Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von dieser Stelle: Gute Besserungswünsche an den leider erkrankten Senator.

Der Einzelplan 2 sieht eine Verbesserung der Stellensituation für die Hamburger Staatsanwaltschaft und das Hanseatische Oberlandesgericht vor. Das ist gut und das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ebenso ist es erfreulich, dass Sie sich die Forderung nach fünf weiteren Staatsanwälten und Geschäftsstellenmitarbeitern zur Entlastung der völlig überlasteten Staatsanwaltschaft zu eigen gemacht haben. Das ist richtig. Hieran sieht man allerdings auch, unter welch schwierigen Bedingungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten Jahren arbeiten mussten. Das ist ein hartes Nachsteuern gewesen und es ist leider Gottes nur auf Druck erfolgt. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich hätte gewünscht, dass der Bürgermeister heute hier gewesen wäre; ich hätte ihm ein paar Takte sagen wollen zu der Auffassung, die er bei seinem gestrigen Auftritt vertreten hat. Das Lob hat er gerade bekommen, jedenfalls für den Bereich Justiz. Das können Sie ihm gern ausrichten. Ich fand sein Bitten um ein Lob ehrlich gesagt etwas befremdlich. Seine aggressive, unterschwellige Art zu reden passte nicht. Das war wenig souverän. Aber gut, das ist dann so.

(Beifall bei der CDU)

Erfreulich ist auch, um beim Lob zu bleiben, dass wir im Justizbereich die höchste Ausschussüberweisungsquote haben, auch wenn Sie sich unsere Anträge regelmäßig zu eigen machen und sie erledigt werden, weil Sie die Sachen übernehmen und dort einer Erledigung zuführen. Darüber will ich mich gar nicht beklagen; das freut mich, denn dann kommen wir in der Sache vernünftig weiter.

(Beifall bei der CDU)

Die Menschen merken aber, wer sich um die Probleme kümmert. Und das führt mich jetzt zu den Untaten und Unterlassungen des Justizsenators. Herr Dressel und Herr Tjarks sind leider beide nicht da.

(André Trepoll CDU: Herr Tabbert ist da!)

Sie haben gestern, im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie war es, glaube ich, auf einen stabilen Haushalt und die Grundsätze kostenstabilen Bauens verwiesen. Ein glühendes Beispiel dafür ist die Justizvollzugsanstalt Glasmoor im Einzelplan 2. Ihre Planungen begannen mit 16 Millionen Euro, dann verdoppelten Sie die Kosten auf 32 Millionen Euro und teilten jetzt in einer Nachtragsdrucksache mit, es würden mehr als 33 Millionen Euro und die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Trotzdem fangen Sie wegen der Dringlichkeit schon jetzt mit dem Bauen an. Wir stimmen zwar zu, weil das dringend notwendig ist, aber zu behaupten, Sie machten das alles toll durchgeplant, und dann verdoppeln sich die Kosten mal eben, ist nicht solide. Es ist aus einem weiteren Grund nicht solide. Sie brauchen nicht anfangen, hektisch im Haushaltsplan-Entwurf zu blättern, Sie werden die 33 Millionen Euro nicht finden. Die stehen dort nämlich gar nicht drin, es sind ja auch nur 33 Millionen. Da wird dann einfach locker vom Hocker gesagt: Wir machen eine Nachtragsdrucksache. Meine Damen und Herren, das geht so nicht. Das finde ich unredlich.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Das sehen nicht nur wir als CDU so, sondern der Rechnungshof hat es Ihnen in seinem Ergebnisbericht 2016 ebenfalls attestiert. Der Senat hat das Gebäudemanagement nicht im Griff, und der Senat geht nicht ordentlich mit dem Parlament um, denn – ich zitiere –:

"Gegebenenfalls bestehende strukturelle Defizite und deren Folgen müssen gegenüber der Bürgerschaft transparent dargestellt werden."

Das ist nicht erfolgt. Eine transparente Darstellung gegenüber dem Parlament ist das A und O.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu der Behauptung von gestern, Sie seien dicht bei den Menschen. Auf den Justizsenator

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

trifft das wohl am allerwenigsten zu. Der handelt nämlich immer nur auf Druck. Er reagiert immer nur. Man kann ihn schon fast als grünen Reaktor bezeichnen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Die Justiz hat er schon mehrfach an den Rand der Kernschmelze herangeführt, aber hüte er sich: Es wird immer einsamer um ihn und wenn es so weitergeht, dann findet er sich bald einsam im politischen Abklingbecken, Entsorgung und Endlagerungen nicht ausgeschlossen.

(Beifall bei der CDU)

Druck ist leider das Einzige, was funktioniert, und deswegen müssen wir auch mit unseren Haushaltsanträgen Druck machen.

Vielleicht noch kurz etwas, was ich besonders schlimm finde: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keine Lobby haben, die nur wenige in der Justiz sind – das sind die Justizwachtmeister, das sind einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verwaltungsbereich oder im Strafvollzug und insbesondere auch Gerichtsvollzieher und Rechtspfleger –, sind völlig aus Ihrem Fokus gelaufen. Die finden Sie dort gar nicht wieder. Nur als ein Beispiel: die Gerichtvollzieher. Was nutzt den Menschen ein rechtsstaatlich erstrittener Titel, wenn sie ihn am Ende nicht vollstreckt bekommen, sondern die Gerichtsvollzieherverteilerstelle ihnen mitteilt, in einem halben Jahr bekämen sie Bescheid, was für ein Aktenzeichen ihre Sache hat? Das darf es in einem Rechtsstaat nicht geben.

(Beifall bei der CDU und bei Andrea Oel- schläger und Dr. Alexander Wolf, beide AfD)

30 000 offene Verfahren müssen unsere 95 Gerichtsvollzieher derzeit bearbeiten. Stellen Sie sich einmal vor, wie die sich fühlen. Sie arbeiten sieben Tage die Woche, machen Urlaubsvertretungen und wissen nicht mehr, wohin. Sie sind schlicht verzweifelt.

Dasselbe gilt bei den Rechtspflegern. Wir müssen dringend die Ausbildungen intensivieren. Das ist eine unserer Forderungen. Wir brauchen beginnend mit dem nächsten Jahr mindestens 15 Anwärter. Sie haben geschafft: vier.

Abschließend zum Thema Strafvollzug. Bevor der nächste Justizvollzugsanstaltsleiter abhandenkommt, zitiere ich aus einer E-Mail, wie es in Billwerder aussieht:

"Allerdings dürfte eine alle paar Wochen veränderte Belegungskonzeption zu Verdruss beitragen und dazu führen, dass jedwede konzeptionelle Überlegung von Mitarbeitern kaum noch ernst genommen werden wird und dabei inhaltliche Orientierung oder gar Identifikation schlicht verloren geht, weil alle

damit rechnen dürfen, dass schon morgen die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird."

(Beifall bei der CDU)

Das ist der Aufsichtsbehörde wiederholt vorgetragen worden und wird anlässlich der jüngsten Diskussion erneut vorgetragen werden. Meine Zeit ist leider knapp bemessen, sonst hätte ich gern noch mehr ausgeführt.

Das darf es nicht sein. Kümmern Sie sich um den Strafvollzug, kümmern Sie sich um die Gerichtsvollzieher, kümmern Sie sich um die Rechtspfleger. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Das Wort bekommt Herr Tabbert von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hamburg steht für einen starken und sicheren, attraktiven Rechtsstandort.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wir haben seit 2015 – hören Sie gut zu – insgesamt 41 neue Richterstellen, Stellen bei der Staatsanwaltschaft und Stellen für den Servicebereich geschaffen. Das ist insgesamt der größte Personalausbau im Justizbereich seit über 20 Jahren. Das haben auch Sie in Ihren zehn Jahren CDU-Regierung nie hinbekommen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Michael Kruse FDP: Pay as you go!)

Hinzu kommen auf Vorschlag des Senats nun 16 zusätzliche Stellen und durch Anträge der Koalitionsfraktionen nochmals 20 Stellen, das macht summa summarum 77 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Hamburger Justiz seit 2015.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wir haben einen Stellenpool eingeführt, um flexibel auf Spitzenbelastungen an den Gerichten reagieren zu können. Davon profitieren derzeit das Landgericht, die Amtsgerichte und die Staatsanwaltschaft. Wir haben – werter Kollege Seelmaecker, zu Ihrer Beruhigung – die Ausbildung im allgemeinen Vollzugsdienst bei den Rechtspflegern, bei den Gerichtsvollziehern und in der Justizfachverwaltung intensiviert. Welches Gericht das sein soll, bei dem man ein halbes Jahr auf ein Aktenzeichen wartet, teilen Sie mir bitte nachher mit, dann gehe ich dem nach. Meine anwaltliche Erfahrung ist eine andere.

(Richard Seelmaecker)

Wir haben mit dem Projekt "Justizvollzug 2020" die Diskussion über notwendige Veränderungen im Justizvollzug, in der Justizvollzugslandschaft initiiert. Außerdem wird, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, an einem Entwurf für ein Landesresozialisierungsgesetz gearbeitet. Meine Kollegin, Frau Timm und Sie, Herr Kollege Seelmaecker, haben vor zwei Wochen dazu in der Justizvollzugsschule an einer Diskussionsveranstaltung teilgenommen. Nicht dabei waren wieder einmal FDP, LINKE und AfD. Das war auch schon neulich der Fall, als wir die Frauenvollzugsanstalt besucht haben.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sag mal, geht's noch? Da war ich schon vor Ihnen!)

Frau von Treuenfels, um in Ihrer Wortwahl zu bleiben, ist das schon fast Wiederholungstat durch Unterlassen, aber Sie können gleich dazu Stellung nehmen.

Für 2017 und 2018 haben wir einen Justizhaushalt aufgestellt, der ohne Einsparung im Personalbereich auskommt. Im Gegenteil: Wir stärken die Justiz in zentralen Bereichen, etwa bei der Bekämpfung der Einbruchskriminalität und der Wirtschaftskriminalität.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch die effektive Verfolgung terroristischer Straftaten stellen wir mit unseren Maßnahmen sicher. Im Haushaltsplan vorgesehen sind fünf zusätzliche Staatsanwälte und fünf Servicekräfte. Mit diesem zusätzlichen Personal werden wir eine deutschlandweit einmalige Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität aufbauen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Karl-Heinz Warnholz CDU: Jetzt geht's los!)

Außerdem verstärken diese Kräfte zusätzlich den Bereich der Bekämpfung von Jugendkriminalität.