Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Zum anderen wollen wir kontinuierlich, Jahr für Jahr, die Polizei von Verwaltungsaufgaben entlasten. Das heißt, überall dort, wo jetzt Verwaltungsaufgaben von Polizistinnen und Polizisten wahrgenommen werden, sollen bei Nachbesetzung der Stellen im Rahmen der normalen Fluktuation diese Stellen durch Verwaltungskräfte besetzt werden; das heißt, es werden dann auch neue Verwaltungskräfte eingestellt. Wir erwarten zusätzlich unterstützende Effekte durch die Erhöhung der Erschwerniszulagen und dadurch, dass wir das Modell Dienstzeitverlängerer weiterverfolgen und noch attraktiver machen.

Alle diese Maßnahmen werden dafür sorgen, dass wir erheblich mehr Polizistinnen und Polizisten in den eigentlichen Polizeikernaufgaben einsetzen können, das heißt in den Wachen, in den Streifenwagen, bei der Bereitschaftspolizei, da, wo die Bürgerin oder der Bürger Polizei wahrnimmt und ihre Präsenz erwartet.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es ist mir wichtig zu sagen, dass es bei dem Programm ausdrücklich nicht – und das unterscheidet vielleicht den Ansatz ein bisschen von dem, was

(Dirk Nockemann)

gelegentlich gefordert und mit anderen Argumenten begründet wird – um eine konkrete Reaktion auf einzelne aktuell problematische Kriminalitätsbereiche geht.

(Dennis Gladiator CDU: Auf Ihre Versäum- nisse!)

Das ist auch nicht erforderlich, denn die Hamburger Polizei ist, anders als hier zum Teil vorgetragen, außerordentlich leistungsfähig. Sie arbeitet hoch professionell, engagiert, erfüllt ihre Aufgaben zuverlässig und wird auch mit aktuellen Problemlagen fertig. Das können Sie im Übrigen gerade an dem Beispiel Einbruchskriminalität sehen. Die SOKO Castle ist inzwischen bundesweit eine Referenz dafür, wie man erfolgreich mit diesem Kriminalitätsphänomen umgeht, das wir an vielen Stellen bundesweit haben.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel und Dr. Mo- nika Schaal, beide SPD)

Auch die Taskforce Betäubungsmittelkriminalität zeigt spürbare Erfolge in der Zurückdrängung der Dealerkriminalität im öffentlichen Raum. Das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger in die Sicherheit – anders als hier zum Teil herbeigeredet – ist mit 78 Prozent hoch und wir wollen dafür sorgen, dass das so bleibt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Denn eines ist unverkennbar: Natürlich – und da sind wir wahrscheinlich in der Bewertung nicht weit auseinander – haben Belastungen und Anforderungen sich verändert, und zwar nicht aufgrund einzelner Entwicklungen und einzelner Deliktsfelder, sondern weil die Stadt sich verändert. Wir haben mehr Menschen in der Stadt, wir haben mehr Einwohnerinnen und Einwohner, mehr Besucherinnen und Besucher jeder Art, ob geschäftlich, touristisch oder Eventbesucher. Wir haben auch mehr Flüchtlinge und mehr Veranstaltungen in der Stadt.

(André Trepoll CDU: Und einen neuen In- nensenator!)

Wir haben mehr Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, mehr Fahrzeuge, mehr Wohnungen, neu entstehende Quartiere in der Stadt. Das alles bedeutet über einen bestimmten Zeitraum gesehen eine spürbare Zunahme von Aufgaben für die Polizei. Gleichzeitig gibt es innerhalb der Polizei eine Entwicklung. Wie bei jedem anderen Arbeitgeber auch machen sich bestimmte Dinge bemerkbar: Wir haben mehr Teilzeit, wir haben einen erhöhten Frauenanteil, was gut ist, damit aber auch mehr Mutterschutz und bestimmte Fehlzeiten. Wir haben mehr Fluktuation aus den Schichten. All das führt dazu, dass wir mit der gleichen Anzahl an Köpfen eine schlechtere Besetzung haben. Das ist eine schlechte Kombination: Mehr Aufgaben und schlechtere Besetzung, das funktioniert nicht. Insofern hat es auch etwas mit Perso

nalfürsorge zu tun. Wir dürfen die Kolleginnen und Kollegen der Polizei mit dieser Belastung nicht allein lassen. Deswegen handeln wir jetzt, damit aus der Mehrbelastung keine Überlastung wird. Wir schaffen klare, verlässliche Zukunftsperspektiven für die Personalentwicklung der Polizei. Wir sichern die Leistungsfähigkeit und das verdient die Polizei auch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Programm ist auf fünf Jahre angelegt und hat nicht zum Ziel, sofort alle freien Stellen zu besetzen. Es hat nichts mit geringem Ehrgeiz oder mit besonderer Langsamkeit zu tun, sondern ist unserem Seriositätsanspruch geschuldet, der uns von den Vorgängersenaten unterscheidet. Wir wollen gerade kein aktionistisches Aufpumpen des Polizeiapparats in einer Hauruckaktion, der kurze Zeit später wieder die Luft ausgeht. Einige derjenigen, die dieses in der Vergangenheit zu vertreten hatten, haben hierzu heute auch schon gesprochen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen einen soliden, nachhaltigen und verlässlichen Personalaufbau. Dafür und für die stabile Sicherheitsgewährleistung, die wir damit verfolgen, ist neben der Polizei eine leistungsfähige Jusstiz wichtig. Die Schwerpunkte im Personalaufbau bei der Justiz liegen zum einen naheliegenderweise auch in der besseren Bekämpfung der Einbruchskriminalität. Hierfür wird eine neue Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft mit allein zehn Stellen eingerichtet. Zweitens geht es um die bessere Bekämpfung des gewaltbereiten politischen und religiösen Extremismus. Die Staatsanwaltschaft wird im Bereich Staatsschutzdelikte verstärkt und es wird ein neuer Strafsenat beim OLG für die Verfolgung der Staatsschutzstraftaten mit fünf Richtern und entsprechenden Unterstützungskräften eingerichtet. Schließlich verstärken wir auch den Verfassungsschutz um insgesamt 18 Stellen. Zehn Stellen sind hier schon bekannt, drei befristete Stellen werden dauerhaft verstetigt und fünf Stellen werden im Zusammenhang mit der besseren Salafismusprävention und -bekämpfung geschaffen. Das ist die größte Aufstockung des Verfassungsschutzes in den letzten 15 Jahren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit diesem Gesamtprogramm stellen wir sicher, dass unser demokratisches, freies, offenes Gemeinwesen sich jederzeit auf eine leistungsfähige, stabile Sicherheitsstruktur stützen kann. Letztlich schützen wir damit unsere Freiheit und unsere Art des Zusammenlebens.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jede Hamburgerin, jeder Hamburger und jeder Gast, der unsere Stadt besucht, soll in unserer Stadt frei und ohne Angst leben und sich in ihr bewegen können, egal ob als Frau am Wochenende

(Senator Andy Grote)

auf St. Pauli ohne Angst vor Übergriffen, ob als Migrant oder Flüchtling ohne Angst vor Angriffen und Attacken, aber auch jede Bewohnerin, jeder Bewohner in ihrem/seinem Stadtteil ohne Angst vor egal welchen Straftaten. Sicherheit ist eine Grundvoraussetzung von Freiheit. Sie ist die Bedingung von Vertrauen in unser Gesellschafts- und Demokratiemodell. Deswegen werden wir alles Erforderliche dafür tun, damit unsere Sicherheitskräfte ihre Aufgabenstellungen entsprechend der neuen Anforderungen für unser Gemeinwesen immer zuverlässig erfüllen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Herr Senator, wir haben in diesem Hause vereinbart, dass jeder nur fünf Minuten redet. Das haben Sie nicht respektiert. Sie haben mehr als die doppelte Redezeit eines Abgeordneten verwendet.

Gemäß der Geschäftsordnung haben jetzt alle Fraktionen die Möglichkeit, sich erneut für eine Runde zu Wort zu melden. – Mir liegt die Wortmeldung von Herrn Urs Tabbert von der SPD-Fraktion vor.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Senator Grote hat gerade gesagt, es sei Aufgabe der Politik, möglichst für alle Menschen Sicherheit zu gewährleisten. Dafür benötigen wir sowohl eine starke Polizei als auch, das sage ich an die Adresse der CDU gerichtet, eine leistungsfähige Justiz. Denn man konnte eben schon den Eindruck gewinnen, dass die CDU im Moment mehr dabei ist, die Polizei gegen die Justiz auszuspielen, als sie als zwei Seiten einer Medaille, nämlich Innere Sicherheit, zu sehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich glaube nicht, geschätzter Kollege Gladiator, dass wir mit Justizschelte irgendwelche Verbesserungen der Inneren Sicherheit erreichen. Wir hatten einmal einen Senator Ihrer Partei, der meinte, er könne der Justiz vorschreiben, was sie zu tun habe. Das ist uns nicht gut bekommen und das sollten wir auch in Zukunft unterlassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Genau weil das so ist, haben wir im laufenden Haushalt, wie Senator Grote schon gesagt hat, den Justizhaushalt um 31 Köpfe gestärkt. Das war übrigens der größte Personalzuwachs seit 20 Jahren. Die gute Nachricht ist, dass alle neu geschaffenen Stellen im Haushalt 2017/2018 erhalten bleiben werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ganz nebenbei: Wenn ich mir die Stellenforderung von CDU und FDP seit der Verabschiedung des laufenden Justizhaushaltes anschaue,

(Dennis Gladiator CDU: Immer gut!)

dann liegen wir damit und mit den im kommenden Haushalt anstehenden Personalverstärkungsmaßnahmen sogar über Ihren Forderungen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

In den vergangenen Monaten gab es dennoch eine verstärkte Diskussion um die Belastung der Justiz. Wir haben uns mit den jeweiligen Situationen in den Bereichen im Justizausschuss, im Innenausschuss und in der Bürgerschaft auseinandergesetzt. Als Konsequenz werden jetzt, wie gerade schon gesagt wurde, bei der Staatsanwaltschaft fünf zusätzliche Dezernentenstellen und fünf weitere Stellen im Servicebereich geschaffen. Zudem gibt es sechs weitere Stellen für das Oberlandesgericht. Und im Justizvollzug und bei den Gerichtsvollziehern sowie bei den Rechtspflegern werden wir die Ausbildungskapazitäten weiter hochfahren. Im Justizvollzug haben wir inzwischen vier Ausbildungslehrgänge. Ich befasse mich seit über zehn Jahren mit Justizpolitik in Hamburg und ich kann mich nicht daran erinnern, dass es jemals so viele Ausbildungslehrgänge gab.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei den Gerichtsvollziehern wurde bereits 2015 mit der Ausbildung zusätzlicher Kräfte begonnen, um die Situation zu entspannen. In diesem Jahr sind insgesamt 14 Nachwuchskräfte in Ausbildung, die im kommenden Jahr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Doch in Wahrheit besteht das Hauptproblem bezüglich des Personals im Justizvollzug und bei den Gerichtsvollziehern nicht darin, das Geld, sondern das geeignete Personal zu finden. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Gute Justizpolitik bedeutet für uns aber, nicht nur dann zu handeln, wenn das Thema medienwirksam interessant wird, gute Justizpolitik ist eine Daueraufgabe.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen legen wir im Haushalt 2017/2018 noch eine Schippe drauf. Wie gesagt, fünf neue Staatsanwälte, die dann speziell SOKO Castle bei der Arbeit unterstützen können. Wir werden, das ist ja auch Aufgabe dieser SOKO Castle, zusammen mit der Staatsanwaltschaft dafür sorgen, dass Menschen, die hier Straftaten begehen, konsequent für ihren Rechtsbruch zur Rechenschaft gezogen werden.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Carola Timm GRÜNE)

Im Hinblick auf die zu befürchtenden steigenden Fälle in Verbindung mit dem gewaltbereiten Salafismus und internationalem Terrorismus wird kon

(Senator Andy Grote)

sequenterweise ein neuer Staatsschutzsenat am OLG eingerichtet. Im Justizvollzug werden zudem Integrationscoaches eingesetzt – auch vier zusätzliche Kräfte wirken auf den Stationen präventiv.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir seit 2014 4,5 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr in Personalverstärkung investieren. Das zeigt, wie viel uns die Sicherheit in Hamburg wert ist. Deswegen ist Hamburgs Sicherheit bei uns nicht nur in guten, sondern in allerbesten Händen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort erhält jetzt Joachim Lenders von der CDU-Fraktion.

(Jan Quast SPD: Vielen Dank, lieber Senat!)