Protokoll der Sitzung vom 17.10.2018

fall darüber gesprochen, wie man die Preise mit ihnen stabil halten kann. In Bezug auf die Investitionen war das mit Vattenfall auch kein Thema, aber Vattenfall hat gesagt, na ja, wir sind abhängig von einem Brennstoff, wir sind abhängig vom Handelspreis für CO2-Zertifikate, und hat sich deswegen geweigert, gegenüber dem Senat in einem gemeinsamen Szenario eine entsprechende Klausel in die Verträge aufzunehmen. Das heißt gerade nicht, dass wir nur durch den vollständigen Rückkauf der Energienetze an der Stelle auch dafür sorgen können, dass wir dahin kommen, eine Preisgarantie aussprechen zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Herr Trepoll, Sie haben das, was Ihr Fachsprecher, Herr Gamm, hier immer vorträgt, nämlich das Märchen eines 40-prozentigen Preisanstiegs,

(Arno Münster SPD: Lobbyist!)

heute wohlweislich nicht wiederholt, denn in Wahrheit haben Ihre Freunde von Vattenfall Ihnen dieses Argument komplett aus der Hand geschossen, nachdem sie es Ihnen monatelang vorher vorgekaut haben. Deswegen möchte ich Ihnen noch einmal – um zu erklären und zu zeigen, dass auch Vattenfall der Meinung ist, dass diese Preispolitik möglich ist mit den Investitionskosten, die Herr Gamm immer ins Feld geführt hat für seine 40-prozentige Preiserhöhung – vortragen, was Vattenfall im "Hamburger Abendblatt" am 8. Oktober 2018 gesagt hat. – Ich zitiere:

"Wir haben einen umsetzbaren Vorschlag unter anderem für einen klimafreundlichen Ersatz für das Kraftwerk Wedel erarbeitet, den die Umweltbehörde unterstützt."

Also auf gut Deutsch, das Konzept, über das wir jetzt reden.

"Mit diesem könnte auch eine wettbewerbsfähige Wärmeversorgung der Mieterinnen und Mieter gesichert werden."

Zitatende.

Mit anderen Worten, nicht nur wir, sondern auch Vattenfall ist der Meinung, dass man genau mit diesem Konzept wettbewerbsfähige Preise aufrufen kann.

(André Trepoll CDU: Ihre Freunde von Vat- tenfall!)

Das sind nicht meine Freunde, sondern das sind Ihre Freunde, und Sie sagen das trotzdem, Sie widersprechen dem, was Herr Gamm die ganze Zeit erzählt hat. Und das ist mit diesem einen Zitat schlicht und ergreifend als Unfug entlarvt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Viel diskutiert ist auch das Thema Verkaufspreis und Wert des Fernwärmenetzes. Dieses Thema,

das durch verschiedene Gutachten beleuchtet worden ist, ist in der öffentlichen Debatte und mit festem Willen der Opposition auch das eine oder andere Mal durcheinandergeraten. Ich glaube, man muss einfach einmal feststellen, es gibt einen Unterschied zwischen objektiviertem Unternehmenswert und dem Wert, den dieses Unternehmen aus Sicht des Käufers der Freien und Hansestadt Hamburg hat.

Die Stadt Hamburg hat gemeinsam mit Vattenfall ein Gutachten bei der Beratungsgesellschaft BDO in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten, viel zitiert, kam zu dem Ergebnis, dass der objektivierte Unternehmenswert nach dem Standard IDW S1 bei 645,1 Millionen Euro liegt. Dieser Wert, und das ist entscheidend, trifft keine Aussage über den Wert des Unternehmens Vattenfall Wärme Hamburg für den Käufer Freie und Hansestadt Hamburg. Dieser Wert liegt bei der Spanne von 920 Millionen Euro bis 1,3 Milliarden Euro. Dieser Wert ist entscheidend für die Frage, ob Hamburg kaufen kann, darf oder soll. Im Gegensatz zum objektivierten Unternehmenswert sind für den Käuferwert verschiedenste Faktoren zusätzlich, aber drei entscheidend, maßgeblich, die der Kollege Kienscherf schon angesprochen hat. Das sind zum einen steuerliche Effekte im Bereich von 150 bis 180 Millionen Euro durch die Integration dieses Unternehmens in den Konzernverbund der HGV.

(Thilo Kleibauer CDU: Ah, Steuersparmo- dell!)

Das ist zum anderen die sehr plausible Annahme, dass die KWKG-Förderung weiterläuft. Ich möchte einfach zu Ihren Fragen sagen, Herr Trepoll, dies ist nicht nur im Koalitionsvertrag auf Bundesebene entsprechend festgehalten und damit dokumentiert durch die die Bundesregierung tragenden Parteien im Deutschen Bundestag, es hat sich auch der Deutsche Bundesrat dafür ausgesprochen. Es gibt darüber hinaus keinen ernst zu nehmenden Akteur, der die KWKG-Förderung auslaufen lassen möchte. Vattenfall selbst hat angenommen in allen Szenarien, dass diese Förderung weiter besteht, und deswegen ist die Annahme legitim und plausibel, dass das KWKG auch in die Wertermittlung eingepreist werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann gibt es den dritten Punkt, der auch von erheblicher Relevanz ist. Das ist der Punkt, mit welchen Renditeerwartungen die Stadt rechnet. Das IDW S1-Verfahren hat dazu einen unveränderlichen Zinssatz, der in etwa bei 7 Prozent liegt.

(Stephan Gamm CDU: Nein, es gibt eine Bandbreite!)

Es ist so, dass die Stadt bei internen Geschäften in der Regel mit 3,5 Prozent rechnet und wir für dieses Gutachten und für die Berechnung des Käuferwertes eine Renditeerwartung von 5,5 Prozent zu

(Dr. Anjes Tjarks)

grunde gelegt haben. Das ist der Wert, wenn Sie auf 1 079 Millionen Euro kommen wollen.

Das ist eine sinnvolle Renditeerwartung, die auch schon nach oben hin fast diskriminierbar ist, wenn sie noch höher gewesen wäre, denn wir machen doch Politik für das Gemeinwohl und nicht dafür, dass die Stadt ausschließlich Geld verdient. Mit diesen drei Punkten, nämlich mit dem Thema steuerliche Integration, mit dem Thema KWKG-Förderung, mit dem Thema einer sinnvoll angesetzten Renditeerwartung, die sehr nachvollziehbar ist, können Sie sehr gut rechtfertigen, dass dieses Unternehmen den Wert hat, den wir dafür bezahlen, und dass es am Ende des Tages ein sehr gutes Geschäft für die Stadt Hamburg werden wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos – Jörg Hamann CDU: Das haben wir bei Olympia gehört!)

Aber das, was ich Ihnen jetzt technisch kompliziert begründet habe und Herr Hamann es nicht verstanden haben wollte,

(Thilo Kleibauer CDU: Der Einzige im Senat, der das kapiert hat, war Kerstan, oder was?)

kann man auch einfacher erklären, denn das eigentliche Argument an der Stelle hat Vattenfall selbst geliefert. Das entscheidende Argument hat Vattenfall selbst geliefert, indem Vattenfall nämlich permanent behauptet hat, dass das Unternehmen gar nicht 950 Millionen Euro wert sei, aber permanent auch alles dafür getan hat, nicht verkaufen zu müssen. Damit haben sich dieses Unternehmen im Kern und auch Sie von der CDU selbst widersprochen.

Wenn man nämlich wirklich selbst glaubt, dass ein Unternehmen 645 Millionen Euro wert sei, aber man dafür 950 Millionen Euro bekommen würde, dann würde man den Verkaufsprozess nicht die ganze Zeit torpedieren. Und die einzige Auflösung aus dieser Erkenntnis ist, dass auch Vattenfall selbst von einem viel, viel höheren Wert für dieses Unternehmen ausgeht, und zwar anders als Sie und Vattenfall es offiziell immer behauptet haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Als Fazit für diese Diskussion muss man feststellen:

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Sowohl die Markteinschätzungen als auch das Verhalten Vattenfalls als auch das Gutachten von LBD, das noch einmal kritisch geprüft worden ist von PwC, sprechen eine klare Sprache, dieses Unternehmen ist zwischen 920 Millionen Euro und 1,3 Milliarden Euro wert.

(Zuruf von Ralf Niedmers CDU)

Deswegen ist es nur folgerichtig, dass wir dieses Unternehmen kaufen, und zwar komplett.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Jeder, der das nicht tut, muss sich die Frage gefallen lassen, Herr Hamann, ob er den Volksentscheid nicht umsetzen will und ob er die Demokratie in dieser Stadt beschädigen will. Aber offenkundig ist das Ihnen mit Ihrem Gegacker egal.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Damit haben sich auch die Themen, die Herr Gamm immer mit einer Klage ins Feld führen möchte, die Themen Landeshaushaltsordnung, Untreue, Beihilfe und Strafrecht erledigt.

(Joachim Lenders CDU: Genau! und Heiter- keit)

Jetzt hören Sie einmal zu.

Es kann für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg kein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung sein, ein Unternehmen zu erwerben, das aus Sicht der Stadt nachvollziehbar und plausibel deutlich mehr wert ist als das, was wir dafür zahlen. Dann ist es richtig so und es ist gut so, dass wir das Unternehmen erwerben. Dann ist das ein guter Entscheid für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Man kann festhalten: Wären Sie an der Regierung, was doch mittlerweile ein nahezu ausgeschlossenes Szenario ist …

(Beifall bei Hendrikje Blandow-Schlegel SPD)

Wären Sie an der Regierung, hätte diese Regierung den Volksentscheid nicht nur einmal, sondern dreimal bei der Sozialverträglichkeit, bei der Klimafreundlichkeit und bei dem Rückkauf der Energienetze gebrochen. Wir alle wissen, Sie sind in dieser Frage Wiederholungstäter, und ich sage Ihnen, das wird bei Ihnen nicht zu mehr Zustimmung in der Bevölkerung führen, sondern zu weniger.

(Jörg Hamann CDU: Es hat Sie aber nicht gestört, mit uns Koalition zu machen!)

Und es wird dazu führen, dass die Menschen in dieser Stadt die Meinung, die Sie hier die ganze Zeit erzählen, Herr Hamann, die Sie dazwischen quaken, überhaupt nicht mehr ernst nehmen, weil sie ohnehin irrelevant geworden ist in den verschiedenen Fragen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wenn man beim Boxen in derselben Gewichtsklasse wie der Senat bleiben will, dann muss man auch die demokratischen Verfahren in dieser Stadt