Protokoll der Sitzung vom 13.09.2017

Darum in aller Kürze: Das Aufenthaltsgesetz fußt auf Einzelentscheidungen, und das ist auch gut so.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

In jedem Einzelfall wird entschieden, ob es einen berechtigten Anspruch gibt oder ob eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten ist. Ist das nicht der Fall, ist die Ausreise verpflichtend, entweder freiwillig oder sogar, wie heute geschehen, per Abschiebung. Und das ist auch in Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist schwierig, sie ist heterogen. Deshalb wird die Sicherheitslage auch immer wieder neu bewertet, und auch das ist vollkommen richtig. Es kommt also zum einen auf die Region in Afghanistan und zum anderen auf

(Christiane Schneider)

die individuellen Faktoren an, beispielsweise Herkunft, ethische Zugehörigkeit, Geschlecht, Beruf und so weiter. Zuletzt gab es aufgrund der Gefährdungseinschätzung einen Abschiebestopp der Bundesregierung, allerdings mit Ausnahmen. Denn der Bundesaußenminister hat eine neue Lagebewertung erstellen lassen, und auch jetzt sollen nur Gefährder, Straftäter und Personen, die ihre Identität verschleiern, abgeschoben werden. Daraufhin haben sich die SPD in Berlin und Thomas de Maizière verständigt. Im Fall von Gefährdern muss man darüber ja wohl nicht eine Sekunde lang diskutieren. Wer unser Land angreift und Menschen töten will, der sollte auch ausgewiesen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Fro- wein FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir weder der Situation in Afghanistan noch der Situation der von Abschiebung bedrohten Menschen mit einer Kurzdebatte gerecht werden und es auch gar nicht versuchen, wenn ich mir die Beiträge so anhöre. Deshalb ist die Überweisung gut und richtig. Gleichzeitig kann man aber in der Kürze der Zeit feststellen, dass dieses erneute Manöver des Innenministers aus Berlin, noch einmal den Versuch zu machen

(Dennis Gladiator CDU: Und des Außenmi- nisters!)

und des Außenministers, richtig –, einen Sammelflug zusammenzustellen, bei dem dann tatsächlich acht Personen abgeschoben worden sind und eine Person davon aus Hamburg. Dies ist ein, wie ich finde, mehr als unanständiges politisches Manöver.

(Dennis Gladiator CDU: Damit meinen Sie den Innensenator aber auch, oder?)

Was aber damit im Zusammenhang steht, Herr Gladiator, und das wissen Sie auch, ist die Tatsache, dass es schlicht und einfach immer auch in den letzten Jahren Abschiebungen von Straftätern gegeben hat. Das hat Hamburg in diesem Fall auch durchgeführt. Das ist etwas, was man ausführlich diskutieren und ausführlich oder kurz bewerten kann. Ich glaube, was uns in der Koalition eindeutig eint, ist, dass wir das als politisches Manöver erstens durchschaut haben, zweitens ablehnen und drittens uns keinen einzigen Fall einer Abschiebung leicht machen und leicht gemacht haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Oetzel von der FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte es wie Frau Möller halten. Ich glaube auch, dass man in diesen zwei Minuten, die uns zur Verfügung stehen, einem so komplexen Thema wie Abschiebungen nach Afghanistan in einer so kurzen Debatte kaum gerecht werden kann.

Wir als Freie Demokraten stehen grundsätzlich dafür ein, dass wir in unserem Land denjenigen Schutz geben, die in ihrem Land vor Krieg, Verfolgung, Bürgerkrieg fliehen müssen. Unserer Ansicht nach gibt es sehr viele Hinweise darauf, dass Afghanistan momentan nicht sicher ist. Allerdings versucht DIE LINKE meines Erachtens dieses Thema von der falschen Seite her aufzuzäumen. Wir müssten eigentlich darüber sprechen, ob es aufgrund dieser Sicherheitslage in Afghanistan faktische Abschiebehindernisse gibt. Und wenn es Abschiebehindernisse gibt, dann müssen wir die Afghanen, die zu uns gekommen sind, weiterhin dulden, was auch auf unsere Zustimmung gestoßen wäre. DIE LINKE hat allerdings beantragt, humanitäre Aufenthaltstitel zu verteilen. Ich glaube, dass das sicherlich ein Vehikel ist; weil sie das Erste nicht bekommen können, versuchen sie das. Das kann ich nachvollziehen. Es ist aber nicht der Weg, den wir als Freie Demokraten gern beschreiten wollen. Wir möchten der Ausschussüberweisung sehr gern zustimmen, weil wir auch der Meinung sind, dass dieses sehr komplexe Thema von vielen Seiten betrachtet werden muss. Ich freue mich, dass sich eine Überweisung abzeichnet. Dann kann man vielleicht im Ausschuss die Möglichkeit des Vorhandenseins konkreter Abschiebehindernisse erörtern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Nockemann von der AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von der LINKEN angemeldete zweiminütige Kurzdebatte ist überflüssig wie ein Kropf. Zwar ist gestern ein Flugzeug aus Düsseldorf nach Kabul gestartet, in dem auch ein Straftäter aus Hamburg mitgeflogen ist, aber wir alle wissen doch, dass das nichts anderes ist als ein billiges Wahlkampfmanöver zwei Wochen vor der Wahl, damit die Bundesregierung demonstrieren kann, sie habe im Bereich der Abschiebungen Härte und Konsequenz bewiesen. Das alles wird sich nachher ändern.

In dieselbe Kategorie fallen auch die Äußerungen von Frau Merkel, man müsse abschieben, abschie

(Karl-Heinz Warnholz)

ben, abschieben. Wir alle wissen, dass noch mehrere Hunderttausend ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland leben. Das heißt, mit abschieben, abschieben, abschieben ist es nicht. Jeder Bürger, jeder Wähler weiß auch, dass Frau Merkel nach den Wahlen genau das Gegenteil von dem tut, was sie vorher propagiert. Dass das alles nur ein Manöver gewesen ist, hat gerade auch Frau Möller von den GRÜNEN mit ihrer Äußerung deutlich gemacht. Frau Möller hat darauf hingewiesen, dass es auch für die GRÜNEN eine schwere Belastung ist, wenn Hamburg einen Straftäter aus Hamburg abschiebt.

(Dennis Thering CDU: Das ist keine Belas- tung, das ist richtig!)

Ich garantiere Ihnen, es ist eine Belastung für die GRÜNEN. Ich garantiere Ihnen, dass aus diesem Grunde nach den Wahlen hier keine weiteren Abschiebungen stattfinden werden. Die Symbolpolitik hat ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, und die SPD wird mit Sicherheit nicht die Koalition mit den GRÜNEN weiterhin auf den Prüfstand stellen, denn die GRÜNEN werden sich in Hamburg gegen jede weitere Abschiebung zur Wehr setzen.

Im Übrigen, das werden Sie wahrscheinlich auch wissen, folgen die Wähler viel lieber dem Original als einem billigen Imitat. Auch die SPD kann natürlich Schattenboxen.

(Farid Müller GRÜNE: Machen Sie Wahl- kampf mit dem Thema?)

55 Abschiebungen aus Hamburg seit 2016 sind zu wenig. Immerhin gibt es in Hamburg die größte afghanische Community diesseits des Hindukusch. Da fallen diese 55 Abschiebungen mitnichten ins Gewicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was habt ihr eigentlich mit der Kurzdebatte? Hätten wir das nicht zur Kurzdebatte angemeldet, hätte überhaupt kein Mensch darüber gesprochen, dass gestern wieder jemand abgeschoben worden ist und Menschen nach Afghanistan in Krieg und Terror abgeschoben werden. Deshalb haben wir das zur Kurzdebatte angemeldet.

Jetzt zur Frage der Überweisung. Man kann das jetzt überweisen, man kann es die nächsten sechs oder zehn Sammelabschiebungen lang liegen lassen. Wenn das nicht intendiert ist, werden wir der Überweisung zustimmen. Ich vertraue jetzt einmal darauf, dass es nicht intendiert ist. Dann werden

wir das ausführlich in dem Ausschuss diskutieren können.

Zu ein paar Argumenten will ich aber trotzdem noch etwas sagen. Zwölf Bundesländer haben nicht abgeschoben. Es bestand überhaupt nicht der geringste Zwang, abzuschieben. Hamburg wollte abschieben. Das muss man einfach einmal festhalten. Denn andere haben, wie gesagt, nicht abgeschoben, weil sie nicht abschieben wollten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Woher weißt du das? Hast du die gefragt?)

Zum Thema Straftäter: Es gibt in Deutschland keine Todesstrafe, und das ist gut so. Es gibt auch ein Verbot von Russisch Roulette mit Menschenleben. Und wenn wir jemanden nach Afghanistan abschieben, dann kann keiner von Ihnen mir sagen, was denn mit den letzten Abgeschobenen passiert ist, wer von ihnen überlebt hat. Was macht denn Samir, der im Tempel gefangen war? Wissen Sie, wie es denen geht? Nein, wir wissen es nicht. Wir wissen definitiv, dass einer der Abgeschobenen aus einem anderen Bundesland bei einem dieser Anschläge umgekommen ist, aber wir wissen von den Hamburger Abgeschobenen nichts.

Wir werden der Überweisung zustimmen. Aber wir werden Ihnen diese Debatte nicht schenken. Wir werden sie wiederholen, so oft es geht, bis es keine Abschiebungen nach Afghanistan mehr gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Gladiator von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auf zwei Punkte eingehen. Als Erstes möchte ich daran erinnern, dass die Personen, die abgeschoben werden, nachdem laut Bundesregierung, CSU und SPD eine Einzelfallprüfung erfolgt ist, durch ihren eigenen Entschluss und durch ihr eigenes Handeln die Abschiebung verursacht haben, indem sie entweder Straftaten begangen haben,

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

indem sie als Gefährder das friedliche Zusammenleben und die Unversehrtheit von Menschen in unserem Land gefährden und angreifen, oder Menschen, die nicht einmal ihre Identität preisgeben wollen – also Menschen, die Schutz wollen, aber nicht sagen, wer sie sind. Diese Menschen haben es selbst in der Hand, ob sie sich hier rechtskonform verhalten und sich ehrlich machen und sagen, wer sie sind oder nicht. Wer gegen unsere Gesetze verstößt, kann unseren Schutz nicht erwarten, das ist ganz klar.

(Beifall bei der CDU)

(Dirk Nockemann)

Wie Herr Warnholz gesagt hat, ist es schon bezeichnend, dass DIE LINKE lieber auch terroristischen Gefährdern hier Schutz gewähren möchte, als sie abzuschieben. Damit versündigen Sie sich wirklich an der Sicherheit der Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der CDU – Jörg Hamann CDU: Unglaublich!)

Noch einen Satz zu Frau Möller: Sie haben sinngemäß gesagt, diese Entscheidung der Bundesregierung, so zu verfahren, sei unanständig. Ihre Koalition, der Innensenator, hat sich entschieden, genau dieses Verfahren mitzumachen. Aus unserer Sicht werden viel zu wenige Straftäter abgeschoben, aber Innensenator Grote hat sich entschieden, das mitzumachen. Es ist schon bezeichnend, dass der Koalitionspartner, die innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN, ihrem eigenen Innensenator damit unanständiges Verhalten vorwirft.

(Dennis Thering CDU: Traurig!)

Nicht nur der Streit in der SPD in der Innenpolitik scheint alles zu überlagern, Rot-Grün ist zerstrittener denn je und auch in diesem Feld damit langsam nicht mehr handlungsfähig.

(Beifall bei der CDU)