Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

nicht unbedingt zu einer Demokratisierung führen, sondern dazu, dass ein anderes Klientel im Richterwahlausschuss sitzen würde, nämlich hauptsächlich nur Juristeninnen und Juristen. Das wäre auf keinen Fall eine Demokratisierung,

(Beifall bei der LINKEN)

und deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Wir können ihm auch deshalb nicht zustimmen, weil Herr Seelmaecker recht hat in Bezug auf Artikel 63 der hamburgischen Verfassung: Der Antrag ist auch formal nicht richtig. Zudem gab es vor einigen Jahren einen ähnlichen Antrag von der GRÜNEN Fraktion, allerdings handwerklich anders gestrickt. Davon ist dieser Antrag ein bisschen abgekupfert. Die genannten Argumente brauche ich nicht zu wiederholen. Wir werden den Antrag ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dolzer. – Das Wort hat Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Präsidenten, meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen, denn es ist wirklich alles in vernünftiger Weise gesagt worden.

Ich möchte das Thema zum Anlass nehmen, einmal zu sagen, dass meiner Meinung nach unsere Richter und Staatsanwälte im Rahmen von Recht und Gesetz und vor allem Gewaltenteilung einen hervorragenden Job machen. Man sollte nicht unterstellen, dass sie von Parteien beeinflusst sind oder irgendwelche blöden Deals untereinander aushecken. Es gehört dazu, dass wir sie auch einmal loben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich möchte hervorheben, dass Ihr Vorschlag noch nicht einmal das, was Sie proklamiert haben, erringen würde. Was Sie vorgeschlagen, bedeutet eigentlich nur, dass die Richter und die Rechtsanwälte, die in diesem Gremium sitzen, sich untereinander wählen. Das finden wir intransparent. Für mich hat Ihr Vorschlag nicht einmal Sinn ergeben, nachdem ich verstanden hatte, wo Sie eigentlich hinwollten. Ich glaube auch nicht, dass die Richter das für sehr sinnvoll halten würden. Deswegen lehnen wir das ab.

Nach Herrn Dolzer in Sachen Gewaltenteilung zu sprechen, finde ich erstaunlich. Ich hätte mich gefreut, wenn hier ein paar Worte von Ihnen gekommen wären. Aber das ist vielleicht in einem anderen Gremium notwendig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

(Dr. Carola Timm)

Vielen Dank. – Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. – Doch, Herr Dr. Flocken, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! In unserer Demokratie tut das Volk seinen Willen in Wahlen und Abstimmungen kund. Im antiken Griechenland, der Wiege der abendländischen Kultur, gab es eine dritte Säule, das Losverfahren, immer verbunden mit der Annuität. Besonders in der attischen Demokratie, also in Athen, war dies die wichtigste Methode für die Besetzung von Ämtern, in Sparta dagegen überwog das Wahlverfahren. War es Zufall, dass gerade im Athen des vierten vorchristlichen Jahrhunderts, in dem die Lenker der Polis durch das Los bestimmt wurden, ein solch freier Geist wehte, dass ausgerechnet dort vor 2 400 Jahren eine Wissenschaft entstehen konnte, die – zum Beispiel in der Biologie des Aristoteles – erst vor 300 Jahren getoppt werden konnte? Nein. Das lag daran, dass eine öffentliche Debatte nicht dadurch eingeengt wurde, dass – wie im heutigen Deutschland oder im antiken Sparta – mit Blick auf Wahlen die politische Korrektheit beachtet werden musste. Das Losverfahren kommt in Deutschland in der dritten Gewalt in rudimentärer Form bereits vor, Beispiele sind Schöffengerichte und der Paragraf 15 Absatz 2 Satz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, in dem es um dringliche Vertretung von Verfassungsrichtern geht.

Warum wäre das Losverfahren besonders für Verfassungsgerichte passend? Erstens: Eine juristische Qualifikation wäre leicht zu definieren, ergänzt durch einschlägige Berufserfahrung und Bewährung und durch ein Mindestalter, ergänzt natürlich wie in Athen durch eine Annuität, zum Beispiel, dass nach fünf Jahren Schluss sein müsste. Zweitens: Stellen Sie sich einmal vor, Sie stehen in einem Verfahren vor einem Oberverwaltungsgericht. Nun hat Ihr Richter einen ausgeprägten Ehrgeiz in Richtung Verfassungsgericht. Sie stehen jetzt in höchster Gefahr, dass Ihr Fall nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen, sondern nach politischer Opportunität beurteilt wird. Deshalb plädiere ich dafür, über das Losverfahren nachzudenken. Der Antrag der AfD ist ein erster Schritt in diese Richtung, weil die angesprochene Intransparenz dort so groß ist, dass ein potenzieller Verfassungsrichter nicht mehr im Blick auf seine zukünftige Wählbarkeit seine Urteile zu fällen versucht ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte die Drucksache 21/7783 an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz überweisen? –

Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir stimmen über den Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/7783 in der Sache ab.

Wer möchte sich diese anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt worden.

Dann rufe ich auf Tagesordnungspunkt 38, Drucksache 21/7805, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Angebotsoffensive für Hamburgs Kundenzentren: schnellere Terminvergabe, einheitliche und längere Öffnungszeiten, Ausweitung der digitalen Angebote.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Angebotsoffensive für Hamburgs Kundenzentren: schnellere Terminvergabe, einheitliche und längere Öffnungszeiten, Ausweitung der digitalen Angebote – Drs 21/7805 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Keine Schließung von Kundenzentren – Leistungsfähigkeit aller Hamburger Kundenzentren nachhaltig verbessern – Drs 21/7955 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/7955 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Zur Drucksache 21/7805 liegt ein Antrag der FDPFraktion auf Überweisung an den Verfassungsund Bezirksausschuss vor.

Wer wünscht das Wort? – Herr Schmitt von der SPD-Fraktion, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Vor einigen Monaten war die Situation in den Kundenzentren bereits Thema der Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft. Lange Vorlaufzeiten für Termine und lange Wartezeiten und Schlangen vor den Kundenzentren – wir waren uns einig, dass eine solche Situation wie im vergangenen Sommer sich nicht wiederholen darf.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich hatte damals die Sofortmaßnahmen erläutert, die ergriffen wurden. Dabei waren zwei Ziele zentral: Erstens, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kundenzentren zu entlasten, und zweitens dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder zeitnah Termine in den Kundenzentren bekommen können. Die Finanzbehörde und die Bezirke haben reagiert, die Stellen nachbesetzt und

Stellen aufgestockt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile eingelernt und in ihre Arbeitsplätze eingewiesen. Die Situation normalisiert sich nun wieder, und die Vorlaufzeiten für die Terminvergabe sowie die Wartezeiten für Spontankundinnen und -kunden haben sich deutlich verringert.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir die Servicequalität in den Kundenzentren für die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg merkbar anheben und dauerhaft garantieren. Über die Fortschritte wollen wir uns regelmäßig berichten lassen. Es kann nicht sein, dass der Gesetzgeber bei einem Umzug eine Ummeldung innerhalb einer Frist von 14 Tagen vorschreibt und Sie keinen Termin innerhalb dieser Frist bekommen, wenn Sie sich ummelden wollen. Deswegen soll die Wartezeit auf einen Termin im Kundenzentrum höchstens 14 Tage betragen, anzustreben sind zehn Tage.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Öffnungszeiten in den Kundenzentren deutlich ausgeweitet werden und Sie den Besuch in einem Kundenzentrum in der Zeit von 8 bis 18 Uhr – mindestens – erledigen können, auch während der Mittagspause, und nicht einen Tag Urlaub nehmen müssen, um Ihren Personalausweis zu verlängern.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Bei der Online-Terminvergabe sollen zeitnah Termine verfügbar sein. Dabei soll die Terminabfrage nicht nur standortbezogen, sondern auch terminbezogen möglich sein. Ich habe heute Morgen bei der Recherche festgestellt, dass dies erfreulicherweise schon umgesetzt ist; ich hätte heute, also am gleichen Tag, in drei verschiedenen Kundenzentren mein Anliegen – Verlängerung eines Personalausweises – durchführen können. Ich finde erfreulich, dass das bereits umgesetzt ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich soll es auch weiterhin möglich sein, über den Telefonischen HamburgService Termine zu vereinbaren. Wir möchten darüber hinaus, dass geprüft wird, ob der Online-Ausbau vielleicht auch den einen oder anderen Besuch im Kundenzentrum überflüssig macht, wo ein persönliches Erscheinen nicht notwendig ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn das innerstädtische Kundenzentrum in der Caffamacherreihe/Kaiser-Wilhelm-Straße 2018 in Betrieb geht, möchten wir, dass geprüft wird, ob Sonnabendöffnungen möglich sind, sodass man auch am Sonnabend seinen Kundenzentrumsbesuch machen kann.

(Michael Kruse FDP: Jetzt noch Sonntags- öffnungen durchsetzen!)

Die Bearbeitung bei der Ausstellung von Pässen, insbesondere vor den Sommerferien, soll beschleunigt werden, sodass die langen Schlangen vor den Sommerferien künftig der Vergangenheit angehören werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Um diese zentralen Leistungsversprechen zu realisieren und verlässlich sicherzustellen, streben wir eine einheitliche Steuerung bezirksübergreifend aus einer Hand an, und möchten, dass im Verfassungs- und Bezirksausschuss rechtzeitig über die Planung der Maßnahmen, die einzelnen Schritte und die zeitliche Umsetzung berichtet wird. Durch ein Monitoring wollen wir die Einhaltung der zentralen Leistungsversprechen transparent machen.

Mit dem vorliegenden Antrag flankieren wir die bereits von der Finanzbehörde, der Kasse.Hamburg und den Bezirksamtsleitungen in die Wege geleiteten Maßnahmen. Mit der Angebotsoffensive für Hamburgs Kundenzentren geben wir ein Leistungsversprechen für noch bürgernähere Kundenzentren ab, mit schnelleren Terminvergaben, einheitlicheren und längeren Öffnungszeiten und der Ausweitung der digitalen Angebote. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Dr. Wolf von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich Maßnahmen gegen die inakzeptable Situation bei der Terminvergabe und den Wartezeiten in den Kundenzentren zu ergreifen ist im Grunde richtig. Herr Schmitt hat dazu viel Wahres gesagt und wir werden Sie beim Wort nehmen. Wenn Sie von Leistungsversprechen reden, dann werden die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt dieses Versprechen auch eingelöst sehen wollen.

(Zuruf von Arno Münster SPD)

Die Ideen, die Sie jetzt äußern, sind längst überfällig, gehen aber nicht weit genug. SPD und GRÜNE gerieren sich als Retter – oder sollte ich eher sagen, als Retterchen? – in einer Situation, die der rot-grüne Senat selbst verschuldet hat. Nur aufgrund des massiven öffentlichen Drucks und des Drucks in diesem Hause wird dieses Problem angegangen. Dennoch begnügt sich Ihr Antrag mit dem Nötigsten. Ein Minimum des für die Bürger Zumutbaren soll gerade mal so gewährleistet werden. Es wird nach Ihrem Antrag keine langfristige Vorsorge geben, um einen stabilen Kundenzentrumszustand zu erreichen oder Hamburg gar zum Spitzenreiter im Bereich der Behördenorganisation

(Frank Schmitt)