Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

und eine katastrophale Bewertung des Hamburger Verkehrs, wie wir alle gerade in der Zeitung gelesen haben.

(Beifall bei der AfD)

Aber so will ich an das Thema nicht herangehen. Ich möchte im Gegenteil den Senat dafür loben, dass er hier einmal richtige Prioritäten setzt, die in die Zukunft weisen. Sie finden das bestimmt nicht toll, Herr Dr. Tjarks, von der AfD gelobt zu werden – ist aber schwer, sich dagegen zu wehren.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wenn die GRÜNEN schon einmal etwas richtig machen, dann soll es auch nicht unerwähnt bleiben. Ich hatte schon vor zwei Wochen in meiner Rede den Campus Bahrenfeld als einen Hamburger Leuchtturm in der internationalen Wissenschaftslandschaft geradezu bewundernd gelobt, falls Sie sich erinnern sollten. Das wird ja von einer Grünen, nämlich Senatorin Fegebank, verantwortet und ich habe damals auch die Wissenschaftspolitiker der SPD, Herrn Dr. Tode und Frau Dobusch, die die Rede gehalten haben, ausdrücklich lobend erwähnt. Auch auf die zu erwartenden positiven Spill-over-Effekte exzellenter Wissenschaft auf den Standort und die Arbeitsplätze in Hamburg und Umgebung will ich hier noch einmal hinweisen, weil es bedeutsam ist, auch wenn es viele noch immer unterschätzen, weil das etwas ist, das in der Zukunft liegt, und Politiker ja häufig mehr den Blick auf die Gegenwart als auf die Zukunft gerichtet haben.

Meinen unterstützenden Beispielsatz zur Universität Stanford und Silicon Valley lasse ich jetzt weg, damit auch Herr Kruse von der FDP sich seinen Standard-Zwischenruf heute einmal sparen kann.

Wenn ich jetzt meinen Ausführungen so zuhöre, dann könnte ich ja fast glauben, dass die Wissenschaftspolitik in Hamburg wirklich toll ist. Das ist aber leider nicht der Fall. Dazu müsste der Hamburger Wissenschaftsetat deutlich höher sein und vor allen Dingen deutlich höhere Steigerungsraten aufweisen, gerade in einer Zeit üppiger Steuereinnahmen und bester Kassenlage. Den Sätzen von Herrn Ovens zu mehr Geld für die Forschung kann ich nur ausdrücklich zustimmen. Wenn das Ziel formuliert wird, Hamburg zur Wissenschaftsmetropole Norddeutschlands und darüber hinaus zu machen, würde ich das immer unterstützen. Es erfordert

aber deutlich mehr Ressourcen als bisher, wenn man nicht nur mit München und Berlin, sondern auch mit Zürich und Oxford oder gar mit Boston und San Francisco konkurrieren will. Das sollten wir anstreben und das sollte der Bürgermeister, der heute leider nicht da ist, auch selbst tun – ich hoffe, er tut es auch.

Wenn man jetzt so in den Medien und Talkshows hört, dass der Herr Bürgermeister Scholz für höhere Aufgaben gehandelt wird,

(Dennis Thering CDU: Der hat ja schon ab- gewunken! Da haben Sie nicht aufgepasst!)

kann ich das gut verstehen. Dazu muss ich auch gar keine abfälligen Bemerkungen machen über Herrn Gabriel aus Goslar oder Herrn Schulz aus Würselen. Aber man braucht auch die Themen, die in die Zukunft weisen, und man sollte das mit Leistungen aus dem eigenen Beritt belegen können. Exzellente Wissenschaft ist so ein Thema, mit dem man sich als Landespolitiker für höhere Aufgaben empfehlen kann. Wenn Sie stattdessen einen Mindestlohn von 20 Euro

(Dr. Andreas Dressel SPD: 12!)

fordern oder eine Bürgerversicherung, dann werden Sie vielleicht SPD-Vorsitzender, aber niemals Bundeskanzler. Den Fehler hatte schon der Herr aus Würselen gemacht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken.

Sehr verehrtes Präsidium, sehr verehrte Volksvertreter! Erster Punkt: Nicht die Anzahl der durch eine Hochschule Durchgeschleusten kann als Maßstab gelten und auch nicht die Anzahl derer, die gerade an einer Hochschule studieren. Vielleicht wäre es einmal eine gute Idee zu gucken, wie viele von den Absolventen eine anständig bezahlte Stelle bekommen, die durch freies Geld, also für freiwillig auf dem freien Markt gegebenes Geld, bezahlt wird. Dass Herr Dolzer diesen Zusammenhang nicht versteht, ist mir klar, aber in der SPD sollte doch ein Bewusstsein dafür sein, dass das Geld, das der Staat ausgibt, auch erwirtschaftet werden muss und dass gut bezahlte Stellen natürlich in erster Linie besetzt werden von gut ausgebildeten Menschen.

Zweiter Punkt: Es wird hier immer wieder gesprochen von Studierenden. Das Wort Studierende ist in der deutschen Sprache ein Gerundium, eine Verlaufsform, das heißt, jemand, der jetzt in diesem Augenblick gerade studiert, so wie ein Backender jemand ist, der jetzt gerade zum Beispiel einen Kuchen backt, im Gegensatz zu einem Bäcker, der auch ein Bäcker ist, wenn er im Bett liegt. Und was soll das?

(Dr. Jörn Kruse)

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ja, was soll das? – Juliane Timmer- mann SPD: Das habe ich mich auch gerade gefragt!)

Studierende sind in dem Augenblick, wenn sie ein Bier trinken oder wenn sie sich ausruhen, dann keine Studierenden mehr.

Dritter Punkt: Wenn Sie exzellente Wissenschaftler anziehen wollen, was nicht immer gelingt – wir hatten diesen Fall ja gerade in Harburg –, dann ist es ein stark abschreckender Faktor, wenn ein exzellenter Wissenschaftler gucken muss: Wie ist das politische Umfeld gestaltet? Bestehen Risiken, dass die wissenschaftliche Arbeit behindert wird? Wenn er dann sieht, dass Wissenschaft hier kontrolliert und natürlich auch gefördert wird von einer Senatorin, die gleichzeitig für Gleichschaltung

(Farid Müller GRÜNE: Was?)

zuständig ist … – Gleichstellung, Entschuldigung, versprechen kann sich ja jeder einmal.

(Zurufe)

Wissenschaft und Gleichstellung sind wie Feuer und Wasser. Das schreckt Leute ab, wenn dieser Zusammenhang hier in Hamburg so dargestellt wird.

Ein letzter Punkt an die CDU. Vielen Dank für das, was Sie uns alles gegeben haben. Ich muss Ihnen aber sagen: Erst seit ungefähr 85 Jahren ist es fest etabliert, dass der Nikolaus in Rot auftritt. Ursprünglich ist der Nikolaus, der Sieg des Volkes, Nikoláos, blau. – Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, das Wort bekommt Frau Senatorin Fegebank.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieses Thema der Aktuellen Stunde lädt ein, ein weites Feld aufzumachen, anders kann ich den letzten Redebeitrag gar nicht einordnen. Ich versuche aber, mich wieder dem Thema zu widmen, das heute zur Aktuellen Stunde angemeldet ist.

Auch ich möchte im Namen des Senats meine tiefe Trauer über den viel zu frühen Tod des Bezirksamtsleiters Thomas Völsch vorwegschicken. Andreas Dressel hat es vorhin schon gesagt, das ist für mich ein so hervorragendes Beispiel dafür gewesen, wie Wissenschaft in der Mitte der Stadt, in den Bezirken angekommen ist. Die Termine, die wir noch vor einigen Wochen miteinander hatten, als es um Wachstumsperspektiven für die Technische Universität ging, die immer auch ein Stadtentwicklungsmoment hatten, da habe ich gedacht: Ja, jetzt ist Wissenschaft tatsächlich angekommen in all ihrer Bedeutung, in all ihrem Nutzen für die Gesellschaft, für die Weiterentwicklung der Gesellschaft und für die Menschen, die von ihr vor Ort

in diesem Fall in Harburg – profitieren. Dafür möchte im Nachhinein noch einmal herzlich danken und ich hoffe, das wird in allen Bezirken so weitergelebt, wie es in Harburg in den letzten Jahren gelebt wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Dann kann man vielleicht zu den vielen Bögen, die aus den unterschiedlichen Richtungen gekommen sind, zusammenfassend sagen: Wissenschaft ist erst einmal ein Raum kreativer Freiheit, Herr Dolzer, und lebt insbesondere von den Menschen, die in ihrer Begeisterung zu lehren, zu forschen, zu entdecken und zu entwickeln nahezu alles andere diesem unterordnen. Das ist natürlich für uns eine Verpflichtung, gute Rahmenbedingungen zu schaffen für Forscherinnen und Forscher, für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auch für die inzwischen hunderttausend Studierenden, die aus aller Welt hier sind und übrigens – wir hatten gestern einen Senatsempfang für internationale Studierende – gerade das betont haben: die Freiheit, hier zu leben, das außerordentlich gute Angebot, auch die Besonderheit bestimmter Forschungsschwerpunkte; die Klimaforschung ist zum Beispiel genannt worden. Genau darum müssen wir uns kümmern, dass dieser Raum kreativer Freiheit erhalten bleibt. Das sage ich nicht nur mit Blick auf die Stadt und mit Blick auf die Zukunftsperspektiven in den Zwanzigern und Dreißigern, das ist von viel essenziellerer Bedeutung, wenn wir schauen, wo auf der Welt im Moment wissenschaftliche Freiheit konkret bedroht ist, wo wissenschaftliche Freiheit eingeschränkt wird in ihrem Tun; ich greife nur noch einmal das Wort Fake News auf, die uns ja im letzten Jahr auch hier immer wieder einmal beschäftigt haben. Da haben wir doch gleichermaßen Aufgabe und Verpflichtung mit der Fragestellung, die uns hier für die Stadt bewegt: Wie verdienen wir eigentlich unser Geld in den nächsten 20, 30, 40 Jahren? Wie funktioniert der gesellschaftliche Zusammenhalt? Wie bekommen wir eine Mobilitätswende hin? Wie werden unsere Wohnungen künftig geheizt und warm?

(Michael Kruse FDP: Die Fernwärme! – Ralf Niedmers CDU: Reibungswärme!)

All diese Fragen, wer kann sie beantworten? Die Wissenschaft. Die Wissenschaft und unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb geht es, wenn wir über die Entwicklung des Wissenschaftsund Innovationsstandortes sprechen, einmal natürlich um die Frage, wie wir Wissenschaft als kreativen Raum erhalten können – eine sehr wichtige demokratische Frage –, und dann aber auch um die Frage, wie uns das Wohlstandsversprechen gelingt, wie wir qualitativ wachsen und wie wir dieses Thema zu einem zentralen

(Dr. Ludwig Flocken)

Thema der Senatspolitik in den nächsten Jahren machen, an dem kein zukünftiger Senat mehr vorbeikommt. Das ist unser Ziel und mein erklärtes Ziel ganz besonders.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von André Trepoll CDU)

Und dafür brauchen wir alle. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten immer wieder mit sehr viel Freude festgestellt, wie einvernehmlich wir bestimmte Dinge hier zusammen angeschoben haben. Darum geht es doch: dass wir diesen Standort zur nordeuropäischen Metropole machen, dass im Moment die Republik auf Hamburg guckt. Manchmal hilft es, sich ein bisschen zu lösen, auch aus der eigenen Glocke,

(André Trepoll CDU: Sie kommen ja viel rum!)

und zu sprechen mit Kollegen in Berlin, mit den Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsministern aus anderen Ländern. Es ist schon einigermaßen erstaunlich, dass die Universität so erfolgreich die erste Hürde in der Exzellenz-Initiative genommen hat mit einer sehr breiten Aufstellung, von Klimaforschung bis Manuskriptkulturen und zwei Clustern im Bereich der Physik. Die Präsidenten von Max-Planck und auch von Helmholtz haben ohne Not bei der Unterzeichnung des Klimarechners von sich aus gesagt, dass sie erstaunt sind über die Dynamik, über den Aufbruchsgeist, den sie hier am Standort erleben. Das hängt natürlich damit zusammen, dass es eine größere, gewachsenere Dialogbereitschaft gibt, dass wir die Chancen des Stadtstaates nutzen,

(André Trepoll CDU: Und die Zuschüsse aus Berlin! – Gegenruf von Dr. Andreas Dressel SPD: Ist doch schön, André! – André Trepoll CDU: Die Kanzlerin verdoppelt den Wissen- schaftsetat!)

indem wir eng verzahnt die Hochschulen, die Außeruniversitären, aber auch Wirtschaft und Gesellschaft zusammenführen, dass wir die Zusammenarbeit fördern, dass wir auf der einen Seite auf Exzellenz setzen und uns auf der anderen Seite – und da bin ich ganz bei denen, die das angesprochen haben – auch anschauen: Wo sind wir stark in der Lehre? Wo haben wir Universitäten wie zum Beispiel die TU, aber auch die HAW, die einen stark anwendungsorientierten Ansatz haben? Wie gelingt uns weiterhin gute Ausbildung der Studierenden? Das sind alles Themen, die wir im engen Dialog, immer auf Augenhöhe mit unseren Hochschulen, mit den Außeruniversitären besprechen. Das sind Themen, für die wir zusätzlich zu den ohnehin veranschlagten Mitteln noch reichlich Geld, 60 Millionen Euro in den letzten Jahren für die Legislatur, dazubekommen haben.

Mir fehlt ehrlicherweise, Herr Ovens, die Fantasie, dass wenn wir ein Schwerpunktthema setzen, von

dem wir sagen, es hat die Perspektive, auch Vision für die Stadt zu sein, dies nicht auch mit entsprechenden Mitteln hinterlegt wird. Aber eine kluge Entscheidung braucht eine gute Planung und deshalb gedulden Sie sich bitte noch, wenn es um die Frage der TU geht, wenn es um die Frage der Entwicklung der Universität im Bereich Exzellenz geht, wenn es um die Frage der weiteren Perspektiven für die HAW, die HCU und unsere beiden künstlerischen Hochschulen geht.

Ich möchte, weil Sie das so explizit angesprochen haben, noch einen Satz zum Thema Digitalisierung sagen. Dies ist in der Tat eines, das wir als Querschnitt identifiziert haben, ein Thema, bei dem sich alle Hochschulen – und das ist von besonderer Bedeutung, das hat es in der Vergangenheit so noch nicht viel gegeben – zusammengeschlossen haben mit den Schwerpunkten ahoi.digital – Sie haben es angesprochen –, mit Hamburg Open Science und der Hamburg Open Online University. Und das jetzt als YouTube-Kanal zu beschreiben … Wir hatten letzte Woche norddeutsche Wissenschaftsministerkonferenz, wo alle geguckt haben auf das, was wir hier machen. Wir haben eine Professorin, die sich für Hamburg und gegen München entschieden hat, weil sie gesagt hat, das, was hier passiert, ist konkret, das, was hier passiert, hat eine Aufwuchsperspektive, hat eine Perspektive der Gemeinschaft, der Kooperation, des Transfers und bezieht andere Fächer mit ein, das, was hier passiert, ist auch finanziell unterlegt. Das, finde ich, kann man auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir hier vielleicht auch einmal zwei, drei Schritte vorangegangen sind und andere damit ein Stück weit abhängen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich komme zum Schluss, ich ende so, wie ich begonnen habe:

(André Trepoll CDU: Schwach!)

Wissenschaft ist ein Raum kreativer Freiheit. Wir müssen uns diese Räume kreativer Freiheit erhalten. Der Senat steht zu der Verantwortung, das Thema Wissenschaft und Innovation als zentrales Thema unserer Senatspolitik ausstrahlend in alle anderen Bereiche weiter sehr aktiv und hoffentlich auch mit Ihrer Unterstützung nach vorne zu bringen. Ich danke erst einmal für Ihre Unterstützung, die Sie uns in den letzten Wochen und Monaten schon bei vielen Einzeldrucksachen gegeben haben, und kann Ihnen sagen, wir werden da im nächsten Jahr weitermachen, dann für eine Wissenschaftsmetropole im Norden. – Danke schön.