Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Zitatende.

Ich frage mich, ob ich eigentlich irgendetwas falsch verstanden habe. Es ist doch bildungspolitisches Ziel, die Zahl der Abiturienten stark zu erhöhen. Dann müsste doch logischerweise auch das ermöglicht werden, was das Abitur ist, nämlich eine Berechtigung zum Hochschulzugang. Dazu sollte der Senat sich ganz dringend äußern, dass es dort keine Einschränkungen geben wird.

In welchem Verhältnis stehen denn die Kapazitätsberechnungen zu den Kriterien einer sozial ausgewogenen und auf Breitenbildung ausgerichteten Perspektive in der Hochschulbildung? Das ist eine ganz wichtige Frage. Die Hochschulzulassung ist nach wie vor eine zentrale Aufgabe mit hoher sozialer Relevanz. Es geht hier nicht in erster Linie um eine Frage der Rechtssicherheit, Frau Timm, sondern um eine Frage von Bildungsgerechtigkeit. Sollte mit dem Kapazitätsgesetz sogar in der Außenwirkung eine Erhöhung der Studienzahl beabsichtigt sein, was teilweise angedeutet wird, dann setzt das erst recht eine signifikante Erhöhung der Grundfinanzierung für bessere Studienbedingun

(Dr. Jörn Kruse)

gen und eine progressive Kapazitätsregelung voraus.

Beide Ansätze sind im vorliegenden Gesetzentwurf nicht enthalten, und beide Ansätze fehlen in der gegenwärtigen Wissenschaftspolitik. Ein solides Kapazitätsmodell kann nur mit einer soliden Grundfinanzierung von Studium und Lehre funktionieren, und ich hoffe, das wird in den Anhörungen im Wissenschaftsausschuss auch deutlich. – Danke schön.

(Beifall bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Tode, man kann Fehler machen, aber schlimme Fehler sollte man vermeiden.

(Dr. Sven Tode SPD: Genau!)

Ein schlimmer Fehler ist, gegen den Wind zu spucken. Der andere schlimme Fehler ist, mir zu sagen, ich solle Drucksachen genauer lesen. Das ist ungefähr ein ähnlich schlimmer Fehler. Den haben Sie jetzt gerade gemacht. Wenn Sie ihn machen, sollen Sie auch einen passenden Kommentar bekommen.

Sie sprachen davon, dass der Senat mir doch in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage mitgeteilt habe, das sei nicht verfassungswidrig. In der aktuellen Drucksache – Sie können die ganzen Probleme auf einer einzigen Seite der aktuellen Drucksache nachlesen – teilt derselbe Senat auf Seite 2, linke Spalte unten mit:

"Damit sei das Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt."

Und es ist noch schlimmer: Kurz darüber steht, dass es sogar so schlimm war, dass das Gericht nicht einmal in der Lage gewesen sei, nachzuprüfen, ob die Kapazitätszahlen richtig sind. Das ist wirklich eine Höchststrafe. Was der Senat mir damals mitgeteilt hat, ist eben schlicht und einfach falsch, und es ist ein grober Fehler von Ihnen, das hier noch einmal zu erwähnen. Aber vielen Dank, dass ich Ihnen das noch einmal auseinandersetzen durfte. Der Senat teilt in Wirklichkeit selbst zu Recht mit, das Oberverwaltungsgericht halte das Gesetz, das Frau Stapelfeldt gemacht hat, für verfassungswidrig, und zwar für grob verfassungswidrig. Das ist die Zensur, die Ihre Senatorin dafür bekommen hat, und dafür müssen Sie einstehen. Das ist der eine Punkt.

(Beifall bei der FDP)

Dann die Sache mit dem Vorschlag, auch das nur wenige Zeilen über dem, was ich gerade zitiert ha

be. Darin steht nun einmal, wenn das nicht gut gehe, werde der Senat hierzu bei Bedarf entsprechende Vorschläge vorlegen, nach dem Motto: Wir versuchen es einmal irgendwie. Das ist ein klassisches Beispiel, wie jemand mitteilt, er wisse selbst nicht, was richtig ist und was er machen solle, er versuche es einmal irgendwie. Und da hat es keinen Sinn, mit Formalismen zu kommen, Herr Tode. Ihr Senat teilt in eigener Drucksache mit, dass Sie es nicht genau wissen. Sie schießen einmal in den Wind hinein, und die Leidtragenden werden die Hochschulen, die Studenten und die Studienbewerber sein. Das geht so aber nicht.

(Beifall bei der FDP)

Der dritte Punkt: Es wurde gefragt, warum wir hier eigentlich die Debatte anmelden. Wir wollten der Sache noch einmal eine Chance geben. Die Senatorin Fegebank ist seit einem Dreivierteljahr im Amt, und sie hat nichts, aber auch gar nichts zustande gebracht. Sie hat weder den Hochschulen Geld gegeben noch hat sie zusätzliche Studienplätze geschaffen, und nun stellen wir fest, dass sie es nicht einmal schafft, ein vernünftiges Kapazitätsgesetz zu erarbeiten. Und sie ist noch nicht einmal da.

Das ist für uns ausreichend Grund zu sagen, in dieser Schlüsselfrage hinsichtlich der Zukunft des Wissenschaftsstandorts Hamburg versagt die Senatorin Fegebank. Sie verweigert Diskussionen, indem Große Anfragen nicht überwiesen werden, sie kommt nicht hierher. Aber da muss man sich stellen, das habe ich Ihnen mitgeteilt. Wir bieten unsere Hilfe an, nehmen Sie sie wenigstens an. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tode von der SPD-Fraktion.

Ich weiß, dass es überwiesen wird, aber wir müssen natürlich trotzdem unseren Senat verteidigen. Herr Dr. Schinnenburg, Sie müssen vielleicht doch noch einmal das Lesen lernen. Auf Seite 2 der Drucksache 21/2519 berichtet der Senat darüber, was ein Gericht vorläufig entschieden hat. Er berichtet darüber. Das wäre so, als wenn der Senat sagen würde, in der Bürgerschaft sei die Vertäfelung braun. Das ist ein Bericht. Und wenn Sie einmal weiterlesen, dann steht auf Seite 2, dass es sich bei dieser bislang ergangenen Entscheidung lediglich um eine einstweilige Anordnung handele und die Entscheidung in der Hauptsache, soweit anhängig, noch ausstehe. Es gibt also noch kein verfassungswidriges Gesetz, das stellt nämlich das Bundesverfassungsgericht fest. Lesen Sie einfach einmal genau, das würde Ihnen helfen. – Danke.

(Dora Heyenn)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Wolfgang Rose SPD: Bravo!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 21/2519 an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit passiert.

Wir kommen zu Punkt 81 der Tagesordnung, Drucksache 21/2773, dem Antrag der AfD-Fraktion: Formell rechtswidrig und inhaltlich ungeeignet: Keine Novellierung der EU-Feuerwaffenrichtlinie!

[Antrag der AfD-Fraktion: Formell rechtswidrig und inhaltlich ungeeignet: Keine Novellierung der EU-Feuerwaffenrichtlinie! – Drs 21/2773 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, und auch ein Gruß an die Jäger und Sportschützen hier auf den Rängen! Sportschützen und Jäger sollen regelmäßig zum Wesenstest – Wesenstest in Anführungszeichen. So überschrieb das "Hamburger Abendblatt" heute einen Artikel zum Thema, in dem auch berichtet wird, dass sich die Hamburgische Bürgerschaft nun mit dem Thema befasse. Das "Hamburger Abendblatt" brachte es doch tatsächlich fertig, die AfD, auf deren Antrag und Initiative die Beratung hier und heute stattfindet, mit keinem Wort zu erwähnen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Buh!)

Viele der unbescholtenen Jäger und Sportschützen in Deutschland schauen heute auf Hamburg in der Hoffnung, dass dieser Senat auf den Antrag der AfD-Fraktion hin eine weitere unsinnige und drastische Verschärfung des Waffenrechts, veranlasst durch die EU, im Bundesrat ablehnt. Schon angesichts des aktuellen zeitlichen Zusammenhangs, den die EU-Kommission nun zur Begründung heranzieht – drei Tage nach den Terrorangriffen in Paris wurde das Gesetzgebungsprojekt aus der Schublade gezogen –, verschlägt es einem fast den Atem.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Wie schön!)

Nicht nur, dass es sachlich falsch ist, denn in Paris wurde mit illegalen, ja teilweise Kriegswaffen ein

Massenmord begangen. Betroffen von der Novellierung sind aber die legalen Waffen und die Menschen, die mit Terrorismus nichts, aber auch gar nichts zu schaffen haben. Auch daran lässt sich erkennen, dass es sich hier zuallererst um ein ideologisches Projekt handelt, welches durchgesetzt werden soll.

Wie mittlerweile andere Bevölkerungsgruppen auch – seien es, um nur ein paar zu nennen, Hausfrauen, Familien, Vertriebene, Bauern, Soldaten, Polizisten – sind Jäger und Sportschützen offenbar nicht mehr politisch korrekt, bestenfalls rückständig, aber eben zurückzudrängen, zu beschneiden, sogar zu drangsalieren. Dabei gibt es hierfür keinerlei Grund.

Natürlich sagt auch die AfD entschieden Ja zu einer wirksamen Bekämpfung des illegalen Waffenhandels. Gerade wir stehen natürlich wie keine andere Fraktion für Innere Sicherheit und Terrorbekämpfung. Aber die hier geplante Novellierung – es ist noch im Gesetzgebungsverfahren, auf EUEbene ist die erste Lesung im Europäischen Parlament erfolgt, die zweite Lesung steht aus – setzt gerade dort nicht an. Vielmehr ist sie wieder einmal ein unnötiger Aktionismus, der erneut die unbescholtenen legalen Waffenbesitzer, Schützen und olympischen Schießsportler treffen soll, anstatt sich um die wirkliche Bedrohung zu kümmern. Die Novellierung kommt einer Ersatzhandlung gleich. Wir fordern den Senat und uns alle dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass diese geplante Novellierung der Feuerwaffenrichtlinie nicht umgesetzt wird, und zwar sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen.

Zu den formellen Gründen: Zunächst besteht nach unserer Auffassung schon keine Gesetzgebungszuständigkeit auf europäischer Ebene, auch wenn das die EU-Kommission naturgemäß anders sieht und auch Senats- und Bürgerschaftskanzlei keine durchgreifenden Bedenken haben, wenngleich einzelne Zweifel in deren rechtlichen Stellungnahmen anklingen. Ich bin anderer Auffassung, denn erstens geht es hier im Kern nicht um eine Regelung des innergemeinschaftlichen Handels, sondern es geht um Sicherheits- und Ordnungsrecht, einen Kernbereich der nationalstaatlichen Kompetenz, und deren Verteidigung gegen ein übermäßiges Ausgreifen auf EU-Ebene sollten wir uns alle auch im Sinne der Verteidigung unseres Rechtsstaats auf unsere Fahnen schreiben.

Zweitens sehe ich hier einen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip. Die EU soll nichts regeln, was auf nationaler Ebene besser oder zumindest genauso gut geregelt werden kann.

Drittens sieht die Richtlinie vor, dass eine Erneuerung einer waffenrechtlichen Erlaubnis in regelmäßigen Abständen – alle fünf Jahre – eine ärztliche Tauglichkeitsuntersuchung voraussetzt. Das ist das, was die Überschrift im "Hamburger Abend

(Dr. Sven Tode)

blatt" mit Wesenstest meinte. Dies bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Rechte legaler Waffenbesitzer, sodass selbst die Senatskanzlei hier schon zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit geäußert hat.

Schließlich mein letzter formaler Punkt, den ich anführen möchte: Auch die Einbeziehung von Schreckschuss- und Signalwaffen in den Regelungskatalog der Richtlinie hätte erhebliche Auswirkungen auf das nationale Recht, da diese bislang keiner systematischen Erfassung unterliegen. Auch insoweit hat selbst die Senatskanzlei Bedenken angemeldet, ob dies denn verhältnismäßig sei. Zusammenfassend ist schon aus diesen formalen Gründen die Änderung der Waffenrichtlinie abzulehnen.

Nun komme ich zum zweiten Teil, zu den wesentlichen inhaltlichen Schwachstellen. Erstens: Die schon angesprochene zeitliche Beschränkung der waffenrechtlichen Erlaubnisse ist eine bürokratische und kostenmäßige Belastung der Jäger und Schützen, welche durch die Daten aus der PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik) nicht gedeckt ist und daher nur eines zeigt: das ideologisch begründete Misstrauen gegen Jäger und Sportschützen. Dagegen verwahren wir uns.

Zweitens: Ein pauschales Verbot von halbautomatischen Waffen ist nicht zielführend. Tatsächlich geht es hier eigentlich nur um die AK-47. Es würde also absolut ausreichen, diese gegebenenfalls einfach vom Schießsport auszunehmen und auszuschließen.

Drittens: Deaktivierte Feuerwaffen zu registrieren, ist nichts weiter als ein Mehr an Bürokratie, ohne dass damit die Innere Sicherheit verbessert würde, denn diese Waffen können gar nicht mehr in scharfe Waffen zurückgebaut werden.

Viertens: Schreckschuss- und Signalwaffen sollen neuerdings, wie schon gesagt, von der Richtlinie genauso erfasst und wie Waffen behandelt werden,

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

obwohl sie gar keine Feuerwaffen darstellen, denn die mit dem PTB-Zeichen in Deutschland hergestellten Gas- und Schreckschusswaffen können grundsätzlich nicht in echte Waffen umgebaut werden. Auch hier ist die Registrierung daher nur eine Maximierung der Bürokratie bei null Sicherheitsgewinn. Was soll das?