Protocol of the Session on September 26, 2018

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Selbst Menschen in einem vermeintlich intakten Lebensumfeld mit einer Wohnung, mit Kindern, mit Arbeit fällt es oftmals schwer zu akzeptieren, dass eine psychische Erkrankung ihr Leben belastet und eigentlich fachärztlich begleitet werden müsste. Selbst da braucht der Schritt von der Akzeptanz hin zu einer professionellen Hilfe manchmal Jahre.

Die Suche nach einer individuellen Behandlung ist also schon für normale Patienten – in Tüttelchen – nicht immer einfach. Um wie viel schwieriger ist es dann in der belasteten Situation der Obdachlosigkeit, den Weg zu einer psychiatrischen und auch psychotherapeutischen Behandlung zu finden?

Um den beobachteten und sich meist gegenseitig bedingenden Kreislauf von häufig multiplen Erkrankungen und deren Verstärkung durch die Obdachlosigkeit und umgekehrt zu durchbrechen, bedarf es neben der regelhaften Behandlungsmöglichkeit einer Hilfe, die die Menschen in der Obdachlosigkeit wirklich erreicht. Es müssen deshalb nieder

(Vizepräsidentin Christiane Schneider)

schwellige und aufsuchende Angebote gemacht werden, die in den Sprechstunden in den Notunterkünften und tatsächlich in den Tagesaufenthaltsstätten stattfinden. Auch, unter anderem schon erwähnt, der mobile Einsatz des CITYmobils der Caritas erfüllt genau diese Bedingung.

Wir verbinden mit dem Antrag in der Tat aber auch die Hoffnung, dass Fragen der Kooperation mit den ambulanten Praxen und Kliniken geklärt werden können und so der weitere Schritt in eine Behandlung des ärztlichen Regelsystems unternommen werden kann.

(Beifall bei Ksenija Bekeris SPD)

Wenn ein stationärer Aufenthalt erfolgversprechend sein soll, dann muss verhindert werden, dass in dieser Zeit der Betroffene seine Wohnung verliert. Leider ist das eine Erfahrung, von der wir aus dem Lebenslagenbericht der Obdachlosen in Hamburg berichtet bekommen haben. Deshalb wird die Zusammenarbeit des Sozialmanagements der jeweiligen Kliniken mit den Fachstellen für Wohnungsnotfälle initiiert, ein sehr wichtiger Baustein.

(Glocke)

Mittelfristig sollte das helfen, um tatsächlich den Obdachlosen zu helfen.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Blandow-Schlegel, Ihre Redezeit ist beendet.

Danke. Alles klar, das war schon der letzte Satz.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Ploog.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat alles gesagt. Deswegen kann ich es eigentlich kurz machen.

(Beifall bei Jörg Hamann und Philipp Heiß- ner, beide CDU)

Zwei Gedanken vielleicht: Meine Fraktion begrüßt den Antrag in beiden Punkten sehr ausdrücklich. Ich glaube, es ist auch ein Gebot nicht nur der Menschlichkeit, sich gerade dem Fürsorgeauftrag hinzugeben, die diese Gruppen verdient haben. Es ist auch eine Erkenntnis gerade des letzten Winternotprogramms, dass viele der Obdachlosen erhebliche psychische Probleme haben. Wenn man dort helfend eingreifen und die Situation verbessern

kann, dann ist das eine Auszeichnung für die Politik.

Das betrifft ebenso die Menschen, die in prekären Verhältnissen leben und nicht die Möglichkeit haben, im Falle eines Klinikaufenthalts etwa die Wohnung aufrechtzuerhalten. Bevor die verloren geht und es eine neue Obdachlosigkeit gibt, ist das ein sehr vernünftiger Schritt. Meine Fraktion wird sich diesem Antrag anschließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ploog. – Herr Celik, Sie haben nun für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir als LinksFraktion werden dem Antrag zustimmen, weil wir es wichtig und gut finden, dass es Ersthilfeangebote, niedrigschwellige und aufsuchende Angebote gibt. Doch das eigentliche Problem, quasi der Elefant im Raum, wird weiterhin ignoriert. Wir haben eine Gesundheitsversorgung, die systematisch psychisch kranke Menschen von den Versorgungsangeboten ausgrenzt. Das muss sich ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der LINKEN)

Obdachlose psychisch kranke Menschen haben auch ein Recht auf Leistungen der ambulanten und stationären Eingliederungshilfen, genauso wie alle seelisch behinderten Menschen auch. Viele Menschen bräuchten diese Menschen auch. Wir bräuchten auch mehr Wohnprojekte für psychisch kranke Obdachlose und einen barrierefreien Zugang zu allen Gesundheitsleistungen.

Aber bevor es mit einer Hilfestellung losgeht, müssen so viele bürokratische Voraussetzungen erfüllt werden, dass obdachlose Menschen das in der Regel nicht schaffen. Sie bekommen auch in der Regel keine Eingliederungshilfe, weil die Hürden zu hoch sind. Es sind aber nicht die hilfsbedürftigen Menschen, die fitter werden müssen im Umgang mit dem Amt oder mit den Regelangeboten, sondern es sind die Ämter und die Versorgungsstrukturen, die sich ändern müssen, damit ihre Eingliederungshilfen ankommen bei denen, die sie brauchen, auch bei Obdachlosen.

Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege weisen schon seit Jahren immer wieder auf die grundlegenden strukturellen Probleme hin. Wir brauchen endlich den Abbau von Hürden und Barrieren zum Gesundheitssystem und zu den Regelangeboten. Deshalb sagen wir, kommen Sie aus Ihrem Prüfmodus heraus und schaffen Sie endlich den barrierefreien Zugang für obdachlose Menschen zu den Regelangeboten der Gesundheitsversorgung.

(Hendrikje Blandow-Schlegel)

(Glocke)

Das ist ihr Menschenrecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Celik. – Frau Dutschke, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir halten die Ausschussüberweisung, die hier beantragt wurde, für äußerst sinnvoll und würden das gern im Gesundheitsausschuss debattieren. Wir können uns aber auch vorstellen, dem Antrag in der Sache zuzustimmen. Insofern vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dutschke. – Herr Lorkowski, Sie haben nun für die AfD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auf der Seite der BASFI kann man nachlesen, dass es in Hamburg derzeit drei Schwerpunktpraxen für wohnungs- und obdachlose Menschen gibt. Das Pik As in der Neustadt, ein Haus am Johanniswall in der Nähe des Hauptbahnhofs und ein Haus am Achterdwards in Bergedorf. An zwei Standorten gibt es auch psychiatrische Sprechstunden. Dazu kommen noch sechs niedrigschwellige Gesundheitshilfen, drei mobile Hilfen und die sozialpsychiatrischen Dienste der bezirklichen Fachämter. Ich denke, es gibt genug Angebote, die hierauf abzielen.

Vielmehr sollte man diese Menschen selbst betrachten. Psychisch kranke Obdachlose nehmen in den seltensten Fällen medizinische Versorgung in Anspruch. Nur weil mehr Angebote geschaffen werden, führt dies nicht zu erhöhter Inanspruchnahme. Vor allem haben diese Personen oftmals auch keinen Anspruch auf medizinische Versorgung, weil sie die Behördengänge nicht erledigen können, um die entsprechenden Anträge auszufüllen. Wir als AfD plädieren daher in Anlehnung an das Projekt Straßenvisite dafür, dass erstens eine Bestandsaufnahme in Hamburg erfolgt, um zumindest eine Ahnung davon zu bekommen, wie viele Menschen betroffen sind, zweitens mehr Sozialarbeiter einzusetzen, die versuchen, direkt Kontakt mit den Obdachlosen herzustellen, die psychische Störungen aufweisen, um mit ihnen nötige Behördengänge vorzunehmen und sie einer medizinischen Versorgung zuzuführen, und drittens die Verfahrensdauer zur Einrichtung einer rechtlichen Betreuung zu verkürzen, um schneller handeln zu können – Betreuungsrecht ermöglicht eine Unterbringung zum Zweck der Heilbehandlung nach Pa

ragraf 1906 BGB. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Lorkowski. – Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/14328 an den Gesundheitsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer möchte den gemeinsamen Antrag der SPD und GRÜNEN aus Drucksache 21/14328 beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 53, Drucksache 21/14333, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Winternotprogramm ganztägig und für alle öffnen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Winternotprogramm ganztägig und für alle öffnen – Drs 21/14333 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD, GRÜNEN und LINKEN an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Auch hier weise ich zunächst darauf hin, dass dieser Tagesordnungspunkt vonseiten der Fraktion DIE LINKE als Kurzdebatte angemeldet worden ist, sodass wiederum eine Redezeit von zwei Minuten pro Debattenbeitrag gilt.

Wird das Wort gewünscht? – Frau Özdemir, Sie haben es für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Forderung ist Ihnen nicht neu und dennoch beantragen wir auch in diesem Jahr wieder die ganztägige Öffnung des Winternotprogramms für alle Menschen, die auf der Straße leben, denn das Winternotprogramm so, wie es bisher ist, wird der Realität vieler obdachloser Menschen nicht gerecht. Viele sind durch ihre Lebenssituation physisch, aber auch psychisch sehr geschwächt. Ein Besuch in der Krankenstube kann Ihnen zeigen, wie stark das Ausmaß ist.

Diese Forderung wurde auch im letzten Winter in einer Petition von fast 100 000 Hamburgerinnen und Hamburgern unterstützt. In einem offenen Brief schließen sich nun auch die Mitarbeitenden von Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe an. Hinzu kommt, dass in den letzten Wintern der April

(Deniz Celik)