Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine beiden Vorredner, Herr Westenberger und Herr Stoberock, haben sich schon von zwei Seiten her des Themas angenommen, einmal rein europarechtlich und einmal mit dieser Begründung, die ich nicht schlecht finde, dass es vielleicht keine anderen Themen für die AfD gibt.
Ich möchte anders vorgehen und zwei Stichworte aufgreifen, die Herr Wolf in seiner Rede benutzt hat. Einmal hat er über ein ideologisches Projekt gesprochen, hat Hausfrauen und andere Gruppen
erwähnt, die irgendwie nicht mehr in wären, und hat, so habe ich es verstanden, diese Initiative der EU jetzt in die Schublade "ideologisches Projekt" gesteckt. Das andere Interessante ist, dass Sie im Zusammenhang mit der geplanten Feuerwaffenrichtlinie, wie sie so schön heißt, darüber gesprochen haben, das habe doch etwas mit der Verteidigung unseres Rechtsstaats zu tun. Wenn ich mir derartige Waffen in den Händen der Bürgerinnen und Bürger vorstelle – es geht hier um Privatpersonen – und dann einen Zusammenhang, so wie Sie ihn gebaut haben, zur Verteidigung des Rechtsstaats herstellen soll, dann gruselt es mich gewaltig.
Worum geht es tatsächlich? Ich will das nicht alles wiederholen, aber klar ist doch, dass mit diesen halbautomatischen Waffen, die jetzt verboten werden sollen, Amokläufe in den USA, Übergriffe und Morde in unglaublicher Schnelligkeit und unglaublicher Vielzahl vollbracht worden sind. Und wenn es so ist, dass Jäger und Sportschützen entweder eine Genehmigung bekommen können, wenn sie denn eine derartige Waffe benutzen wollen, oder sich vielleicht doch eher dem Weg anschließen, dass aus Gründen des Tierschutzrechts und aufgrund der Ethik, der sich auch Jägerinnen und Jäger verpflichtet fühlen, diese Nutzung verpönt ist, dann ist es doch nur gut, dass diese Waffen jetzt verboten werden sollen.
Niemand, wirklich niemand außerhalb des Militärs und der Polizei braucht halbautomatische Sturmgewehre. Und wer den Zugang zu bestimmten Waffen verbietet, greift eben nicht die Freiheit der Menschen an, sondern lässt schlicht den gesunden Menschenverstand walten. Wenn Sie aus einer Überprüfung der Tauglichkeit einen Wesenstest machen, den man zum Beispiel bei der Überprüfung von Hunden nach der Hundeverordnung anwendet, dann fällt das auf Sie zurück, wenn Sie selbst dies als etwas abtun, was nicht zu unserem normalen Regelwerk gehört, nämlich dass jemand, der gefährliche Dinge in die Hand bekommen darf, daraufhin überprüft wird, ob von ihm Gefahren für sich selbst oder die öffentliche Ordnung ausgehen. Die Überprüfung derartiger Fragen ist schlicht und einfach die logische Folge. Die Menschen verändern sich über die Jahre, und nicht umsonst muss man alle Jahre solche Prüfungen wiederholen.
Noch einmal ein kleiner Exkurs zu den Schreckschusswaffen. Vielleicht sollten Sie sich einmal bei Herrn Professor Püschel anmelden. Beim Institut für Rechtsmedizin gibt es immer wieder einmal die Möglichkeit, sich Vorträge darüber anzuhören, was schon normale, nicht veränderte Schreckschusswaffen an grässlichen Verletzungen und Wunden anrichten, teilweise sogar mit tödlichem
Ergebnis. Das größte Risiko ist doch die relativ einfache Umbaumöglichkeit von Schreckschusswaffen und anderen unscharfen Waffen. Das NSUMordopfer Enver Simsek zum Beispiel wurde nach den Ergebnissen der Spurensicherung durch eine umgebaute Schreckschusswaffe der Marke Bruni erschossen. Auch beim Hamburger NSU-Mord wurde mit einer umgebauten Bruni geschossen.
Dringend geregelt werden muss auch der Import dieser leicht umbaubaren Schreckschusswaffen. Aufgrund fehlender Regelungen gelangen diese ungehindert nach oder durch Europa. Das Thema der Waffen im Thalys-Zug ist eben schon angesprochen worden. Die strengeren Auflagen beim Online-Handel sind also richtig und wichtig. Wichtig ist, dass nur Inhaber von Lizenzen, also wiederum die Sportschützen, Sammler, Jäger und so weiter, mit der regelmäßigen Überprüfung in den Besitz solcher Waffen kommen.
Das deutsche Waffenrecht mag im europäischen Vergleich schon fortgeschritten sein, vielleicht ist es auch schon ein sehr scharfes. Das spricht aber nicht dagegen, dass die EU sich eine Feuerwaffenrichtlinie zulegt. Die Diskussion darüber, wie genau diese aussehen wird, ist im vollen Gange, und Sie wollen heute mit dazu beitragen. Zur Relevanz dieser Debatte hat der Kollege Westenberger eben schon etwas gesagt. Ob jede einzelne der vorgeschlagenen Regelungen sinnvoll ist oder Bestand hat, wird man im Laufe der weiteren Abstimmungsverfahren sehen. Ihren Antrag braucht es hierzu nicht, und wir lehnen ihn deshalb ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Heute zitierte das "Hamburger Abendblatt" den Polizeipräsidenten mit der Aussage, dass seit Silvester die Anträge auf Waffenscheine in Hamburg explodieren. Dabei geht es zwar im Wesentlichen um den sogenannten Kleinen Waffenschein, aber die Tendenz ist eindeutig und keineswegs auf Hamburg beschränkt. Auch aus anderen Großstädten und anderen Bundesländern wird eine steigende Tendenz zur Bewaffnung gemeldet. Diese Tendenz ist auch keineswegs auf Waffen nach dem Kleinen Waffenschein begrenzt. Sie ist in einigen Bundesländern besonders drastisch und keineswegs erst seit Silvester, sondern seit zwei Jahren und verstärkt seit einigen Monaten zu verzeichnen. Dabei geht es um Bundesländer wie Sachsen, in denen antidemokratische und flüchtlingsfeindliche Bewegungen wie Pegida be
sonders stark sind und in denen sogenannte Bürgerwehren gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte seit einiger Zeit aus dem Boden schießen.
Sprecher der Gewerkschaft der Polizei dagegen warnen vor einer zunehmenden Gefahr der Selbstjustiz, wobei ich das noch untertrieben finde, denn die zahlreichen gewalttätigen und teilweise bewaffneten Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte haben nicht das Geringste mit Justiz zu tun, auch nicht im Zusammenhang mit "Selbst-", also Selbstjustiz, sondern sind nackte rassistische Gewalt gegen Schutz suchende Menschen.
Man möchte nicht wissen, wie viele der alten und neu erworbenen Waffen sich in den Händen von Rechten, von Nazis, von Hooligans befinden. Doch, ich möchte es schon wissen. In Hessen wurde gerade durch eine Anfrage der SPD zutage gefördert, dass die Zahl von Waffen in den Händen organisierter Nazis seit 2012 drastisch angestiegen ist, und zwar von 14 im Jahr 2012 auf 90 im Jahr 2015.
In den Händen solcher Leute sind auch Waffen, die der Kleine Waffenschein erlaubt, äußerst gefährlich. Die Behauptung der AfD, von legalen Waffenbesitzern drohe keine Gefahr, ist hanebüchen. In einem "Zeit"-Artikel von 2014 wird von jährlich durchschnittlich 70 Toten durch Schusswaffen bei Angriffen und Unfällen berichtet – ohne die circa 750 Suizide mithilfe von Schusswaffen. "Die Zeit" hat das weiter recherchiert und kam für 2013 auf 54 bekannt gewordene Todesfälle durch Schusswaffen. 27 Menschen wurden durch registrierte, also legale Waffen getötet, 27 Menschen durch illegale. Kriminologen warnen davor, dass die Verfügbarkeit von Schusswaffen das Risiko erhöht, dass sogenannte Familiendramen oder private Amokläufe tödlich verlaufen. Wir befürchten, dass die Verfügbarkeit von Schusswaffen auch das Risiko tödlich verlaufender Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte erhöht.
Das erklärte Ziel der Feuerwaffenrichtlinie ist es, den Erwerb von Feuerwaffen in der EU zu erschweren, solche in rechtmäßigem Besitz besser zurückverfolgen zu können, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken und sicherzustellen, dass deaktivierte Feuerwaffen auf Dauer unbrauchbar gemacht werden. Wir begrüßen diese europaweite Verschärfung.
Senats- und Bürgerschaftskanzlei haben keinen Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit und das Subsidiaritätsprinzip feststellen können. Einer mei
ner Vorredner hat noch einmal darauf hingewiesen, dass diese Richtlinie mit dem Europarecht durchaus vereinbar ist. Wir lehnen im Fazit den Antrag der AfD ab. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon vieles zu diesem bahnbrechenden Thema gesagt. Ich gebe zu, ich bin kein Spezialist für halb- und vollautomatische Waffen und möchte es auch nicht werden.
Ich habe mich mit diesem Thema befassen müssen, habe das auch getan. Es ist völlig zu Recht gesagt worden, dass die Rechtswidrigkeit von keinerlei Seite bisher festgestellt wurde. Insofern fällt dieser Punkt sowieso weg. Allerdings – das will ich nicht unerwähnt lassen – hat auch die FDP im Europäischen Parlament sich kritisch zu dieser neuen Feuerwaffenrichtlinie geäußert. Ich möchte Ihnen aber auch sagen, warum. Fünf Tage nach Paris wurde dieser Entwurf zur Änderung der Feuerwaffenrichtlinie vorgelegt, und es wurde damit wieder einmal so getan, als gehe man an die Wurzel allen Übels, indem man diese Feuerwaffenrichtlinie verändert. Aber ich glaube, wir alle wissen, auch nach allen Erkenntnissen, die diese terroristischen Ereignisse im Nachhinein hatten, dass nicht die legalen Waffen das Problem sind, sondern die illegalen. Und hier setzt unsere Kritik an.
Bei all den Waffen, die bei diesen terroristischen Anschlägen verwendet wurden, handelte es sich überwiegend um Kriegswaffen aus alten Armeebeständen. Eigentlich muss es uns vorrangig um die Bekämpfung der tatsächlichen Ursachen gehen, anstatt Aktionismus zu betreiben, um irgendwelche beruhigenden Nachrichten absenden zu können. Nach allen Erkenntnissen war bei den Anschlägen in Paris keine einzige legal besessene Waffe verwendet worden. Um es klar zu sagen: Das heißt natürlich nicht, dass wir in irgendeiner Weise das Waffenrecht verändern wollen. Wir sind der Meinung, dass wir in Deutschland ein strenges Waffenrecht haben, sicherlich strenger als in vielen anderen europäischen Ländern. Dass dies uns aber bei der Bekämpfung des Terrorismus weiterhilft, ist nicht unser Ansatz.
Der Änderungsvorschlag geht grundsätzlich am eigentlichen Problem vorbei, nämlich dem gesetzwidrigen Waffenbesitz, dem illegalen Handel und Transfer von Waffen, insbesondere innerhalb der EU, entgegenzuwirken. Daher werden wir auch
künftig alle Maßnahmen unterstützen, die sich gegen illegalen Waffenhandel wenden, denn das scheint unser Hauptproblem zu sein.
Allerdings, Herr Wolf, können Sie aus meiner Sicht hier keine verharmlosenden Sätze zum privaten Besitz von Waffen sagen. Ich habe zwar nicht das Gefühl, dass unser Hauptproblem darin besteht, dass hier in erster Linie Selbstjustiz ausgeübt wird, aber wir sind ganz klar gegen eine Aufweichung dieses Waffengesetzes. Wir halten nichts davon, dass stärkere Waffen in private Hände gelangen. Da sind wir ganz bei meinen Vorrednern, die dies ebenfalls ablehnen.
Ein kleines Wort zum Schluss. Was mich bei der AfD immer wieder erstaunt, ist die Schwerpunktsetzung bei der Anmeldung ihrer Debatten. Mir erschließt sich nicht, warum jetzt gerade diese Feuerwaffenrichtlinie ein wirkliches Problem in Hamburg ist. Oder geht es wirklich nur darum, wie Sie, Herr Baumann, vorhin sagten, dass die Leute Angst haben? Ich habe manchmal das Gefühl, dass Sie diese Angst noch weiter fördern wollen, anstatt ihr entgegenzuwirken, und das ist mit uns nicht zu machen. – Vielen Dank.
Erstens: Der Begriff "Wesenstest" stammt nicht von mir, sondern damit wurde Herr Kollege Westenberger zitiert und damit überschrieb das "Hamburger Abendblatt" den entsprechenden Artikel.
Zweitens: Ich habe nicht behauptet, wie mir fälschlicherweise von Herrn Kollegen Tabbert unterstellt wurde, Jäger würden mit halbautomatischen Waffen jagen. Das ist so nicht richtig. Das ist aber noch auszuführen.
Drittens zum Zitat von vorhin: Je mehr Waffen im Umlauf seien, desto mehr gerieten in falsche Hände. Das ist ein Ansatz, gegen den wir uns allerdings tatsächlich verwahren wollen. Es ist zu unterscheiden zwischen den Besitzern legaler Waffen und den Besitzern illegaler Waffen. Wie Herr Kollege Jarchow völlig zu Recht ausführte, wurde in Paris nicht mit legalen Waffen gehandelt – das hatte ich auch vorhin selbst gesagt –, sondern mit illegalen Waffen, zum Teil mit Kriegswaffen, mit geschmuggelten und illegal eingeführten Waffen. Dagegen muss man sich wenden. Dagegen richtete sich die ursprüngliche EU-Waffenrichtlinie, die sich gegen diesen innergemeinschaftlichen und nach Europa importierenden Handel mit Waffen wandte.
Weiterer Punkt: Der starke Anstieg des Erwerbs von Schreckschuss-und-so-weiter-Waffen der letzten Tage, über den heute berichtet wurde, hat aus meiner Sicht zweierlei sachliche Ursachen. Die eine ist eine Verunsicherung über den Niedergang der Sicherheit und Ordnung, gerade auch nach Köln. Die andere ist angesichts der anstehenden Verschärfungen natürlich auch die Sorge, sich jetzt noch etwas zu besorgen, was man vielleicht in vier oder acht Wochen nicht mehr kann, was also durch dieses Gesetzgebungsvorhaben ein Stück weit provoziert wird.
Und letzter Punkt: Frau Schneider, hier wird ein Popanz an die Wand gemalt, wenn die legalen Waffenbesitzer letztlich unter einen Generalverdacht gestellt werden. Statistiken belegen, dass Gewalttaten zu 95 Prozent mittels unerlaubt besessener Waffen verübt werden, Waffen, die häufig dem illegalen Waffenschmuggel aus Südost- und Osteuropa entstammen. Es ist grundverkehrt, die legalen Waffenbesitzer, die sich in Deutschland dem strengen Waffenrecht unterwerfen, in einen Pauschalverdacht zu stellen. – Vielen Dank.
Wer dem Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/2773 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.