Es bleibt eine Frage offen, die Herr Senator Steffen auch sofort mit einer Untersuchungsmaßnahme beantwortet hat, nämlich warum ihm das Urteil und die Nicht-Erfüllung des Urteils nicht zur Kenntnis gegeben wurden. Selbst in diesem Punkt ist ihm nichts vorzuwerfen, weil er selbst sofort nach Amtsantritt ein Berichtsersuchen in der Behörde auf den Weg gegeben hat, dass er über alle relevanten Fragen im Justizbereich informiert wird. Dass das in diesem einen Fall nicht passiert ist, ist Gegenstand dieser jetzt angeordneten Untersuchung. Hierzu haben Sie einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, den wir in der Sache auch unterstützen, denn wir sind für Transparenz.
(Dennis Thering CDU: Das ist ja etwas ganz Neues! – André Trepoll CDU: Das können Sie auch gar nicht verhindern!)
Da Ihnen, wenn man das jetzt alles aufgezählt hat, nicht so viel einfällt, worin das Versäumnis des Senators persönlich besteht, sollten Sie jetzt auch daran interessiert sein zu erfahren, was bei der Untersuchung herauskommt. Die Akteneinsicht ist ein Mittel, das dem Parlament offensteht; die Behörde hat ihr eigenes Instrument auf den Weg gebracht. Ich denke, wir sind alle gut beraten, das Ergebnis abzuwarten, und dann können wir neu reden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der beste Schutz vor wiederholten Straftaten sind eine gut ausfinanzierte Resozialisierung und die gute Zusammenarbeit von Behörden, Gerichten, Justizvollzug und Sozialpädagogen,
In Bezug auf den aus der Sicherheitsverwahrung entlassenen und nach kurzer Zeit erneut Inhaftierten hatte das Oberlandesgericht Hamburg beanstandet, dass die JVA Fuhlsbüttel zu strenge und nicht einhaltbare Sicherheitsanforderungen an die Durchführung einer externen Therapie des Sicherungsverwahrten gestellt habe. Und soweit die JVA Fuhlsbüttel die Therapie unter den in einer früheren Entscheidung angeordneten Bedingungen für nicht umsetzbar gehalten habe, hätte sie eine Änderung per gerichtlicher Entscheidung herbeiführen müssen.
Ich und meine Fraktion denken, dass der Senat nun in der Pflicht steht, die Ursachen der Probleme anzugehen und nicht lediglich den jetzigen Einzelfall zu betrachten. Auf die Resozialisierung habe ich schon Bezug genommen, und ich möchte jetzt in Bezug auf diesen Einzelfall noch etwas sagen.
Mehrere Richterinnen und Richter, Anwältinnen und Anwälte, Justizbeamtinnen und Justizbeamte, auch Ärztinnen und Ärzte und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen beschweren sich schon seit längerer Zeit kontinuierlich darüber, dass ein Akteur in der Anstalts- und Vollzugsleitung der JVA sehr wenig kooperativ ist und insbesondere in Bezug auf Sicherungsverwahrte sehr viele Fehler macht. Es wird kritisiert, dass die Praxis der Leitung sich oft unverhältnismäßig gegen die Interessen der Inhaftierten richte. In den vergangenen vier Jahren, seit Bestehen der Station für Sicherungsverwahrte in der JVA Fuhlsbüttel, haben in
diesem Zusammenhang vier Psychologinnen und Psychologen und vier Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter ihre Arbeit aufgegeben oder um Ablösung gebeten. So etwas passiert nicht von ungefähr. Es gibt auch Beschwerden, dass in Bezug auf die Angelegenheiten des Vollzugs der Sicherungsverwahrung Anträge nicht oder nur schleppend bearbeitet werden, wenn sie auf Lockerungen abzielen. Zudem wurden offenbar regelmäßig Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern eingelegt oder deren Beschlüsse nicht umgesetzt, um angeordnete Lockerungen zu verhindern. Eine derart rigide Praxis eines Akteurs in der Anstalts- und Vollzugsleitung darf nicht hingenommen werden, und es ist das Wichtigste, dass wir uns darum kümmern, dass die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Ebenen gut funktioniert und dass diese Anstaltsleitung genau das umsetzt, was das Bundesverfassungsgericht in Entscheidungen 2004 und 2011 betont hat. Es betonte, was richtig und wichtig ist in Bezug auf Sicherungsverwahrung, nämlich dass den Sicherungsverwahrten in Bezug auf eine Perspektive auch irgendwann eine Entlassung angedient wird. Und das kann eben nur passieren, wenn gut zusammengearbeitet wird und Kooperation nicht, wie leider in diesem Fall, immer wieder verweigert wird.
Genau darin sehen wir auch die Aufgabe von Herrn Senator Steffen, nämlich aktiv auf die Anstaltsleitung der JVA Fuhlsbüttel einzuwirken, ihre Praxis zu ändern. Insgesamt spricht DIE LINKE sich gegen die Sicherungsverwahrung, gegen dieses Institut aus, denn, ich habe es schon betont, eine gute Praxis der Resozialisierung sowie ausreichende und gute Therapien für inhaftierte Menschen mit psychischen Problemen sind ein weit besseres Mittel. Dazu gibt es Erfahrungen und auch Evaluationen, die darauf abzielen, die Anzahl der Straftaten und insbesondere der Wiederholungsstraftaten zu reduzieren.
Deshalb halten wir es für eine gute Idee, ein Resozialisierungsgesetz auf den Weg zu bringen. Die Öffentlichkeit weiß von diesem Gesetz bis jetzt allerdings zu wenig, und solange es nicht eingetütet ist und eine konkrete Verbesserung der Praxis bedingt, wird es so bleiben, denn Therapien und Resozialisierung kosten Geld. Um die finanzielle Absicherung genau zu diesem Zweck einzufordern, bedarf es allerdings den Mut, sich durchzusetzen gegen eine Debatte, wie sie auch heute anzuzetteln versucht wurde, die auf Ressentiments beruht und auf einer Straforientierung, die gerade in Bezug auf diese Fälle, über die wir heute sprechen, nicht gut ist. Wir müssen dort vielmehr ernst sein und überlegen, wo wir ansetzen können. Das sind langfristige Perspektiven und sollten keine kurzfristigen Strafdebatten sein, wie wir sie jetzt führen.
Ich wünsche mir, dass Herr Steffen den Mut hat, das sowohl gegen die Opposition als auch in der eigenen Koalition durchzusetzen, denn Resozialisierung und Therapien kosten Geld. Das ist natürlich nicht einfach durchzusetzen und bedarf Muts. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Sitzung des Justizausschusses am Montag war eine Bankrotterklärung unseres grünen Justizsenators.
Quintessenz Ihrer Aussagen, Herr Steffen – das kann man sehr leicht zusammenfassen –, war: Ich weiß nicht, warum ich nichts weiß. Sie, Herr Steffen, haben dann versucht, die Verantwortung Ihrer Fehler auf Ihre Mitarbeiter abzuschieben. Schuld sind immer wieder die anderen. So leitet man keine Behörde.
Senator Steffen ist der Hauptverantwortliche, darum kann er sich nicht herumdrücken. Er will nun selbst als Chefaufklärer aufklären, warum er nicht aufgeklärt wurde. Das finden wir ziemlich absurd. Deswegen fordern wir eine Aktenvorlage, damit objektiv aufgeklärt werden kann, was hier geschehen ist und ob Sie, Herr Steffen, nichts wussten oder nichts hätten wissen können, und vor allem, damit so etwas nie wieder passieren kann.
Ich will nicht die gesamte Blacklist aus Ihren ersten zwölf Monaten vortragen; sie ist wirklich zu lang, ich habe nur fünf Minuten. Aber seit Sie im Amt sind, folgt ein Skandal dem nächsten. Jeder einzelne davon ist einen Eklat wert. Ich greife nur zwei davon heraus: August 2015, zwei Männer sind des Totschlags angeklagt, sie sitzen in U-Haft – Herr Seelmaecker hat es schon erzählt, Sie wissen es wahrscheinlich selbst, ich sage es trotzdem noch einmal –, und werden entlassen wegen überlanger Verfahrensdauer. Ein paar Monate später ist schon wieder Tag der offenen Tür in der Justiz, wieder muss ein wegen Totschlags Angeklagter entlassen werden wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Gerichte sind von Ihnen unterausgestattet, Herr Steffen. Übrigens ist überlange Verfahrensdauer auch ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention; das sollten Sie wissen. Diese Fälle zeigen doch eine Sache sehr deutlich: Sie machen sich wiederholt der Unterlassung schuldig mit der Konsequenz, dass gefährliche
Straftäter in unserer Stadt herumspazieren. So verspielt man das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und vor allen Dingen, was uns wichtig ist, in die Akzeptanz der Resozialisierung.
Ein trauriger Höhepunkt ist der vorliegende und aktuelle Skandal. Ein verurteilter pädophiler Straftäter wurde aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Der Grund: Die Justizbehörde hat sich – und das ist seit 2013 und nicht sofort gewesen – in einem juristischen Streit um einen Therapieplatz verzettelt. Sie, Herr Steffen, wollen uns allen Ernstes erzählen, dass Sie ein ganzes Jahr lang nichts davon wussten, dass Sie kein Mensch darüber informiert hat. Sie haben doch die Dienstaufsicht, Sie sind Chef dieser Behörde, das heißt auch, dass Sie die Verantwortung – übrigens auch für den Fall, dass Sie nichts wussten – tragen.
Aber spätestens am 25. Februar 2016, das geht aus unserer Schriftlichen Kleinen Anfrage hervor, wusste Herr Steffen, zumindest seine Staatsrätin, davon. Erst am 1. März 2016, das ist fünf Tage später, fand ein sogenannter Jour fixe statt. Und Anfang Mai, bis dahin verstrich die Zeit, wurden Maßnahmen eingeleitet. Das haben Sie uns im Justizausschuss so gesagt, in meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage steht es auch. Daraus müssen wir doch schließen, dass Sie, auch wenn Sie etwas wissen, trotzdem nichts tun, Herr Steffen. Traurig. Vielleicht hört ein Bürger dieser Stadt hier zu und denkt: Es muss doch so etwas wie ein rotes Telefon geben. Hier brennt die Hütte, es passiert gerade etwas in dieser Behörde. Oder ist das vielleicht nicht so? Das kann man keinem Bürger dieser Stadt erklären. Es stellt sich doch die Frage, Herr Steffen, was Sie eigentlich tun. Wir finden, Sie versuchen sich lieber in Berlin zu profilieren; pikanterweise jüngst, wie jeder weiß, mit einem Gesetz zur Verschärfung des Sexualstrafrechts.
Es reicht aber nicht aus, Gesetze zu schreiben, es reicht nicht aus, Arbeitsgruppen einzurichten. Sie, Herr Steffen, haben in Hamburg eine Behörde zu leiten. Da hätten Sie es doch vielleicht einmal schaffen können, innerhalb eines Jahres so etwas wie eine Berichtsstruktur, um in dem Duktus zu bleiben, oder eine Informationsstruktur aufzubauen. Da haben Sie völlig versagt.
Herr Scholz, jetzt frage ich Sie, wie viele Skandale kann sich ein Justizsenator in dieser Stadt eigentlich noch erlauben? Herr Scholz, beim nächsten Vorfall lachen Sie darüber wahrscheinlich nicht mehr.
Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass Sie hinter einem Justizsenator stehen, der einen Skandal auf den anderen folgen lässt, der zum Sicherheitsrisiko für diese Stadt wird. Ziehen Sie daraus die Konsequenz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Tage in diesem wunderschönen Monat befanden sich die Hamburger Eltern in heller Aufregung und größter Sorge um das Wohl ihrer Kinder. Ein zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilter Triebtäter wurde auf freien Fuß gesetzt. Dieser Mann war wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in mehreren Fällen verurteilt worden. Er war brandgefährlich. Die vielen kleinen Einzelheiten, ob die JVA oder vielleicht die Staatsanwaltschaft verfahrensbeteiligt war oder warum es keinen Therapieplatz gegeben hat, möchte ich uns allen ersparen.
Das interessiert weder mich noch die Bürger dieser Stadt. Bedeutsam für die Bürger ist lediglich, dass es einen unglaublichen Skandal in der von Senator Steffen zu verantwortenden Behörde gegeben hat. Der Senator und sonst niemand – Herr Senator, das müsste Ihnen eigentlich auch klar sein – trägt die politische Verantwortung für diesen Skandal. Ob Sie sie nun übernehmen oder nicht, Sie haben sie und können sie nicht abgeben.