Protokoll der Sitzung vom 22.05.2019

(Jens-Peter Schwieger SPD: Natürlich, eine Partei!)

Natürlich wird das aufgeklärt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit ist das Redezeitkontingent der Aktuellen Stunde für heute aufgebraucht.

Wir kommen zu den Wahlen. Das betrifft die Tagesordnungspunkte 2 bis 4.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung – Drs 21/14765 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung – Drs 21/14934 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Kultur und Medien – Drs 21/14935 –]

Die Fraktionen haben vereinbart – Sie werden sich erinnern –, dass diese Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Alle drei Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem Stimmzettel ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig.

Ich bitte, nehmen Sie die Wahlentscheidungen nun vor.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Und nachdem Sie nun die Stimmzettel ausgefüllt haben, dürfen sie auch eingesammelt werden.

Nachdem Sie jetzt alle das Verfahren mit den Wahlhandlungen schon kennen und es unglaublich laut im Plenum ist, bitte ich jetzt noch einmal, die Stimmzettel einzusammeln. Dann kommen wir nämlich zu einer Neuheit. Einige sind neugierig und wollen das gern hören, die anderen nicht.

Dann frage ich: Sind alle Stimmzettel eingesammelt? Dann erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen. Das Ergebnis werden wir Ihnen wie immer im Laufe der Tagesordnung mitteilen.

Nun der interessierten Öffentlichkeit die Neuheit. Das Präsidium hat sich bei der Vergabe der Zeitbemessung in der Aktuellen Stunde verrechnet. Das ist natürlich besonders bedauerlich, weil ich so oft über Mathematikkompetenzen rede. Gleichwohl ist es hier ein Gemeinschaftsfehler. Wir haben

noch zehn Minuten. Deshalb werden wir das zweite Thema der Aktuellen Stunde, angemeldet von der FDP-Fraktion, für diese verbleibenden zehn Minuten aufrufen:

70 Jahre Grundgesetz – Unser Garant für die Freiheit, unser Kompass für die Zukunft

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Als Erste bekommt das Wort Frau von TreuenfelsFrowein für die FDP-Fraktion; erste Runde, fünf Minuten.

Liebes Präsidium, meine Damen und Herren! Da hat das Grundgesetz noch einmal Glück gehabt, dass es heute auch Erwähnung findet. Ich freue mich sehr darüber,

(Beifall bei der FDP und bei Milan Pein SPD)

in eine konstruktive Debatte mit Ihnen zu kommen und die Werte, für die wir, glaube ich, hier alle als Demokraten stehen, noch einmal mit Ihnen zu feiern.

Die Würde des Menschen, wir haben es heute in anderem Zusammenhang schon gehört, ist unantastbar. Mit diesem uneingeschränkten Bekenntnis kehrte Deutschland 1949 in die zivilisierte Welt zurück. Unsere Verfassung markierte die Abkehr von jeder Form der Diktatur, die Bindung aller staatlichen Gewalt, die Absage an Zwangskollektivismus, kurz: die Garantie für Freiheit und Wohlstand. Ihre Freiheit, meine Freiheit, die Freiheit aller Menschen, das ist der Kerngedanke des Grundgesetzes: der unbedingte Wert jedes Einzelnen. Und was einst als Provisorium angelegt war, hat sich nun 70 Jahre als Erfolgsverfassung in Europa bewährt,

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der SPD und bei Richard Seelmaecker CDU)

ein Garant für Frieden, Fortschritt und Freiheit. Darauf können wir alle hier, die wir so unterschiedlich sind und heute schon so gestritten haben, doch zusammen mit Recht stolz sein.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Verfassung definiert die Grundfesten einer modernen Gesellschaft. Lassen Sie mich einige wichtige benennen.

Artikel 5: Meinungsfreiheit und Pressefreiheit. Ohne freie Meinungs- und Willensbildung, ohne einen Wettbewerb der Argumente ist eine Demokratie nicht vorstellbar. Und wenn ein Land – wir haben es heute gehört – die Pressefreiheit einschränkt, dann ist das der erste Schritt in die Autokratie. Für aktuelle Beispiele müssen wir leider nicht sehr weit schauen, es reicht ein Blick nach Ungarn, und das ist für uns alle besorgniserregend.

Die Wahlergebnisse sind auf Seite 7685 zu finden.

Artikel 3: Gleichberechtigung der Geschlechter und das Diskriminierungsverbot. Eine Gesellschaft ist nur dann modern und offen, wenn alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, und das ist für uns alle hier nicht verhandelbar.

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Phy- liss Demirel GRÜNE, Nebahat Güçlü frakti- onslos und Richard Seelmaecker CDU)

Artikel 20: die Grundprinzipien unseres Rechtsstaats, der die Rechte jedes Einzelnen schützt. Die Menschen in unserem Land müssen auf einen funktionierenden Rechtsstaat und die Durchsetzung des Rechts vertrauen können. Daran zu arbeiten, ist unser aller Aufgabe. Und das ist umso wichtiger, als diese Fundamente international täglich und immer wieder angegriffen werden. Alle möglichen Extremisten – und da sind nicht nur die rechten, sondern auch die linken und die religiös motivierten – fordern unsere Werteordnung immer wieder offen heraus. Die Autokraten, die Diktatoren dieser Welt befördern diese Tendenzen, und das wird auch bei uns, in unserem Land, immer spürbarer.

Es gilt jeden Tag und überall: Der Geist der Freiheit des Grundgesetzes muss jeden Tag neu verteidigt werden. Es gibt keine Ewigkeitsgarantie. Unsere freie Gesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit, denn der Feind des Erhalts einer Demokratie ist und bleibt die Passivität.

(Beifall bei der FDP)

Daher ist es sehr wichtig, dass wir als Demokraten für unsere Verfassung einstehen,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sicher doch auch als Demokratinnen!)

und das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Die Werte unserer Verfassung müssen jeden Tag im Alltag gelebt werden. Freie Rede, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Gerechtigkeit, Toleranz und immer wieder – das hätten wir heute auch noch einmal gut praktizieren können – der Respekt für den anderen und den Andersdenkenden.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Verfassung setzt für immer gültige Werte, ist dabei aber auch offen für Neues. Sie ist eine lebendige Verfassung. Es ist an uns, diese Erfolgsverfassung für das 21. Jahrhundert weiterzuentwickeln. Eine absurde Rolle rückwärts, wie die Infragestellung der Eigentumsgarantie, wäre hier der völlig falsche Weg.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Wir brauchen keine Ideen von vorgestern, sondern Ideen für die Zukunft.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Ein Beispiel: Wir alle bewegen uns täglich im Internet, jeden Tag und immer wieder, und das wird in Zukunft nicht weniger werden. So ein elementarer Teil des täglichen Lebens, gerade auch für junge Menschen, muss sich in unserer Verfassung wiederfinden. Konkret bedeutet das: Wirksamer Datenschutz als Ausdruck von Persönlichkeitsrechten, auch digital gilt der Schutz der Privatsphäre.

Mit immer gültigen Werten, aber trotzdem offen für die gesellschaftlichen Veränderungen, so ist und bleibt unser aller Grundgesetz Garant für unsere Freiheit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Steinbiß von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Schön, dass wir über dieses Thema noch einmal reden können. 70 Jahre Grundgesetz, wirklich ein Grund zur Freude.

Im August 1948 war es, dass der Verfassungskonvent sich zusammensetzte am Herrenchiemsee und die ersten Vorbereitungen für unser Grundgesetz schuf. Die Alliierten waren damals übrigens gar nicht so richtig begeistert, zumindest die Sowjetunion hat natürlich das Vorhaben klar abgelehnt, aufseiten der Westalliierten gab es immerhin ein wohlwollendes Misstrauen. Danach gab es noch viele lange Debatten im Parlamentarischen Rat, und letztlich konnte dann am 23. Mai endlich das Grundgesetz verkündet werden.

Das Grundgesetz, das war von vornherein die Planung, sollte durchaus alles Gute aus der Weimarer Verfassung fortführen, aber eine ganz klare Antithese zum Nazistaat da sein.

(Glocke)

Herr Steinbiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Nockemann?