Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wäre Herr Kerstan da, hätte ich mich erst einmal bei ihm dafür bedankt, dass er gestern im "Hamburg Journal" dieses Thema der AfD zur heutigen Aktuellen Stunde angemeldet hat.
Hamburg – wachsende Stadt um jeden Preis? Anders als 2011, als wir aufgrund des Mikrozensus die Fortschreibung der Bevölkerungszahlen um 83 000 Bewohner nach unten korrigieren mussten – das entspricht in etwa der Bevölkerungszahl von Flensburg –, gehen wir davon aus, dass die aktuellen Zahlen und die darauf basierenden Prognosen diesmal qualitativ besser sind. Da wir aber einen kleinen Restzweifel daran hegen, regen wir an dieser Stelle an, sich über die Verbesserung der betreffenden Datenqualität weiterhin Gedanken zu machen. Denn eine Planung steht und fällt mit dem zugrunde liegenden Datenmaterial.
Hamburgs Bevölkerung wird also zunehmen und das vermutlich nicht unerheblich. Daher ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass im Gegensatz zu den CDU-Zeiten derzeit eine aktive Wohnungsbaupolitik betrieben wird. Allerdings ist für das Gelingen eines Projektes nicht das postulierte Ziel entscheidend, sondern wie die einzelnen Maßnahmen auf dem Weg dorthin ausgeführt werden.
In welchen Gebieten wird hier also was gebaut? Nach welchen Standards erfolgt die Bauausführung? Für welchen Bedarf und zu welchen Kosten werden wie viele Wohnungen gebaut? Hier bietet sich auch schon der erste Anlass für Kritik. Gelingt es Ihnen zum Beispiel derzeit, den Bedarf der vordringlich Wohnungssuchenden zu decken? Nein, das gelingt Ihnen nicht. Decken Sie den Bedarf der Inhaber von Paragraf-5-Scheinen auf eine Wohnung, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde? Bei Weitem nicht. Und die Schere schließt sich nicht, sie geht weiter auseinander.
Wir fordern daher, dass Sie sich beim Bau von Wohnungen, die ausschließlich mit öffentlichen Mitteln errichtet werden, auf den Bau von Ein-, Eineinhalb- oder Zweizimmerwohnungen konzentrieren. Auch im Hinblick auf die wachsende Altersarmut und die große Zahl an Singlehaushalten brauchen wir viel mehr kleine und bezahlbare Wohnungen.
Überlassen Sie den Bau größerer Wohnungen der freien Wirtschaft, gegebenenfalls mit Zuschüssen, um steuernd einzugreifen, um geförderten Wohnraum für Familien zu schaffen, oder fördern Sie viel stärker als bisher die Baugenossenschaften und die Baugemeinschaften durch eine kleinteiligere Parzellierung geeigneter Grundstücke. Nicht immer nur an den Großinvestor denken, und wenn doch, dann ziehen Sie diesen bitte finanziell deutlich stärker als bisher für die Errichtung der notwendigen Infrastruktur heran.
Der Zuzug der Menschen resultierte in den beiden vergangenen Jahren überwiegend aus dem Zuzug von Ausländern, aber auch aus dem Zuzug von Menschen aus ländlichen Gebieten. Dass die Menschen mit ihren Füßen abstimmen und dadurch ein Bedarf an neuem Wohnraum in unserer Stadt entsteht, kann man niemandem zum Vorwurf machen. Politik ist aber angehalten, Entwicklungen mit Augenmaß zu fördern oder entgegenzusteuern. Politik ist nicht dazu da, einen Hype zu befeuern. Aber jedes Handeln hat Folgen, insbesondere ein Handeln ohne Plan, der aufzeigt, wo die Reise in den nächsten 10, 20 Jahren hingeht. Und da stellt sich die Frage nach Ihrem Plan.
Aufgrund der Folgen darf der Senat mit seiner Baupolitik auch nicht so tun, als ginge ihn die Versteppung ländlicher Gebiete nichts an und als hätte der beträchtliche Zuzug von Menschen in die Stadt nur Sonnenscheinseiten. Der ländliche Raum leidet durch den Fortzug der Menschen. Wie und vor allem durch wen wird die künftige Versorgung der verbleibenden älteren Generation erfolgen? Wie erhält man eine Nahversorgung oder den Betrieb öffentlicher Verkehrsverbindungen auf dem Land bei einer abnehmenden Bevölkerung? Wie erhält man die Attraktivität, wenn Ärzte ihre Praxen aufgeben und keine adäquaten Arbeitsplätze vor Ort angeboten werden?
Auf der anderen Seite, der städtischen Seite, ist der Raum der Stadt begrenzt. Hier die Statistik zu bemühen und Grünflächen im Spadenland oder Kirchwerder gegen die zunehmende Verdichtung im Kerngebiet aufzurechnen ist Augenwischerei. Fakt ist, dass wir bei aktueller Zielsetzung im Wohnungsbau einen Flächenverbrauch von 60 Hektar pro Jahr haben. Dies führt zu einer weiteren Versiegelung und Entgrünung, insbesondere im Kerngebiet der Stadt, und das unter der Regie der GRÜNEN.
Was wären die weiteren Folgen und wie lauten unsere Vorschläge? Nur mit Wohnungsbau, ohne dazugehörige Infrastruktur, steuern wir auf eine Katastrophe zu.
benötigten Flächen im Kerngebiet sein, wenn diese weiterhin verdichtet werden? Woher nehmen Sie das Personal? Das Gleiche gilt für die Schulen, nur stärker. Ganz anders wird mir, wenn ich an den Sport denke, wo Sie Ihr letztes Meisterstück in der HafenCity total in den Sand gesetzt haben. Haben Sie das alles auf dem Schirm? ÖPNV, Krankenhäuser, Ärzte, das prüfen wir in der zweiten Runde. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute ist das wichtige Thema Hamburg als wachsende Stadt angemeldet, und es ist richtig, darüber zu sprechen. Hamburg ist immer gewachsen.
In Deutschland, aber auch in Europa können wir verfolgen, dass der Zuzug in die Städte zugenommen hat, dass es wachsende und schrumpfende Regionen gibt. Wir können froh darüber sein, dass wir nicht zu einer schrumpfenden Region gehören, dass es nicht um das Thema Infrastrukturabbau geht oder um das Thema, wie wir mit der Überalterung der Gesellschaft umgehen, sondern dass wir wachsen. Die Hamburgerinnen und Hamburger wollten immer, dass ihre Stadt wächst, aber wir wachsen nicht allein aus Selbstzweck, sondern wir wollen für alle wachsen. Das ist uns wichtig.
Dazu brauchen wir einen Plan, aber ich sage auch deutlich und an Sie gerichtet, Herr Trepoll, dass Pläne allein, so, wie Sie sie gemacht haben, uns nichts nützen. In Plänen kann man nicht wohnen, in Plänen kann man auch nicht arbeiten.
Deswegen ist es richtig, dass wir an die Tradition von Schumacher, an das Achsenkonzept anknüpfen, dass wir den Sprung über die Elbe vervollständigen, dass wir Richtung Osten schauen, dass wir letztendlich die Projekte am Autobahndeckel vorantreiben. All das sind Projekte, bei denen wir planvoll vorangehen.
Das ist, glaube ich, was die Bürgerinnen und Bürger von uns wollen. Sie wollen, dass wir uns etwaigen Problemen stellen. Aber sie erkennen auch, welche Chancen wir haben. Beim Thema Kita, das gerade angesprochen worden ist, muss man sich doch wirklich fragen: Ist es ein Problem, dass wir in den letzten Jahren Zehntausende zusätzlicher Kita-Plätze geschaffen haben, dass wir es geschafft haben, in Hamburg die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weit voranzutreiben? Nein, das ist kein Problem.
Und ist es ein Problem, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze um 97 000 zugenommen hat? Ist es ein Problem, dass es nicht um Minijobs, um 400-Euro-Jobs oder um schlecht bezahlte Jobs geht, sondern darum, dass die Arbeit suchenden Menschen, die hierher kommen, auch Arbeit finden? Ja, wir wollen im Wohnungsbereich und im Arbeitsmarktbereich wachsen, denn wir wollen, dass die Menschen hier günstig wohnen können und eine ausreichende Arbeit haben. Das ist wichtig.
Deswegen wollen wir die innere Stadtentwicklung vorantreiben. Wir wollen dafür sorgen, dass die Quartiere lebenswert bleiben. Schaut man sich einmal an, welche Stadtteile am begehrtesten sind, dann sind es die hoch verdichteten Stadtteile in Ottensen, im Generalsviertel. Es kommt nicht nur darauf an, ob sie verdichtet oder nicht verdichtet sind, sondern darauf, wie sie gestaltet sind,
und schonender mit ihnen umzugehen. Deswegen sagen wir zum einen, mehr Stadt in der Stadt, aber auch Stadt an neuen Orten. Aber worin wir uns einig sein sollten, ist, dass der Flächenfraß, wie er früher einmal war, der Vergangenheit angehört und wir neue Qualitäten in der Stadtentwicklung eingeführt haben.
Wir wachsen in Hamburg nicht allein, sondern wir wachsen gemeinsam mit dem Umland. Die Bevölkerungsentwicklung wird im Bereich Lüneburg mit plus 10 Prozent, im südlichen Schleswig-Holstein und im nördlichen Niedersachsen mit jeweils plus 20 Prozent prognostiziert. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Hamburg und dem Umland, die wir gemeinsam stemmen werden. Es stimmt eben nicht, dass nur in Hamburg gebaut wird, es wird auch im Umland gebaut, es wird für die Region gebaut. Und das ist gut so. – Vielen Dank.