Auftrag gegeben hat, ist in der Tat zwar wissenschaftlich angehaucht, sie ist aber letztlich keine empirische Studie, sondern basiert allein auf Interviews. Das ist nicht unbedingt falsch, aber Sie können heute nicht sagen, es sei empirisch belegt, dass es so oder so ist.
Wir wissen in Hamburg glücklicherweise seit Befassung mit dieser Problematik in der vorherigen Legislaturperiode, nämlich noch im Januar 2015, dass es in Hamburg anders gelagert ist als in Berlin. Es gab nämlich auch hier schon, das können Sie nachlesen, eine Schriftliche Kleine Anfrage des damaligen Kollegen Christoph de Vries, der sich damit befasst hat. Darauf hat der Senat geantwortet, dass Staatsanwaltschaft, Polizei und Gerichte sehr gezielt – und jetzt kommt es – gegen die organisierte Kriminalität, zu der genau dieser Bereich auch gehört, vorgehen.
Und das ist auch richtig. Denn in der Tat, das sei hier gern gesagt, es darf nicht sein, dass schwere Straftaten nicht mehr aufgeklärt und gesühnt werden können, weil bestimmte Tätergruppen den Rechtsstaat vorführen, Beamte bedroht oder Zeugen beeinflusst werden. Wir werden und dürfen es nicht akzeptieren, dass Angeklagte von schweren Gewaltdelikten mit einem Freispruch den Gerichtssaal verlassen, nur weil Zeugen plötzlich lügen oder unter erheblichen Erinnerungslücken leiden.
Aber wer sind die Täter? Und auch hier wäre eine Differenzierung wieder angebracht, die Differenzierung nämlich zwischen der Konfliktbewältigung auf der einen – und jetzt kommt es, und ich meine, dass Sie es so verstanden wissen wollen – und der Strafvereitelung auf der anderen Seite. Es gibt in der Tat, das ist Ihnen zuzugeben, in den meist arabischstämmigen kriminellen Großfamilien einiger Clans, die nach patriarchalischen Strukturen aufgebaut sind, große Probleme und Straftaten und Strafvereitelung und organisierte Kriminalität. Deswegen müssen wir weiter mit unserer Null-Toleranz-Strategie fahren, weiter Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter entsprechend schulen und auch schützen und zudem die Strafverfahren zügig durchführen. Das ist etwas, das viel wichtiger ist, vor allem, dass wir unsere Justiz entlasten. Wir werden das nachher noch einmal in der Debatte zur Großen Anfrage herauszustellen haben. Aber das ist viel wichtiger, dass wir schnell und hart reagieren können.
Zu guter Letzt – Herr Tabbert hat es schon gesagt –: Das eigentliche Problem und ein Lösungsansatz sind hier noch nicht einmal entfernt erkennbar. Die Lösung ist im Grunde genommen relativ simpel, denn wenn Sie sich diese Strukturen ansehen und wenn Sie sich mit dem befassen, was die
Kollegen in der vergangenen Legislaturperiode schon erarbeitet haben, dann werden Sie feststellen, dass in den Bereichen, in denen diese organisierte Kriminalität vorhanden ist, sie darauf beruht, dass die Leute Angst haben und dass sie kein Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat haben. Das heißt, das ist ein originäres Problem der mangelnden Integration dieser Menschen in unser System und in unseren Rechtsstaat. Also ist Aufklärung angesagt, schon in der Frühe, schon in der Schule. Dann haben wir hier auch keine Schattenjustiz und dann können wir alle unserem Rechtsstaat auch weiter vertrauen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag geht davon aus, dass die Lebenswelten, wie sie in der Berliner Studie beschrieben worden sind, so auch in Hamburg existieren. Dafür gibt es aber keine konkreten Anhaltspunkte. Die Hamburger Strafgerichte und die Staatsanwaltschaft wurden dazu befragt, einmal im Jahr 2012 und dann auch im vergangenen Jahr, im Vorfeld der Justizministerkonferenz. Danach gibt es keine konkreten Ergebnisse oder Erkenntnisse dazu, die über bloße Vermutungen hinausgehen. Vor allem aber werden in dem Antrag Gewalttaten und Revierkämpfe im Rotlichtmilieu als Beispiel für Paralleljustiz aufgeführt. Das trifft es nicht.
Zum einen haben wir in Deutschland ein Strafrecht, das Gewalttaten sanktioniert. Hierzu reichen die vorhandenen Gesetze in der Regel aus. So ist auch in dem Antrag von "Überschreitung der Grenzen zwingenden deutschen Rechts" und "gegen die deutsche Rechtsordnung gerichtete Struktur" die Rede. Das zeigt gerade, dass solche Straftaten mit deutschem Recht nicht vereinbar sind und entsprechend sanktioniert werden. Und falls die deutschen Regelungen einmal nicht ausreichen sollten, dann muss auf deren Änderung hingewirkt werden, wie wir das jetzt gerade anstoßen mit der Reform des Sexualstrafrechts. Somit sind Lösungen generell innerhalb des vorhandenen deutschen Rechtssystems zu suchen und zu finden.
Zum anderen sind gerade die kriminellen Strukturen, wie sie derzeit bei Auseinandersetzungen im Rotlichtmilieu erkennbar sind, ein allgemeines Problem in der organisierten Kriminalität. Hier geht es momentan in Hamburg konkret um rivalisierende deutsche Rockergruppen. Das hat mit Paralleljustiz im Sinne dieses Antrags nichts zu tun.
Diese Beispiele zeigen, dass stets genau zu differenzieren ist und nicht von vornherein Straftaten einer bestimmten Gruppe, einem bestimmten Milieu
oder einer bestimmten Nationalität oder Glaubensrichtung zuzuordnen sind. Außerdem ist innerhalb des zum Glück in Deutschland funktionierenden Rechtssystems nach Lösungen zu suchen, und solche Lösungsvorschläge fehlen hier völlig. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Das ist wieder eine typische AfD-Anmeldung. Die Überschrift des Antrags, Paralleljustiz im Milieu islamischer Migranten, suggeriert einen engen Zusammenhang von Paralleljustiz und Islam, von Paralleljustiz und muslimischen Migranten, angeblich gestützt auf eine Studie. Wer sich die Studie indes anschaut, stellt fest, dass die AfD sehr geschickt, aber sehr bemüht verschiedene Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der Studie zusammenmischt, um das von vornherein feststehende Ergebnis zu bekommen, das da lautet: Paralleljustiz ist ein Islam-Thema, Islam und Paralleljustiz gehören irgendwie, aber auf jeden Fall sehr eng zusammen. Das ist aber gerade nicht das Ergebnis der Studie.
Erstens fallen, auch wenn Herr Nockemann eben versucht hat, etwas anderes zu sagen, im Verständnis der AfD schon informelle Streitschlichtungs- und Entscheidungsmechanismen unter den Begriff Paralleljustiz, dann jedenfalls, wenn irgendwie Muslime im Spiel sind. Informelle Streitschlichtungs- und Entscheidungsmechanismen sind in jeder Partei, in den allermeisten Vereinen, in Großorganisationen, in Kirchen und so weiter gang und gäbe. Sie sind gesellschaftlich anerkannt und akzeptiert. Problematisch sind solche Strukturen, wenn Menschen gezwungen werden, wenn Stärkere Schwächere dominieren, wenn Gewalt, Druck, Drohungen im Spiel sind oder wenn der Weg zum Beispiel zu gerichtlicher Aufklärung versperrt wird. Das wiederum kommt insbesondere im Milieu organisierter Kriminalität vor. Er hat zwei Großclans in Berlin im Auge. Das gibt es aber als Erscheinung immer wieder auch in anderen Bereichen, ich nenne als Beispiel nur einmal die Gerichtsbarkeit im Sport. Ich nenne ein anderes Beispiel: Es sind Serienstraftäter im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen worden. So etwas kommt immer wieder vor, und kein Mensch käme jetzt auf die Idee, Katholizismus und Paralleljustiz in einen engen Zusammenhang zu bringen.
Jedenfalls kann man sagen, das ist kein Spezifikum islamischer Migranten. Und zweitens sagt der Autor der Studie in einem Interview dann auch ausdrücklich, Paralleljustiz sei – ich zitiere –:
Also, kann hier ein Thema sein. Einen sozusagen organischen Zusammenhang zwischen Parallelstruktur und Muslimen oder Parallelstruktur und Islam, den die AfD mit ihrem Antrag unterstellt, bestätigt der Islamwissenschaftler gerade nicht. Er kommt zu dem Schluss, dass Strukturen einer gegen Rechtsstaatlichkeit gerichteten Paralleljustiz immer wieder in kulturell und sozial isolierten kriminellen Milieus zu beobachten sind. Ich zitiere:
"Man sollte hier aber nicht von muslimischer Paralleljustiz, sondern von kulturell geprägten Mustern sprechen."
"Die Errichtung einer gegen die deutsche Rechtsordnung gerichteten Struktur ist nur in islamisch-neosalafistischen Milieus ansatzweise erkennbar, ansonsten nicht."
Mehr will ich zum Thema nicht sagen, weil der Antrag der AfD es nicht wert ist, ausführlicher diskutiert zu werden. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir als FDP werden, um es vorwegzunehmen, diesen Antrag der AfD ablehnen. Lassen Sie mich nur kurz einiges dazu sagen, denn vieles ist schon gesagt worden. Grundsätzlich sind wir durchaus aufgeschlossen, wenn es darum geht, durch gezielte Studien und Analysen Problemlagen aufzuklären und die Strukturen hinter Phänomenen zu betrachten. Das kann wichtige Ansätze für strategisches Handeln der Staatsorgane liefern, welches heutzutage im Bereich der inneren Sicherheit – ich füge hinzu, insbesondere der organisierten Kriminalität – allzu oft aktionistischen Schaufenstermaßnahmen untergeordnet wird.
Leider wird bei der Lektüre der Begründung des AfD-Antrags allzu deutlich, dass es den Antragstellern eben nicht vorrangig um eine solche Sachauf
klärung geht, die Ausführungen bemühen sich allzu offensichtlich, Ergebnisse einer solchen Studie bereits vorwegzunehmen. Man bekommt den Eindruck, dass Sie offensichtlich gar nicht vorhaben, die Ergebnisse einer solchen Studie für eine seriöse Auseinandersetzung zu verwenden. Den falschen Ansatz Ihrer Initiative macht eigentlich schon die Überschrift Ihres Antrags deutlich. Sie versuchen, das Problem von verfestigten Substrukturen auf religiöse Fragen zu verengen. Auch wenn Religionen bei solchen Strukturen eine Rolle spielen, gibt es doch noch viele andere und oft wichtigere Faktoren, bei denen die Religionen im Zweifel eine eher untergeordnete Rolle spielen. In der Sache wenig hilfreich ist auch der Popanz um die Gefährdung des Rechtsstaates durch sogenannte Paralleljustiz, den Sie im Antrag herbeizureden versuchen. Rechtsprechung unterhalb staatlicher Strukturen in Form von Schiedsgerichten, Schiedsleuten, ständischen Spruchkammern, Sportgerichten, Verfahren innerhalb von religiösen Körperschaften öffentlichen Rechts haben in Deutschland durchaus eine Tradition und sich auch vielfach bewährt. Diese Tradition wird nicht nur vom Gesetzgeber seit Jahren gefördert, sondern viele Länder auf dieser Welt beneiden uns um die effizienten Möglichkeiten der Konfliktklärung, die uns diese Strukturen bieten. Wo kein Kläger, da kein Richter, ist ein Grundprinzip des deutschen Zivilrechts. Dass die Urteile solcher Richter nicht justiziabel sind, heißt gerade nicht, dass sich Streitparteien nicht einvernehmlich einen eigenen Richter suchen dürfen. Dieses Recht endet natürlich dort, wo kein Einvernehmen besteht oder wo solche Rechtssprüche unter Verstoß gegen das Gewaltmonopol des Staates durch Nötigung oder Gewalt durchgesetzt werden. Das versteht sich. Hier bestehen zweifellos Defizite bei der Durchsetzung des Rechtsstaates. Mit Ihrer Skandalisierung von unterstaatlichen Strukturen der Zivilgesellschaft zum Zwecke der Bedienung von Ressentiments lenken Sie aber eher davon ab.
Sie stellen in Ihrem Antrag selbst die erheblichen Kosten eines solchen Projekts fest. Da Sie aber jeden seriösen Vorschlag zur Gegenfinanzierung schuldig bleiben, die wissenschaftliche Zielrichtung unklar bleibt und Sie offensichtlich die Ergebnisse in der Sache gar nicht zielführend verwenden wollen, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich ist fast alles schon gesagt, aber ich möchte doch noch ein, zwei Punkte kurz erwähnen. Es ist schön und interessant, dass die AfD-Fraktion sich für muslimisches Leben interessiert, ob nun in Berlin oder in Hamburg, aber Sie haben, wie ich finde, mit Ihrem Antrag ein Paradebeispiel dafür abgeliefert, wie schlecht Sie im Lesen sind und wie schlecht Sie vor allem im Verstehen sind, denn Sie haben die Studie nur sehr selektiv gelesen, so, wie es Ihnen gerade passt. Das haben Gott sei Dank Christiane Schneider und auch Herr Jarchow noch einmal deutlich gemacht. Sie versagen sogar darin, Probleme zu beschreiben, die wir hier in der Stadt haben, also man kann Ihnen nicht einmal zuschreiben, dass Sie Probleme erkennen, geschweige denn, dass Sie überhaupt eine Problemlösungskompetenz aufzeigen können.
Ich wundere mich wirklich, dass Sie keine anderen Themen haben außer Flüchtlinge und Muslime. Immer geht es eigentlich nur darum, irgendwelche Horrorszenarien in der Stadt zu produzieren, geistige Brandstiftung zu betreiben. Ich muss ehrlich sagen, dass Sie sich wieder einmal disqualifiziert haben.
Ich möchte Ihnen kurz eine andere Studie darstellen, und zwar ist das eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2014. In dieser Studie werden 3 000 Christen und Muslime zu ihrer Einstellung befragt. Ergebnis ist, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern für die Mehrheit in beiden Gruppen ein fest verankerter Wert ist. Ich zitiere aus der Studie:
"Die Religionszugehörigkeit ist offenbar nur selten entscheidend, wenn es darum geht, ob jemand […] traditionelle Einstellungen hat."
Aber wie gesagt, Ihnen geht es gar nicht um wissenschaftliche Studien, Ihnen geht es darum, Ihr Weltbild zu erklären und Ängste zu schüren. Und das Traurige ist, dass, wenn Ängste erst einmal geschürt sind, gar nicht mehr die eigentlich objektiven Gründe das Handeln der Menschen leiten, sondern die Realität der Angst. Ich kann wirklich nur sagen, Ihr Antrag ist ein Armutszeugnis, und dem kann kein normal denkender Mensch zustimmen. – Danke.
Wer einer Überweisung der Drucksache 21/3016 an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die