Die vorliegende Gesetzesänderung macht keine Abstriche am Therapiegedanken für die psychisch kranken Straftäter mit massiven Persönlichkeitsstörungen, die nach Paragraph 63 beziehungsweise 64 Strafgesetzbuch zur Behandlung in die forensische Psychiatrie eingewiesen wurden. Die jetzt vorliegende Änderung stärkt die Rechtssicherheit für Patienten, Besucher, Ärzte, Pflegepersonal und den Wachschutz und es stärkt die Pflicht zur Kontrolle. Damit wird auch den Interessen der Bevölkerung, die einen Anspruch auf Sicherheit hat, mehr entsprochen.
Daher ist es wichtig, dass das Landeskriminalamt als sicherheitstechnischer Berater, das Justizministerium, das Innenministerium und das Sozialministerium als Aufsicht sich nicht um Kompetenzen und Zuständigkeiten streiten, sondern sicherstellen, dass durch Koordinierung eine lückenlose Kette von Aufsicht und für den Fall der Fälle, wenn es in Zukunft also doch noch mal gelingen sollte, aus der forensischen Psychiatrie auszubrechen, ein Krisenmanagement entstehen. Das hat die Diskussion in der Vergangenheit bis heute auch an Positivem gebracht.
Meine Damen und Herren! Die Vorkommnisse in der bekannten Forensischen Psychiatrie unseres Landes und die dabei offen gewordenen Lücken innerhalb des Psych KG haben die CDU-Fraktion im Interesse aller Betroffenen dazu bewogen, sich konstruktiv in die Sachdiskussion einzubringen. Auf Drängen, insbesondere auf unser Drängen hin ist nach Auswertung der Schwachstellenanalyse die Gesetzesänderung in einem für dieses Haus hohen Tempo auf den Weg gebracht worden. Alle Seiten haben sich in kurzer Zeit auf ein Verfahren verständigt, das die Verabschiedung des Gesetzes heute möglich macht.
Das zu ändernde Gesetz berücksichtigt jetzt auch die Überwachung von Telefongesprächen und Besuchen, regelt die Bedingungen für die Durchsuchung von Patienten und Besuchern, regelt die Kontrolle von Briefen, Päckchen und Paketen und enthält Regelungen, unter welchen Bedingungen Wohn- und Schlafräume der Patienten durchsucht werden dürfen. Hier muss ich der Fairness halber und den Tatsachen geschuldet zugestehen, dass die Koalitionsfraktionen diesen Aspekt in ihrem Gesetzentwurf wirklich besser und umfänglicher geregelt haben.
Meine Damen und Herren! Der Sozialausschuss hat auf seiner Sitzung am 3. März einstimmig den Weg freigemacht, das Psychischkrankengesetz zu novellieren. Einziger offener Punkt zwischen Koalition und Opposition ist weiterhin die Frage nach der Zuständigkeit der Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte dahingehend, die Einrichtungen des Maßregelvollzuges so zu überwachen, dass die Maßregeln gegenüber dem einzelnen psychisch kranken Straftäter rechtmäßig und zweckmäßig vollzogen werden. Meine Damen und Herren, das heißt nichts anderes, als dass die betroffenen drei Gesundheitsämter in Mecklenburg-Vorpommern, ähnlich wie der Medizinische Dienst der Krankenkassen, bei jedem psychisch kranken Straftäter die Angemessenheit der individuellen Therapie zu prüfen hätten. Diese Therapien umfassen eine Komplexleistung aus vielfältigen ärztlichen, psychotherapeutischen, psychosozialen und heil
pädagogischen Maßnahmen im Kontext mit der bisher wenig erforschten forensischen Psychiatrie. Nicht zu vernachlässigen sind dabei gruppendynamische Komponenten, die auch in die Therapie einfließen.
Und daher, Frau Ministerin, weiterhin unser Antrag, dass wir das tatsächlich auf die Landesebene hochziehen. Nach Auffassung der CDU-Fraktion sind die Gesundheitsämter für eine solche komplexe Prüfung personell nicht ausgestattet und bieten daher nicht die erforderliche forensische Kompetenz. Eine zusätzliche Ausstattung der betroffenen Gesundheitsämter mit forensisch geschulten Psychologen übersteigt das bisherige klassische Aufgabenfeld der Gesundheitsämter und führt zu zusätzlichen Kosten.
Das hat nichts mit gemeindenah zu tun, es geht hier tatsächlich um fachliche Kompetenz. Wir wissen, dass das Gesetz etwa vor einem Jahr oder anderthalb Jahren geändert worden ist.
(Dr. Martina Bunge, PDS: Warum haben Sie anderthalb Jahre nicht angezeigt, dass sie es nicht können?)
Sie wissen, dass die Dinge durch die Ausbrüche ans Tageslicht gekommen sind. Daraufhin haben wir mit allen Gebietskörperschaften die Diskussion aufgenommen. Die Anhörung hat zu diesem Komplex einen Änderungswunsch auch durch die Gebietskörperschaften gebracht.
Und das haben wir jetzt nur noch mal aufgegriffen und verstärkt. Ich will mich darüber heute gar nicht mit Ihnen streiten. Diesem Gesetz stimmen wir heute trotzdem zu, auch wenn wir diesen Fakt heute nicht ändern können. Deswegen werden wir den Änderungsantrag trotzdem einbringen.
Meine Damen und Herren, ich wollte hier nur auf das Problem hinweisen. Gestatten Sie mir an dieser Stelle auch mal einen Dank. Und ich will diesen Dank durchaus auch der Ausschussvorsitzenden entgegen bringen, die durch eine sehr faire Verhandlungsführung es allen Fraktionen leicht gemacht hat, diese Gesetzesänderung gemeinsam zu beschließen.
Und ich sage auch Dank an das Sozialministerium, an den Staatssekretär Azzola, genauso den Dank an Sie, Frau Ministerin Bunge. Wir haben uns des Öfteren in der Sache gestritten, das ist ja auch jedem klar, aber ich denke, wir haben heute, wo das Gesetz zur Abstimmung steht, es geschafft, gemeinsam – und bei gutem Willen aller ist das ja auch möglich – ein Gesetz auf den Tisch zu legen, das mit breiter Zustimmung rechnen kann.
Meine Damen und Herren, einen weiteren Aspekt will ich hier noch nennen. Es ist auch in der Diskussion klar geworden, dass die Weiterbildungsmaßnahmen und
Schulungen für Ärzte, Pflegepersonal und Psychotherapeuten weiter gestärkt werden müssen. Und da ist das Land natürlich auch mit in der Pflicht.
Weitere Konsequenzen sind nach dem Fluchtgeschehen in besonderer Weise daraus entstanden, dass es jetzt ganz klare Dienstanweisungen gibt, wann, wer, welche Informationen zu geben hat. Das heißt, bei einem möglichen Ausbruch sind alle schriftlichen Daten unverzüglich der Polizei zuzustellen, auch wenn sie vorher mündlich der Polizei schon gegeben worden sind. Ich denke, das ist auch ein Ergebnis, über das man heute durchaus mal reden darf.
Meine Damen und Herren, wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Und ich hoffe, dass uns weitere Ausbrüche erspart bleiben, dass wir die forensische Psychiatrie im Land Mecklenburg-Vorpommern zur Ruhe bringen und dass die baulichen Maßnahmen, die vorgesehen sind, dann auch eine vernünftige Therapie ermöglichen, die einer gewissen Kontrolle bedarf. Dafür will sich die CDU heute einsetzen und diesen Gesetzestext auf den Weg bringen und ihm zustimmen. – Danke schön.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich finde es schon ein bisschen bedauerlich, dass augenscheinlich das Parlament nur dann Interesse an diesem Thema hat, wenn gerade Ausbrüche passiert sind, also wenn gerade so eine spektakuläre Aktion gelaufen ist.
Also das finde ich ein bisschen traurig. Aber ich denke, das, was Frau Dr. Seemann hier auch zum Ausdruck gebracht hat, können wir uns alle auf die Fahnen heften: Wir haben zügig an der Änderung dieses Gesetzes gearbeitet und damit dem dringenden Handlungsbedarf entsprochen. Und es zeigt sich für mich zumindest, dass bei weitestgehender Übereinstimmung zu den Sachfragen mit der entsprechenden fachlichen sowie juristischen Unterstützung, zum Beispiel des Sozialministeriums, Gesetzesänderungen auch in kürzester Zeit möglich sind. Dankenswerterweise haben daran auch Expertinnen und Experten mitgewirkt. Trotz der recht kurzfristig anberaumten Anhörung stellten sie sich zur Verfügung und haben mit ihren Hinweisen aus der theoretischen und praktischen Tätigkeit zur Ausgestaltung dieses Änderungsgesetzes maßgeblich beigetragen.
Auf die Hintergründe und Notwendigkeiten zur Gesetzesänderung wurde schon mehrfach hingewiesen, das möchte ich jetzt außen vor lassen. Eingehen möchte ich jedoch noch mal auf einzelne Schwerpunkte der Gesetzesänderung. Es ging darum:
2. eine klare Abgrenzung der Aufsichtspflichten zwischen kommunaler Ebene und Sozialministerium zu bekommen
4. Kontrollmöglichkeiten zur Durchsuchung von Besucherinnen, Besuchern, Überwachung von Besucherinnen und Besuchern und Telefongesprächen sowie von Postsendungen, Wegnahme von Gegenständen sowie zusätzliche Einschränkungen
Mit dem durch die Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf haben wir versucht, diesem Handlungsbedarf gerecht zu werden. Die Ergebnisse der Anhörung haben das in weiten Teilen auch bestätigt. So brachten die ärztlichen Leiter der forensischen Kliniken von Stralsund und Ueckermünde zum Ausdruck, dass durch die gewählten Änderungen dem therapeutischen und dem sicherheitsrelevanten Aspekt gleichermaßen Rechnung getragen wird und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gegeben ist. Ebenso ist die Abgrenzung der Aufsichtspflicht zwischen kommunaler Ebene und Sozialministerium als notwendig und dem Bedarf entsprechend eingeschätzt worden. Dies konnten sie auch anhand ihrer praktischen Erfahrungen mit den Patienten verdeutlichen.
Selbstverständlich gab es auch kritische Anmerkungen und Hinweise zur Ausgestaltung des Änderungsgesetzes. So vertraten die Vertreter des Landkreises Uecker-Randow und des Landkreistages die Auffassung, dass mit der vorgenommenen Änderung der kommunalen Ebene eine neue Aufgabe zugewiesen wird und diese von dem zuständigen Gesundheitsamt nicht geleistet werden kann, da das Fachpersonal nicht vorhanden sei. Diese Aussage hat bei der Mehrheit der Mitglieder des Sozialausschusses doch für erhebliche Verwunderung gesorgt, da die Fachaufsicht mit den entsprechenden Aufgaben bereits mit der 1998 vorgenommenen Änderung des PsychKG festgelegt wurde und es damals keinerlei Aussagen in ähnlicher Richtung gab. Zudem ist nach unserer Auffassung die Fachlichkeit dahingehend gesichert, da zum Gesundheitsamt der Landkreise und kreisfreien Städte der sozialpsychiatrische Dienst gehört, der gemäß geltendem PsychKG von einem Nervenarzt oder Psychiater geleitet werden soll.
Der von der CDU-Fraktion gestellte Änderungsantrag, die Fachaufsicht gänzlich dem Sozialministerium zu übertragen – heute erneut eingebracht –, wurde und wird von uns aus mehreren Gründen abgelehnt. Und auch das, was Herr Glawe hier eben noch einmal dargelegt hat, dass aufgrund der Bewertung der therapeutischen Arbeit die Fachaufsicht deswegen nicht geleistet werden kann, das ist explizit nicht Aufgabe von Fachaufsicht, sondern es geht dabei lediglich darum, ob und in welchem Umfang und in welchen Zeiträumen der Patient hier therapeutische Angebote bekommt. Das Inhaltliche, ob die Therapie, die angesetzt ist, richtig ist, das kann nur durch gutachterliche Tätigkeit praktisch festgestellt werden.
Erstens. Der Psychiatrieplan des Landes und das Psychischkrankengesetz regeln die Versorgung psychisch Kranker – einschließlich forensischer Patienten – gemeindenah. Eine Veränderung der Fachaufsicht im forensischen Bereich hätte somit auch Auswirkungen auf den allgemeinen psychiatrischen Bereich, würde die positiven Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern zunichte machen und notwendigerweise Änderungen des Psychiatrieplanes und des PsychKG zur Folge haben. Das wollen wir nicht.
Zweitens. Gemäß dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst hat das Gesundheitsamt die Fachaufsicht über alle Bereiche der gesundheitlichen Vor- und Fürsorge. Dazu gehört auch der sozialpsychiatrische Bereich. Eine Änderung der Fachaufsicht für den forensischen Bereich würde auch hierbei eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen notwendig machen. Auch das wollen wir nicht.
Drittens. Die Verlagerung der Fachaufsicht zum Sozialministerium wäre eine Zentralisation und unter den vorhandenen strukturellen und personellen Bedingungen nicht leistbar.
Wir möchten, dass auch der Bereich der forensischen Psychiatrie gemäß dem Psychiatrieplan und dem Psych KG so gemeindenah wie nur möglich ausgestaltet wird und die Fachaufsicht für den gesundheitsrelevanten Teil sowie die Krankenhaushygiene auf der kommunalen Ebene verbleibt. Dagegen soll die Fachaufsicht für den sicherheitsrelevanten Teil dem Sozialministerium zugeordnet werden.
Jedoch sehen wir es nach der Anhörung als notwendig an, dass die betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte umfassend informiert, geschult und eingewiesen werden entsprechend der vorgenommenen Gesetzesänderung. Daher haben wir dem Sozialministerium empfohlen, nach dem In-Kraft-Treten des zweiten Änderungsgesetzes mit den Verantwortlichen in den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte entsprechende Informations- beziehungsweise Schulungsveranstaltungen durchzuführen.
Weitere kritische Hinweise kamen von der Vertreterin des Datenschutzbeauftragen, insbesondere zum Problem des informationellen Selbstbestimmungsrechtes. Dieses haben wir in den Arbeitskreisen sowie im Ausschuss ausführlich diskutiert und mit entsprechenden Änderungen am Gesetzentwurf berücksichtigt. So wurde zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes aufgenommen, dass vor der beabsichtigten Überwachung von Telefongesprächen der Patient wie auch der Gesprächspartner beziehungsweise die Gesprächspartnerin davon in Kenntnis gesetzt werden.
Auch bei der Durchsuchung von Postsendungen wurde der Gesetzentwurf – hier auf Antrag der CDU – ergänzt. Das ist nunmehr nur im Beisein der betreffenden Personen möglich.
Eine weitere klarstellende Ergänzung betrifft die Zuständigkeit für die Anordnung einer Durchsuchung von Schlaf- und Aufenthaltsbereich. Die hier gewählte Formulierung „auf Anordnung des zuständigen Arztes“ trägt der Tatsache Rechnung, dass sich Situationen in einer Einrichtung ergeben können, in denen schnellstmöglich reagiert werden muss. Somit ist der diensthabende Arzt in der Verantwortung, diese Entscheidung zu treffen.
Aus der Anhörung ging ebenfalls hervor, dass der Zeitraum bei der Wegnahme von Gegenständen nicht klar geregelt ist. Hier hat der Ausschuss eine Ergänzung vorgenommen. Nunmehr ist festgelegt, die Wegnahme soll für die Dauer der Unterbringung erfolgen.
Einen aus unserer Sicht sehr bedeutenden Vorschlag des Verbandes der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker haben die Koalitionsfraktionen über die Form einer Entschließung realisiert. Der Verband hatte in der Anhörung gefordert, in den forensischen Kliniken das
Patientensprecherprinzip einzuführen. Die Diskussion während der Anhörung belegte, dass in der Klinik in Ueckermünde ein solches Instrumentarium schon existiert, in der Stralsunder Klinik dagegen noch nicht. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den einzelnen Kliniken ist es unserer Meinung nach sinnvoller, dass die Landesregierung dort auf die Bestellung von Patientensprechern hinwirkt, wo es noch nicht realisiert ist. Die untergesetzliche Regelung erscheint auch anhand der unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Kliniken des Landes sinnvoll.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz auf einen weiteren Änderungsantrag der CDU-Fraktion eingehen. Hier wurde vorgeschlagen, die Möglichkeit von Durchsuchungen in die Hausordnung mit aufzunehmen. Dies haben wir abgelehnt, da diese Durchsuchungen auf Einzelfallentscheidungen beruhen sollen und nicht wie im allgemeinen Strafvollzug zum Regularium gehören. Außerdem sind Eingriffe in die Grundrechte abschließend im Gesetz zu regeln, wie wir es getan haben.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, bis auf wenige Teile ist eine weitestgehende Übereinstimmung mit allen Fraktionen bei dieser Gesetzesänderung erzielt worden, was nicht oft der Fall ist. Des Weiteren kann ich konstatieren, wesentliche Punkte der Schwachstellenanalyse sind erfasst und, so meine ich, auch dadurch die hauptsächlichsten Ursachen für die Vorfälle beseitigt, die uns am Ende des letzten Jahres beschäftigten. Damit sollte auch die Grundlage für einen breiten Konsens in diesem Haus möglich sein. Ich bitte daher um Zustimmung zum Gesetz gemäß der Beschlussempfehlung. – Danke schön.