser Land auch als hier Lebender noch ein bisschen mehr zu mögen.
Als Europäer stehen wir in der Verantwortung, den Neuankömmlingen zu helfen, wenn sie unseres Schutzes bedürfen. Genauso aber müssen wir all denen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, frühzeitig – am besten noch in ihren Heimatländern – klarmachen, dass sie nicht bleiben können, wenn sie nicht politisch oder religiös verfolgt werden oder vor Krieg fliehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Europa gemeinsam Verantwortung übernehmen: für die Rettung der Flüchtlinge aus der Not, für die
Sicherung unserer Außengrenzen und den Kampf gegen Schlepperbanden, für das Management in den Ankunftsländern, und für eine gerechte Verteilung der Aufgenommenen über alle Mitgliedsstaaten.
Das sind Aufgaben, denen sich kein europäischer Staat entziehen kann. Gerade die Verteilung der Flüchtlinge wird in den kommenden Monaten ganz entscheidend sein. Die Regierungen Europas werden sich verständigen müssen, dass eine Verteilung in der gesamten EU möglich ist, und dass auch derjenige, der in Portugal ankommt, für den Zeitraum seines Asylverfahrens beispielsweise in Polen sein wird.
Wir können hier viel Druck reduzieren, wenn wir beherzte Schritte in Richtung eines echten europäischen Arbeitsmarktes unternehmen. Das geht, weil mittlerweile gerichtlich geklärt ist, dass bei aller innereuropäischen Freizügigkeit der eigene Herkunftsstaat für die Sozialleistungen zuständig ist. Wenn wir das Prinzip auf diejenigen ausweiten, die Asyl bekommen haben, dann können wir auch ihnen Freizügigkeit ermöglichen.
Das wird die Akzeptanz für eine europaweite Verteilung sicherlich erhöhen. In Deutschland haben wir mit dem Königsteiner Schlüssel, der neben der Bevölkerungszahl auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt, bereits einen Mechanismus etabliert, der vorbildlich funktioniert.
Es ist wichtig, dass wir solche Mechanismen haben. Das gilt zum Beispiel auch für den Umgang mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Hier kommt auf Hamburger Initiative ebenfalls eine bundesweite Verteilung in Gang, die dafür sorgt, dass wir die Herausforderungen gemeinsam meistern können.
Die europäische Staatengemeinschaft steht vor der ernsten Bewährungsprobe, Vergleichbares zu schaffen. Das ist zu schaffen, wenn die offenen Gesellschaften der Mitgliedsstaaten ihrer eigenen inneren Kraft vertrauen.
Diese innere Kraft der Bürgerinnen und Bürger ist schließlich die Grundlage moderner Demokratien. Unsere Staaten beruhen in erster Linie auf dem Bekenntnis zu einem inneren Wesens- und Wertekern, der stets neu verhandelt und bekräftigt werden muss. Der französische Schriftsteller Ernest Renan hat das bereits 1882 auf eine sehr eingängige Formel gebracht:
Die Moderne verlangt von uns immer wieder aufs Neue dieses Bekenntnis. Es ist auch der Schlüssel zu einer gelingenden Integration.
Denn wer nach Europa, nach Deutschland, nach Hamburg kommt, der kann das tun, weil hier offene Gesellschaften aus einer tief empfundenen Liberalität heraus das Individualrecht auf Asyl gewährleisten. Seine Inanspruchnahme setzt auch voraus, sich im täglichen Plebiszit dazu zu bekennen, in einer freiheitlichen Gesellschaft leben zu wollen, in der alle Menschen gleichberechtigt sind und sich frei entfalten können.