Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

"Durch den Anteilsverkauf ergibt sich für Hapag-Lloyd die Möglichkeit, wichtige Investitionsmittel für den Ausbau der eigenen Marktposition zu generieren. Zudem erhöht der Börsengang die Transparenz über den Marktwert der Anteile, die der Hamburger Steuerzahler an der Reederei hält. Auch wenn sich hierdurch möglicherweise ein erheblicher Abschreibungsbedarf ergibt, so ist dies immer noch wahrhaftiger als der aktuelle fiktive Buchwert."

Dem kann man kaum etwas hinzufügen, bis auf zwei Anmerkungen.

Erstens: Heute hat die Hapag-Lloyd AG mitgeteilt, dass sie im dritten Quartal in Folge Transportmenge und Umsatz gesteigert, das Ergebnis signifikant verbessert und wiederum einen Nettogewinn erwirtschaftet hat. Ich glaube, das ist eine gute Nachricht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zweitens: Auf eine Schriftliche Kleine Anfrage hinsichtlich einer Wertberichtigung in der Bilanz der HGV …

(Glocke – Birgit Stöver CDU: Haben Sie die rote Lampe schon gesehen?)

Herr Schreiber, Sie müssen den Satz beenden, bitte.

Ich bin sofort am Ende. – Hinsichtlich einer Wertberichtigung der Bilanz der HGV antwortet der Senat, der aktuelle und zufällige Tageskurs einer Aktie …

(Glocke)

Herr Schreiber, die Redezeit in der Aktuellen Stunde beträgt fünf Minuten, und Sie haben sie weit überschritten. Ich kann Ihnen leider gar nicht helfen.

Danke sehr. Ich dachte, dass es vom Anfang vielleicht gegengerechnet wird.

Ich bin schon großzügig.

Der Job von Senat und Bürgerschaft bleibt es, den Schaden für die Hamburger Steuerzahler so gering wie möglich zu halten. Helfen Sie dabei, um die Milliarden von Euro zu reduzieren, die wir zahlen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch von mir am Anfang herzlichen Dank für die Worte zu Beginn der Sitzung, für das würdige und angemessene Gedenken an unser aller Ehrenbürger Helmut Schmidt.

Meine Vorredner haben schon einiges gesagt zur Beteiligung der Stadt an der HSH Nordbank und an Hapag-Lloyd. Die Entwicklung dort, sowohl der massive Wertverlust bei Hapag-Lloyd, der jetzt mit dem Börsengang sichtbar geworden ist, als auch die absehbar hohe Inanspruchnahme der Garantie für die HSH Nordbank, macht eines deutlich: Diese Stadt und der Haushalt dieser Stadt sind massiv abhängig von der Entwicklung an den Finanz- und Schifffahrtsmärkten. Deshalb haben wir als CDUFraktion auch in der letzten Legislaturperiode immer mit Nachdruck eingefordert, dass wir eine maritime Gesamtstrategie brauchen in der Stadt zur Sicherung dieser Investments, aber auch zur Sicherung der Wertschöpfungskette, der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze im Hamburger Hafen. Dazu hat Ihr Senat nichts beigetragen, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Ihr hättet einfach bestimm- te Dinge nicht machen dürfen!)

Es zeigt sich doch sehr deutlich, dass es ein schweres Versäumnis von Olaf Scholz war, die Dinge immer laufen zu lassen,

(Dirk Kienscherf SPD: Wieso laufen lassen? Er hat doch eingegriffen!)

keine Strategie zu entwickeln und nur zuzuschauen. Man kann doch bei milliardenschweren Investments nicht nur passiv zuschauen, das ist ein schwerer Fehler.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch die Erhöhung der Hapag-Lloyd-Anteile 2012, ohne zeitlichen Druck, ohne Not, zu sehr teuren Konditionen, war ein schwerer Fehler von Olaf Scholz. Herr Kienscherf, hören Sie sich noch einmal die vollmundigen Ankündigungen Ihres Bürgermeisters von damals an. Davon ist nichts übrig geblieben, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man Risiken in dieser Höhe eingeht, und das gilt selbstverständlich für alle Senate, dann muss man diese auch eng kontrollieren und Handlungsoptionen entwickeln. Davon ist bei Ihnen nichts zu erkennen. Zuschauen ersetzt doch kein Risikomanagement. Es ist doch bei der HSH Nordbank bedenklich, dass wir uns nicht zwischendurch einmal über Strategien und Optionen unterhalten, sondern dass es immer erst kurz vor zwölf passiert, immer im Krisenmodus. Das ist ein sehr schlechtes Zeichen, auch für diesen Senat.

(Beifall bei der CDU)

Es ist kein schnelles Ende der Schifffahrtskrise in Sicht. Das sieht man sehr deutlich, wenn man sich heute den Bericht von Hapag-Lloyd durchliest. Die Frachtraten sind weiterhin im freien Fall. Das Angebot an Containermengen und Transportkapazitäten steigt deutlich schneller als die Nachfrage. Das gilt insbesondere für die zehn Jahre alten Schiffe, die im Moment im Portfolio der HSH Nordbank sind.

Wenn man sich das dritte Quartal im Vorjahresvergleich ansieht, ist die Entwicklung vielleicht auf den ersten Blick positiv.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das erste war auch nicht schlecht!)

Aber, Herr Schreiber, machen Sie sich doch nichts vor. Die Kollegen aus der Koalition, die schon etwas länger in dem Ausschuss sind, wissen doch, dass das dritte Quartal an sich die Peak Season ist. August, September, Oktober, da muss das Geschäft doch richtig brummen. Genau das ist aber dieses Jahr ausgeblieben, wenn man sich die Meldungslage dort anschaut. Insofern gibt es keinen

(Markus Schreiber)

Grund, sich darüber groß zu freuen und es als Beruhigung anzusehen.

Sie sagen, Sie hätten für die HSH Nordbank eine tragfähige Lösung gefunden. Ich würde das erst einmal bezweifeln. Der Senat hat die letzten Jahre etwas zu häufig gesagt, nun hätten wir eine tragfähige Lösung gefunden. 2011 sagte Olaf Scholz, es sei eine tragfähige Lösung; das erste Beihilfeverfahren war durchgegangen. Es hat sich jedoch als falsch herausgestellt. 2013 kam dann folgerichtig die Wiedererhöhung der Garantie, weil die Situation sich verschlechterte. In der damaligen Drucksache – ich habe es abgeschrieben – schreibt Ihr Senat, nach Wiedererhöhung der Garantie würde die HSH Nordbank über eine tragfähige Geschäftsplanung verfügen. Auch da gab es wieder das Wort tragfähig, und das hat sich ebenfalls schon kurze Zeit danach als falsch herausgestellt. Die Entwicklung war wesentlich dramatischer als vorhergesehen. Auch das sollte uns allen zu denken geben. Die Inanspruchnahme der Garantie übersteigt alles, was diesem Parlament in den letzten Jahren an Prognosen vom Senat und von der Bank dazu erzählt wurde.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Risiko – da erwähne ich noch einmal ein Zitat Ihres Bürgermeisters, Herr Kienscherf – war eben nicht eingepreist, und auch Sie müssen den Menschen in dieser Stadt erklären, wie man jetzt zu dieser Kalkulation kommt.

Meine Damen und Herren! Es ist definitiv zu voreilig, bei der HSH Nordbank nun von einer tragfähigen Lösung zu sprechen. Die Verständigung mit der EU ist im Prinzip nichts anderes als eine mehr oder weniger geordnete Abwicklung. Das operative Geschäft wird weiterhin mit Nachteilen zu kämpfen haben, wenn jeder weiß, dass die Bank in zwei Jahren verkauft oder abgewickelt wird. Im Übrigen sind die Reaktionen der Ratingagenturen, auf die man immer geschielt hat, sehr verhalten geblieben. Man gewinnt vielleicht Zeit, aber ich glaube, es ist falsch, immer nur auf diesen Faktor zu sehen und auf das Prinzip Hoffnung. Diesen Fehler sollte der Senat nicht noch einmal machen. Wir sind gespannt auf die Drucksache, die uns noch nicht vorliegt. Ich glaube, in Schleswig-Holstein wurde sie dem Parlament heute zugeleitet.

(Glocke)

Wir werden sie beraten, aber es gibt natürlich keinen Blankoscheck für die weitreichenden Ermächtigungen, die damit eingeholt werden sollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das größte Risiko für den Haushalt und damit auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt ist nicht erst seit gestern die HSH Nordbank. Bereits bei Gründung der HSH im Jahr 2003 war das erklärte Unternehmensziel die Erzielung einer an der Gewinnerwartung von Kapitalmarktinvestoren orientierten Rendite. In den Jahren 2003 bis 2005 war dann die Zeit, in der sich die Bank mit schwierigen, im Nachhinein verhängnisvollen Wertpapieren vollgesogen hat, um von der 2005 auslaufenden Gewährträgerhaftung der Länder noch einmal zu profitieren. Bis 2005 wurden also damit die Grundlagen für die heutigen Schwierigkeiten – man kann auch sagen Herausforderungen – gelegt: der Zusammenschluss mit Schleswig-Holstein, das Renditestreben, die Geschäftsentwicklung mit auslaufender Gewährträgerhaftung. Und in dieser Zeit war die FDP das letzte Mal im Senat vertreten. Wenn Sie nun heute den Bürgermeister als Staatsunternehmer diskreditieren, dann legen Sie zumindest aus unserer Sicht eine gewisse Geschichtsvergessenheit an den Tag.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will gar nicht sagen, dass die handelnden Personen – ich glaube, Sie haben damals den Schulsenator gestellt, der dann irgendwann wegen eines Haushaltslochs in seiner Behörde gefeuert wurde – die Entwicklung so hätten voraussagen können. Herr Kruse, aber an Ihren Vorschlägen merkt man sehr deutlich, dass Sie seitdem keine Verantwortung mehr tragen mussten. Und ich muss Ihnen ausdrücklich sagen, im Fall der HSH Nordbank ist das eigentlich ganz gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die meisten Vorschläge kommen gar nicht von Ihnen selbst, sondern von Herrn Kubicki.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP: Das müssen Sie ja wissen!)

Herr Kubicki irrlichtert schon seit einigen Jahren durch die Gegend mit Verkaufsvorschlägen für eine Bank, von der wir alle wissen, dass es keinen Käufer für sie gibt. In supersensiblen Phasen wie in den letzten drei Monaten schwadroniert er öffentlich über Abwicklungsszenarien, macht der Bank das Leben damit nur noch schwerer und gefährdet das Vermögen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Und schlussendlich fantasiert er über 20 Milliarden Euro, die die Rettung kosten wird. Ich habe das Gefühl, er hat nicht nur kein Verständnis von der Materie, sondern vor allen Dingen ein öffentliches AufmerksamkeitsdefizitProblem seinerseits.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Situation ist – das wissen wir alle – nicht ganz einfach. Aber durch die

(Thilo Kleibauer)