Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Meine Damen und Herren! Geben Sie mit uns für die deutschen Jäger und Sportschützen dem Senat auf, diesen Unsinn im Bundesrat zu verhindern. Herr Kollege Schreckenberger äußerte zu Recht gegenüber dem "Hamburger Abendblatt" …

(Zuruf: Wer?)

Herr Westenberger, ich bitte um Entschuldigung.

Herr Kollege Westenberger, den ich schätze und mit dem ich zusammen im Europarat sitze

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ich wus- ste doch, dass die AfD nicht weiß, wo sie hier angekommen ist!)

natürlich meine ich den Europaausschuss –, äußerte zu Recht gegenüber dem "Hamburger Abendblatt", dass das deutsche Waffenrecht scharf sei und keiner Verschärfung bedürfe. Ich hätte mir allerdings auch gewünscht, dass Ihre Fraktion die von uns geäußerten Subsidiaritätsbedenken aufgenommen hätte. Verteidigen wir den liberalen Rechtsstaat. Verteidigen wir ihn gegen diesen erneuten Versuch, unter einem Vorwand unnötige Verschärfungen des geltenden, ohnehin ausgesprochen scharfen deutschen Waffenrechts durchzusetzen. Auch hier – wie beim Asylrecht – sollte es nicht in erster Linie darum gehen, das Recht zu verschärfen, sondern es muss vor allem darum gehen, es anzuwenden und durchzusetzen. Lassen Sie uns lieber gemeinsam entschiedener als bisher gegen illegale, kriminelle und terroristische Waffenbesitzer vorgehen, aber hören wir endlich auf, Jäger und Sportschützen zu drangsalieren.

Noch einmal: Ich fordere Sie und alle Interessierten auf, die Petitionen zu unterzeichnen, die sich gegen diese Verschärfung wenden und für die derzeit Unterschriften gesammelt werden.

(Sören Schumacher SPD: Nein, auf keinen Fall!)

Ich bin selbst Jäger und habe diese natürlich auch längst unterzeichnet.

(Milan Pein SPD: Das ist die beste Aufforde- rung, das nicht zu tun!)

Bringen Sie diese Argumente in der in wenigen Tagen – Ende Januar – anstehenden Bundesratsberatung vor, und wenden Sie sich gegen diesen Unsinn. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Stoberock von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst finde ich es fast schon gut, dass die AfD jetzt wieder auf ihr ursprüngliches Leib-und-Magen-Thema, die EU, zurückgekommen ist. Einige sonstige Äußerungen waren wahrscheinlich auch nicht nur für den werten Kollegen Professor Kruse zum Fremdschämen gewesen. Apropos Professor Kruse: Er hat jetzt erst einmal eine Alternative zur Bürgerschaft in Kalifornien gefunden und kann Ihnen, liebe AfD-Kollegen, nach seinem dreimonatigen, gegebenenfalls auch steuerfinanzierten Aufenthalt

(Dr. Alexander Wolf)

dort aus eigener Anschauung berichten, wie wichtig es für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum ist, wenn es überall in diesem Wirtschaftsraum Mindeststandards zum Waffenbesitz gibt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Solche Mindeststandards, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir anders als in den USA seit 1991 sehr erfolgreich im gemeinsamen Binnenmarkt der EU. Nun geht es darum zu schauen, ob diese Mindeststandards angemessen neu justiert werden sollen. Die EU-Kommission hat hierzu einen Vorschlag vorgelegt, über den der Bundesrat derzeit berät. Die AfD stellt sich gegen diesen Vorschlag. Sie kritisiert unter anderem, dass erstens halbautomatische Waffen verboten werden sollen, dass zweitens auch Schreckschuss- und Signalwaffen neuerdings von dieser Richtlinie erfasst werden und dass drittens die Gültigkeitsdauer von Lizenzen auf fünf Jahre beschränkt und regelmäßige medizinische Untersuchungen vorgeschrieben werden. Ich denke aber, dass man bei der genauen Befassung mit der Materie alle Bedenken zerstreuen kann und dass die Vorschläge der Kommission grundsätzlich vernünftig und auch mit Europarecht in Einklang zu bringen sind.

Zunächst zu den halbautomatischen Waffen. Die AfD ist gegen deren Verbot, da sie meint, dass diese häufig von Jägern und Sportschützen verwendet werden. Für diejenigen unter Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die mit den Begrifflichkeiten rund um Waffen nicht so vertraut sind: Halbautomatische Waffen sind solche, mit denen man bis zu 600 Schuss pro Minute abgeben kann. Unter Jägern sind solche Waffen aber absolut verpönt, und auch eine sportliche Nutzung gibt es faktisch nicht. Das ist nachvollziehbar, denn ich halte es weder für sportlich noch für waidmännisch, ohne nachzuladen in Dauerfeuer auf ein Ziel zu ballern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Übrigen: Sowohl der norwegische Attentäter Anders Breivik als auch die Attentäter von Paris haben sich halbautomatischer Waffen bedient. Jedenfalls Breivik hat diese legal kaufen können, und wir wissen auch, je mehr gefährliche Waffen es im legalen Umlauf gibt, desto größer ist die Gefahr, dass einige von ihnen in dunkle Kanäle geraten.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Im Übrigen gibt es flexible Regelungen für Jäger und Sportschützen auch in dieser EU-Richtlinie. Bei Schreckschuss- und Signalwaffen – dem zweiten Punkt, den Sie in Ihrem Antrag kritisiert haben –, die nunmehr erstmals von einer europäischen Regelung betroffen sind, muss man wissen, dass damit allein verhindert werden soll, mittels ihrer Teile gefährliche, funktionsfähige Waffen basteln zu können. Auch der mutmaßliche Islamist, der im August im Thalys-Zug von Amsterdam nach

Paris offensichtlich ein Attentat begehen wollte, hatte eine Waffe dabei, die aus im Internet gekauften Waffenteilen zusammengebastelt worden war. Daher sind Schreckschussund Signalwaffen – durchaus nachvollziehbar, denke ich – von der Regelung betroffen, wenn sie, was technisch durchaus möglich ist, nicht so gefertigt werden, dass ein entsprechender Umbau zu einer gefährlichen Waffe ausgeschlossen werden kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zum dritten Punkt, den AfD-Bedenken in Bezug auf die Begrenzung der Gültigkeitsdauer der Lizenzen auf fünf Jahre: Das deutsche Recht ist schon jetzt strenger; bei uns muss der Waffenschein nämlich alle drei Jahre verlängert werden. Und schon jetzt ist im Waffengesetz die Möglichkeit der Waffenbehörde festgehalten, einen amtsärztlichen Test anzuordnen. Eine gewisse Verstetigung dieser Möglichkeit mit Augenmaß ist auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ein deutlicher Sicherheitsgewinn. Deshalb verstehe ich den Antrag der AfD auch nicht. Sonst ist diese Partei doch immer sehr schnell dabei, wenn es darum geht, Grundrechte anderer Menschen einzuschränken – auch wenn es nur vermeintlich der Sicherheit dient. Hier haben wir aber einen tatsächlichen Sicherheitsgewinn ohne eine faktische Beeinträchtigung, und die AfD sperrt sich. Das ist Populismus in Reinform.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Festzustellen bleibt: Durch die EU-Richtlinie wird in Zeiten der zunehmenden Terrorgefährdung, vor der die AfD uns sonst immer als Erstes warnt, spürbar mehr Sicherheit geschaffen, ohne den Sport- oder Jagdschützen zu beeinträchtigen. Im Übrigen – und das sage ich als promovierter Europarechtler – ist diese Richtlinie auch mit EU-Recht zu vereinbaren. Es gibt daher keinen Grund, dem Ansinnen der AfD nachzukommen. Genau deshalb haben alle übrigen Fraktionen im Europaausschuss das Ansinnen der AfD abgelehnt, und auch wir werden Ihren Antrag heute ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Dora Heyenn fraktionslos)

Das Wort bekommt Herr Westenberger von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Wolf von der AfD, Sie rügen, dass die Gesetzgebungszuständigkeit in dieser Sache eigentlich nicht bei Europa liege, sondern bei der Bundesrepublik Deutschland oder ihren Ländern. Gleichzeitig aber verletzen Sie das eigentliche Verfahren, was wir innerhalb Europas und auch hier im Hamburger Parlament seit Jahren anwenden.

(Dr. Tim Stoberock)

Sie führen eine inhaltliche Debatte, die eigentlich ins Europaparlament oder aber in den Bundesrat gehört – meines Erachtens überwiegend ins Europaparlament. Ich habe auch Verständnis dafür, denn Ihnen sind nahezu alle Europaparlamentarier abhandengekommen – ich weiß nicht, ob die jetzt bei der BETA, VHS oder sonstigen Parteigruppierungen gelandet sind. Deswegen habe ich ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie diese Debatte hier inhaltlich führen. Sie wissen aber genau, dass diese Debatte an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt in diesem Hause vollkommen wertlos ist, egal, was wir hier beschließen.

(Dorothee Martin SPD: Ja, das stimmt!)

Das ist wie ein roter Faden zur gestrigen Sitzung. Sie debattieren Sachen, rügen Verfahrensverstöße, legen sie in einer hemmungslosen Art und Weise aus und führen Debatten, von denen Sie genau wissen, dass sie eigentlich nicht hierher gehören.

Ich bin auf dem Flur gefragt worden, warum die AfD das eigentlich mache, und die Antwort liegt eigentlich in meiner linken wie auch meiner rechten Hand: Sie haben schlicht und ergreifend keine Themen.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Das stimmt doch gar nicht!)

Nein, Sie haben keine Themen.

Sie sind in dieser Stadt nämlich überhaupt noch nicht angekommen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann AfD: Also wenn das gestern kein Thema war!)

Sie kümmern sich weder um die bauliche Stadtentwicklung noch kümmern Sie sich um die soziale Entwicklung dieser Stadt. Ich hatte wenigstens gedacht, vielleicht bringen Sie hier solche Dinge an wie: Die Straße muss gemacht werden, da ist die Straßenlaterne krumm, das Verkehrsschild ist schmutzig. Aber nicht einmal das. Nicht einmal das, was wir von einer Partei kannten, die mit "Sch" anfing und mit "ill" wieder aufhörte, bringen Sie hier zustande. Sie kommen laufend mit Europathemen – ich habe es gestern schon gesagt, Sie wollen die Urmeile zurückhaben oder die Rentenmark –, und Sie tragen eine solche Debatte in dieses Haus, obwohl Sie genau wissen, dass sie nicht hierher gehört.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Kommen Sie mal zum Thema, Sie reden ja völligen Unsinn!)

Nein, ich rede keinen Unsinn.

Ich kann Sie beruhigen, innerhalb der EVP-Fraktion wird diese Richtlinie inhaltlich – und da gehört sie inhaltlich auch hin – sehr kontrovers diskutiert. Und ich finde es auch in Ordnung und fast schon bemerkenswert, dass der Senat – das kann er, er

ist frei in seiner Willensbildung – uns im Europaausschuss mitteilt, dass er hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit Bedenken habe. Auch ich fände es ein eigenartiges Bild, wenn man möglicherweise beim Biathlon unsere Leute erst einmal herausholt und zum Wesenstest schickt, und dann müssen sie wieder hinterherfahren. Dieses Bild braucht keiner. Ich glaube, dass das deutsche Waffenrecht, was die Sportschützen und Jäger anbetrifft, ausreichend ist. Wer sich einmal mit Jägern unterhält – Herr Wolf ist Jäger, das hat er eben gesagt, und ich wäre auch selbst darauf gekommen –,

(Beifall bei der CDU und der SPD)

erfährt, dass es bei Jägern fast jedes Jahr eine unangemeldete Prüfung gibt. Da wird alles angeschaut von der Waffe bis zum Waffenschrank, wo die Schlüssel sind und so weiter. Ich glaube, was die rechtsstaatlichen Maßnahmen in diesem Bereich anbetrifft, ist das ausreichend, Punktum.

Wir werden Ihren Antrag deswegen ablehnen, weil er das verletzt, was wir uns hier als Verfahren gegeben haben. Im Übrigen ist es auch nicht, wie Sie anfangs einmal gerügt haben, die falsche zuständige Stelle innerhalb der EU-Kommission. Diese Richtlinie stammt ehemals aus dem Bereich Binnenmarkt, und als promovierter Jurist wissen Sie, dass es eine Zuständigkeit sui generis gibt, die hier fortgeführt wird. Also ist das Verfahren als solches nicht zu kritisieren. Und wenn Sie mit den Jägern gesprochen haben – ich finde es gut, dass einige hier sind –, sollten sie wissen, dass diese Richtlinie sowohl vom Senat als auch von vielen Abgeordneten in diesem Hause als nicht verhältnismäßig betrachtet wird, aber das eigentliche Verfahren bei den Europaparlamentariern gut angesiedelt ist, denn sie haben dort die Möglichkeit der Verwaltungskontrolle, und die üben sie auch aus.

Ich freue mich schon auf den nächsten Antrag der AfD und bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.