Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Vielen Dank, Frau Nicolaysen. – Als Nächster erhält das Wort Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! In unserer Welt gibt es leider vielerorts Menschen und Gruppen, die politisch verfolgt werden oder bedroht sind. Gemäß unserer aktuellen Asyl- und Aufenthaltsgesetzgebung hätten theoretisch alle diese Menschen, wenn sie einmal die Grenzen unseres Landes überschritten haben, ein mindestens begrenztes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik. Wie gehen wir mit dieser Problematik um? Grenzen auf? Alle dürfen kommen und bleiben? Das ist die Position der LINKEN hier.

(Zuruf von Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Das ist vielleicht gesinnungsethisch, aber verantwortungslos und dennoch praktisch der gelebte Rechtszustand in Deutschland. Wir halten diese Position für grundlegend falsch, weil sie unrealistisch, rechtswidrig und zugleich ungerecht ist.

Seit 2015 hat die Bundesregierung unter Merkel fast zwei Millionen Menschen größtenteils chaotisch und unkontrolliert ins Land gelassen.

(Dennis Thering CDU: Ja, es werden immer mehr! Können Sie was zu den Zahlen sa- gen? Was sind das für Quellen?)

Nur ein verschwindend geringer Anteil dieser Menschen ist aufgrund politischer Verfolgung asylberechtigt und nur ein Teil dieser Menschen ist dauerhaft bleibeberechtigt. Hunderttausende mit und ohne Duldung halten sich im Land auf, obwohl sie nach der Rechtsprechung ausreisepflichtig sind, oder sie scheitern an rechtlichen und tatsächlichen Hürden. Die politische Klasse bringt nicht den Willen auf, die Regelung zur Abschiebung konsequent anzuwenden oder umzusetzen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ist doch gar nicht das Thema!)

In einer solchen Situation möchten Sie von der Fraktion DIE LINKE zusätzlich ein Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge auflegen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja!)

Es wird Sie vielleicht überraschen. Aus humanitären Gründen halten wir das in Ausnahmesituationen für sinnvoll, für angemessen, und würden das auch befürworten wollen, aber – und das ist das Entscheidende – nur unter der Voraussetzung, dass die Politik von Landes- und Bundesregierung nicht in nahezu allen anderen Punkten der Flüchtlings- und Ausländerpolitik versagt. Das Zusätzliche ist eben das Entscheidende.

Genau das war der Ansatz der australischen Stopthe-Boats-Politik, über die ich hier schon einmal sprach, ungesteuerte Zuwanderung von Migranten stoppen, um so, wie in Australien seither praktiziert, Platz für die wirklich Schutzbedürftigen, die Menschen, die wirklich in Not sind, zu schaffen, ohne die Integrationsmöglichkeiten des Landes hier zu überfordern. Das muss die Lösung sein.

Vor dem Hintergrund der dauernden Rechtsbrüche und der unbegrenzten Zuwanderung, dem Versagen bei den Abschiebungen lehnen wir die geforderten zusätzlichen Kontingente derzeit aus verantwortungsethischen Gründen ab.

(Dennis Gladiator CDU: Seit wann überneh- men Sie Verantwortung?)

Wir plädieren für einen grundlegenden Wandel. Dann stimmen wir auch gern unter den geänderten Umständen einem derartigen Sonderprogramm für die wirklich Hilfsbedürftigen zu. Das ist das Dilemma der Verantwortungsethik in diesem Fall hier. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

(Christel Nicolaysen)

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf. – Es hat sich als Nächste zu Wort gemeldet Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Dr. Wolf, humanitär unter Bedingungen hat mit humanitär nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN und bei Anna Gallina GRÜNE)

Ich möchte auf Ihren Vortrag gar nicht weiter eingehen. Ich möchte zu dem Beitrag von Herrn Wysocki sagen: Sie haben recht, es gibt seit 2013 ein Landesaufnahmeprogramm Syrien, das bisher auch regelmäßig verlängert worden ist.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Es unterliegt aber – das ist ein Problem – ziemlich gravierenden Einschränkungen, denn es richtet sich an Verwandte ersten und zweiten Grades und es muss eine Verpflichtungserklärung vorliegen. Das hat dazu geführt, dass in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt 67 Menschen aufgrund dieses Landesaufnahmeprogramms nach Hamburg gekommen sind. Das sind wenige. Ich sage das ohne Vorwurf, ich stelle es einfach nur fest. Das kann man nicht dagegen ausspielen.

Ja, Hamburg hat sich – und da bin ich auch sehr froh, wir hatten hier im September die Diskussion nach dieser großen Seebrückendemonstration – bereit erklärt und hat das auch dem Bundesinnenminister klargemacht, ein sicherer Hafen zu sein und Geflüchtete, die aus Seenot gerettet wurden, aufzunehmen. Dafür, dass es so langsam geht, kann Hamburg nichts. Von den 185 Menschen, die aufzunehmen sich die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der vielen Zusagen aus Städten und Gemeinden bereit erklärt hat, sind 89, soweit ich weiß, jetzt in Deutschland. Oder umgekehrt, es sind 189 und 85; es kann jetzt sein, dass ich das durcheinanderbringe. Es sind jedenfalls weniger als 90 Menschen bisher angekommen. Dafür kann niemand etwas außer den Ländern, in denen sie festgehalten werden. Das ist in dem Fall Malta. Von diesen unter 90 Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, hat Hamburg drei aufgenommen. Das sage ich ohne Vorwurf, denn dafür kann Hamburg nichts. Obwohl sie on top kommen, werden sie nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt. Hamburg ist halt nicht Baden-Württemberg oder Bayern. Deshalb kommen wenige nach Hamburg. Deswegen kann man, finde ich, diese drei – und es werden dann noch ein paar mehr dazukommen – nicht gegen andere ausspielen.

Dann will ich noch an das Relocation-Programm erinnern. Wir hatten 2017 im Innenausschuss die Debatte auf Grundlage eines Antrags von uns, weil wir gesagt haben, Hamburg müsse Leute aus Grie

chenland und Italien aufnehmen. Da gibt es ein europäisches Relocation-Programm. Deutschland hat sich verpflichtet, 27 000 Geflüchtete aus Griechenland, Italien und der Türkei aufzunehmen. Davon sind bis zum 30. Oktober 2018 5 446 aus Italien und 5 931 aus Griechenland gekommen. Das sind nicht 27 500.

Hamburg hat gesagt – ich habe die Debatte nachgeschaut –, es verpflichte sich für 700, es sei realistisch, dass die kommen. Hamburg hat bis heute 456 aufgenommen. Das kann verschiedene Ursachen haben, aber das heißt eben, dass Hamburg keine 700 aufgenommen hat. Deswegen, finde ich, kann man auch das nicht ausspielen.

Zu Herrn Gladiator wollte ich sagen: Natürlich geht es nur in Absprache mit dem Bundesinnenministerium; das sieht der Paragraf 23 Absatz 1 vor. Aber der Bundesinnenminister hat in Brandenburg nach zweijährigem Zaudern, in Berlin schneller und in Schleswig-Holstein sehr schnell zugesagt. Es ist sozusagen mit ihm ausgehandelt worden. Auf dieser Grundlage hat dann Schleswig-Holstein – definitiv im November, aber schon im Juli beschlossen – dieses Landesaufnahmeprogramm in Kooperation mit dem Bundesinnenministerium und vor allem von Anfang an in sehr enger Kooperation mit dem UNHCR gemacht. Weil Sie teilweise ein bisschen anders gesprochen haben, will ich Ihnen sagen, dass es sich um ein humanitäres Aufnahmeprogramm handelt. Das kann man überhaupt gegen niemand anderen ausspielen, denn das sind Menschen, die in besonderer Not sind, die besonders schutzbedürftig sind. Das will ich noch einmal ausdrücklich betonen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Zu Frau Möller wollte ich noch sagen: Ja, wir sagen auch, der Senat solle Eckpunkte ausarbeiten. Ich finde es super, dass wir die verschiedenen Gesichtspunkte jetzt noch einmal im Innenausschuss diskutieren können. Vielleicht lässt sich das mit Libyen auch gar nicht realisieren, das alles weiß ich jetzt nicht. Wir wollten den Anstoß geben und sagen, der Senat – und das geht natürlich nur in Kooperation mit anderen, insbesondere mit dem UNHCR – solle Eckpunkte ausarbeiten. Wir sagen auch ausdrücklich, dass es natürlich super wäre, wenn es auch zu einer Kooperation mit Niedersachsen käme. Schleswig-Holstein hat ein Landesaufnahmeprogramm. Niedersachsen sträubt sich bisher. Es wäre gut, wenn man in der Kooperation mit anderen Bundesländern … In der Nachbarschaft kommt vielleicht Bremen in Frage, vielleicht Mecklenburg-Vorpommern. Dann könnte man sogar die Kapazität noch erweitern. Aber das alles können wir ausführlicher im Innenausschuss diskutieren. – Schönen Dank. Bis dann.

(Beifall bei der LINKEN und bei Mareike En- gels GRÜNE)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer möchte die Drucksache an den Innenausschuss überweisen? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Dann ist das mit größerer Mehrheit so überwiesen.

Wer möchte mitberatend an den Sozialausschuss überweisen? – Auch hier die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat dieses Überweisungsbegehren keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen zu Punkt 52 unserer Tagesordnung, Antrag der FDP-Fraktion: Bekenntnis zur Freiheit der Wahl.

[Antrag der FDP-Fraktion: Bekenntnis zur Freiheit der Wahl – Drs 21/16217 –]

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN, der SPD und der LINKEN: Die Hamburgische Bürgerschaft setzt sich für paritätische Wahllisten ein und diskutiert die Möglichkeiten eines Paritätsgesetzes – Drs 21/16385 –]

Die Debatte kann entfallen, nachdem wir das Thema bereits in der Aktuellen Stunde beraten haben. Wir können direkt zu den Abstimmungen kommen.

Ich frage Sie, wer die Drucksache an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen möchte. – Wer nicht? – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir stimmen in der Sache ab, beginnen mit dem gemeinsamen Antrag von GRÜNEN, SPD und LINKEN, den die CDU-Fraktion gern ziffernweise abstimmen lassen möchte.

Ich frage Sie also zunächst, ob Sie den Ziffern 1 und 2 des Antrags Ihre Zustimmung geben. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann sind Ziffer 1 und 2 bei einer Gegenstimme und etlichen Enthaltungen so beschlossen.

Wer möchte sich dann auch Ziffer 3 anschließen? – Auch hier die Gegenprobe. – Und die Enthaltungen? – Dann ist auch Ziffer 3 mit Mehrheit so beschlossen.

Wir kommen zum FDP-Antrag. Wer möchte diesen annehmen? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag abgelehnt.

Punkt 6 unserer Tagesordnung, die Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/15930 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/16103 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/16104 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 21/16105 –]

Ich beginne mit dem Bericht 21/15930. Wir führen zunächst die zu Ziffer 1 in unserer letzten Sitzung ausgesetzte Abstimmung fort.

Es bleibt zu fragen, wer sich hier noch den Ausschussempfehlungen zu den übrigen Eingaben anschließen möchte. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig.

Von den Ziffern 2 bis 4 haben wir Kenntnis genommen.