Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

Antrag der CDU-Fraktion:

Hamburg braucht eigene Lösungsvorschläge im Umgang mit LNG – Drs 21/15836 – 7129,

dazu

Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN:

LNG-Strategie und Aufbau einer LNG-Infrastruktur – Drs 21/15997 – 7129,

Ralf Niedmers CDU 7130,

Dr. Joachim Seeler SPD 7130,

Dominik Lorenzen GRÜNE 7131,

Stephan Jersch DIE LINKE 7131,

Andrea Oelschläger AfD 7132,

Beschlüsse 7132,

Antrag der CDU-Fraktion:

Abgemeldet und abgestellt – Nicht zugelassene Fahrzeuge schneller aus dem öffentlichen Raum entfernen – Drs 21/15844 – 7132,

Beschlüsse 7132,

Antrag der CDU-Fraktion:

Mehr Schutz vor Gefährdern – Anpassung des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes dringend erforderlich – Drs 21/15845 – 7132,

Beschlüsse 7132,

Beginn: 13.33 Uhr

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie doch bitte gern Ihre Plätze ein, dann können wir beginnen. Ich darf Sie begrüßen und eröffne die heutige Plenarsitzung.

Wir steigen gleich in die Tagesordnung ein und beginnen mit der

Aktuellen Stunde

Dazu sind wie immer vier Themen angemeldet worden, und zwar von der GRÜNEN Fraktion:

You’ll never walk alone: Auch bei einem harten Brexit stehen wir an der Seite der 4 000 britischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Hamburg

Die Fraktion DIE LINKE hat angemeldet:

Lange Schlangen, vergebliches Warten, überarbeitete Mitarbeiter_innen – unhaltbare Zustände in bezirklichen Ausländerbehörden schleunigst beenden!

Die Anmeldung der FDP-Fraktion lautet:

Finanzsenator bitte kümmern: Hamburg braucht eine Grundsteuerreform der Vernunft ohne Preissprünge und bürokratischen Aufwand

Schließlich die Anmeldung der AfD-Fraktion:

"Prüffall" AfD? Stigmatisierung ohne Rechtsgrundlage!

Ich rufe das erste Thema auf und weise Sie noch einmal darauf hin, dass in der ersten Runde fünf Minuten, in allen weiteren Runden dann drei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen. – Herr Dr. Tjarks, Sie bekommen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, als britischste Stadt des Kontinents, und da darf ich wahrscheinlich vielen Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Herzen sprechen, hätten wir uns alle gewünscht, dass Großbritannien Teil der Europäischen Union bleiben würde.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Klar ist aber auch, dass in diesem Spiel der Spielball nicht auf unserer Seite des Spielfelds liegt. Wir haben alle wahrscheinlich gestern ein bisschen die Sitzung eines anderen Parlaments, nämlich des House of Commons, verfolgt, und wir haben uns auch die Beschlusslage angeguckt und sind da zu dem Ergebnis gekommen, dass das ein wenig die Quadratur des Kreises ist. Sie wollen einen Deal, aber genau den, den es nicht gibt. Und darunter liegt die zweite Quadratur des Kreises, nämlich eine unsichtbare Grenze, die aber hart kontrolliert

werden soll. Das kann so nicht funktionieren. Vor dem Hintergrund hoffen wir immer noch auf das Beste, aber wir sind, glaube ich, trotzdem auf das Schlimmste vorbereitet. Ich möchte sagen, wir als Hamburg sind da gut vorbereitet.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Ich glaube, was die meisten Menschen und die meisten Kolleginnen und Kollegen hier eint, ist, dass wir ein gemeinsames Signal aussenden sollten, ein Signal von Senat und Bürgerschaft, und sagen: Die 4 000 Menschen mit britischem Pass, die in Hamburg wohnen, die in Hamburg ihren Lebensmittelpunkt haben, diese Menschen sollen weiterhin dazugehören und wir wollen alles tun, um sie vor unbilligen Härten zu schützen. Ich würde mir sehr wünschen, dass das als einigendes Signal heute aus diesem Haus gesandt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, verein- zelt bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

Das heißt natürlich konkret, dass wir alle britischen Staatsangehörigen in Hamburg angeschrieben und über die Möglichkeiten der Einbürgerung informiert haben. Seit dem Referendum 2016 haben über 800 Menschen davon Gebrauch gemacht. Das heißt auch, dass der Deutsche Bundestag gehandelt und gesagt hat, es werde eine dreimonatige Aufenthaltsfrist für die Menschen, die dann über Nacht Drittstaatler werden könnten, geben, sodass niemand am 29. März 2019 diese Stadt oder unser Land verlassen muss. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir an dieser Stelle noch einmal sagen: Auch dann werden alle Dienststellen dieser Stadt darauf hinarbeiten, unbillige Härten zu vermeiden, denn wir wollen, dass diese 4 000 Menschen, die hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, weiterhin zu uns gehören und hier ihr Leben fortsetzen können. Das gilt insbesondere auch für die 29 britischen Hamburger Beamten. Auch die würden sofort aus dem Staatsdienst herausgenommen werden, wenn man keine Lösung findet. Da sind wir ebenfalls in der Pflicht, eine Lösung zu finden. Genau das werden wir und wollen wir auch tun.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, verein- zelt bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

In der Wirtschaft wird es natürlich auch ein bisschen ruckelig. In Hamburg haben wir mit Airbus, Thomas Enders hat das relativ klar gesagt, ein Thema beim Nachschub von Flugzeugteilen. Wir müssen aufpassen, dass unser Airbus nicht zum Bus wird. Wir wissen nicht genau, wie sich das mit den Fluggesellschaften verhält, weil die eine europäische Kapitalgesellschaft brauchen. Aber das, was man in Hamburg tun kann, das tun wir. Das bedeutet konkret, dass der Flughafen sich darauf vorbereitet hat, und zwar ohne großes Aufhebens, weil es nämlich so ist, dass Großbritannien auch bisher nicht Teil des Schengenraums war

und wir deswegen keine neuen Verfahren erfinden müssen für diesen Fall, sondern die Menschen weiterhin an den Gates und dort abfertigen können, wo wir das bisher getan haben.

Das heißt auch, dass der Hafen gut vorbereitet ist, weil er spezialisiert ist auf den Handel mit Drittstaaten und wir hier damit rechnen, dass das Zollaufkommen um etwa 3 Prozent steigt. Das ist in der normalen Schwankungsbreite. Aber wir sind trotzdem mit neuen Zollbeamten vor Ort, sodass wir auch hier hoffen, das vernünftig und gut abgewickelt zu bekommen. Das ist das, was wir als Stadt tun können, und an den Stellen sind wir vernünftig vorbereitet und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Am Brexit kann man wunderbar betrachten, was passiert, wenn Politik nicht so gut läuft. In diesem ganzen Schlamassel, der er ehrlicherweise einfach ist, gibt es wenigstens einen kleinen, aber doch nicht unerheblichen Lichtblick. Dieser nicht unerhebliche Lichtblick ist, dass wir uns noch einmal sehr deutlich vor Augen führen und uns sehr deutlich selbst vergewissern, welchen Wert die Vernetzung und die Arbeitsteilung der EU 27 eigentlich hat, inwieweit unser tägliches Leben dadurch beeinflusst ist, dass wir Güterfreiheit, dass wir Personenfreiheit, dass wir Kapitalfreiheit in Deutschland haben und dass diese Freiheiten unteilbar sind. Wie schlimm es wäre, wenn wir uns auf einen ähnlichen Weg machen, sollte auch jedem vor Augen geführt sein, denn der Schlamassel, den man jetzt mit einer Insel hat, würde in einem Land wie Deutschland mit neun Nachbarn, in der Mitte Europas, mit der am meisten vernetzten Volkswirtschaft der Welt, potenziert werden. Nach diesem ganzen Schlamassel kann sich keiner mehr hinstellen und sagen, die Europäische Union hat nicht mehr ihren Wert, sondern sie hat ihn sattsam bewiesen, er wird uns hier täglich wieder vor Augen geführt. Es ist alle Mühe wert, Zeit und Geld zu investieren, dass Europa weiter zusammenwächst, denn das zeigt dieser Brexit auch, und daran sollten wir arbeiten. Das ist unser Auftrag.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, verein- zelt bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

Das Wort bekommt Herr Ilkhanipour für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 23. Juni 2016 stimmten die Britinnen und Briten mit einem Ergebnis von 51,89 Prozent gegen den Verbleib in der EU. So sehr wir das Ergebnis bedauern, es ist zu respektieren und wir müssen mit den Folgen bestmöglich umgehen. Man kann sicherlich dennoch sagen, dass ein Großteil derjenigen, die für den Brexit gestimmt haben, die Geschehnisse der letzten Wochen und Monate so nicht gewollt ha

ben. Viele werden sich der Auswirkungen erst dieser Tage bewusst und endgültig wohl dann in den kommenden Monaten und Jahren. Doch wenn wir eine Lehre aus dieser Situation ziehen wollen, dann doch, wie gefährlich es ist, auf diejenigen zu hören, die vermeintlich einfachste Lösungen auf komplexe Sachverhalte bieten und deren Leitmotiv ihres politischen Handelns stets das Gegeneinander ist. Die, statt nach gemeinsamen Lösungen zu suchen, ein "Wir gegen die" verkörpern und ohne Rücksicht auf Fakten und ohne jegliche Skrupel mit den tiefsten Ängsten von Menschen spielen und diese hervorrufen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Dirk Nockemann AfD: Von wem reden Sie eigentlich?)

Sie fühlen sich angesprochen.

Denn diese Gruppierungen, und das zeigt sich immer wieder, haben kein Rezept dafür, etwas Gemeinsames aufzubauen, sondern stehlen sich bei erster Gelegenheit stets aus der Verantwortung.