Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gegen ein DemografieKonzept für Hamburg kann wahrlich niemand etwas haben. Aber in der Debatte ist deutlich geworden, dass vieles nicht wirklich durchdacht ist beziehungsweise nicht so konkret vorgestellt wurde, wie es vielleicht gemeint ist oder hätte verschriftlicht sein sollen.
Frau Blömeke hat gesagt, natürlich werde Demografie verstanden als eine Querschnittsaufgabe. Dem kann man nur zustimmen, aber in ihren Ausführungen hat sie sich nur mit Seniorinnen und Senioren befasst. Das ist sicherlich nicht schlecht, aber das ist nur ein Auszug. Mein Verständnis von Demografie-Festigkeit – wenn das tatsächlich die Zielsetzung ist – ist, zu berücksichtigen, wie unsere Gesellschaft sich zusammensetzt.
Sie haben selbst kurz angerissen, dass wir eine große Zahl von Kindern haben. Wir hoffen, dass die Zahl der Kinder wächst. Wir stellen fest, dass heute schon 46 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben. Wir sagen, wir seien ein Einwanderungsland. Auch der Anteil von älteren Menschen mit Migrationshintergrund wächst. Der Begriff "interkultureller Austausch" taucht im Antrag auf, aber sehr vage und nebulös. Darunter kann man sich alles und gar nichts vorstellen. Vieles bleibt sehr vage. Wir müssen viel konkreter werden.
Wenn wir über Demografie-Festigkeit unserer Gesellschaft in Hamburg 2030 sprechen, müssen wir uns angucken, wie sich unsere Gesellschaft verändert, und die Weichen richtig stellen. Wie sollen Menschen künftig leben? Wie alt sind sie? Leben sie allein oder in Familien? Sind sie krank oder gesund? Was braucht es an Versorgung? Wie sollen Familien noch im mittleren Alter leben? Wir wissen, dass sich auch die Familie verändert, bei Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch ohne Migrationshintergrund. Natürlich ist das Thema Armut, da bin ich der LINKEN dankbar, ganz entscheidend. Es geht um Teilhabegerechtigkeit und Teilhabearmut. Es geht um Arbeitslosigkeit. Wir wissen: Die Arbeitslosigkeit fällt insgesamt, aber bei bestimmten Menschen, zum Beispiel bei Menschen mit Migrationshintergrund, wächst sie noch in unserer Stadt. Wir wissen auch, dass viele Kinder ein Armutsrisiko sind. Auch das taucht nicht auf. Es wird sehr viel schöngemalt.
Wenn man eine Art Lebenslagenbericht erstellen und diesen demografiefest machen möchte, was ein sehr guter Anspruch ist, muss man konkreter werden. Dass man alles eng fokussiert auf Senioren, ist eine vertane Chance. Trotzdem ist es richtig, den Landesseniorenbeirat einzubeziehen. Ich frage mich: Wieso bezieht man den Landesintegrationsbeirat nicht ein, wenn man doch feststellt, dass künftig unsere Gesellschaft sich verändern wird, auch vielfältiger leben wird?
Der Antrag ist also zwar gut gedacht, aber sehr vage, sehr nebulös. Ich werde ihm trotzdem zustimmen, aber er bleibt wirklich ziemlich vage. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich nehme aus den Redebeiträgen der Rednerinnen und Redner zwei wesentliche Erkenntnisse mit in die weitere Erarbeitung des Konzepts. Erstens, sehr positiv, alle Rednerinnen und Redner wissen, dass es ein Demografie-Konzept Hamburg 2030 gibt, das in
der letzten Legislaturperiode vom Senat beschlossen wurde. Die bedauerliche Erkenntnis: Nicht alle können es gelesen haben,
denn vieles, was hier angesprochen wurde, ist Bestandteil des Demografie-Konzepts. Frau Stöver, was Sie als Forderungskatalog formuliert haben, ist identisch mit dem Inhaltsverzeichnis des Demografie-Konzepts Hamburg 2030. So wollen wir auch weitermachen,
als Querschnittsaufgabe, aber natürlich fortgeschrieben und abgeglichen mit den neuen Entwicklungen und Ideen und reagierend auf neue Herausforderungen.
Man muss aber die besondere Hamburger Situation würdigen. Wenn anderenorts über demografischen Wandel gesprochen wird, dann sind die Stichworte immer Geburtenrückgang, Überalterung, Fachkräftemangel und Überforderung der sozialen Sicherungssysteme. Die demografische Entwicklung sei an allem schuld. Demografie und Apokalypse liegen dort ganz nah beieinander. Für Hamburg kann man aber sagen, die Demokalypse, wie "Der Spiegel" es einmal genannt hat, findet nicht statt.
Erstens schrumpfen wir nicht, ganz im Gegenteil. Während für die Bundesrepublik bis 2035 ein deutlicher Rückgang der Bevölkerung vorhergesagt wird, wird die Hamburger Bevölkerung im gleichen Zeitraum auf mindestens 1,9 Millionen Einwohner wachsen. Natürlich wirkt sich auch der Zustrom von Flüchtlingen auf diese Zahlen aus. Die Auswirkungen werden dabei positiv sein, sowohl was die Größe der Bevölkerung als auch was den Altersdurchschnitt betrifft. Die Flüchtlinge sind bei diesen 1,9 Millionen noch gar nicht eingerechnet.
Zweitens ist das in Hamburg deshalb positiv, weil wir die demografische Entwicklung nicht einfach hinnehmen, sondern weil wir sie gestalten und zu einer Chance für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dieser Stadt machen werden.
Wir haben tatsächlich gute Zahlen: Wir haben gute Geburtenzahlen – in jedem Jahr einen neuen Rekord in den Geburtskliniken, was auch daran liegt, dass die Hamburger Bevölkerung immer mehr Kinder bekommt –, und wir haben Zuzug von jungen Familien. Das kommt nicht von ungefähr, sondern das hat auch etwas zu tun mit dem Ausbau von Kindergartenplätzen, mit Ganztagsbetreuung, mit guter Schule und mit massivem Wohnungsbau.
Aber natürlich werden auch in Hamburg immer mehr ältere Menschen leben. In den nächsten 20 Jahren zum Beispiel 90 000 Menschen mehr, die über 65 Jahre alt sind. 90 000 Menschen, das ist in etwa die Größe Flensburgs. Das bedeutet natürlich: Wir müssen unsere Angebote für die älteren Menschen weiterentwickeln. Deshalb werden wir die Brücke schlagen zwischen dem Bedarf junger Familien, die in Hamburg gut wohnen, arbeiten und ihre Kinder erziehen wollen, und dem Bedarf der Älteren, die hier einen guten und aktiven Lebensabend haben wollen. Das ist der Grund, warum der Senat schon in der letzten Legislaturperiode Hamburg 2030 auf den Weg gebracht hat, bewusst damals schon nicht als abgeschlossenes Konzept, sondern als eines, das stetig fortentwickelt werden und der Bevölkerungsentwicklung und neuen Herausforderungen angepasst werden soll.
Die Trendaussagen, die wir damals zur Bevölkerungsentwicklung getroffen haben, werden durch die Realität bestätigt. Sie zeigen auch, dass wir für unsere Arbeit die Weichen richtig gestellt haben.
Wir wollen weiter gute Wohnorte für junge Familien schaffen. Wir wollen selbstbestimmtes Älterwerden sichern. Das ist eine Daueraufgabe. Deswegen betrachtet das Demografie-Konzept selbstverständlich nicht nur die ältere Bevölkerung, sondern es befasst sich mit jedem Alter und jeder Lebenslage. Wir wollen uns allerdings konzentrieren auf das, was in Hamburg machbar ist. Deshalb nehmen wir nicht Bundesgesetze in den Blick, Herr Celik, was wir tun müssten, wenn wir das Thema Altersarmut umfassend angehen würden.
Wenn wir es richtig anpacken, kann das Leben in Hamburg noch lebenswerter werden und Hamburg kann noch mehr das Miteinander fördern und wirtschaftlich stärker werden durch die Demografie.
In einer Hinsicht gilt dieses Mal nicht think big, sondern hier heißt es gerade Schauen auf den Lebensraum. Deshalb fokussieren wir uns bei der Fortschreibung so sehr auf das Leben im Quartier. Dort findet nämlich ein Großteil des täglichen Lebens statt. Gerade für ältere Menschen ist das Quartier der Lebensort, denn wenn die Jahre zunehmen, nimmt der Aktionsradius oftmals ab. Deshalb werden wir alle unsere Maßnahmen auf das Quartier beziehen und werden die Demografie-Robustheit der Quartiere weiterentwickeln. Diese sind unterschiedlich aufgestellt, haben unterschiedliche Herausforderungen und eine unterschiedliche demografische Entwicklung. Aber es gibt auch Themen, die immer wieder im Mittelpunkt stehen. Das sind die Wohnung und das Wohnumfeld, die Barrierefreiheit, die Infrastruktur, die Nahversorgungsmöglichkeiten, die medizinische und pflegerische
Versorgung; es ist eine gute Durchmischung der Bevölkerung, es ist Teilhabe und es sind kulturelle Angebote.
Frau Senatorin, vielen Dank. Sehen Sie nicht die Bekämpfung der Altersarmut oder generell Armutsbekämpfung als ein Querschnittsthema, wo wir auch hier in dieser Stadt – also nicht nur im Bundesgebiet – viele Herausforderungen im Bereich der Bildungs-, der Gesundheits- und der Wohnungspolitik zu bewältigen haben und wo wir vieles machen könnten?
Alle diese Themen, die Sie angesprochen haben, sind auch Bestandteil des Demografie-Konzepts Hamburg 2030.
Altersarmut bekämpft man dadurch, dass man eine hohe Erwerbstätigkeit insbesondere von Frauen sicherstellt und dass man sich für Lohngleichheit einsetzt,
Weil wir uns auf das Quartier fokussieren, haben wir auch dieses neue Instrument des präventiven Hausbesuchs entwickelt. Wir wollen dafür sorgen, dass Hilfen nicht nur vorhanden sind, sondern dass der Bedarf auch rechtzeitig erkannt und Hilfe zugänglich gemacht werden kann, denn wir wollen dafür sorgen, dass Menschen im Alter so leben können, wie sie es wollen, möglichst in der eigenen Wohnung auch bei Pflegebedürftigkeit, wenigstens aber in der vertrauten Umgebung. Es geht auch darum, soziale Teilhabe zu ermöglichen und Vereinsamung im Alter zu vermeiden. Deshalb wollen wir mit diesem aufsuchenden Angebot dafür sorgen, dass Hilfebedürftigkeit frühzeitig festgestellt wird und dass Hilfe sofort erfolgen kann. Deswegen ist die Zusammenarbeit mit vielen weiteren professionellen Diensten und ehrenamtlichen Angeboten geplant und notwendig.
Die vielen Fragen, die Sie gestellt haben zum Thema Hausbesuch, werden selbstverständlich mit unserem Konzept beantwortet werden.
Wir werden bei der Fortschreibung von Hamburg 2030 selbstverständlich wieder alle Behörden einbinden, da gibt es keine, die unberührt wäre, aber wir wollen auch die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt einbinden. Ich glaube sehr wohl, dass man mit einer internetgestützten Beteiligung viele Hamburgerinnen und Hamburger einbinden kann. Das kann auch gehen über Organisationen, wenn denn zu Hause diese Möglichkeit nicht vorhanden ist. Das war schon fast ein bisschen altersdiskriminierend, Herr Celik, dass Sie meinten, über 60-Jährige seien nicht fähig, sich an einer solchen internetgestützten Aktion zu beteiligen.
Selbstverständlich werden wir auch die Chancen und Herausforderungen, die durch die Zuwanderung durch Flüchtlinge auf die Stadt zukommen, aufgreifen in diesem Konzept. Das wird sicherlich eine Herausforderung sein, die zu der ohnehin sehr breiten Querschnittsaufgabe hinzukommt. Aber auch hier gilt: Wir schaffen das. – Vielen Dank.