Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hinsichtlich der Infrastrukturprojekte U5, U4, S21 werden wir in den nächsten 20 Jahren 100 Kilometer Schnellbahnausbau stemmen. Das ist eine großartige Leistung. Und wir werden noch viele andere Dinge tun, wie beispielsweise neue innerstädtische Parks bauen, wir werden Planten un Blomen – vielleicht unser schönster Park – um 10 000 Quadratmeter erweitern, wir werden das Alstervorland um 17 000 Quadratmeter erweitern, und wir werden auf dem Grasbrook einen Park bauen, der dann vielleicht Hamburgs schönster Park sein wird, mit Blick auf die Stadt und direkt am Wasser. So macht man Hamburg lebens- und liebenswerter. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich danke Ihnen. – Jetzt erhält das Wort Frau Boeddinghaus von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bürgermeister, Ihre Rede war wirklich bemerkenswert. Es kam ja richtig Leben in Sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war schon einmal positiv. Damit ich Sie aber richtig verstehe und nichts überhört habe, frage ich Sie, wie Sie sich das krachende Ergebnis erklären, das Sie in Hamburg und in Berlin eingefahren haben.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Sie als Erster Bürgermeister den Menschen in Hamburg bei der ersten Debatte nach der Bundestagswahl, bei der die SPD in Berlin und in Hamburg so ekla

tant verloren hat, das Signal aussenden, dass Sie sich dazu keinen einzigen Gedanken machen. Ich erwarte ja gar keine Analyse von Ihnen, aber schon irgendeine Reflexion, irgendein Nachdenken darüber, warum Sie so verloren haben. Ihre Botschaft an die Hamburger Wählerinnen und Wähler ist, sie hätten Sie bloß nicht verstanden, sie seien Ihnen zu dämlich. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Ein bisschen Demut, Herr Bürgermeister, würde Ihnen gut anstehen. Ich fürchte nur, dass Sie das Wort gerade einmal buchstabieren können. Ich finde es wirklich unterirdisch.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Wenn Sie Ihre Rede wieder einmal mit der Behauptung beginnen, es liefe hier gut und alle, die Kritik übten, hätten das nur nicht verstanden, dann sage ich, ja, die Menschen leben gern in Hamburg, aber die Frage ist doch, wie die Menschen in Hamburg leben. Es gibt verdammt viele Menschen – da musst du gar nicht den Kopf schütteln –, die nicht gut in Hamburg leben. Es gibt Obdachlosigkeit, es gibt viel Armut, es gibt Alleinerziehende, die nicht klarkommen. In den Kitas läuft es nämlich überhaupt nicht so, wie hier gerade in den Überschriften erzählt wird. An den Schulen läuft es nicht gut. Die Inklusion ist ein gesellschaftliches Projekt, das nicht scheitern darf, aber im Moment stöhnen alle über die Inklusion. Ich frage mich, welche Haltung die SPD hat, wenn ihr Bürgermeister überhaupt nicht vor Ort ist. Wo war er denn, als die Geflüchteten kamen? War er in den Unterkünften? War er bei den Ehrenamtlichen?

(Zurufe von der SPD: Was?)

Ist er in den Schulen, ist er in den Kitas? Er soll einmal einen Tag in der Kita arbeiten und erleben, wie es dort aufgrund des Betreuungsschlüssels zugeht. Er soll einmal in die Schulen gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bürgermeister, ich bleibe dabei: Sie sind nicht bei den Menschen, Sie verstehen eben gerade nicht das Lebensgefühl der Menschen. Hamburg ist die Hochburg der Altersarmut, hier gibt es die größte Zahl von Langzeitarbeitslosen, und Sie erwähnen diese Menschen in Ihren Reden mit keinem Wort. Das gehört sich nicht für einen Sozialdemokraten, sofern Sie sich überhaupt noch für einen solchen halten, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn das Einzige, wofür Sie sich loben, ist, dass Sie es besser machen als die CDU, dann gute Nacht. Natürlich bauen Sie mehr Wohnungen als die CDU, aber Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass die Bedarfe höher sind, als Sie es sich immer mit Ihrem blöden Drittelmix ausdenken.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Kazim Abaci SPD: Immer mehr, mehr, mehr!)

Sie müssen mehr bezahlbaren Wohnraum bauen. Viele Menschen in der Stadt habe keine Wohnung, viele kommen nicht aus den Unterkünften heraus, viele leben auf der Straße. Junge Menschen wissen nicht wohin und prostituieren sich. Die Plätze in den Jugendeinrichtungen reichen hinten und vorn nicht. Ich halte es nicht aus, wenn unser Bürgermeister diese Realitäten ignoriert. Dafür wird er 2020 die Quittung bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort erhält jetzt Herr Professor Jörn Kruse von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat am letzten Sonntag 12,6 Prozent bekommen,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Aber nicht hier! – Zurufe: Aber nicht in Hamburg!)

und Sie alle ärgern sich darüber.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ja!)

Ich verstehe das.

(Beifall bei der AfD)

Es ist jetzt und war auch schon vorher von einer angeblichen Spaltung der Gesellschaft die Rede.

(Zuruf: Nein, bei der AfD! – Zurufe)

Hören Sie mir doch einfach einmal zu.

Spaltung ist offenbar schon dann, wenn einige eine andere Meinung haben als der Rest.

(Michael Kruse FDP: Nee!)

Ich dachte immer, es sei Teil des demokratischen Diskurses, wenn unterschiedliche Meinungen angehört und diskutiert werden.

(Zuruf: Das denkt Herr Gauland auch!)

Oder habe ich einfach eine altmodische Vorstellung von Demokratie? Ich habe mich schon vor der Wahl gefragt, warum die anderen Parteien so dumm und besinnungslos auf uns einschlagen.

(Farid Müller GRÜNE: Jetzt nicht schon wie- der das!)

Wissen Sie etwa nicht, dass Sie damit genau das Gegenteil von dem erreichen, was Sie eigentlich erreichen wollen? Geprügelte Hunde werden durchaus gewählt, vor allen Dingen im Osten. Wussten Sie das nicht?

(Zuruf: Aber nicht hier! Dann gehen Sie doch rüber!)

Dann werden Sie das am Ergebnis vom vergangenen Sonntag lernen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Grüß Frau Pe- tri!)

Dieses Letzte ist vermutlich ein Teil der Erklärung. Die andere für Ihre Reaktion wesentlichere Erklärung ist, dass Sie wissen oder zumindest fühlen, dass Sie selbst die Schuld tragen an der AfD, an ihrer Gründung und ihrem Aufstieg, angefangen bei den unvernünftigen Eurorettungsschirmen und den Demokratiedefiziten in Brüssel bis hin zur Grenzöffnung und Einladung zur Masseneinwanderung auch für Nichtflüchtlinge und dass es dazu keine Opposition gab. Und das in einer Demokratie. Aber anstatt dies zu analysieren, beharrt man auf seinem moralischen Schaulaufen, weil es sich so gut anfühlt. Aber damit löst man keine Probleme, und man verliert auch Wahlen.

Wir haben uns hier in der Bürgerschaft verschiedentlich über Ausgrenzung bis an die Grenze der Legalität und darüber hinaus beklagt. Sie haben das nur abfällig kommentiert, anstatt zu argumentieren. Ich habe sinngemäß an dieser Stelle gelegentlich gesagt: Machen Sie nur so weiter, der nächste Wahltag kommt bestimmt. Letzten Sonntag war so ein Wahltag, ich könnte auch sagen, ein Zahltag in der Währung der Demokratie, nämlich Wählerstimmen.

Fangen Sie doch einmal hier in der Bürgerschaft an, indem Sie unsere Anträge an die Ausschüsse überweisen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ist das kleinteilig!)

Einige Ihrer Parteifreunde sprechen davon, dass sie die AfD in der Ausschussarbeit entzaubern wollen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das machen Sie schon selbst! – Zuruf: Wenn Sie einmal da wären! Sie kommen ja gar nicht in die Aus- schüsse! – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend):