Protokoll der Sitzung vom 17.01.2018

Da gefällt mir natürlich schon besser, wenn, wie jetzt in den USA geschehen, ein Kosmetikhersteller einen anderen Weg geht und zukünftig bei Werbekampagnen auf die aktuell üblichen PhotoshopExzesse verzichtet. Die wollen natürlich auch mehr Aufmerksamkeit, höhere Sympathiewerte und Zuspruch bei den Kundinnen und Kunden damit erreichen, aber so what.

Ganz gleich ob es sich um professionell glattgebügelte oder um dumme oder schlecht gemachte Werbung handelt, einen Einfluss auf die Art und Weise, wie in unserer Gesellschaft Menschen wahrgenommen werden, wie diese sich wiederum selbst wahrnehmen, hat Werbung – und tendenziell keinen guten, würde ich aus Frauensicht jetzt einfach einmal so behaupten. Deshalb gibt es eine entsprechende Gesetzgebung. Deshalb gibt es den Werberat.

Allerdings dessen Begründung dafür, warum eine Werbung doch nicht frauenfeindlich oder sexistisch ist, wie bisweilen bei ihnen angezeigt wird, diese Begründungen sind meist eine wahre Fundgrube für Comedy-Programme, ebenso wie ältere Werbespots à la Klementine das auch des Öfteren sind. Nur bleibt einem als Frau zumindest das Lachen über diese Geschichten bisweilen doch im Halse stecken.

Aus unserer Sicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss aber sorgfältig abgewogen werden, inwieweit

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

durch eine neue Gesetzgebung, wie sie auf Bundesebene ja durchaus in letzter Zeit von Heiko Maas und so weiter angedacht war, eine auch aus unserer Sicht unzulängliche Lösung, nämlich die jetzige, nicht ersetzt würde durch eine ebenfalls unbefriedigende Lösung, nämlich wenn die Verlagerung von einer,

(Glocke)

sagen wir einmal, zivilgesellschaftlichen …

(unterbrechend) : Frau Dobusch, Ihre Redezeit ist um.

… wenn zukünftig die Bewertungen …

(Glocke)

(unterbrechend) : Das bedeutet auch, dass Sie nicht mehr reden.

… staatlicherseits festgelegt werden. Deshalb …

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ja, die Redezeit ist knapp. Ein Schlusssatz ist selbstverständlich erlaubt. Das habe ich auch in diesem Fall zugelassen. – Jetzt bekommt Frau Grunwaldt für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, Sie greifen hier ein hochaktuelles Thema auf. Das aber in zwei Minuten zu debattieren, zumal wenn es zwölf Ziffern im Petitum umfasst, ist schier ein Ding der Unmöglichkeit. Daher von mir vorab: Wir werden uns einer umfangreichen Diskussion im Fachausschuss nicht verweigern.

Beim Lesen Ihres Antrages allerdings fiel mir als Erstes auf, dass der Schwerpunkt extrem auf dem Thema Frauenfeindlichkeit sitzt. Wir müssen aber auch anerkennen, dass es auch durchaus männerfeindliche Werbung gibt, die ebenso auf Stereotypen abstellt.

(Beifall von Philipp Heißner CDU – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt beruhigen Sie sich mal wieder.

Nichtsdestotrotz sprechen Sie ein für viele Menschen wichtiges Thema an, das eine ernsthafte Behandlung verdient. Dreh- und Angelpunkt ist doch die Frage, wer anhand welcher Kriterien entscheidet, ob ein Fall sexistischer Werbung vorliegt oder nicht. Die von Ihnen angedachte Jurybesetzung, die beurteilen soll, was sexistisch, was ste

reotyp ist, scheint mir dabei, vorsichtig ausgedrückt, ein wenig einseitig besetzt zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Vertreter aus Wirtschaft und Werbebranche vermisse ich dort völlig. Auch die Fokussierung auf Printpublikationen, Webseiten und Werbeflächen in der Freien und Hansestadt Hamburg halte ich für wenig zielführend. Wen wollen Sie denn damit noch hinter dem Ofen hervorholen? Junge Menschen, Mädchen und Jungen, orientieren sich wohl eher an Snapchat, YouTube oder Instagram.

Letztendlich bleibt die Gestaltung von Werbung ein Ergebnis unserer gesellschaftlichen Werte und Normen und nicht umgekehrt. Mit der Bekämpfung von sexistischer Werbung beheben wir also niemals die Ursache. Ich freue mich auf den Austausch im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Frau Engels das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die #MeToo-Debatte hat jetzt auch noch einmal sehr deutlich gezeigt: Sexismus und sexualisierte Gewalt lassen sich nicht voneinander trennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In einer Gesellschaft, in der sexistische Herabwürdigungen von Frauen alltäglich sind und in der ungleiche Machtverhältnisse vorherrschen, gibt es auch mehr sexualisierte Gewalt. Deswegen machen wir, wenn wir über diese ungleichen Machtverhältnisse nachdenken, uns dann über frauenfeindliche und sexistische Werbung gegenüber Frauen Gedanken und nicht um männerfeindliche Werbung, weil da die Machtverhältnisse nun einmal so sind in unserer Gesellschaft, wie sie sind.

(André Trepoll CDU: Bundeskanzlerin!)

Wenn wir also sexualisierte Gewalt bekämpfen wollen, müssen wir auch gegen Sexismus angehen. Die Stimmen der vielen Frauen, die jetzt weltweit aufstehen, machen deutlich: Es muss endlich Schluss sein mit Diskriminierung von Frauen. In diesem Kontext ist auch sexistische Werbung ein großes Problem. Frauen werden auf Plakatwerbung häufig als sexy Beiwerk dargestellt. Sie haben mit dem eigentlich beworbenen Produkt in der Darstellung gar nichts zu tun. Sie werden stereotyp oder herabwürdigend dargestellt. Zu Recht fühlen sich viele Frauen davon angegriffen und diskriminiert.

Nun ist DIE LINKE aber nicht die Erste, die das Problem erkennt. Seit vielen Jahren gibt es dazu auch eine fachliche Debatte. Bereits im Juni letzten

(Gabi Dobusch)

Jahres hat die Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz der Länder die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen gegen sexistische Werbung auf den Weg zu bringen. Gesetzliche Regelungen wären auch auf der Bundesebene angebracht. Das wird auch im Petitum der LINKEN deutlich. Das ging übrigens auch auf eine Initiative der GRÜNEN-Senatorin in Bremen zurück.

Wir GRÜNE diskutieren das Thema auch schon seit vielen Jahren und begrüßen, dass die Organisation Pinkstinks einen Gesetzesvorschlag gemacht hat. Es gibt aber auch noch einige offene Fragen und Diskussionspunkte. So bin ich fachlich auch nicht von allen Punkten im Antrag der LINKEN überzeugt. Ich freue mich aber auf die Diskussion im Ausschuss

(Glocke)

und hoffe, dass wir bei dem Thema weiterkommen.

(Glocke)

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Frau Nicolaysen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Abermals geht es um sogenannte sexistische Werbung. Es wird mit puritanischem Eifer wieder ein Wust an neuen Organisations- und Vertragskonzepten gefordert. Wieder möchten Sie, liebe LINKE, per Kommission mit Verfahrensregeln, -regeln, -regeln die Gesellschaft formen.

Warum trauen Sie, liebe LINKE, es aufgeklärten und mündigen Bürgerinnen und Bürgern nicht zu, für sich selbst zu entscheiden, ob sie das auf einer Werbetafel dargebotene Geschlechterbild ablehnen oder unterstützen wollen? Ich frage mich, wer hier die Bürgerinnen und Bürger abwertet.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie sagen jetzt vielleicht: Was ist mit den Kindern? Sind diese denn den auf der Werbetafel dargebotenen Geschlechterbildern nicht schutzlos ausgeliefert? Auch an dieser Stelle sagen wir: Es liegt in der Verantwortung der Eltern, ihre Kinder über Geschlechterrollenbilder und Stereotype aufzuklären. Haben Sie doch bitte ein wenig Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger, liebe LINKE.

(Beifall bei der FDP)

Dann wollen Sie auch noch zusätzliche Anlaufund Beschwerdestellen inklusive vorgedruckter Beschwerdebriefe einrichten. Dazu gibt es dann auch bald schöne neue Formulierungen für die Verträge zwischen Stadt und Werbenden. Warum geben Sie

den Werbenden nicht gleich Größe und Inhalt der Plakate vor?

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist doch lächerlich!)

Wir Freie Demokraten glauben an mündige Bürgerinnen und Bürger und sagen abermals: Wir brauchen keine Sittenwächter. Wir werden diesem Antrag auch nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)