Protokoll der Sitzung vom 25.11.2015

Das Wort bekommt nun Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Ich glaube, noch niemals, liebe Kollegen und Kolleginnen, haben Sie sich so gefreut, dass DIE LINKE im Parlament sitzt. Sonst hätten Sie gar nicht gewusst, worauf Sie in Ihren ganzen Reden eingehen sollen, wenn Ihnen keine Argumente mehr einfallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines, Frau Suding, muss ich ganz klar zurückweisen: dass Sie versuchen, uns irgendwie eine Gewalt von der Straße zuzuschreiben. Das geht zu weit. Das ist eine Verleumdung. Das geht überhaupt nicht, wenn Ihnen zu anderen Punkten nichts mehr einfällt.

(Beifall bei der LINKEN – Katja Suding FDP: Sie haben sich nicht davon distanziert, Frau Sudmann!)

Aber kommen wir einmal dazu, warum Sie heute so aggressiv und in meinen Augen teilweise auch verzweifelt reagieren. Sie haben gemerkt, dass es eine Wende gibt. Sie haben gemerkt, dass die Zustimmung im freien Fall ist. Waren es im Oktober noch 63 oder 64 Prozent, sind es jetzt auf einmal nur noch 56 oder sogar 53 Prozent. Gerade vor einer Stunde haben die Miniatur-Wunderland-Brüder Braun eine Verzweiflungsmail herumgeschickt. Sie haben geschrieben, dass sie ein hautenges Ergebnis befürchteten. Deswegen fordern sie diejenigen auf, die sich noch nicht sicher sind, "Ja, aber" zu sagen. Sie sehen also, dass es in der Stadt eine große Verunsicherung gibt. Und es gibt sie zu Recht.

Wir haben vorgestern im WDR-Fernsehen – leider nicht hier – einen recht interessanten Bericht sehen können. Sie haben mit dem Bundesinnenministerium gesprochen und nachgefragt, wie es denn aussehe mit der Bewerbung Hamburgs. Darauf sagte das BMI, es bekomme die Unterlagen nur sukzessive, wichtige Informationen fehlten ihnen noch. Einen Punkt könne sich Hamburg aber abschminken – das sage ich in meinen Worten, so hat es das BMI natürlich nicht gesagt.

(Zurufe von der SPD)

Warten Sie.

Das BMI hat sehr deutlich auf einen Berliner Beschluss von der fünften UNESCO-Sportministerkonferenz verwiesen, in dem es heißt: Wir wollen keine unbeschränkte Haftung für irgendwelche Großsportereignisse geben. Das sollten Sie eigent

(Christiane Blömeke)

lich gewusst haben, als Sie die Bereitschaft erklärt haben, im Gastgeberstadtvertrag zu unterschreiben, dass Sie die unbeschränkte Haftung übernehmen wollen. Dazu haben Sie gar nichts gesagt. Ich glaube, Sie waren ganz froh, dass das im WDR lief und nicht im "Hamburger Abendblatt" stand.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind alles Punkte, von denen Sie sagen, das seien keine Argumente. Wir werden sehen, was das BMI dazu sagt.

Dann wurde heute das Nachhaltigkeitskonzept angesprochen. Das sei doch so klasse. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, mit wem Sie reden oder was Sie lesen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

(Dirk Kienscherf SPD: Der ist immer gegen alles!)

und der Zukunftsrat haben das Konzept so nachhaltig zerpflückt, dass die GRÜNEN eigentlich nur noch nachhaltig heulen können den ganzen Tag.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Diakonie – der Landespastor – hat Ihnen schon vor Wochen gesagt, sie befürchte, die sozial Benachteiligten würden durch Olympia weiter benachteiligt. Sie vermisse ein Sozialmonitoring. Wo ist Ihre Antwort? Sie haben keine gegeben.

Hamburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ein Positionspapier aufgesetzt und die Risiken von Olympia beschrieben. Sie haben Ihnen gesagt, dass es keine wissenschaftliche Untersuchung gebe, die die wirtschaftlichen Effekte belegt, von denen Sie den ganzen Tag schwärmen. Sie haben Ihnen auch gesagt, dass Großprojekte wie Olympia nicht geeignet seien für Stadtentwicklung. Und wir sagen Ihnen noch einmal: Das IOC kann keine Stadtentwicklung. Das interessiert Sie alle gar nicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Das machen wir ja!)

Der Erste Bürgermeister – jetzt ist er leider gerade gegangen – sagt, nur mit Olympia könnten wir den sozialen Zusammenhalt schaffen. Ich dachte eigentlich, dass die SPD seit fünf Jahren regiert und Sozialpolitik betreibt. Das ist doch eine Bankrotterklärung von Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Sie suggerieren den Bürgerinnen und Bürgern, sie könnten entscheiden. An jeder Ecke in dieser Stadt steht, kreuzen Sie Ja an; Nein wollen Sie nicht so gern. Und dann sagt der Bürgermeister: Auch wenn Sie Ja sagen, ich entscheide im nächsten Februar ganz allein, ob ich den nächsten Schritt unterschreibe.

(Ekkehard Wysocki SPD: Sag mal, was ist das denn?)

Das ist schon einmal ein Punkt, der nicht stimmt. Die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sagen aber auch: Wir haben in den Vertrag hineingeschaut. Wir haben gesehen, was alles unterschrieben werden soll. Wir haben gesehen, dass wir eine gesamtschuldnerische Haftung unterschreiben sollen. Wir haben gesehen, dass wir eine fünf Jahre lange Steuerbefreiung für IOC und Sponsoren unterschreiben sollen, vier Jahre vor und ein Jahr nach den Spielen. Dazu sagen Sie gar nichts. Das finden Sie klasse. Gut, das ist Ihre Argumentation. Meine wäre es auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch ein Wort, Frau Suding, zu Barcelona. Ich weiß nicht, wann Sie sich schlaugemacht haben über Barcelona. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben ein heftiges Problem. Der Tourismus ist gestiegen, aber deshalb haben sich viele gedacht, sie könnten ihre Wohnung viel teurer als Ferienwohnung vermieten. Die Mietpreise sind enorm gestiegen. Die Leute finden keine günstige Wohnung.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dafür haben wir ja das Zweckentfremdungsverbot!)

Wenn das Ihre Vision für Hamburg ist: Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir können eine sozial gerechte Stadt ohne Olympia viel besser schaffen als mit Olympia, und deswegen freue ich mich, wenn viele an dem Referendum teilnehmen und statt Emotionen der Vernunft folgen und Nein sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Oetzel von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Sudmann, was Sie eben wieder gesagt haben, ist so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil richtig ist, und ich werde Ihnen auch gleich im Einzelfall sagen, warum.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir befinden uns im Endspurt zum Olympia-Referendum, und alle Beteiligten geben noch einmal alles. Die Befürworter gehen noch einmal auf die Straße, machen Info-Stände, treten mit den Bürgern in den Dialog und erklären, warum Olympia eine Riesenchance für Hamburg ist. DIE LINKE nutzt die Gunst der Stunde auf ihrem Landesparteitag, um noch einmal intern zu überlegen, wer jetzt der härteste Olympia-Gegner ist. Frau Sudmann, Sie mussten sich von der Liste LINKS anhören, dass Sie die Anti-Olympia-Bewegung spalten. Wenn das Ihre größte Sorge ist, dann haben Sie

(Heike Sudmann)

bald noch ganz andere Probleme als Ihre Niederlage an diesem Sonntag, Frau Sudmann.

(Beifall bei der FDP, der CDU, vereinzelt bei der SPD und bei Christiane Blömeke GRÜ- NE)

Sie behaupten, die Zustimmungsraten seien im freien Fall. Aber Sie zitieren immer nur die eine Seite der Umfragen. Man muss doch auch einmal sehen, dass wir Anfang November nur noch – in Anführungsstrichen – 57 Prozent Zustimmung hatten, aber niemals sagen Sie, dass nur 36 Prozent der Hamburger dagegen waren,

(Beifall bei Thomas Kreuzmann CDU)

und das ist wohl signifikant weniger als 57 Prozent.

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Chris- tiane Blömeke GRÜNE)

Die restlichen Leute sind bis zum Ende unentschlossen, und wenn die sich die Argumente ansehen, haben sie auf der einen Seite den Kostenreport des Senats und auf der anderen Seite die Studie, die Herr Yildiz selbst geschrieben hat. Da hoffe ich, dass die meisten Leute sich am Ende doch noch von der Vernunft leiten lassen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Aber dass seriöse Finanzierung nicht unbedingt Ihre Stärke ist, haben Sie immer wieder unter Beweis gestellt, so auch heute.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Herr Oetzel, es geht um Olympia!)

Ich sage es jede Woche wieder, weil Sie jede Woche wieder unter Beweis stellen, was für ein Quatsch das ist. Sie haben heute einen Zusatzantrag zu dem kommenden Antrag zur Flüchtlingskinderbeschulung vorgelegt, zu dem wir gleich kommen. Da haben Sie 13 oder 14 umfassende Maßnahmen vorgeschlagen, und Ihr inhaltlich total fundiertes Konzept zur Gegenfinanzierung lautet:

"[…] der Senat hat dafür Sorge zu tragen, dass die notwendige Finanzierung […] in hinreichender Weise gewährleistet ist."

Das ist dann Gegenfinanzierung à la Linkspartei, Halleluja.