Protokoll der Sitzung vom 29.06.2016

"Katharina Fegebank. Die grüne Wissenschaftssenatorin hat es nach Ansicht ihrer Ministerkollegen in 30 Runden nicht geschafft, ihre Position deutlich zu machen."

Dilettantisch verhandelt, schlechtes Ergebnis, die Hamburger Hochschulen leiden. Das ist das Ergebnis der Aktivitäten von Senatorin Fegebank. Sie dilettiert und die Hamburger Hochschulen leiden darunter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Geld können Sie hier liegen lassen, Herr Schinnenburg. – Als Nächster erhält das Wort Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu dem Komplex, der hier zur Rede steht, vier Punkte nennen.

Punk 1: In Unikreisen gibt es den Satz "Machst du Forschung oder schreibst du Forschungsanträ

ge?". Dies ist nicht nur ein Bonmot, sondern es zeigt die Ineffizienz der Forschungsförderung in Deutschland generell. Forscher verbringen unwahrscheinlich viel Zeit mit dem Schreiben von Anträgen, Zwischenberichten, Endberichten, Antworten auf die Evaluierungen und so weiter und so weiter. Das ist alles Zeit, die zum Forschen fehlt. Hinzu kommt die Zeit, die hochqualifizierte Experten, also auch Forscher, damit verbringen, die Anträge, Berichte und so weiter zu lesen, zu bewerten und darüber zu entscheiden. Alles zu einem ganz großen Teil vergeudete Zeit. Der Zwang zu Forschungsanträgen führt zu typischer Antragsprosa. Das ist das, was man schreibt, damit es schön klingt, indem man schreibt, was man machen möchte, nicht was man schon gemacht hat. Und das ist ein bisschen vergleichbar mit Werbung, nämlich Cheap Talk. Was ist die Alternative? Die Alternative ist, man gibt die staatlichen Forschungsmittel an Einzelforscher, Teams oder Institute, die ihre Qualitäten schon gezeigt haben in Form von neuen bemerkenswerten Erkenntnissen, Publikationen, Patenten und so weiter. Das spart viel Aufwand.

Punk 2: Die Hamburger Senatorin Fegebank ist von den Medien und von ihren Kollegen aus anderen Ländern dafür gescholten worden, dass sie kurz vor der Entscheidung noch einmal Stopp gerufen und die Beschlussfassung verhindert hat. Ich würde sie im Gegenteil dafür eher loben. Stopp rufen hätte man schon viel früher können, aber spät ist besser als gar nicht. Denn außer, dass sie für Hamburg etwas erreicht hat, hat sie, ob sie das nun explizit wirklich wollte oder nicht, dafür gesorgt, dass wir mehr Wettbewerb in den Laden kriegen. Das heißt also, auch Universitäten, die im Augenblick noch nicht an den Futtertrögen sind, haben künftig bessere Chancen, und die etablierten haben ein größeres Risiko, in Zukunft nicht mehr dazuzugehören. Das ist in Deutschland bitter nötig, weil wir die Fiktion gleich guter Universitäten haben. Amerikaner finden das ohnehin absurd.

Die Wettbewerbe zwischen Universitäten sollten für jede Förderperiode so ergebnisoffen wie möglich sein und, so habe ich die Senatorin verstanden, das war auch grundsätzlich ihr Ziel.

Und einen Punkt füge ich hinzu: Die Vergabeentscheidungen sollten allein durch Wissenschaftlergremien getroffen werden und nicht durch Politiker oder Ministerialbeamte. Diese verzerren nämlich in der Regel die Kriterien und die Interessenspositionen durch Dinge, die nicht sachgerecht sind.

Punk 3: Exzellenz der deutschen Forschung klingt gut. Es ist zu hoffen, dass es in diese Richtung gehen wird. Wenn man es allerdings an den finanziellen Mitteln festmacht und sie mit ausländischen Spitzenunis vergleicht, wird man sofort sehr viel bescheidener. Das gesamte Volumen der Exzellenzstrategie – damals hieß es noch Exzellenzini

(Dr. Wieland Schinnenburg)

tiative – der vergangenen zehn Jahre beträgt 5 Milliarden Euro. Das ist nicht einmal die Hälfte des Jahresbudgets von Oxford, Cambridge oder Zürich. Die staatliche Universität von Berkeley und die private MIT haben mehr als dreimal so viel pro Jahr, und das Jahresbudget von Stanford hat etwa siebenmal so viel Geld. Finanziell ist also noch viel Luft nach oben, wenn man deutsche Stanfords oder Harvards schaffen will. Das ist aber kein Petitum an den Hamburger Senat, das gebe ich zu, aber dennoch, Herr Dr. Tode, 40 Millionen Euro sind gut, 400 Millionen Euro wären besser. Insofern gebe ich einigen meiner Vorredner durchaus recht.

(Beifall bei der AfD)

Umso erstaunlicher scheint es zu sein, dass deutsche Wissenschaftler trotzdem auch an amerikanischen Spitzenunis einen guten Ruf haben. Das ist einerseits und vor allem ein Kompliment an die deutschen Wissenschaftler und Forscher, das ich auch an dieser Stelle noch einmal hervorheben möchte. Andererseits scheinen auch die deutschen Universitäten trotz weniger Geld nicht alles falsch gemacht zu haben, da sie doch die genannten Forscher ausgebildet und motiviert haben. Wir haben also personell gute Voraussetzungen für den künftigen Aufstieg zur Exzellenz, und das ist auch ein Vorteil für Hamburg.

Punkt 4, letzter Punkt: Harvard, Oxford und Stanford kennt jeder in der globalen Wissenschaftswelt. Hamburg kennt kaum jemand, allenfalls München. Sichtbarkeit, Renommee und die Chancen, die besten Köpfe anzuziehen, hängen jedoch eng zusammen. Aber die Fiktion gleich guter Universitäten in Deutschland führt zu Unsichtbarkeit und ist eigentlich auch schon längst überholt. Deutsche Spitze ist das erste Zwischenziel auf dem Weg zur internationalen Sichtbarkeit, und da ist der Hamburger Senat gefordert.

Frau Senatorin, holen Sie doch einmal die große Kelle raus, wenn Sie vor dem Topf des Finanzsenators stehen. Wissenschaftliche Exzellenz hat nämlich viele positive externe Effekte auf den gesamten Standort, die sich auch in mehr Beschäftigung und mehr Steueraufkommen niederschlagen. Und ich glaube, das ist die Sprache, die auch der Finanzsenator versteht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt erhält das Wort Frau Senatorin Fegebank.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man von etwas überzeugt ist, finde ich, dann lohnt es sich, dafür zu kämpfen,

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Dann ma- chen Sie das doch!)

auch wenn der Gang etwas hart ist. Und das, was wir erreicht haben mit Blick auf die nächste neue Runde der Exzellenzinitiative in den letzten Wochen, ist ein großer Erfolg, und ich sage ganz bewusst, für den gesamten Standort Deutschland, was die Wissenschaftspolitik angeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich schaue einmal zu meinen Kolleginnen und Kollegen im Senat; der Finanzsenator kommt auch gerade herein. Ich glaube, es gab kaum ein Thema in den letzten Wochen, mit dem ich die Kolleginnen und Kollegen so strapaziert habe in zahlreichen Senatssitzungen, wie das Thema Exzellenzinitiative. Ich sage das so deutlich, weil tatsächlich weder zwischen dem Bürgermeister und mir hier ein Blatt passte noch zwischen irgendein anderes Senatsmitglied, sei es der Finanzsenator aus seiner Perspektive, sei es der Schulsenator, der auch in koordinierender Rolle auf Bundesebene tätig ist, aber eben auch die Fraktionen, mit denen wir sehr engen Austausch gepflegt haben.

Wir haben uns den Entwurf zur Exzellenzinitiative sehr genau angesehen, und ich glaube, ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich große Befürworterin bin einer neuen Runde der Exzellenzinitiative. Ich stehe dazu, und wenn ich sehe, wie unterschiedlich sich hier die Kollegen heute geäußert haben, dann ist vielleicht der goldene Mittelweg, den wir gewählt haben, gar kein schlechter. Die einen sagen, gar keine Exzellenz, die anderen sagen, noch mehr und noch eine kleinere Gruppe eines Closed Shop, sodass der Weg, den wir hier gegangen sind, denke ich, genau der richtige ist. Und es hat sich wirklich gelohnt zu kämpfen, denn es ist eine Gerechtigkeitsfrage, die hier dahintersteht, und es ist eine Frage des Wettbewerbs. Es ist eine Frage, welche Unis perspektivisch die Chance haben, dabei zu sein, und welche nicht.

Der ursprüngliche Entwurf der Exzellenzinitiative sah vor, dass zu einem Zeitpunkt X eine bestimmte Anzahl an Exzellenzuniversitäten festgelegt wird und diese dann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag eine dauerhafte Förderung des Bundes bekommen. Ich finde das ungerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Senatorin Fegebank, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Bemerkung von Herrn Dr. Schinnenburg?

Nein, jetzt bitte nicht, das kann er später machen.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Nein, eine Wortmeldung!)

(Dr. Jörn Kruse)

Gut, dann verzeihen wir das. Fahren Sie fort.

(fortfahrend) : Ich finde es ungerecht, und von dieser Haltung ist unsere Politik im Senat getragen gewesen. Sehen Sie sich bitte einmal an, dass die Exzellenzinitiative das erste Element ist, das nach der Grundgesetzänderung, Dauerhafte Förderung, Artikel 91b, beschlossen wurde. Es wäre klammheimlich beschlossen worden, wenn wir diese Debatte nicht noch einmal großgezogen hätten. Und zwar aus der Überlegung heraus, dass wir es ungerecht finden, dass es einige wenige gibt, die zum ersten Mal dabei sind, und viele, viele andere, die sich anstrengen, die Leistung bringen, die dann einige Jahre später nicht die Perspektive haben, dabei zu sein. Dafür haben wir gekämpft, dafür haben wir den Rücken gerade gemacht, dafür haben wir gestritten. Das war ein gutes Doppelpassspiel auf den letzten Metern zwischen dem Bürgermeister und mir, und ich bin wirklich froh und dankbar, dass wir es dann einvernehmlich mit allen 16 Stimmen, allen 16 Bundesländern und auch der Bundesregierung geschafft haben, zu diesem Kompromiss zu kommen. Das ist ein sehr großer Erfolg für uns.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die zugrunde liegende Drucksache zeigt doch auch, dass wir jetzt schon einen längeren Vorlauf mit den Hochschulen, mit der Universität, mit den außeruniversitären Einrichtungen auf den Weg gebracht haben, denn der Titel "Wachstum, Vielfalt und Spitzenforschung/Exzellenz" zeigt doch, dass wir uns mit der Universität hier gemeinsam auf den Weg machen, dass wir selbstbewusst sein können. Wir haben bereits Exzellenzcluster und werden uns jetzt mit der zusätzlichen Förderung in weiteren Bereichen, sei es in der Manuskriptkulturforschung, sei es im Bereich der Infektions-Inflammations-Forschung, sei es im Bereich der Strukturund Klimaforschung, weiter auf den Weg machen, hier unsere Stärken zu festigen und künftig noch mehr Sichtbarkeit in der Spitzenforschung zu entfalten. Und das wird ein sehr wichtiger Beitrag sein mit über 30 Millionen Euro in den nächsten Jahren, hier echte Pflöcke einzuschlagen und richtig Schwung in die Debatte zu bekommen, der Universität Rückenwind zu geben, den Außeruniversitären und allen Partnern, die sich dieser Idee anschließen.

Ich will, während wir debattieren, darauf hinweisen, was heute Abend passieren wird in Schenefeld. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, heute Abend wird das Hauptgebäude des European XFEL eingeweiht. European XFEL, Herr Ovens sagte es gerade, Wissenschaft und Forschung, sind ein zentrales Feld, ein zentraler Kitt, um auch den europäischen Gedanken und die europäische

Idee zu tragen und zu befördern. Heute Abend wird das Hauptgebäude eingeweiht. Über 1 Milliarde Euro werden dort investiert von verschiedenen europäischen Staaten, um den hellsten Röntgenlaser der Welt zu bauen. Es ist eines der spektakulärsten Forschungsgroßprojekte, und heute Abend geht dort das Hauptgebäude an den Start. Im nächsten Jahr wird nicht nur die Elbphilharmonie eröffnet, sondern es wird auch der European XFEL an den Start gehen.

Warum Schenefeld und warum Forschungscampus Bahrenfeld, warum Hamburg? Weil wir bereits jetzt eine Wissenschaftsmetropole mit internationaler Anziehungskraft sind. Weil wir weltweit anerkannte Spitzenforschung betreiben und, wie ich eben schon sagte, führend in der Strukturforschung sind. Weil der Forschungscampus in Bahrenfeld schon jetzt ein naturwissenschaftlicher Hotspot ist. Und all das zeigt, wir haben bereits jetzt – und wir müssen das selbstbewusst in die Stadt tragen, in die Metropolregion, ins Land und nach Europa – ein einzigartiges Netz an außeruniversitären und universitären Einrichtungen, die interdisziplinär arbeiten, die international agieren, und diese Spitzenposition wollen und werden wir weiter ausbauen, indem wir auf Wachstum, auf Vielfalt und auf Spitzenforschung an Hamburger Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und natürlich tragen wir da der Unterschiedlichkeit auch Rechnung, Herr Schinnenburg, und Sie sehen doch immer gern auf die Zahlen. Wenn Sie sich ansehen, wie viel Geld wir aus den 40 Millionen Euro an die beiden künstlerischen Hochschulen und an die HafenCity Universität, an die Staatsbibliothek der Universität geben, und das auf die Grundfinanzierung rechnen, dann sind wir zwischen 3 und 4 Prozent. Das heißt, wir haben einen Einstieg gemacht in die Erhöhung der Grundfinanzierung, die sich hier schon am Wissenschaftsratsgutachten und an den Empfehlungen orientiert. Ich finde, das ist ein Schritt, der gewürdigt werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Erhöhung der Grundfinanzierung um 3 bis 4 Prozent; viele der Projekte, die angeschoben wurden, die künftig angestoßen werden, sind bereits genannt worden. Ich glaube, dass die genannten Hochschulen, die Staats- und Universitätsbibliothek außerordentlich davon profitieren werden, dass wir auch die Möglichkeit haben, mit der Förderung der Spitzenforschung in den Bereichen einen richtigen Schub an die Universität zu bringen.

Und, Herr Dolzer, natürlich ist es so, dass durch zusätzliches Geld das bestehende Budget nicht angefasst wird. Das ist eine gute Nachricht für die

Universität, weil damit nämlich genau die Stärken weiter gefestigt werden können und weiter die Vielfalt erhalten bleibt an der Universität. Und dafür werden die über 30 Millionen Euro in der Spitzenförderung und in neuen Projektgruppen, Nachwuchsforscherinnen- und -forschergruppen, einen sehr, sehr wertvollen Beitrag leisten. Das heißt, keine Umverteilung innerhalb der Universität, keine Benachteiligung anderer Bereiche, sondern eine ganz gezielte Förderung.

Ich glaube, wir erreichen hiermit einen sehr deutlichen Schub. Es ist eine weitere Maßnahme in der Gesamtstrategie, viele weitere werden in den nächsten Wochen und Monaten folgen. Herr Ovens hat gerade die technische Universität angesprochen. Wir haben hier auch schon über das Gutachten des Wissenschaftsrats gesprochen, was die Entwicklung der Informatik angeht. Wir werden mit der TU, das ist im Moment im intensiven Dialog, auf einen Wachstumspfad gehen, über den Sie sich sicherlich auch sehr freuen werden. Wir sind mit unserer Hochschule für angewandte Wissenschaften in sehr intensiven Gesprächen über bauliche Entwicklungen, aber auch im Bereich der Lehre und der Forschung.

Von daher schaue ich sehr optimistisch nach vorn, was die Weiterentwicklung unseres Wissenschafts-, unseres Hochschul-, unseres Forschungs- und unseres Innovationsstandorts angeht, weil hier wirklich etwas passiert und in Zukunft sowohl in Europa wie auch weltweit mit Ham- burg – Herr Kruse sagte es gerade – nicht nur Handel, Hafen und Industriepolitik in Verbindung gebracht wird, sondern dass man Hamburg eine große Wertschätzung und Anerkennung entgegenbringt für Forschungserfolge, für Spitzenwisssenschaftler und für exzellente Erfindungen und Innovationen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann erhält als Nächster das Wort Carsten Ovens von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, Frau Senatorin, meine Damen und Herren! Den eigenen Senat wollen Sie genervt haben, sagen Sie, Frau Senatorin. Wenn man die Berichterstattung aus der bundesweiten Presse verfolgt, dann haben Sie auch Ihre eigenen Fachminister, gleich welchen Parteibuchs, in den Ländern genervt, und jetzt haben Sie uns viele Phrasen gedrescht,