Protokoll der Sitzung vom 10.02.2016

(Carl-Edgar Jarchow)

Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung in der Sache.

Wer sich dem AfD-Antrag aus der Drucksache 21/3016 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist abgelehnt.

Bevor ich den Punkt 47 aufrufe, bin ich Ihnen ein paar Wahlergebnisse schuldig.

Bei der Wahl eines Deputierten der Justizbehörde sind 111 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit sind 110 Stimmen gültig.

Herr Justus Burgdorf erhielt 22 Ja-Stimmen, 76 Nein-Stimmen und 12 Enthaltungen. Damit ist Herr Burgdorf nicht gewählt worden, und wir werden diese Wahl in unserer nächsten Sitzung erneut auf die Tagesordnung setzen.

Bei der Wahl eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung sind 108 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 107 Stimmzettel gültig. Herr Krzysztof Walczak erhielt 21 Ja-Stimmen, 71 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen.

Damit ist Herr Walczak nicht gewählt worden. Wir werden auch diese Wahl in unserer nächsten Sitzung auf die Tagesordnung setzen.

Bei der Wahl eines Deputierten der Behörde für Inneres und Sport sind 112 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 111 Stimmen gültig. Herr Uwe Koßel erhielt 87 JaStimmen, 7 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen. Damit ist Herr Koßel gewählt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 47 auf, Drucksache 21/3031 Neufassung, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Haushaltsplan 2016, Einzelplan 8.1, Behörde für Inneres und Sport, Aufgabenbereich 273, Verfassungsschutz. Hier Einzelplan 9.2, Allgemeine Finanzwirtschaft, Aufgabenbereich 283, Zentrale Finanzen, Stärkung des Verfassungsschutzes durch zusätzliche Observationsteams.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Haushaltsplan 2016, Einzelplan 8.1 Behörde für Inneres und Sport, Aufgabenbereich 273 Verfassungsschutz, Einzelplan 9.2 Allgemeine Finanzwirtschaft, Aufgabenbereich 283 Zentrale Finanzen – Stärkung des Verfassungsschutzes durch zusätzliche Observationsteams – Drs 21/3031 Neufassung –]

[Antrag der FDP-Fraktion:

Stärkung des Verfassungsschutzes durch zusätzliche Observationsteams – Drs 21/3177 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Verfassungsschutz wirksam stärken – Sicherheit in Hamburg gewährleisten – Drs 21/3188 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 21/3177 und 21/3188 Anträge der Fraktionen der FDP und der CDU vor.

Wer wünscht das Wort? – Herr Münster von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anschläge von Paris im November des vergangenen Jahres, die anschließende Terrorwarnung in Brüssel, die Spielabsage in Hannover, der Anschlag in Istanbul haben uns alle bestürzt und verdeutlicht, dass es hier einer besonderen Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden bedarf. Aber, um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, der Hamburger Verfassungsschutz leistet auf diesem Gebiet eine sehr gute, professionelle Arbeit, und sie ist tadellos.

(Beifall bei der SPD und bei Joachim Len- ders und Karl-Heinz Warnholz, beide CDU, und Christiane Blömeke GRÜNE)

Es ist aber zweifelsohne so, dass seine Aufgaben deutlich gewachsen sind. Wir haben hier vielfach die Radikalisierung junger Menschen in Deutschland erörtert, die ein sogenannter Islamischer Staat auf einige ausübt und diese zu gewaltbereiten Salafisten ausbildet. Hier müssen wir gegensteuern, auch wenn ich die Arbeit der vorhandenen Beratungsstelle Legato ausdrücklich würdigen möchte, die die Beratung für Angehörige von radikalisierten Jugendlichen und Erwachsenen bietet, die Ausstiegsbegleitung der Betroffenen ermöglicht, Selbsthilfegruppen für Eltern und Betroffene unterstützt sowie Fachberatung und Fortbildung für Fachkräfte und Motivatoren anbietet. Hier haben wir ein Konstrukt Prävention und Sicherheit, also ein Gesamtkonzept.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Damit versuchen wir bereits heute, diese Radikalisierungsprozesse frühzeitig zu erkennen und die Radikalisierungstendenzen zu unterbinden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir damit nicht alle und jeden erreichen und die bereits radikalisierten Personen sich auch bewusst diesen Angeboten entziehen, und hier ist der Verfassungsschutz aktiv gefragt. Nach aktuellen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes werden in Hamburg 270 Personen dem dschihadistischen Salafisms zugerech

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

net. Aus dieser Klientel reisten circa 65 Personen in die Dschihad-Gebiete Syriens und Iraks, knapp 20 Rückkehrer aus diesen Kampfgebieten halten sich wieder in Hamburg auf. Weitere wollten in die Kampfgebiete ausreisen und Hamburg damit verlassen, konnten jedoch mit Untersagung beziehungsweise mit Passentzug daran gehindert werden. Allerdings geht von dieser Personengruppe eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Hamburgs aus. Ihre Zahl ist groß. Dass wir diese nicht mit dem bisherigen Personalbestand mehr leisten können, liegt auf der Hand. Insbesondere vor dem Hintergrund der Rekrutierungs- und Beeinflussungsversuche bei den in Hamburg lebenden Flüchtlingen durch gewaltbereite Islamisten ist eine verstärkte Beobachtungs- und Auswertungspraxis erforderlich und wird auch vom Verfassungsschutz betrieben.

(Beifall bei der SPD und bei Antje Möller GRÜNE)

Nun hat aber der Hamburger Verfassungsschutz keinen allzu großen Personalbestand. Wenn dieser sich ausschließlich dem Bereich der Islamismusbekämpfung widmen würde, müsste er an anderer Stelle wichtige Aufgabenbereiche zurückstellen, zum Beispiel die Beobachtung und Bekämpfung von Rechtsradikalismus. Das ist ganz klar, und das kommt für uns nicht infrage.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Für die verdeckte Beobachtung der salafistischen Szene brauchen wir mehr Personal, da eine solche Überwachung sehr zeit- und personalintensiv ist. Wir hatten bereits im Innenausschuss im vergangenen Jahr nach den Anschlägen von Paris über diesen Bedarf gesprochen, der fraktionsübergreifend auch geteilt wurde. Aus diesem Grund hoffen wir, dass der hier vorliegende Antrag der beiden Regierungsfraktionen die ungeteilte Zustimmung des gesamten Hauses findet.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Der Behörde für Inneres und Sport wird jetzt aufgrund der aktuellen Situation ein zusätzlicher Betrag für eine personelle Aufstockung und eine zusätzliche Ausstattung mit Operationsfahrzeugen zur Verfügung gestellt. Die amtlich aktuelle Zahl der Mitarbeiter des LfV (Landesamt für Verfas- sungsschutz) wird von 153 auf 163 verstärkt. Eine weitere personelle und materielle Stärkung, wie von FDP und CDU jetzt gefordert wird, ist natürlich wünschenswert, aber zum jetzigen Zeitpunkt leider schwer zu finanzieren. Allerdings wird im kommenden Haushalt eine weitere Stärkung des Verfassungsschutzes natürlich dementsprechend geprüft und wahrscheinlich auch hinterlegt.

(Beifall bei der SPD – Dirk Nockemann AfD: Das ist zu spät!)

Wir wollen mit diesem Antrag schnell handeln und den Senat ersuchen, diesen Haushaltsansatz auch in den kommenden Jahren beizubehalten. Wir versprechen uns von dieser Maßnahme eine Stärkung der Sicherheitslage in Hamburg, da wir bei Zustimmung zu diesem Antrag mehr Gefährder als bisher intensiver beobachten können, die Öffentlichkeitsarbeit gezielter durchführen können und auch mehr Informationen über die salafistische Szene in Hamburg gewinnen. Aus diesem Grund bitten wir um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Bravo!)

Das Wort bekommt Herr Lenders von der CDU-Fraktion.

(Juliane Timmermann SPD: Wie viel bieten Sie?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Münster, vieles von dem, was Sie eben vorgetragen haben, findet auch in meiner Fraktion Zustimmung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie bezüglich der Zahlen nochmals deutlich gemacht haben, dass es wünschenswert wäre, der Antrag der CDU würde eine Mehrheit bekommen.

(Kazim Abaci SPD: Das hat er nicht gesagt!)

Ja, das wäre auch aus unserer Sicht wünschenswert.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Die Bedrohung durch den islamistischen Terror betrifft die gesamte freie Welt, sie betrifft uns alle. Die grausamen Anschläge von Paris, Istanbul oder Brüssel und anderenorts haben gezeigt, dass vor allem Metropolen, die für Offenheit, für Toleranz und Freiheit stehen, im Fadenkreuz der Terroristen sind. In Hamburg müssen wir von knapp 300 salafistischen Dschihadisten ausgehen, das ist die aktuell geschätzte Zahl des Verfassungsschutzes, von denen etwa 20 aus den Kampfgebieten in Syrien zurückgekehrt sind, weiteren 17 Personen wurde die Ausreise untersagt.

Wir müssen die Bedrohung, meine Damen und Herren und lieber Kollege Münster, ernst nehmen, insbesondere die Bedrohung, die von diesen Personen ausgeht, und wir müssen dieser Bedrohung mit aller Entschlossenheit entgegentreten. Darüber dürfen wir nicht nur reden, sondern wir müssen umgehend konkret handeln und konkrete Maßnahmen zur Terrorabwehr ergreifen. Die personelle Ausstattung des Verfassungsschutzes hat, wie Sie eingangs in Ihrer Rede gesagt haben, eine absolut zentrale Bedeutung, deswegen auch der Zusatzantrag meiner Fraktion. Der Antrag der Koalitions

(Arno Münster)

fraktionen hingegen sieht nur zehn neue Stellen im Landesamt für Verfassungsschutz vor.

(Kazim Abaci SPD: Nur!)

Das ist zwar ein richtiger Schritt, Herr Abaci, aber der Weg zu diesem Ziel kann mit diesen zehn zusätzlichen Stellen aus unserer Sicht nicht erreicht werden.

(Beifall bei der CDU)

Schon vor den Anschlägen von Paris, das sei an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich hervorgehoben, gab es die Zusage, gab es die Absicht, diese zehn zugesagten Stellen umzusetzen. Zum damaligen Zeitpunkt eine sicherlich auch aus unserer Sicht angemessene, richtige Entscheidung, sie ist aber aufgrund der Dinge, die passiert sind, die ich eben angesprochen habe, längst überholt. Heute wissen wir ohne jeden Zweifel, dass die Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus stetig wächst und auch Deutschland im Visier von Terroristen ist, das ist unbestreitbar. Seit den Anschlägen von Paris haben damit auch die Aufgaben des Verfassungsschutzes erheblich zugenommen, und die Aufgaben des Verfassungsschutzes sind komplex, sie sind hochanspruchsvoll, sie sind vielfältig. Verfassungsschützer sorgen für Prävention, sie verhindern, dass es überhaupt erst zu Anschlägen kommt. Sie müssen in der Lage sein, Terroristen und Gefahren frühzeitig zu erkennen. Dabei kann der Verfassungsschutz deutlich früher aktiv werden, als es die Polizei rechtlich kann. Dabei liegt auch auf der Hand, je mehr personelle Ressourcen wir schaffen, desto mehr Terroristen werden erkannt, und das ist die zentrale Voraussetzung für die Verhinderung von Anschlägen. Bisher haben die Sicherheitsbehörden mit ihrer ausgezeichneten, hervorragenden Arbeit genau diese Anschläge in Deutschland verhindern können.

Es ist unsere gemeinsame parlamentarische Verantwortung, durch ausreichende Ausstattung dafür zu sorgen, dass dieses in Zukunft nicht nur so bleibt, sondern es auch möglich wird, derartigen Gefahren zu begegnen. Insbesondere die Überwachung der Syrien-Rückkehrer – ich sprach sie an – muss konzentriert, muss engmaschig erfolgen, und so können die gewonnenen Informationen zeitnah ausgewertet werden. Auch hier ist klar, dass mehr Personal für mehr Effektivität und Geschwindigkeit sorgt. Wir müssen darum den Verfassungsschutz in die Lage versetzen, alle Gefährder zu überprüfen und bei Bedarf engmaschig überwachen zu können.

(Beifall bei der CDU)

Das verschlingt erhebliche Personalressourcen beim Verfassungsschutz. Weiterhin hat die Erfahrung gezeigt, dass der koordinierte Informationsaustausch mit anderen Verfassungsschutzbehörden dringend notwendig ist, um eine effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten. Die Hinweise be

freundeter Nachrichtendienste haben seit Paris erheblich zugenommen, und diesen Hinweisen muss unbedingt nachgegangen werden. Der Terrorismus macht an Landesgrenzen nicht Halt, und wir dürfen dies auch nicht.