Protokoll der Sitzung vom 13.04.2016

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir, sofern Sie mich verstehen, obwohl es gerade so laut ist, gern zu den Abstimmungen kommen.

Wer zunächst der Überweisung der Drucksache 21/3842 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich komme zu der Abstimmung in der Sache. Wir beginnen mit dem CDU-Antrag aus der Drucksache 21/4028.

Wer sich diesem anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wer den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus der Drucksache 21/ 3842 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig bei Enthaltungen angenommen.

Bevor wir zum Tagesordnungspunkt 28 kommen, möchte ich Ihnen gern noch einige Wahlergebnisse mitteilen.

Bei der Wahl eines Deputierten der Justizbehörde sind 106 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren drei Stimmzettel ungültig. Somit sind 103 Stimmen gültig. Herr Justus Burgdorf erhielt 31 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen, 16 Enthaltungen. Somit ist Herr Burgdorf nicht gewählt worden.

Bei der Wahl eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung sind 107 Stimmen abgegeben worden. Davon waren zwei Stimmzettel ungültig, somit 105 Stimmen gültig. Herr Krzysztof Walczak erhielt 27 Ja-Stimmen, 58 Nein-Stimmen, 20 Enthaltungen. Somit ist Herr Walczak nicht gewählt worden.

Bei der Wahl einer Vertrauensperson für den Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hanseatischen Oberverwaltungsgericht sind 112 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 111 Stimmen gültig. Frau Jawaneh Golesorkh erhielt 79 Ja-Stimmen, 24 Nein-Stimmen, 8 Enthaltungen. Somit ist Frau Jawaneh Golesorkh gewählt worden.

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 28, Drucksache 21/3712, Antrag der CDU-Fraktion: Christen und andere Minderheiten unter den Flüchtlingen besser schützen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Christen und andere Minderheiten unter den Flüchtlingen besser schützen – Drs 21/3712 –]

Auf Wunsch der Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der AfD soll diese Drucksache an den Innenausschuss überwiesen werden. Vonseiten der CDU-Fraktion liegt ein Antrag auf Mitberatung der Drucksache im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration vor.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Prien von der CDU-Fraktion, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns ist bewusst, dass wir mit diesem Antrag ein hochsensibles, schwieriges Thema aufgreifen, und wir wollen uns bemühen, das in einer Form zu tun, die der Ernsthaftigkeit des Anliegens gerecht wird.

Wie Sie wissen, sind viele Menschen in den letzten zwei Jahren zu uns geflohen, und zwar in der Hoffnung, endlich ohne Diskriminierung und Verfolgung leben zu können. Wir haben in den vergangenen Monaten feststellen müssen, dass Frauen und Kinder, die so zu uns gekommen sind, erfahren mussten, dass es auch bei uns manchmal an dem besonderen Schutz mangelt, den sie sich erhofft hatten. Zumindest bezüglich Frauen und Kindern haben wir uns gemeinsam in diesem Haus dazu durchgerungen, besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, und das ist gut so. Aus unserer Sicht ist es notwendig, dass wir uns jetzt auch der Lage von besonderen Minderheiten unter den Flüchtlingen mit besonderer Sensibilität annehmen. Das sind Christen, aber auch Jesiden, Homosexuelle und andere Gruppen.

Lassen Sie mich zunächst einmal zwei, drei Sätze zur Situation weltweit verfolgter Christen sagen – ein Thema, mit dem wir uns als Gesellschaft nicht gern auseinandersetzen. Tatsache ist jedoch, dass weltweit 100 Millionen Christen in Ländern leben,

(Dr. Jörn Kruse)

in denen Religionsfreiheit nicht geachtet wird. Christen werden weltweit verfolgt. Open Doors hat in seinem Weltverfolgungsindex darauf hingewiesen, dass in den 35 der ersten 50 Länder mit dem höchsten Verfolgungsindex der islamische Extremismus Haupttriebkraft für die Verfolgung von Christen ist.

Das ist leider eine traurige Tatsache, der wir uns stellen müssen. Hauptverfolgungsländer sind Irak, Eritrea, Afghanistan, Syrien, Pakistan und Somalia. Das sind genau die Länder, aus denen die meisten Menschen kommen, die bei uns in Hamburg leben. Deshalb müssen wir uns mit diesem Thema ernsthaft auseinandersetzen, auch wenn es für uns politisch unbequem ist.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, hat im Januar dieses Jahres völlig richtig darauf hingewiesen, dass es inzwischen im Nahen Osten immer mehr christenfreie Zonen gibt – das Wort kriegt man kaum über die Lippen –, und er hat auch darauf hingewiesen, dass wir vor der Verfolgung von Christen nicht länger die Augen verschließen dürfen. Umso trauriger und inakzeptabel ist es, wenn wir feststellen müssen, dass Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten in unseren Flüchtlingseinrichtungen, zumindest in Einzelfällen, besonderer Diskriminierung und besonderer Verfolgung ausgesetzt sind. Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Damit müssen wir uns auseinandersetzen und Lösungsansätze finden, um dies zu verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse und Dirk Nockemann, beide AfD)

Um es sehr deutlich zu sagen: Damit geht kein Generalverdacht gegen Muslime einher. Es ist nicht so, dass alle Muslime Christen mobben und dass das in allen Flüchtlingseinrichtungen unserer Stadt jeden Tag gang und gebe wäre. Das hat auch niemand behauptet. Aber aus unserer Sicht reicht es aus, dass es diese Fälle gibt und es nicht nur einer ist, sondern es mehrere sind. Ich finde, wir müssen den Blick darauf richten und zumindest wissen, wie viele solcher Fälle es gibt. Wenn so etwas geschieht, müssen wir von Anfang an ein adäquates Arsenal geeigneter Maßnahmen haben, um diese Diskriminierung und Verfolgung in unserem Land zu verhindern und für die Zukunft zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang ist schwierig, dass der Senat gar nicht weiß, wie viele Christen unter den Flüchtlingen sind, weil nicht erhoben wird, welcher Religion die Menschen angehören. Das ist ein Umstand, der nicht akzeptabel ist. Das muss unbedingt geändert werden. Es kann nicht sein, dass Sozialarbeiter, die jeden Tag mit den Flüchtlingen in den Einrichtungen leben, zum Teil gar nicht wissen, welcher Religion diese Menschen angehören.

Und es kann auch nicht sein, dass Menschen sich nicht trauen, sich zu ihrer Religion zu bekennen, weil sie fürchten, für den Fall der Offenbarung Diskriminierung zu erleiden.

(Kazim Abaci SPD: Das ist zu dramatisch!)

Nein, ich dramatisiere gar nichts, Herr Abaci. Ich mache das in einem sehr ruhigen Ton und erwarte von Ihnen, dass Sie das in gleicher Art und Weise auch tun.

(Beifall bei der CDU und bei Dirk Nocke- mann AfD)

Dieses Thema ist inzwischen bundesweit in der Diskussion. Ich bin sehr froh, dass auch der Deutsche Bundestag sich damit beschäftigt hat, dass inzwischen zumindest beim Wachpersonal ein Bewusstsein dafür geschaffen wurde, dass die Auswahlkriterien für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich verschärft worden sind. Wir unterstützen auch den Ansatz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in Zukunft besser darauf zu achten, dass Wachpersonal und Dolmetscher besser durchmischt sind. Es ist wichtig, dass es unter dem Wachpersonal nicht nur Männer, sondern auch Frauen und nicht nur Moslems, sondern auch Christen gibt, damit jeder seinen Ansprechpartner immer dann finden kann, wenn es zu sensiblen Reaktionen kommt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Ihnen mit unserem Antrag einen sehr differenzierten Forderungskatalog vorgelegt. Was wir fordern, ist nicht platt. Wir plädieren auch keinesfalls dafür, grundsätzlich Menschen verschiedener Religionen oder Ethnien voneinander zu trennen. Das würden wir für grundlegend falsch halten. Selbstverständlich erwarten wir von allen Menschen, die hierher flüchten, dass sie die Religionsfreiheit respektieren und die Religionszugehörigkeit der anderen schätzen. Davon werden wir nicht abweichen. Dennoch müssen wir Maßnahmen ergreifen, damit Menschen, die Minderheiten angehören, hier den angemessenen Schutz finden.

(Kazim Abaci SPD: Warum?)

Es ist erforderlich, dass diejenigen, die in den Unterkünften tätig sind – Sozialarbeiter, Freiwillige, das Wachpersonal –, für diese Problematik hinreichend sensibilisiert werden. Es ist darüber hinaus erforderlich, festzustellen, wer welcher religiösen Gruppe und welcher religiösen Minderheit angehört, damit man darauf vernünftig reagieren kann. Es ist nicht wahr, Herr Abaci, es ist eben nicht verpflichtend, dies festzustellen, und deshalb wissen wir es auch nicht.

Des Weiteren ist erforderlich, dafür Sorge zu tragen, dass zuverlässige Dolmetscher für diejenigen vorhanden sind, die sich diskriminiert fühlen, damit sie nicht auch noch das Gefühl haben, wenn sie

sich einem Dolmetscher anvertrauen, dass dieser möglicherweise ihre Interessen nicht vertritt. Wir brauchen so etwas wie eine Beschwerdestelle, und zwar nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Mitarbeiter in den Einrichtungen, auch für Freiwillige, damit solche Fälle dort vernünftig angezeigt werden und es dafür ein offenes Ohr gibt, das den Menschen auch tatsächlich in angemessener Form entgegentritt.

Schließlich meinen wir, es solle für die schlimmen Fälle – und die hat es auch in Hamburg schon gegeben; das haben wir alle aufgrund unserer Schriftlichen Anfragen und aufgrund der dankenswerten Berichterstattung des "Hamburger Abendblatts" erfahren – leichter als bisher die Möglichkeit geben, entweder von der Residenzpflicht befreit zu werden und etwa in Gemeinden oder aber in den ganz schlimmen Fällen auch in einer gesonderten Einrichtung unterzukommen, so wie wir es mit den alleinerziehenden Frauen mit Kindern getan haben.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Ich darf Sie bitten, bei diesem Thema einfach einmal die Scheuklappen abzulegen und sich für diese besonderen Schwierigkeiten und Probleme zu öffnen, die es nun einmal gibt, auch wenn man nicht möchte, dass es sie gibt. Ich darf an Sie appellieren, dies zu tun, damit andere dieses schwierige Thema nicht für ihre Zwecke missbrauchen. Lassen Sie uns über diese Frage nüchtern und sensibel diskutieren, wenn Sie wollen, auch im Innenausschuss, obwohl ich dieses Thema im Sozialausschuss besser verortet sehe. Wir sind moralisch dazu verpflichtet, den Menschen, die zu uns kommen, weil sie Schutz begehren und endlich Schutz brauchen, diesen Schutz zu gewähren. Das ist unsere Aufgabe, und ich freue mich darauf, mit Ihnen im Ausschuss darüber ein intensives Gespräch zu führen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Das Wort bekommt Herr Wysocki von der SPD-Fraktion.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich dem Appell anschließen, den Frau Prien lanciert hat, dass das nämlich ein Thema sei, das wir sachlich diskutieren sollten. Aber lassen Sie mich gleich am Anfang der Debatte klarstellen, dass die Ausübung von Gewalt und Diskriminierung in den Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen für uns generell nicht hinnehmbar ist.

(Beifall bei der SPD)

In einer ersten Analyse ist relativ egal, wie das passiert. Für uns ist wichtig, festzustellen, dass es passiert und dass Programme entwickelt werden, um einer solchen Eskalation Einhalt zu gebieten. Man muss konstatieren, dass Sie das als ständiges Thema im Sozialausschuss haben und dass es dort ein Protokoll über Maßnahmen zur Gewaltprävention aus dem Juni dieses Jahres gibt.

Im Innenausschuss am 6. April 2016, wo Sie zu Gast waren, haben wir sehr ausführlich über diese Maßnahmen gesprochen. Dort wurden sämtliche Maßnahmen zur Unterbringung von besonders schutzwürdigen Flüchtlingen aufgelistet. Ich weiß nicht mehr, ob Sie, Frau Prien, als dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen war, diesem die ganze Zeit folgen konnten. Aber ich habe das als eine sehr detaillierte, sehr differenzierte und auch sehr klare Vorstellung der verschiedenen drei Behörden wahrgenommen – ich nehme den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge dazu. Es wurde des Weiteren ein Flyer für eine weitere Forderung vorgestellt, die Sie erhoben haben, nämlich die Vermittlung der Werte und Normen. Viele der Dinge, die Sie in Ihrem Antrag erwähnt haben – dazu muss man vielleicht sagen, dass er vom 18. März 2016 ist und insofern die Sitzung des Innenausschusses vom 6. April 2016 nicht mit einbeziehen konnte –, sind bereits bearbeitet worden. Deswegen möchte ich mich auf die einzelnen Forderungen konzentrieren, die in Ihrem Antrag eine Rolle spielen. Dabei möchte ich, wenn Sie gestatten, eine Reihe von Fragen stellen, auch wenn wir – das nehme ich jetzt einmal vorweg – diesen Antrag an den Innenausschuss überweisen werden, weil viele Dinge nach unserem Eindruck schon in Bearbeitung sind, wenn auch vielleicht nicht ausreichend.

Ich habe eine Menge ungeklärter Fragen zu verschiedenen Punkten, die Sie erwähnt haben. Ich möchte mich insbesondere mit dem Punkt 1 befassen, nämlich der Forderung, zu erfassen, welche Flüchtlinge welcher Ethnie und welcher Religion angehören. Ich möchte, auch wenn es für viele vielleicht etwas langweilig ist, die juristische Lage erläutern. Da es sich hierbei um einen Eingriff in ein Grundrecht handelt, nämlich um das Grundrecht der informellen Selbstbestimmung, brauchen wir Rechtsgrundlagen, die dieses definieren. Wir haben das Aufenthaltsgesetz, wir haben das Ausländerzentralregistergesetz, wir haben zuletzt das Datenaustauschverbesserungsgesetz vom 2. Februar 2016. Dort ist ausdrücklich nicht vorgesehen, dass Flüchtlinge nach ihrer Ethnie erfasst werden. Angaben zur Religion sind freiwillig. Ich bitte die CDU-Fraktion, in diesem Punkt zu überlegen, warum das wohl so ist und ob das nicht eine sinnvolle Regelung ist, dass wir es nicht erfassen. Man muss nämlich konstatieren, dass für uns die Unterbringung in der Zentralen Erstaufnahme im Wesentlichen vom Integrationsgedanken geleitet ist.

(Karin Prien)

Das Zusammenleben der Flüchtlinge soll dort gewährleistet werden. Es soll ein sicherer Schutzraum geschaffen werden für diejenigen, die besonders verfolgt werden. Die Maßnahmen, die im Moment ergriffen worden sind, halten wir für so weit gehend, dass wir deren Umsetzung gern im Innenausschuss diskutieren können. Deswegen muss man aber Flüchtlinge nicht hinsichtlich Ethnie und Religion erfassen. Ethnie ist nicht vorgesehen, Religion ist freiwillig – das halte ich für eine sinnvolle Regelung.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Vielleicht gibt es auch ein Missverhältnis zwischen dem, was Sie die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen unterzeichnen lassen wollen, nämlich eine Verpflichtung auf Werte, Normen und Gesetze dieses Landes – am besten mit Unterschrift. Sie erhoffen sich davon eine Teilintegration, und auf der anderen Seite verlangen Sie Dinge, die gesetzlich ausdrücklich anders geregelt sind. Darüber müssen wir vielleicht sprechen.

Zu den weiteren Forderungen, die Sie erhoben haben: Der Flyer ist entwickelt; er wird in den Unterkünften verteilt. Das Thema Diskriminierung von Minderheiten generell ist ein Thema. Das Personal ist bereits sensibilisiert. Insofern sind viele dieser Dinge, die Sie gefordert haben, weiterhin in der Bearbeitung.