Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Ja, das habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie sie inzwischen auch mit erwähnen; das ist ein Fortschritt, Herr Gladiator.

(Zuruf von Dennis Gladiator CDU)

Sie dürfen wir auf keinen Fall unterschätzen. Und die Konsequenzen, das will ich dann auch sagen, für alle diese Strukturen sind offen. Auch die Zukunft der Roten Flora ist offen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Wie lange soll die denn noch offen bleiben?)

Die Rote Flora hat sich verändert. Die Situation der Flora hat sich mit dem Gipfel deutlich verändert: von einem Projekt, das in Wahrheit von niemandem infrage gestellt worden ist, auch von Ihnen

nicht, zu einem Projekt, dessen Zukunft völlig offen ist und das es selbst in der Hand hat, wie es mit ihm in dieser Stadt weitergeht.

(Beifall bei der SPD)

Drittens, und das ist ein weiterer großer Block, geht es um eine deutlich verbesserte Kommunikation, die wir in der Stadt brauchen im Vorfeld möglicher Konfliktlagen, zusätzliche Kommunikationskanäle, die wir nutzen und öffnen müssen. Wir brauchen Gesprächsfähigkeit, auch zu den Akteuren

(Dirk Nockemann AfD: Die wollen doch gar nicht mit uns sprechen!)

in den kritischen Szenen und Milieus. Wir brauchen im Einsatz auch Spielräume, dort eskalative Verläufe aufzufangen, zur Entschärfung beizutragen. Viele konkrete Maßnahmen sind im Ausschuss auch schon diskutiert worden, da geht es um Kommunikationsteams und vieles mehr. Wir müssen die Verstehbarkeit und die Akzeptanz polizeilichen Handelns erhöhen. Aber, und das ist ein wichtiger weiterer Punkt: Natürlich kommen wir als Sicherheitsbehörden dort auch an Grenzen. Jeder Dialog erfordert auf der anderen Seite ein gegenüber, dass sich eben auch verständigen will, und daran müssen viele mitwirken, dass das in Zukunft gelingt.

(Zuruf von Karl-Heinz Warnholz CDU)

Denn – und das ist der entscheidende Punkt, er wurde hier auch von verschiedenen angesprochen – wir brauchen als Grundlage von allem einen großen gesellschaftlichen Konsens in der Stadt, dass Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung auf unseren Straßen nicht geduldet wird.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Die Straße gehört den Demokraten, nicht den Extremisten, und das gilt unabhängig davon, ob es um rechte oder linke Gewalt geht. Gewalt in politischen Auseinandersetzungen ist niemals legitim, sie ist auch nicht legitimierbar, nicht durch hehre Ziele, nicht durch die vermeintliche und nicht einmal durch die tatsächliche Gefahr oder durch die tatsächliche Gewalt der Gegenseite. Wer mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, muss beides hochhalten, die Freiheitsrechte und das Gewaltmonopol des Staats. Wer das nicht tut, ist kein Demokrat.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Und während wir bei der Ächtung rechtsextremer Gewalt einen großen, ich würde sagen, fast universellen gesellschaftlichen Konsens haben, haben wir ihn bei der linksextremistischen Gewalt eben noch nicht. Es ist eine Aufgabe der demokrati

(Senator Andy Grote)

schen Linken, sich hier aus dem Solidaritätszwang, aus dem Solidaritätsdruck innerhalb der linken Szene zu befreien, sich klar von der extremistischen Linken abzugrenzen, in Worten und in Taten.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Denn das will ich schon sagen: Wenn uns das nicht gelingt – und da würde ich mir auch Selbstkritik in diesem Teil des gesellschaftlichen Spektrums wünschen –, dann werden alle Verständigungsansätze keinen Erfolg haben, und das wäre nicht gut für unsere Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Das Wort bekommt Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Das ist ja jetzt überraschend, obwohl der Senator natürlich sehr umfassend die Dinge noch einmal aus der Sicht des Senats beschrieben hat.

Ich will auf ein paar Punkte eingehen, weil ich immer noch den Anspruch habe, dass die Zusammenfassung, die sich durch die verschiedenen Berichte ergibt, hilfreich ist für das Weiterarbeiten an dem Thema Umgang mit Großlagen, Umgang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen, Umgang mit Vorwürfen gegenüber der Polizei. Wir sind von unterschiedlichen, gegensätzlichen Sichtweisen ausgegangen, in den Ausschuss hineingegangen, deshalb kam ja auch kein PUA zustande zum Beispiel. Und natürlich geht man da nicht geglättet heraus, sondern es hat sich doch herausgestellt, dass zu Recht diese unterschiedlichen Sichtweisen existieren, aufgrund der Vielzahl der Menschen, die betroffen waren, die teilgenommen haben an den vielfältigen Demonstrationen, die im Übrigen im Bericht der rot-grünen Regierung erwähnt sind, Frau Kollegin Schneider. In Ihrem Bericht kommen sie nicht vor, das war meine Frage.

Selbstverständlich steht auch darin, dass Rot-Grün eine politische Verantwortung übernimmt. Wir haben das dort sehr deutlich formuliert. Wir übernehmen, und das können wir gar nicht anders tun, politisch eine Verantwortung dafür, dass die Polizei aufgrund der parallelen und konkurrierenden Aufgaben vor eine schier unlösliche und in Teilen dann tatsächlich auch eben nicht gelöste Aufgabe gestellt worden ist.

Wir haben außerdem in dem Bericht sehr klar benannt, dass die umfangreiche Sachaufklärung nur durch die Polizei erfolgen konnte. Die Bundesbehörden haben, Frau Friederichs hat es schon gesagt, nicht viel dazu gesagt; die Experten haben allerdings dazu beigetragen, das Bild zu erweitern. Und tatsächlich haben wir auch erwähnt, dass eine

umfangreiche Sachaufklärung durch die Polizei natürlich nicht frei sein kann von Organisationsinteresse. Da sind wir aber alle groß genug, das herauszuarbeiten, und ich glaube, dass wir das auch alle erkannt haben.

Und dann noch einmal zum Thema Flora. Es steht nichts von "Rot-Grün wird jetzt mal mit der Flora verhandeln" darin, sondern da steht sehr deutlich, dass das in 30 Jahren durchaus mühsam erarbeitete, relativ verträgliche Miteinander im Quartier massiv gefährdet ist und dass es notwendig ist, dass das da neu ausverhandelt wird, und zwar zwischen denen, die dort leben, und zwischen denen, die dort bleiben wollen.

Wir haben auch sehr deutlich formuliert, dass es selbstverständlich keinen rechtsfreien Raum gibt. Das haben Sie heute gar nicht extra erwähnt; ich tue es, denn das ist ja sonst immer Ihre Unterstellung. Und deshalb geht es schlicht darum, zu sagen – und das habe ich in meinem ersten Beitrag schon getan –: Symbolpolitik wollen wir nicht. Aber wir wollen eine Weiterentwicklung des Umgangs, auch gegenüber Gewalt und gewalttätigem Extremismus in dieser Stadt. Und das bedeutet, dass man einen neuen Ansatz findet, sich damit auseinanderzusetzen, weil natürlich die Radikalisierung längst nicht nur von der linken Seite kommt, sondern, Chemnitz wurde eben schon erwähnt, sich massiv in unserer politischen Auseinandersetzung in der Republik abbildet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich hoffe weiterhin – einer unserer durchaus wichtigen Punkte –, dass das, was ortswissenschaftlich oder in anderer Hinsicht zum Thema G20 aufgearbeitet wird, uns weiterhin auf geeignete Weise begleiten wird, auch in unserer parlamentarischen Auseinandersetzung. Denn so unterschiedlich, wie wir auch alle diskutiert haben, ich würde es richtig und wichtig finden, den Respekt, und da gebe ich mir auch durchaus Mühe in Bezug auf die CDU

(Lachen bei der CDU)

das war ernst gemeint –, zu bewahren vor der jeweiligen anderen Einschätzung, Sichtweise und Herangehensweise an dieses Thema: Was ist denn eigentlich in dieser Woche während des G20-Gipfels alles passiert? Was waren die Auslöser? Was hätte nicht passieren müssen? Und vor allem: Wie können wir das künftig politisch verhindern? Dass wir uns da zumindest wiederfinden und auch noch in die Diskussion hineingehen mit den anderen Erkenntnissen, zum Beispiel aus Gerichtsurteilen, aber durchaus auch aus der Arbeit von Mapping #NoG20 und anderen wissenschaftlichen Akteuren, dass wir uns dann wiederfinden und weiter diskutieren.

Für heute halte ich die parlamentarische Auseinandersetzung an dieser Stelle erst einmal für been

(Senator Andy Grote)

det. Und vielleicht lesen wir alle noch einmal doch die Details der Berichte. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Nockemann von der AfD-Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, das ist Frau Möller, wie man sie kennt.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Genau!)

Sie spricht von einem relativ verträglichen Miteinander zwischen der Roten Flora und wem? Der Polizei? Dem Senat? Wissen Sie, wenn ich irgendwo falsch parke, dann gibt es kein relativ verträgliches Miteinander, dann werde ich abgezettelt. Wenn ich Gebäude mit Farbe bewerfe oder Polizisten mit Steinen, dann gibt es kein relativ verträgliches Miteinander, sondern dann folgt die Strafe auf dem Fuß. Und das muss bei der Roten Flora auch so sein, nicht nur bei mir, liebe Frau, sondern auch bei der Roten Flora.

(Beifall bei der AfD)

Ich verstehe Ihre Ausführungen "relativ verträgliches Miteinander" nicht. Ich kann das nicht nachvollziehen, was Sie sagen, Frau Möller, und ich glaube, aus dieser unterschiedlichen Sichtweise resultieren überhaupt die Probleme. Ich kann das, was da an Brutalitäten passiert, nicht als relativ verträgliches Miteinander bezeichnen.

Ich habe es wirklich satt, dass in diesem Ausschuss so sehr die Gewichte verschoben werden. Um das noch einmal ganz klar zu machen: Wir müssen uns nicht über irgendwelche Regelwidrigkeiten und gesetzliches Handeln bei der Polizei unterhalten, sondern die Gewalt ist von Linkskriminellen ausgegangen. Und wenn der Senator sagt, man müsse die Verstehbarkeit polizeilicher Maßnahmen besser kommunizieren, dann wünsche ich Ihnen, Herr Senator, im Schulterblatt 1 damit wirklich viel Erfolg.

Ich glaube, wir müssen das Bild der Polizei bereits in den Schulen verändern. Dort muss deutlich werden, dass die Polizei dein Freund und Helfer und nicht irgendeine anonyme Macht ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Lärm der vielen Hubschrauber hat mich auch gestört, ja. Aber ich bin doch nicht traumatisiert wie manche, die sich darüber beschwert haben, sie seien traumatisiert. Traumatisiert waren die Leute im Bus, die dort gesessen haben, als der Schwarze Block ihnen entgegengelaufen ist mit der Zielrichtung, möglicherweise diesen Bus anzugreifen. Die Leute waren zu Recht traumatisiert.

Ich wehre mich einfach gegen den Eindruck, Herr Senator, dass die Rote Flora heutzutage nichts

mehr sein soll als ein Seniorenheim für Revoluzzer-Opas.

(Heiterkeit bei der AfD)

Das ist einfach nicht der Fall. Dort sitzen nach wie vor Gewaltkriminelle.

(Beifall bei der AfD)