Protokoll der Sitzung vom 17.10.2018

"voraussichtlich 2024".

Das heißt im Klartext nichts anderes, als dass es wahrscheinlich noch später werden wird. Auch der Betriebsrat der Wärmegesellschaft rechnet mit einer deutlich längeren Laufzeit des CO2-Monsters in

Wedel. Oder ist das sogar der Deal im Deal? Hat sich da dann die SPD doch einmal durchgesetzt, dass Wedel absichtlich länger laufen muss, weil es so für die neue Gesellschaft immerhin noch notwendige Gewinne abwirft? Die Frage muss man auch einmal stellen. Das wäre dann natürlich besonders perfide.

(Beifall bei der CDU)

Ihre sogenannte klimaschonendste Lösung ist eine schwere Hypothek für Klima und Umwelt. Sie werden Fernwärme ohne fossile Energieträger wie Gas in absehbarer Zeit nicht liefern können, und schon gar nicht zusammen mit einer Preisgarantie für den Kunden. Auch damit haben Sie ein Versprechen gegeben, das Rot-Grün, das Sie, Herr Tschentscher, nicht halten können.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ja, werden wir ja sehen!)

Dann möchte ich von Ihnen einmal wissen, wie Sie eigentlich das gewünschte neue Gaskraftwerk bauen wollen. Wie groß soll es eigentlich werden, woher soll das Gas kommen? Haben Sie schon mit Gerhard Schröder, mit Putin, mit Gazprom gesprochen? Oder nehmen wir das Fracking-Gas von Trump? Das sind alles Fragen, die man in dem Zusammenhang durchaus einmal stellen kann.

Die Fernwärmegesellschaft hat überhaupt nicht genügend Mittel, um die von Ihnen geplanten Investitionen selbst zu stemmen. Sie haben damals die ersten Anteile von 25,1 Prozent zu einem hohen Preis von 325 Millionen Euro erworben. Diese sollten vollständig in den Ersatz für Wedel und für die Investition in die Netze dienen, aber das Geld ist gar nicht mehr da. 84 Millionen Euro haben Sie bereits in das alte Kraftwerk investiert zur Laufzeitverlängerung, weitere Millionen, um den Betrieb sicherzustellen. Das Geld fehlt Ihnen jetzt. Und dabei wollen Sie jetzt noch einmal zusätzlich – das wird doch deutlich aus der Drucksache – 1 Milliarde Euro in das System pumpen. Auch das soll angeblich die Gesellschaft selbst bezahlen, die das Geld gar nicht hat. Das Fazit steht schon jetzt fest: Die fehlende Summe werden am Ende entweder nur die Fernwärmekunden oder die Stadt bezahlen, also die Hamburger Steuerzahler, und das zusätzlich zu dem Kaufpreis von bereits 1,3 Milliarden Euro, also insgesamt 2,3 Milliarden Euro, eine schwere Hypothek für Hamburgs Zukunft. Das sage ich ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist nicht nur betriebswirtschaftlicher, das ist volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Wo ein solches Missmanagement hinführt, haben wir doch heute auch öffentlich wahrgenommen. Nach dem Rückkauf des Hamburger Stromnetzes müssen jetzt alle Hamburger kräftig draufzahlen. Auch da hat Ihr Versprechen einen Stromschlag erlitten.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das ist doch de- magogisch, Herr Trepoll, das wissen Sie doch genau!)

Wenn es nur eines Beweises bedurfte, der ist heute erbracht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Trepoll, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Dr. Schaal?

Herr Trepoll, erklären Sie doch bitte einmal, wie sich die Netznutzungsentgelte zusammensetzen und wer sie festlegt.

Frau Schaal, Sie wissen doch, dass meine Reden grundsätzlich einen roten Faden beinhalten. Deshalb möchte ich das Publikum nicht enttäuschen und werde dazu im Laufe meiner Rede noch einmal ausdrücklich kommen.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Da kann ich Sie sehr beruhigen. Aber lassen Sie uns den Spannungsbogen nicht unnötig unterbrechen, und deshalb bin ich jetzt erst einmal dran, Fragen zu stellen, und die lauten wie folgt:

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Frau Schaal, Herr Tschentscher, Herr Kerstan, wer soll denn eigentlich Ihr neues städtisches Gaskraftwerk bauen? Ihnen ist das sowieso nicht bewusst, aber ich hoffe, Ihnen ist wenigstens bewusst, dass Vattenfall für eine solche Planung eine eigene Projektgesellschaft hat, außerhalb der Fernwärmegesellschaft, die Sie nicht kaufen werden. Herr Dressel nickt. In der Gesellschaft für die Fernwärme selbst sind dafür keine Kapazitäten vorhanden. Haben Sie irgendwo in der Verwaltung Experten versteckt, die wir noch gar nicht kennen, die sich gut auskennen mit dem Neubau von Kraftwerken, von Gaskraftwerken beliebiger Größe?

(Farid Müller GRÜNE: Immer, immer!)

Wissen wir davon nichts? Sie haben die Möglichkeit, das heute hier zu beantworten. Bei Ihnen sehe ich allerdings, ehrlich gesagt, keine.

Dann versprechen Sie den betroffenen SAGA-Mietern – und trotz des Höhenflugs sollen darunter noch relativ wenig grüne Wähler sein – eine Preisgarantie. Garantieversprechen, da schaue ich in Ihre Richtung, haben bei der SPD Hamburg eine lange Tradition. Erinnern wir uns an die Sicherheitsgarantie vor G20 oder die Nicht-Bebauung des Kleinen Grasbrooks. Fakt ist, Sie sind in der

Preisgestaltung gar nicht völlig frei, wie Sie es den Mietern suggerieren. Die Art der Wärmeversorgung spielt eine große Rolle, und das wissen Sie auch. Und da Gas als Brennstoff deutlich teurer als Kohle ist, von der wir doch mittelfristig zu Recht wegwollen, wird es ein teures Unterfangen. Aber auch die Abschreibung für Investitionen, die mit dem Bau des Kraftwerks und den notwendigen Leitungen verbunden sind, spielen in die Preisgestaltung hinein und machen die Fernwärme in Zukunft deutlich teurer.

Wenn Sie am Ende diese Preisgarantie durch Verluste der Fernwärmegesellschaft mitfinanzieren wollen, dann sind das Verluste für den Steuerzahler. Das hätten Sie, Herr Tschentscher, heute auch so sagen müssen, das wäre ehrlich gewesen. Sie hätten vor die Hamburgerinnen und Hamburger treten und ihnen sagen müssen, was Sache ist. Sie müssen für diese Preisgarantie bezahlen. Das haben Sie heute aber nicht getan, weil Ihnen dazu der politische Mut fehlt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Und fernab von den rechtlichen oder wirtschaftlichen Problemen haben Sie auch sehr naheliegende technische und organisatorische Schwierigkeiten, und diese müssten Ihnen doch eigentlich nach den Jahren intensiver Beschäftigung auch im Zusammenhang mit der Fernwärmegesellschaft bekannt sein. Da frage ich mich schon, was Sie eigentlich in den letzten Jahren gemacht haben. Sie haben in jeder Aufsichtsratssitzung alle wichtigen Entwicklungen mitbekommen. Sie hatten jederzeit Zugang zu allen wichtigen Informationen. Bereits mit 25,1 Prozent hatte die Stadt übrigens auch volles Mitspracherecht bei allen wesentlichen Entscheidungen, und die haben Sie oft auch zur Blockade genutzt.

Sie wissen doch längst schon, dass ein Ausstieg Vattenfalls bis zum Jahreswechsel praktisch gar nicht umsetzbar ist. Beim Stromnetz hat das ein Jahr gedauert. Was muss technisch bei Vattenfall alles abgekoppelt werden, was muss bei der Stadt angedockt werden und welche Wärme soll eigentlich durch die Leitungen gehen? Das ist doch auch Grundlage für einen wirksamen Planfeststellungsbeschluss.

Die Öffentlichkeit und ich, wir fragen Sie natürlich: Haben Sie gültige Vereinbarungen mit den Umweltverbänden getroffen, dass sie keine Klagen dagegen erheben?

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie wollen doch klagen! Sie sitzen doch im Glashaus!)

Ihr jetziges Konzept sieht zum Beispiel vor, Wärme aus der MVR, der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm zu nehmen. Immerhin eine nennenswerte Leistung von 80 Megawatt. Das wird aber nur mit der Beteiligung Vattenfalls gehen, und die

sind dort Mehrheitseigner. Mehrheitseigner. Für Sie als Stadt steht diese Wärme ohne Weiteres nicht zur Verfügung, und deshalb frage ich Sie, haben Sie wenigstens darüber verhandelt? Ist das in trockenen Tüchern, können wir uns darauf verlassen, und wie ist das Ergebnis?

Überhaupt die Müllverbrennung. Wenn man sich die Protokolle der Jahre anschaut, als die GRÜNEN noch in der Opposition waren, was hat der Umweltsenator nicht alles gegen die Müllverbrennung gewettert. Das sei alles Teufelszeug, die Recyclingquote müsse gesteigert werden. Und jetzt wollen Sie noch mehr verbrennen, um noch mehr Leistungen zu produzieren. Werden das die Umweltverbände einfach so hinnehmen?

Das nächste Thema: Auf welche Preise für die Abwärme aus der Industrie haben Sie sich denn schon verständigt? Können Sie hier und heute versprechen, dass die beteiligten Industrieunternehmen in fünf, in zehn Jahren noch die gleiche Wärmemenge einspeisen werden? Die Wahrheit ist, Sie haben überhaupt kein schlüssiges Konzept. Sie sprechen auch in Ihrer eigenen Drucksache von einem Grundkonzept, wo die Wärme für Ihre Leitungen herkommen soll, was sie kosten wird. Und ich sage klar, das ist fortgesetztes Missmanagement. Wie unseriös ist das bitte?

(Beifall bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

Lassen Sie mich zum Ende nach der fachlichen auch noch eine politische Bewertung vornehmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Fachlich war das ja nicht!)

Der Eindruck bleibt und er hat sich gerade in den letzten Monaten deutlich verfestigt …

(Dirk Kienscherf SPD: Aber Sie haben noch einen gewissen Humor!)

Der Eindruck bleibt und er hat sich gerade in den letzten Monaten deutlich verfestigt. Hier hat in Wahrheit ein klassischer Machtkampf stattgefunden. Es ging gar nicht mehr um die Sache, sondern um parteipolitische Gesichtswahrung. Es war ein politischer Boxkampf in aller Öffentlichkeit. In der einen Ecke der grüne Kerstan, in der anderen Ecke der rote Peter.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wo hängen denn die Boxhandschuhe?)

Ein Boxkampf mit einem klaren Sieger, den wir seit Tagen in der Presse und Öffentlichkeit sehen können. Und ich muss deutlich sagen, Herr Bürgermeister, Ihr Umweltsenator boxt leider deutlich zwei Gewichtsklassen über Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Er hat gewonnen durch klassisches K.o. in der letzten Runde. Und wie man lesen konnte, erfolgte

die Sektdusche ein bisschen später bei Ihnen in der Umweltbehörde. Ich frage mich schon, wo war da die Führung des Bürgermeisters, Herr Tschentscher? Das hat es früher nicht gegeben.

Und nun geht es munter weiter. Wir haben das doch am Anfang unserer Sitzung erlebt, dieses Hickhack allein um die Redezeit. Erst lassen Sie Herrn Kerstan nicht auf der Landespressekonferenz reden. Darauf lädt er zwei Tage später ohne Ihre Kenntnis die Journalisten zu einem Hintergrundgespräch in seine Behörde ein, anschließend melden Sie eine Regierungserklärung an. Aber auch da haben Sie die Rechnung ohne ihn gemacht, der auch noch sprechen möchte, aber das darf er nicht, deshalb muss Herr Dressel nach ihm noch einmal sprechen. Also, es geht munter weiter. Man fragt sich, was das eigentlich für ein Kasperletheater ist bei so einem wichtigen Thema.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Und jetzt müssen wir noch die Redezeit verlängern, weil wir heute gleich zwei Regierungserklärungen hören müssen, eine rote und eine grüne.

(Dr. Monika Schaal SPD: Moment, Sie woll- ten das doch! Was reden Sie eigentlich?)

Ich frage mich, was bei Ihnen los ist im Senat.