Protokoll der Sitzung vom 13.02.2019

Ungeachtet dessen prescht nun die Hamburger Links-Fraktion wieder einmal vor – der Antrag liegt uns vor – und fordert, eine Deckelung der Mietpreisbremse hamburgweit umgehend festzusetzen. Ja, meine lieben LINKEN, so sind Sie: In der Vorwahlzeit mit einem Schnellschuss ein bisschen Kapriolen schlagen, etwas Aufmerksamkeit haschen. Da ist es Ihnen auch nicht zu schade, wenn die Sachen nicht richtig durchdacht worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Stimmt!)

Ich will mich jetzt aber nicht weiter vertiefend um dieses Kompetenzgerangel kümmern. Ich nehme einmal an, die Länder dürften es fiktiv. Dann wäre da noch der Artikel 14 des Grundgesetzes, Recht auf Eigentum.

(Jörg Hamann CDU: Seit wann interessieren Sie sich dafür?)

Wohlgemerkt: auf Eigentum. Auf die Substanz, nicht auf die Rendite.

Hören Sie doch erst einmal zu.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Jetzt wird es spannend!)

Nun ist es allerdings im Mietwohnungsbau so, das wissen Sie, dass der überwiegende Teil mit Krediten finanziert ist, nicht selten 70, 80 Prozent der Investition. Zurückgezahlt wird über die Tilgung plus einen Zinsaufschlag. Und wovon? Na, von den Mieten natürlich. Eine Absenkung der Mieteinnahmen, ein Mietendeckel auf zum Beispiel 7 oder 8 Euro je Quadratmeter, hat unweigerlich zur Folge, dass Zins und Tilgung aus Mieteinnahmen nicht oder nicht mehr voll geleistet werden können.

(Jörg Hamann)

Banken werden die Kreditrisiken neu einstufen, denn die bisherige Finanzierungsgrundlage entfällt ja. Die Auswirkungen sind kaum vorhersehbar, aber auf jeden Fall sind sie nicht gut. Damit wäre in der Tat dann auch die Substanz des Eigentums gefährdet, und die Frage ist, ob das überhaupt noch umsetzbar ist. Ich würde mindestens davon ausgehen, dass eine Flut von Klagen bis zum Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof in den nächsten Jahrzehnten kommen würde, mit übrigens nicht unerheblichen Regressrisiken, wenn die Gerichtsentscheidungen ungünstig ausfallen.

(Glocke)

Herr Duge, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Oetzel?

Nein, danke.

Des Weiteren ist damit zu rechnen, dass frei werdende Mietwohnungen nicht mehr vermietet werden, sondern zum Verkauf angeboten werden. Wir werden mit einer Ausweitung der Sozialen Erhaltungsgebiete gar nicht mehr hinterherkommen können. Und deshalb müssen wir andere Bodenpolitik betreiben. Das ist der richtige Weg. Ankaufen, wo es geht, Vorkaufsrechte ausüben,

(Zuruf von David Erkalp CDU)

städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen wo möglich nutzen. Und: Wir brauchen einen dauerhaft gesicherten Bestand an geförderten und bezahlbaren Wohnungen. Längere Bindungszeiten sind ein Weg dazu, aber wir brauchen für eine sozial geprägte Großstadt auch Unternehmen, die eine erkleckliche Anzahl von geförderten Wohnungen dauerhaft in ihrem Bestand halten. Deswegen wollen wir eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit.

Wer war das eben? Herr Meyer von der FDP wird gleich sprechen, aber das auch an Herrn Hamann: Sie wollen doch die Eigentumsquote sicherlich erhöhen; davon gehe ich aus. Dann sollten Sie dem Mietendeckel der LINKEN zustimmen. Schneller und in größerer Zahl werden Mietwohnungen nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

(Zuruf)

Unsere Unterstützung werden Sie dafür allerdings nicht bekommen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wie angekündigt bekommt jetzt für die FDP-Fraktion Herr Meyer das Wort.

(Zurufe und Heiterkeit)

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von Frau Sudmann und den LINKEN angemeldete Thema Mietendeckel in Verbindung mit dem später zur Abstimmung stehenden Antrag macht ein weiteres Mal deutlich, dass diese Partei in unserer Freien und Hansestadt niemals in Regierungsverantwortung kommen darf

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

und auch hoffentlich niemals in Regierungsverantwortung kommt.

(Zuruf: Opposition ist schon zu viel! – Heiter- keit)

Sich in Fragen der Wohnungspolitik ausgerechnet an der zumindest im Ostteil der Stadt von Sozialisten heruntergewirtschafteten Bundeshauptstadt zu orientieren,

(Anna Gallina GRÜNE: Das ist langweilig!)

die durch ihre rot-rot-grüne Regierung heute leider weiter in Mitleidenschaft gezogen wird, macht deutlich, dass es Ihnen, meine Damen und Herren von links, eben nicht um die Entschärfung des angespannten Wohnungsmarktes geht, sondern um die Durchsetzung Ihrer kruden und vorgestrigen Vorstellungen einer sozialistischen Gesellschaft, in der es mit Ausnahme der Parteifunktionäre allen gleich geht, nämlich allen gleich schlecht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU und der AfD)

Frau Sudmann, Sie und Ihre MitstreiterInnen haben aus der Vergangenheit offensichtlich wirklich nichts gelernt.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Einmal ganz abgesehen davon, dass Ihre juristische Einschätzung, das Land hätte hinsichtlich einer generellen Mietpreisdeckelung die Regelungskompetenz, zumindest aus Sicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, den Sie ja auch schon zitiert haben, falsch ist, sollten Sie anstatt der "JuristenZeitung" vielleicht lieber einmal die "Immobilien Zeitung" lesen, um mehr über die Grundsätze der Bewirtschaftung von Immobilien zu erfahren.

Sie beschreiben, dass sich die Mietpreise seit der SPD-Regierungsübernahme 2011 um circa 20 Prozent gesteigert hätten, und suggerieren damit, allein die SPD wäre für diesen Anstieg verantwortlich. Tatsächlich muss man wohl eher attestieren, dass die Mieten trotz der SPD-Regierung so stark angestiegen sind, denn immerhin steht das Thema Wohnungsbau seit 2011 wieder auf der Agenda und nachweislich wurden seitdem wieder Tausende Wohnungen gebaut; das muss man auch einmal anerkennen. – Da könnten Sie jetzt applaudieren, Herr Kienscherf.

(Olaf Duge)

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dirk Kien- scherf SPD: Machen wir!)

Es könnten natürlich noch viel mehr Wohnungen sein, Herr Kienscherf. Das ist das Problem und genau da müssen wir ansetzen.

Frau Sudmann, Sie bemühen den Begriff des Allgemeinwohls auffallend häufig. Was ist nach Ihrer Auffassung eigentlich Allgemeinwohl? Ist es Allgemeinwohl, wenn zum Beispiel in der Berliner KarlMarx-Allee mit juristisch fragwürdigen Konstruktionen und ohne soliden Finanzierungsplan Wohnungen zum Preis einer vierzigfachen Jahresmiete völlig überteuert verstaatlicht werden, nur um die politische Seele einzelner sozialistischer PolitikerInnen zu beruhigen? Nein, meine Damen und Herren, das ist kein Allgemeinwohl, das ist schlichte Idiotie.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings habe ich bei der LINKEN in dieser Hinsicht auch keine Hoffnung mehr; es lohnt eigentlich gar nicht, sie zu adressieren. Ich appelliere deshalb an Sie, meine Damen und Herren von RotGrün: Verabschieden Sie sich von Ihren PlaceboMaßnahmen wie zum Beispiel der Ausübung von Vorkaufsrechten, die, wie im Übrigen viele Ihrer anderen Maßnahmen, den Leuten leider nur Sand in die Augen streuen. Konzentrieren Sie sich endlich darauf, den Wohnungsbau mit Ihren Bündnispartnern voranzubringen, anstatt ihnen regelmäßig mit alten Ideen aus der sozialistischen Mottenkiste vor den Kopf zu stoßen. Befreien Sie den Wohnungsbau von seinen Kostentreibern, reduzieren Sie überzogene energetische Standards sowie fragwürdige Schallschutz- und Brandschutzanforderungen und nehmen Sie die Bezirke in die Pflicht, die Verfahren endlich zu verschlanken und zu beschleunigen. Dann entstehen auch im Niedrigpreissegment mehr Wohnungen, die den angespannten Markt entlasten.

Falls wir die spätere Debatte zum Antrag nicht mehr führen, sei schon jetzt gesagt, Frau Sudmann: Den Antrag der LINKEN lehnen wir natürlich ab, weil er aus juristischer, volkswirtschaftlicher und städtebaulicher Sicht schlicht irrsinnig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU und Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Ehlebracht das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Intention dieses Antrags ist klar und gut in der Sache. Adäquater bezahlbarer Wohnraum ist kein Luxus noch darf dieser Umstand je eintreten, sondern deckt letztendlich ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen ab.

Dass wir in der Hinsicht einem zunehmenden Problem gegenüberstehen, ist schon seit Längerem bekannt. Auch wenn Hamburg sich nach Analyse zum Beispiel der Immowelt Ende 2018 noch nicht an den Spitzenreiter München mit 45 Prozent Wohneigentumsquote herangetastet hat, ist es doch auf gutem Wege mit seinen 38 Prozent – 38 Prozent Wohnkostenquote; Wohneigentumsquote hatte ich eben gesagt, war falsch, Wohnkostenquote.

(Arno Münster SPD: Alles falsch!)

Das heißt, 38 Prozent des Haushaltseinkommens muss ich aufwenden, damit ich meine Wohnung bezahlen kann – im Durchschnitt, Tendenz steigend. Das heißt, es gibt jetzt schon viele Fälle, die deutlich darüber liegen. Das hat Folgen. Das hat Folgen nicht nur für die, die diese Miete zahlen müssen, das hat auch Folgen für unsere Gesellschaft, für die Stadtentwicklung. Wenn man sich zum Beispiel eine Stadt nicht mehr leisten kann, insbesondere Rentner, Alleinverdienende oder Alleinerziehende, und an den Rand der Stadt oder sogar darüber hinaus gedrängt wird, ist das mit Sicherheit eine Entwicklung, die keine der Fraktionen in diesem Haus möchte.

Die jetzt in dem vorliegenden Antrag vorgeschlagene Notbremse, so nenne ich das mal, ein Mietmoratorium, hört sich gut an, insbesondere natürlich für Ihre Wahlklientel. So funktioniert unser System aber nicht; wir haben es schon an verschiedenen Stellen gehört. Es ist ein anachronistisches Mittel, das Unternehmen in wirtschaftliche Schieflagen bringen wird. Es wird Wohnungsbau und Instandhaltung letztendlich nicht mehr möglich machen, wenn es nicht grenzenlos subventioniert werden würde. Und das ist es im Grunde genommen, was dahintersteckt. Insofern steckt in Ihrem Antrag die real existierende Sozialismusvariante. Wie das am Ende aussehen würde, ist bekannt, wir haben es jetzt schon x-mal gehört: Das ist das Ende der DDR, 40 Jahre Misswirtschaft und die Trümmerlandschaft, die da hinterlassen wurde.

Wie kommt es denn in unserem System zu diesen Mietsteigerungen? Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt – das ist eine Binsenweisheit –, aber auch, wenn versäumt wird, Rahmenbedingungen zu schaffen oder Initiativen zu starten, die am Ende zur Errichtung von günstiger Mietfläche führen.

Übrigens läuft meine Uhr nicht, aber …

(Dennis Thering CDU: Ist doch gut!)