wächst, da haben wir ganz einfache Lösungen. Wir machen das mal so, dass wir keine Freihandelsabkommen haben wollen, wir machen das mal so, dass wir uns zurück in Kolonialstaaten flüchten beziehungsweise in eine Komfortzone, die eine Kleinstaaterei kennt.
Die, die uns heute eine Kleinstaaterei versprechen, versprechen uns eine Destabilisierung des ganzen europäischen Kontinents. Sie versprechen uns Millionen von Arbeitsplätzen und sie versprechen uns eines: den Import von wirtschaftlicher Macht und von politischen Systemen, die wir hier auf unserem europäischen Kontinent bewusst nicht haben wollen, weil sie Ausdruck von Rücksichtslosigkeit und Machtvollkommenheit ist und auf diesem Kontinent keine Zukunft haben wird, weil sie auch keine Vergangenheit hatte.
Ein Europa der Vaterländer ist nichts anderes als der Rückfall in Zollhürden, in unterschiedliche Maßeinheiten, in unterschiedliche Industrienormen und in den Verlust von Millionen von Industriearbeitsplätzen. Es wird unseren gesamten europäischen Kontinent enorm destabilisieren und uns auf der Weltebene keinerlei Mitspracherecht mehr geben. Schon heute gehören kaum noch Staaten der Europäischen Union den G8 oder sogar G10 an. Wir sind dann bedeutungslos, wenn es uns nicht gelingt, mit einer Stimme innerhalb der Welt auf unserem europäischen Kontinent zu sprechen.
Und wir werden auch keine gemeinschaftlichen Lösungen finden in der Welt, wenn es um die zerfallenen Kolonialstaaten geht und darum, die Flüchtlingsströme zu lenken. Man nimmt uns nicht mehr ernst, einmal abgesehen davon: Wer schließt noch mit den Niederlanden, Dänemark oder Deutschland Außenhandelsabkommen ab, wenn es Regionen in China und Indien gibt, die deutlich größer sind als fast die Hälfte Europas?
Unsere Zukunft Europas kann nur lauten: Wir müssen gemeinschaftlich Konflikte, die wir im inneren Kreis haben, überwinden und uns an unsere gemeinsamen Ziele erinnern, um gemeinschaftlich für die Zukunft die Interessen unserer Bevölkerungen nach vorn zu bringen und einen Wertekanon zu haben, den wir alle leben.
(Heike Sudmann DIE LINKE: Aber Ihre Ant- wort ist noch viel verblüffender! Das Thema heißt "Keinen Fußbreit den Rechten"!)
Frau Kollegin, geben Sie mir doch die Möglichkeit, meinen Satz zu beenden, dann erhelle ich Sie vielleicht auch.
Wir brauchen die Möglichkeit, unseren Wohlfahrtsstaat, unsere europäischen Ziele weiterhin zu pflegen, und wir brauchen die Möglichkeit, innerhalb der Welt mit einer Stimme zu sprechen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD – Heike Sudmann DIE LINKE: Das war keine erhellende Antwort!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Europäische Union hat sich um Europa verdient gemacht, verdient um den Frieden auf einem Kontinent, auf dem es so viel Krieg, so viel Zerstörung und so viele Gräueltaten gegeben hat. Die Europäische Union hat sich verdient gemacht dabei, dass wir selbstverständlich frei reisen können und dass wir auch beieinander willkommen sind. Die Europäische Union hat sich verdient gemacht beim Verbraucherinnenschutz, der Regulierung von Banken, beim Arten- und Naturschutz und bei der Sicherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Stabilität. Und das sollten wir uns gemeinschaftlich vor Augen führen, wenn wieder jemand um die rechte Ecke kommt und nörgelt, Europa würde sich nur um krumme Gurken kümmern.
Natürlich ist unsere Europäische Union nicht perfekt, aber sie ist einfach ein verdammt guter Anfang und sie ist die beste Idee, die wir auf diesem Kontinent jemals hatten.
Und die Rechten, ja, die Rechten sind ein sehr nerviges Problem. Wie groß das Problem ist, sehen wir vielerorts, aktuell in Österreich. Rechtsnationale Politiker sind verantwortungslos, sie sind bereit, das eigene Land für ein bisschen Wahlkampfhilfe zu verscherbeln. Sie versuchen, Rechtsstaatlichkeit auszuhebeln und die freie Presse einzuschränken. Und bei dem, was man auf dem Video zur Ibiza-Affäre sehen kann, handelt es sich natürlich nicht um ein singuläres Ereignis. Dieses Verhalten hat System und man kann sehen, in welches System sie wollen, die Rechtsnationalen, nämlich in einen korrupten antidemokratischen Staat, in dem es nur um den eigenen Machterhalt gehen darf.
Genau das darf man nicht tolerieren und deswegen darf man mit ihnen auch nicht koalieren, wenn man wirklich an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hängt.
Wir alle entscheiden doch, wie viel Raum wir den Rechtsnationalen geben wollen. Wir entscheiden gemeinsam darüber am Sonntag bei der Wahl als Wählerinnen und Wähler, aber wir entscheiden auch als Politikerinnen und Politiker darüber, wie viel Raum wir ihnen geben. Diese Wahl ist eine Demokratiewahl, und das nicht nur wegen der Rechtsnationalen. Es ist eine Demokratiewahl, weil es darum geht, dass wir ein handlungsfähiges Europa brauchen, ein Europa, das Lösungen findet, die so groß sind wie die Herausforderungen unserer Zeit.
Wir leben in einer Welt, in der sich vieles verändert, in der sich vieles neu ordnet. Deswegen brauchen wir ein Europa, das sich klar für unsere Grundwerte positioniert und entsprechend handelt. Und weil es den Staatschefinnen und –chefs häufig so schwerfällt, dabei zusammenzukommen, müssen wir das Europäische Parlament, das demokratisch legitimiert ist, endlich mit einem Initiativrecht ausstatten, anstatt es abzuschaffen, wie es die Rechtsnationalen fordern.
Ich bin mir sicher, wenn der Mut kommt, geht der Hass. Es ist die Aufgabe von uns demokratischen Parteien, den Menschen in Europa diesen Mut zu geben. Wir haben noch zwölf Jahre Zeit, um die Klimakrise aufzuhalten, zwölf Jahre, um dafür zu sorgen, dass der Lebensort von Menschen nicht dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer fällt. Nur zwölf Jahre, um unsere Energieversorgung, unsere Landwirtschaft und unsere Mobilität ökologisch zu organisieren. Und wir haben in Europa kein Erkenntnisproblem, sondern wir haben ein Handlungsproblem. Die Klimakrise ist die soziale Frage unserer Zeit, und deswegen ist ein soziales Europa und ein ökologisches Europa kein Widerspruch, sondern beides bedingt einander.
Kommt der Mut, geht der Hass, das bedeutet, wir müssen den Menschen auch den Mut geben, an uns zu glauben, indem wir dafür sorgen, dass es gerecht zugeht in Europa. Und gerecht ist ein europäischer Mindestlohn. Gerecht ist, wenn Frauen genauso viel Geld verdienen wie Männer. Gerecht ist, wenn die Liebe zählt und nicht das Geschlecht. Gerecht ist, wenn auch die großen Digitalkonzerne Steuern zahlen. Gerecht ist, wenn CO2 einen Preis bekommt und diejenigen, die es sich
nicht leisten können, Bonusmeilen zu sammeln, am Ende besser finanziell dastehen. Und gerecht ist ein Europa, in dem keiner untergeht. Deshalb sagen wir GRÜNE: Kommt, lasst uns dieses gemeinsame neue Europa bauen.
Und deswegen ist es so wichtig, dass viele Menschen auch in diesem Sinne tatsächlich am Sonntag zur Wahl gehen und vor allem Demokratie wählen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der Rede von Frau Gallina muss ich einmal kurz durchatmen, gerade am Ende so viel Gutes. Was sie da erwähnt hat, ist doch ein sehr hehres Ziel. Ich denke, diese Ziele sollten wir haben. Wir sollten aber nicht verkennen, dass wir die Bevölkerung erst einmal dazu bringen müssen – das, was sie am Ende gesagt hat –, dass sie wirklich wählen geht und die Wichtigkeit und den Wert dieser europäischen Gemeinschaft erkennt. Das scheint mir gerade im Wahlkampf im Moment eine Erkenntnis zu sein, die sich noch nicht ganz durchgesetzt hat.
"Keinen Fußbreit den Rechten!", für "Solidarität, Gerechtigkeit, Demokratie, Vielfalt" – das klingt durchaus vernünftig, auch und gerade vor dem Hintergrund der Ibiza-Affäre und dem Aufstieg populistischer Parteien in vielen europäischen Ländern in den letzten Jahren. Ich würde es trotzdem gern erweitern und würde meinen, dass es richtiger heißen sollte, keinen Fußbreit den Extremen.
Denn wir haben im Moment zweifelsfrei von der rechten Seite des Parlaments oder des Parteienspektrums, von Rechtspopulisten, von rechtsextremen Parteien, eine sehr viel größere Gefahr als von der anderen Seite. Aber wir haben auch, und das sollte man nicht verkennen, im Europäischen Parlament durchaus Fraktionen, die ebenfalls nicht unbedingt die Werte vertreten, die für uns alle hier als demokratische Mitte im Mittelpunkt stehen.
Der Fokus liegt im Moment auf den Rechtspopulisten, und das ist auch gut so. Besser wäre es natürlich, sie wären nicht so populär und so erfolgreich. Aber in der Tat, Herr Nockemann, ist das Verhalten von Herrn Strache kein singulärer Vorgang.
Das hat Ihr Chef, Herr Meuthen, gesagt, er wollte das etwas abwerten als singulären Vorfall. Das ist es sicherlich nicht. Aus den Äußerungen wird nämlich eines klar, und das zieht sich wie ein Faden durch die Argumentation vieler rechtsnationaler Parteien in Europa: Wogegen ist man eigentlich? Wogegen sind diese Parteien explizit? Meinungsfreiheit steht an erster Stelle. Unabhängige Medien, öffentlich-rechtlicher Rundfunk sind im Fokus. Den will man abschaffen, man will ihn durch Gefolgsleute ersetzen. Was hat man noch im Fokus? Siehe Polen: unabhängige Justiz, Verachtung des politischen Establishments in der EU. Diese Einstellung eint die extremen Rechten in Europa und Ungarn gilt als Vorbild. Das muss uns Warnung sein. Dazu kommt, mit Ausnahme von Polen in diesem Falle, ein enges Verhältnis zu Autokraten wie Putin, der diese Parteien auch noch finanziert; ein bemerkenswerter Vorgang.
Gerade im 70. Jahr unseres Grundgesetzes sollten wir doch die dort festgeschriebenen Werte auch in Europa erhalten und versuchen, durchzusetzen.
Die Rechte des Einzelnen, Meinungs-, Demonstrationsfreiheit, unabhängige Justiz, Menschenrechte, Wahlfreiheit, all diese Dinge, die wir schätzen gelernt haben in 70 Jahren Grundgesetz – vielleicht reden wir nachher noch darüber –, das sollte doch die Richtschnur sein, auch für das Zusammenwirken in der Europäischen Union. Hierfür sollten wir uns mit aller Kraft einsetzen. Und dort, wo dies nicht beachtet wird – ich sage das eindeutig, und das ist eine Sache, die mich sehr stört an der EU – wie zum Beispiel in Ungarn, muss es Konsequenzen haben. Es kann nicht sein, dass in diesen Fällen die wirtschaftlichen Interessen vorgehen vor dem Interesse an Grund- und Menschenrechten, die dort verletzt werden, und man trotzdem solche Länder weiterhin als Mitglieder in der EU behält. Das halte ich für nicht akzeptabel und das gilt es zu verhindern. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist heute mehrfach das sogenannte Ibiza-Strache-Video thematisiert worden. Daraus werden sofort wieder Angriffe gegen die AfD gefahren.