Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

gen? – Das war bei zögerlicher Teilnahme die Mehrheit, also ist der Antrag überwiesen.

Wir kommen zum Punkt 76 unserer Tagesordnung, dem Antrag der AfD-Fraktion: IZH wegen wiederholter Verstöße gegen Wertegrundlagen des Staatsvertrages sanktionieren.

[Antrag der AfD-Fraktion: IZH wegen wiederholter Verstöße gegen Wertegrundlagen des Staatsvertrages sanktionieren – Drs 21/13532 –]

Die antragstellende Fraktion möchte diese Drucksache an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion für fünf Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema, das Gegenstand unseres Antrags ist, kann man auch als ein Lehrstück dafür betrachten, wie unfähig oder unwillig Politiker sein können, frühere Fehler zu korrigieren oder auch nur einzusehen, wenn die Fakten anders sind, als gedacht. Der Staatvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Islamverbänden war zweifellos gut gemeint. Das galt für Bürgermeister Scholz ebenso wie für die CDU-Akteure, die ebenfalls dafür waren; auch das will ich ausdrücklich konzedieren, Herr Wersich. Aber klar ist heute: Der Staatsvertrag ist vollständig gescheitert. Das liegt einerseits an den zahlreichen Verstößen der Islamverbände gegen die Wertegrundlage in Artikel 2; ich muss ihn, glaube ich, hier nicht noch einmal vorlesen. Andererseits liegt es an der fehlenden Bereitschaft oder Fähigkeit der Hamburger Seite, die Verfehlungen aufzuzeigen, zu sanktionieren und in einen kritischen Dialog einzutreten, der Besserung schafft und die Integration der Muslime in Hamburg fördert. So hat der Staat sich erneut als Waschlappen präsentiert, den die Gegenseite nicht wirklich ernst nimmt, sondern nur die Vorteile einsammelt.

Das IZH, also konkret der Träger der schiitischen Blauen Moschee an der Alster, ist ein direktes Werkzeug der Expansionsstrategie der Mullah-Diktatur in Teheran. Die greisen Ayatollahs im Iran unterdrücken ihr Volk auf übelste Weise, vor allem die Frauen und alle Menschen, die sich ihr Leben etwas anders vorstellen oder die etwas anders sind, als theokratische Machthaber sich das wünschen. Dabei werden große wirtschaftliche und personelle Ressourcen statt für das eigene Volk für die militärische Expansion verwendet, sei es im Irak, in Syrien, Libanon oder Jemen. Die Empörung im Iran ist riesengroß, das weiß ich aus der

(Dirk Nockemann)

Reihe von Freunden, die von dort stammen und das sehr gut beurteilen können.

Das islamistisch-theokratische Unterdrückungsregime im Iran ist nur mit faschistischen oder kommunistischen Regimen vergleichbar, die wir leider noch gut in Erinnerung haben. Einer aus dem obersten religiösen Führungszirkel in Teheran, Ayatollah Reza Ramezani, war bis vor Kurzem der Chef des IZH in Hamburg. Für ihn sind Säkularismus und Islam nicht vereinbar, ebenso wenig Demokratie und Islam. Das bestätigt auch der Hamburger Verfassungsschutz von 2016, der schreibt, dass – Zitat –

"das Staats- und Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt"

ist. Das nächste Zitat spare ich mir, weil ich es das letzte Mal schon einmal zitiert habe und Sie das, glaube ich, alle ohnehin schon kennen.

Einer der Knackpunkte und ein Prüfstein für das IZH sind die jährlichen Al-Quds-Kundgebungen in Berlin, die nicht nur antiisraelisch sind, sondern auch antisemitisch, und an denen führende Personen des IZH nicht nur teilgenommen haben, sondern sie mit organisiert haben. Nach dem Al-QudsTag 2017 hat die IZH-Führung quasi versprochen, dass das IZH künftig nicht mehr für den Al-QudsTag werbe und keine Anreisen mehr organisiere. Selbst der SCHURA-Vorstand in Hamburg, wozu das IZH gehört, verlangte von Ayatollah Ramezani, sich in Zukunft nicht mehr an israelfeindlichen Kundgebungen zu beteiligen. Dennoch haben führende Vertreter des IZH am 9. Juni 2018 erneut den Al-Quds-Tag in Berlin besucht, darunter Scheich Mohammad Mohssen, Seyed Mousavi, stellvertretender Landesvorsitzender, und Hamidreza Torabi.

Dem Landesamt für Verfassungsschutz zufolge – das sind nicht meine Zahlen, sondern vom Verfassungsschutz – sollen diesmal nicht nur 150 Personen aus der Metropolregion Hamburg nach Berlin gereist sein, sondern das IZH die Veranstaltung sogar mit organisiert haben. Dazu passte auch, dass Torabi den Al-Quds-Marsch in der ersten Reihe anführte.

Wenn der Senat jetzt nicht reagiert, macht er sich komplett unglaubwürdig. Den neuen Besen, der bekanntlich gut kehrt, sollte jetzt der neue Bürgermeister bei diesem Thema in die Hand nehmen. Dabei sollte klar sein, dass ein Ausschluss des IZH oder eine Kündigung des Staatsvertrags durchaus kein Ende des Dialogs mit Muslimen bedeutet. Im Gegenteil, wenn die Verbände den Senat erst wieder ernst nehmen können, können Gespräche auch konkrete Fortschritte auf dem Weg der Integration von Muslimen in Hamburg bringen.

Ernsthafte Gespräche sind wichtig. Beim Staatsvertrag hat der Senat nur den falschen Partner ge

wählt, nämlich Funktionäre radikaler Verbände, die aus dem Ausland gesteuert werden, zum Beispiel aus Teheran oder aus Ankara, statt normaler Muslims, die in Hamburg leben und arbeiten.

Mein Vorschlag: Alle Muslime können sich in eine Liste eintragen und sind damit wahlberechtigt zu einer Hamburger Vertretung der Muslime.

(Glocke)

Mit deren Vorsitzenden kann man in einen Dialog treten.

(Glocke)

Ihre Redezeit ist zu Ende. Das ist auch bei fünf Minuten manchmal so.

Das ist bedauerlich.

(Gerhard Lein SPD: Je nachdem, wie man das sieht! – Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Wysocki von der SPD-Fraktion, auch für fünf Minuten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich erst einmal von dieser Stelle allen Mitbürgern muslimischen Glaubens ein fröhliches und gesegnetes Opferfest wünschen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Bei der grundsätzlichen Bedeutung dieses Antrags und der Antragsteller … Ich glaube, Herr Kruse, Sie müssen es ertragen, dass wir natürlich nicht nur auf den Antragsinhalt schauen, sondern auch auf denjenigen, der ihn stellt. Eine Fraktion, die offensichtlich Beratung braucht, von welcher Stelle auch immer, um eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu vermeiden …

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Da, glaube ich, dass Sie kein geeigneter Ratgeber sind, wenn es um das Verhältnis zur islamischen Religionsgemeinschaft und zum Thema Integration geht.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Aber wir sind eine de- mokratische Partei hier in der Bürgerschaft!)

Generell ist festzuhalten, Herr Kruse, dass das IZH Mitorganisator war und ein Großteil der Teilnehmer an der Demo 2018 gestellt hat, eindeutig auch mehr und verstärkt als 2017. Das enttäuscht nicht nur uns, das enttäuscht auch mich. Aber Enttäuschung ist noch keine politische Haltung. Daraus muss eine politische Haltung erwachsen, und die

(Dr. Jörn Kruse)

stelle ich Ihnen hier vor. Ich glaube, wir müssen auf der einen Seite den Senat unterstützen, die Gespräche mit der SCHURA und dem neuen Leiter des IZH. Der Ayatollah, von dem Sie gesprochen haben, ist nicht mehr im Amt, sondern wird ersetzt, spätestens im September. Und dann werden die Gespräche, die der Senat schon angefangen hat – das haben Sie unterschlagen, als Sie gesagt haben, der Senat habe keine Reaktion gezeigt; es hat Gespräche gegeben –,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Was sollen denn noch Gespräche?)

natürlich mit dem neuen Leiter geführt werden müssen. Wir erwarten ein Bekenntnis des IZH, dass sie sich als eine religiöse Vereinigung in Deutschland begreifen. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Es kann hier keine Vertretung von Interessen des Iran geben, weder politisch noch religiös. Und es kann ebenfalls keine Leugnung des Existenzrechts Israels von wem auch immer akzeptiert werden. Wir erwarten, dass das als ein Bekenntnis des IZH deutlich wird.

Darüber hinaus werden wir unsere Gesprächskontakte und -kanäle mit der SCHURA, aber auch mit dem IZH direkt, intensivieren,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Hat ja auch echt viel gebracht bis jetzt – Vizepräsidentin Antje Möller über- nimmt den Vorsitz.)

um diese Haltung deutlich zu machen. Und das IZH muss auch hier seine Rolle in der SCHURA klären. Ich denke, dass da großer Bedarf ist, die Rolle, die das IZH in der SCHURA spielt, zu verdeutlichen.

Aus unserer Sicht hat die SCHURA selbst auch etwas zu klären, nämlich einmal die Rolle des Vorsitzenden, der – jedenfalls offiziell – sein Amt gerade ruhen lässt. Da erwarten wir eigentlich, wir haben diese Signale deutlich ausgeströmt in dem Gespräch aller Religionsvertreter, dass hier eine Konsequenz erfolgt. Welche Konsequenz, geben wir natürlich aus dem politischen Raum nicht vor. Aber in den Gesprächen ist, glaube ich, deutlich geworden, welche Konsequenz wir erwarten.

Ich verweise darauf, dass die große Mehrzahl der Muslime, mit denen wir in Hamburg Gesprächskontakte haben, dass diese Gesprächskontakte und -kanäle funktionieren und dass die Zusammenarbeit auf etlichen Gebieten ebenfalls funktioniert. Wir haben keine Probleme, Herr Kruse, das muss man auch zur Kenntnis nehmen, nicht das Thema Staatsverträge ist gescheitert, sondern wir haben Staatsverträge mit den Aleviten, die laufen ganz hervorragend, mit dem VIKZ, die laufen auch. Und zu DITIB Nord tut es mir leid, wenn Sie die neuste Entwicklung verschlafen haben. Durch intensive Gesprächskontakte des Senats, der Fraktionen, aller Religionssprecher, ist es bei DITIB

Nord so, dass ein Vorstand gewählt worden ist, der ausdrücklich zum Vertrag steht, der zu den Gesprächskontakten steht und der sich von dem Versuch abgekoppelt hat, von Erdogan dominiert zu werden. Das ist auch ein Ergebnis der Gespräche.

Eine weitere Konsequenz, die wir befürworten, ist, dass es eine Selbstbefassung im PKA geben sollte zu den Ereignissen am Al-Quds-Tag. Ich denke, dass nicht nur das, was der Verfassungsschutz öffentlich erklärt hat, für uns relevant ist, sondern natürlich auch die Erkenntnisse, die eventuell dahinterliegen. Auch daraus müssen wir dann unsere Konsequenzen ziehen.

Klar ist, dass die Aufgabe bis zu den Neuwahlen des Vorstandes – das ist Anfang Juni 2019 – von IZH und SCHURA geklärt werden muss. Die müssen wissen, was für sie dort auch auf dem Spiel steht.

Ich bin gespannt, ob irgendeine Fraktion heute einen Vorschlag hat, wenn die Gesprächskanäle so nicht mehr funktionieren, wie sie dann fortgesetzt werden. Ich denke, die Aufgabe der Integration ist eine lange und schwierige. Ich sehe aber immer noch keine Alternative dazu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Wersich das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als CDU wissen wir durchaus, wie wertvoll die Zusammenarbeit von Schiiten und Sunniten in Hamburg im Rahmen der SCHURA ist, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich weltweit Politiker und Angehörige dieser Religion mit Krieg, Gewalt und Terror überziehen. Trotzdem haben wir als CDU immer sehr kritisch die Aktivitäten des IZH und im Umfeld der Blauen Moschee verfolgt. Unsere Haltung ist nicht neu, aber sie hat sich auch nicht geändert. Die CDU lehnt jede Form von Antisemitismus und die Unterstützung der israelfeindlichen Al-Quds-Demos in Berlin ab. Sie sind nicht akzeptabel und sie sind auch nicht mit den Grundwerten des Vertrages mit Hamburg vereinbar.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Wir sehen auch mit Sorge, dass die Neuberufung des geistlichen Leiters, eines ehemaligen Revolutionswächters, für uns sicherlich eher kein Zeichen der Hoffnung ist. Aber genau in dieser Situation ist endlich einmal der Senat gefordert, hier im Parlament dazu Stellung zu beziehen, was er unternommen hat und was er zu unternehmen gedenkt, um hier zu einer Änderung beizutragen.

(Beifall bei Dr. Jörn Kruse AfD und bei Anna- Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)