Annegrit Koburger
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Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin!
Frau Schnoor, es ist ja bedauerlich, dass Sie das nach zehn Jahren nun immer noch nicht verstanden haben,
was eigentlich die Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten ist, denn Gleichstellung hat was mit Männern und Frauen zu tun.
Wir wünschten uns, dass die Männer das schon etwas schneller begriffen hätten, dann bräuchten wir vielleicht andere Kräfte dafür.
Gleichstellung hat eben nicht was mit der reinen Anzahl von Frauen in bestimmten Berufsgruppen zu tun, sondern hat was mit Strukturen zu tun, die in einer Gesellschaft vorhanden sind, und mit Hierarchien, die diesen Strukturen innewohnen. Und die gilt es zu durchbrechen. Diese Hierarchien sitzen in unseren Köpfen. Und wir haben schon Untersuchungen angestellt und vorgelegt bekommen, wie sieht es in unseren Schulbüchern aus, wie sieht es in unseren Lehrplänen aus, wie werden dort Mädchen, Frauen, Jungen und Männer dargestellt. Und dort gilt es Veränderungen vorzunehmen, es gilt zu sensibilisieren im Umgang mit Mädchen und Jungen, die Koedukation anders auszugestalten, also den gemeinsamen Unterricht von Mädchen und Jungen. Und all das ist Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten.
Und noch etwas zu dem Bericht. Es geht in dem Bericht nicht darum zu konstatieren, wie das in den Schulen im Detail aussieht, sondern der Bericht dient dazu darzulegen, wie die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes in Gänze erfolgt. Und da ist es schon notwendig, ein gründliches Datenmaterial zu haben, um auch entsprechende Schlussfolgerungen für die Politik zu ziehen.
Mit der heute vorliegenden Beschlussempfehlung zum Zweiten Änderungsgesetz des Landesgleichstellungsgesetzes wird ein weiterer Schritt, wenn auch nur ein kleiner, zur besseren Anwendung des Gleichstellungsgesetzes gegangen. Bekanntlich wurde mit dem Ersten Änderungsgesetz das Landesgleichstellungsgesetz auch für die Schulen zur Geltung gebracht. Die ersten Erfahrungen, die hier engagierte Gleichstellungsbeauftragte gemacht haben, sagen, dass ihre Wirkung sich schwerpunktmäßig auf die Sensibilisierung zu gleichstellungspolitischen Fragestellungen, Probleme von Benachteiligungen innerhalb des Kollegiums wie auch auf Hinweise auf die Ausgestaltung von schulorganisatorischen Angelegenheiten der eigenen Schule beschränken.
Gesetzlich festgelegte Aufgaben wie die Beteiligung an Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren konnten durch diese Kolleginnen nicht realisiert werden, da die Entscheidungen nicht an der jeweiligen Schule, sondern in den Staatlichen Schulämtern und im Bildungsministerium fallen. Um auch im Bereich der allgemein bildenden und weiterführenden Schulen das Gesetz umzusetzen, wurde analog der Personalvertretung ein Stufenverfahren in Anwendung gebracht. Die nunmehr in den Staatlichen Schulämtern und im Ministerium zu wählenden Gleichstellungsbeauftragten beziehungsweise die Stellvertreterinnen haben die realen Möglichkeiten, auch beim Stellenausschreibungs- und Besetzungsverfahren mitzuwirken und somit dem Gesetz Rechnung zu tragen. Mit den hier zu beschließenden Änderungen folgen wir den praxisnahen Vorschlägen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Dafür auch noch einmal Dank an die Kolleginnen.
Meine Damen und Herren, wie eingangs erwähnt, ist die jetzige Änderung auch noch nicht ausreichend. Wir haben also einen kleinen Schritt zur Veränderung der praxisnahen Handhabung dieses Gesetzes gemacht. Die noch erforderlichen Änderungen werden in der kommenden Legislatur vorgenommen werden müssen.
Auf einige wesentliche Änderungen, die sich insbesondere aus der überarbeiteten EU-Richtlinie ergeben zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Erwerbsleben, möchte ich noch mal kurz eingehen:
Die Mitgliedsstaaten sollen nationale Stellen für die Durchsetzung der Chancengleichheit einrichten. Für unser Bundesland sind das dementsprechend die Landesgleichstellungsstelle und auch die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ebenso wie die Gleichstellungsbeauftragten in den einzelnen Bereichen. Alle Rechte nach dieser Richtlinie müssen gerichtlich kontrollierbar sei. Das heißt, die Rechte, die im Landesgleichstellungsgesetz verankert sind, müssen ebenfalls gerichtlich eingefordert werden können.
Des Weiteren ist vorgegeben, dass in Diskriminierungsfällen angemessene Strafen verhängt werden, es müssen also Sanktionen in das Gleichstellungsgesetz aufgenommen werden.
Positive Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern dürfen von den Mitgliedsstaaten
beschlossen werden. Daraus ergibt sich für uns, dass die bestehenden Regulierungsmaßnahmen zur verbesserten Teilhabe von Frauen im Bereich der höheren Laufbahnstufen zum Beispiel auf ihre Effektivität hin zu überprüfen und notfalls zu ändern sind.
Weitere Änderungen ergeben sich darüber hinaus aus der Unterrichtung zum Landesgleichstellungsgesetz beziehungsweise aus den Schulungen der unterschiedlichen Leitungsebenen, unter anderem auch bei der Personalverantwortlichen. Es ist eben noch lange nicht selbstverständlich, und das haben uns gerade die letzten Sitzungen des Petitionsausschusses deutlich gemacht, dass bei Stellenausschreibungs- und Besetzungsverfahren die Gleichstellungsbeauftragte von Anfang an mit einbezogen wird. Immer wieder müssen sie sich mit Nachdruck in Erinnerung bringen und die Einhaltung des Landesgleichstellungsgesetzes einfordern.
Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten haben Änderungsbedarf bezüglich ihrer Wirkungsmöglichkeiten und Handlungsspielräume aufgezeigt, den es zu diskutieren gilt. Es bleibt also noch reichlich Arbeit für uns.
Aber auch auf Bundesebene besteht noch erheblicher Handlungsbedarf. Zwar wird den Gleichstellungsgesetzen für den öffentlichen Dienst und im Allgemeinen immer beispielgebende Funktion für die private Wirtschaft zugesprochen, aber die Realität zeigt, das ist bei weitem noch nicht so. Mit Selbstverpflichtungserklärungen werden die erforderlichen Veränderungen nicht erreicht. Hier sind andere, weitergehende Schritte erforderlich. Wir brauchen also neben den Bundes- und Landesgleichstellungsgesetzen für den öffentlichen Dienst auch ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, im Übrigen ebenfalls eine Verpflichtung aus der vorhin erwähnten EU-Richtlinie. Unser Votum sollte deshalb zum einen hier für diese Beschlussempfehlung sein, sich aber auch gleichzeitig als Signal, als Initiative gegenüber der Bundesebene auswirken. – Danke schön.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident!
Schade, dass der Ministerpräsident rausgegangen ist, weil er vorhin behauptet hat, die Männer können besser einparken. Das wage ich zu bezweifeln.
Aber wer eingeparkt wird, kann eigentlich auch nicht behaupten, dass er es besser kann als Frauen, ne?! Das wollen wir mal festhalten. Aber das war nur ein Scherz am Rande.
Ich möchte noch mal ein paar Anmerkungen machen, die mir insbesondere aufgrund der Zwischenrufe, aber auch aufgrund der Redebeiträge von CDU-Mitgliedern auf dem Herzen liegen. Ich denke, wir sind vielleicht ein kleines Stückchen weiter mit Gleichstellung, wenn wir zum Beispiel bei dem Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familientätigkeit endlich mal die Männer fragen, wie sie denn das auf die Reihe kriegen, wo sie doch die Papis sind.
Es werden komischerweise immer nur die Frauen gefragt, wie sie das denn auf die Reihe kriegen. Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienarbeit ist eine Frage, die an beide Geschlechter gestellt wird.
Und wenn das hier oben bei uns drin ist, bei allen, vor allem bei den Führungsebenen,
dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter. Und ich denke – auch in dieser Hinsicht möchte ich noch mal an eine Kampagne erinnern, die, ich glaube, der DGB insgesamt mal gemacht hat vor vielen Jahren, als es darum ging, auch wirklich mal zu teilen, Erwerbsarbeitsplätze und die Arbeit in der Familie –, teilen, Jungs, das ist angesagt. Und da müssen wir endlich hinkommen.
Sozialhilfeabhängigkeit, ich habe hier schon ein paar Mal gesagt, dass erst, wenn wir solche Gesetze wie das Bundeserziehungsgeldgesetz nicht mehr haben, wo Frauen in die Sozialhilfe richtig reingedrängt werden, sondern andere Instrumentarien, erst dann können wir von einer gleichberechtigten Teilhabe reden. Und die Debatte, Frau Holznagel, um diese bezahlte Familienarbeit, die ist so alt, die hat einen Bart wie – wie hieß der noch mal, der da im Kyffhäuser sitzt, das habe ich schon vergessen –
Barbarossa. Barbarossa, genau. In den 70er Jahren, da wollte man versuchen, hiermit auch die, ich sage mal, Einkommenssituation von Frauen zu stärken. Aber sie würden in der Kleinfamilie festgehalten und hätten keine eigenständigen Rentenansprüche, auch mit diesem Einkommen nicht.
Doch nun zu dem Bericht.
Der Zwischenbericht zur Umsetzung – und ich betrachte ihn als einen solchen Zwischenbericht – der Landesgleichstellungskonzeption liegt uns also vor. Wir haben die ersten Ergebnisse zu bewerten und Schlussfolgerungen für die weitere Arbeit zu ziehen, denn mit der heutigen Debatte kann und sollte nicht Schluss sein. Ich denke, wir können heute berechtigterweise einschätzen, im Bereich der Gleichstellungspolitik haben wir gute Ergebnisse aufzuweisen und darauf können wir gemeinsam sehr stolz sein.
Als wir auf Initiative der PDS-Fraktion Anfang ’99 den Antrag zur Erarbeitung einer Landesgleichstellungskonzeption stellten, gab es nicht wenige Skeptikerinnen und Skeptiker hinsichtlich der Sinnhaftigkeit einer solchen Konzeption, und nicht nur in der Opposition. Frau Holznagel hatte allerdings für die CDU diese Skepsis gebündelt benannt. Einiges davon möchte ich in Erinnerung rufen. Unter anderem führte sie aus: Wir haben ein Grundgesetz, die Landesverfassung, das Landesgleichstellungsgesetz und ein weiteres Regularium wird nicht benötigt. Den Verantwortlichen seien damit ausreichend Instrumente in die Hand gegeben für Veränderungen in der Gleichstellung. Die Erarbeitung einer Landesgleichstellungskonzeption soll nur den Wünschen, insbesondere finanziellen, von Lobbyisten – man beachte die männliche Sprachform! – Rechnung tragen.
Hier soll lediglich noch einmal aufgeschrieben werden, was die Landesgleichstellungsbeauftragte so oder so zu leisten hat, als wäre Gleichstellungsarbeit nur Sache der Landesgleichstellungsbeauftragten. Eine solche Konzeption ist das Papier nicht wert, weil der Wille zur Umsetzung bei den Verantwortlichen fehlt. Zu viele Reglementierungen, dadurch würden Verantwortliche das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Und, als Letztes noch genannt, es wird lediglich ein kostenverursachender Papiertiger produziert. So weit Frau Holznagel. Ich bin sehr froh und auch stolz darauf, dass wir mit der nunmehr vorgelegten Unterrichtung und den darin dargelegten Ergebnissen die Bedenken der Zweiflerinnen und Zweifler entkräften konnten.
Doch nun zur Bewertung der vorliegenden Ergebnisse, die ich auch noch mal im Kontext der von uns im März ’99 gestellten Anforderungen an die Landesgleichstellungskonzeption inhaltlich und formell vornehmen möchte. Welche Anforderungen hatten wir gestellt?
1. strikte Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes, wie er im Grundgesetz verankert ist, und damit auch die Umsetzung des Handlungsauftrages des Staates
2. Analyse der vorhandenen Strukturen und Erarbeitung der daraus erforderlichen Maßnahmen, um diese zu verändern – wenn es notwendig ist!
3. Sicherung eines ressortübergreifenden Handelns einschließlich der Bereitstellung der erforderlichen Mittel in den einzelnen Ministerien
4. Ausgestaltung arbeitsmarktpolitischer Initiativen
5. Neuaufnahme von Bildungsinhalten, Beachtung der gestellten Anforderungen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Lehrbuchgestaltung und der Lehrbuchauswahl
6. neue Herangehensweise bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder
Diese für uns neuen und wesentlichen Forderungen wurden schon bei der Erarbeitung der Landesgleichstel
lungskonzeption berücksichtigt. Das widerspiegelt sich in der Struktur der Landesgleichstellungskonzeption, also ausgehend von der Analyse beziehungsweise der Sachstandsdarstellung, den Handlungsperspektiven wie auch den aufgezeigten Maßnahmen. In allen Einzelmaßnahmen war und ist zu erkennen, dass Verantwortliche sowohl in den Ministerien wie auch in den nachgeordneten Einrichtungen konkret handeln können. Auch die Herangehensweise, mit Fortbildungsmaßnahmen in der Führungsebene zu beginnen, fand und findet unsere ausdrückliche Unterstützung. Natürlich reicht das noch nicht aus. Es hat eine erste stattgefunden, aber es muss weitergehen.
Einige Maßnahmen sind uns noch nicht konkret genug ausformuliert und die Ausfinanzierung lässt noch viele Wünsche offen. Kritisch angemerkt wurde auch, auch von den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, dass die zeitliche Rahmensetzung und die verbindliche Ausfinanzierung noch nicht konkret genug formuliert waren und sind. Es gab, auch aus den jahrelangen Erfahrungen mit der Politik, die nicht ganz unbegründete Befürchtung seitens dieser Gleichstellungsbeauftragten, hier würden zwar hehre Ziele formuliert und sich gesetzt, aber ohne außerparlamentarischen Druck wird dann an der Umsetzung so und so nicht gearbeitet beziehungsweise sie würde längst auf sich warten lassen.
Meine Damen und Herren, sehr zielstrebig und in guter Kooperation zwischen Landesgleichstellungsbeauftragter, den gleichstellungspolitischen Sprecherinnen der Fraktionen und Vertreterinnen von Frauenverbänden, insbesondere dem Landesfrauenrat, wurde an der Umsetzung der Landesgleichstellungskonzeption gearbeitet. Sichtbare Ergebnisse liegen uns vor:
Das von der EU vorgegebene Gender-MainstreamingPrinzip als politische Methode und Instrument zur Verbesserung der Chancengleichheit in allen Bereichen der Politik findet sich in der Landesgleichstellungskonzeption und in den Ergebnissen wieder. Mit den eingeleiteten Maßnahmen konnten strukturelle Diskriminierungen für Frauen benannt und teilweise auch zu dessen Abbau beigetragen werden.
Ein weiterer Schritt sind die speziellen Fördermaßnahmen für Frauen in der Wirtschaft. Wie bekannt, sind die Bedingungen in diesem Bereich wenig auf frauenspezifische Aspekte ausgerichtet beziehungsweise werden kaum berücksichtigt. Wir kennen die Hürden, und das ist hier schon erwähnt worden, zum Beispiel beim Aufbau einer eigenen Selbständigkeit durch das Anzweifeln der Kreditwürdigkeit von Frauen und anderes mehr. In diesem Zusammenhang begrüße ich es auch sehr, dass es uns gelungen ist, die Kürzung der Mittel für die Existenzgründerinnen teilweise wieder zurückzunehmen. Allerdings sollte man hier, wie Frau Holznagel schon dargelegt hat, noch mal hinterfragen, inwieweit wir dieses Programm nicht doch wieder als ein Förderprogramm für Frauen machen, weil es Männern in erster Linie eben nicht so geht.
Besonders nennenswert für mich sind auch Ergebnisse im Bildungsbereich. Wie wir alle wissen, Grundlagen für Chancengleichheit, soziale Kompetenzen wie auch Vermittlung von Werten wie Humanismus, Demokratie und anderes werden in der frühen Kindheit gelegt. Umso wichtiger sind demzufolge bereits eingeleitete Veränderungen bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagoginnen und Pädagogen, Weiterentwicklung der Curricula, Durch
führung von ausgewählten Fachtagungen oder die Unterstützung von Projekten in der außerschulischen Kinderund Jugendarbeit, die den bislang tradierten Rollenbildern und dem darauf aufbauenden Rollenverhalten bei Mädchen und Jungen entgegenwirken.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich das gerade gestern beschlossene Landeshochschulgesetz. Der Ministerpräsident ist ja ausführlich darauf eingegangen. Ich möchte es nur ganz kurz machen. Dieses Gesetz ist für mich ein beredtes Beispiel dafür, dass wir gleichstellungspolitisch einen Paradigmenwechsel eingeleitet haben, nämlich von einer reinen Frauenförderung hin zum Leitprinzip Chancengleichheit für Frauen und Männer, einschließlich der Frauenförderung.
Ich will es bei diesen beiden Beispielen belassen und mich noch einmal auf einen wesentlichen Teil der Konzeption beziehen, mich dem zuwenden, und zwar der Umsetzung des Landesaktionsplanes zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder. Und ich hatte es auch damals bei der Auseinandersetzung um diesen Landesaktionsplan gesagt, nichts ist so konkret wie gerade in diesem Landesaktionsplan.
Wir haben konkrete Schritte vorgeschlagen, wir haben konkrete Analysen vorgeschlagen, wir haben konkrete Schritte schon eingeleitet. Was ein Gesamtkonzept ist, sollte zumindest jemand, der wie Frau Holznagel diese politische Erfahrung hat, wissen, der sollte wissen, dass das eben zusammengefügt ist aus einzelnen Teilkonzepten, die in diesem Landesaktionsplan enthalten sind beziehungsweise erarbeitet wurden.
Mit diesem Landesaktionsplan und seinen ersten Umsetzungsergebnissen haben wir in der Bundesrepublik Deutschland einen Meilenstein gesetzt. Dank der guten, sehr guten Vorarbeit durch das Modellprojekt CORA ist es uns gelungen, die polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten in Fällen häuslicher Gewalt zu erweitern, sprich die Wegweisung des Täters für 14 Tage, ein landesweites Netz der Interventionsstellen, die nach dem proaktiven Ansatz arbeiten, aufzubauen, finanziell langfristig zu sichern und ein Gesamtkonzept für die Arbeit mit gewalttätigen Männern zu entwickeln.
Dieses Konzept berücksichtigt sowohl Gewalttäter, die sich selbst melden, als auch diejenigen, die auf der Grundlage einer richterlichen beziehungsweise staatsanwaltlichen Anordnung dort vorstellig werden. Unsere Erfahrungen sind bundesweit gefragt. Das beweisen unter anderem die zahlreichen Nachfragen und Bitten an die Mitarbeiterinnen der Landeskoordinierungsstelle CORA als Referentinnen zu den unterschiedlichsten Veranstaltungen, aber auch wir Politikerinnen sind dort mehrfach schon angefragt worden und haben solche Veranstaltungen bestritten.
Meine Damen und Herren, im März 1999 habe ich die Frage aufgeworfen, wozu eine solche Landesgleichstellungskonzeption. Bei der Beantwortung der Frage habe ich mich maßgeblich auf das im Grundgesetz Artikel 3 Absatz 2 wie auch in Artikel 13 der Landesverfassung festgeschriebene Gleichberechtigungsgebot und den konkret ausformulierten Handlungsauftrag des Staates
bezogen. In allen Debatten zur Gleichstellungspolitik in diesem Hohen Hause habe ich immer wieder deutlich gemacht, dass es hierbei um eine Grundfrage der Demokratie in unserer Gesellschaft geht.
Nach meiner Einschätzung sind wir mit dem jetzt und vor allem so beschrittenen Weg einen Schritt zu mehr Demokratie gegangen und sollten ihn auch fortsetzen. Wir haben auch mit der Landesgleichstellungskonzeption die Chance genutzt, neue politische Ansätze in die Landespolitik einzubringen, und können gute Ergebnisse aufweisen. Mit Befriedigung und Stolz stelle ich heute fest, dass wir auf dem Gebiet der Gleichstellungspolitik in dieser Legislaturperiode ein gutes Stück vorangekommen sind.
Meine Damen und Herren, trotz der erreichten Ergebnisse müssen wir heute konstatieren, auch in Mecklenburg-Vorpommern konnten oder können wir weder durch ein geändertes Gleichstellungsgesetz noch durch die Landesgleichstellungskonzeption allein die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern erreichen. Aber mit der veränderten politischen Betrachtungs-, Bewertungs- und Herangehensweise haben wir endlich ein vernünftiges Fundament geschaffen, auf dem wir ein Gebäude errichten können, dem eine sehr lange Lebensdauer prognostiziert werden kann und das zudem unserer veränderten Landesbauordnung entspricht, weil es barrierefrei ist. Das habe ich auch auf der Delegiertenkonferenz des Landesfrauenrates am 6. Juni 2002 in Neubrandenburg so herausgearbeitet.
Dank sage ich allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, die diesen begonnenen Bau – um im Bilde zu bleiben – hiermit verwirklicht haben, und wir sollten auch in der kommenden Legislatur weiter daran arbeiten, diesen Bau also fortführen und sehr facettenreich ausschmücken, vielleicht so im Stile von Gaudi, ein sehr interessanter Baustil, sehr vielfältig, würde auch Frauen sehr gut gefallen. Die Landesgleichstellungskonzeption ist weiter auszugestalten und es ist beharrlich an ihrer Umsetzung zu arbeiten. Dafür sind sowohl personell als auch finanziell verlässliche Grundlagen zu schaffen und im Haushalt festzuschreiben.
Meine Damen und Herren, diese Forderung ist für mich eine gute Überleitung zu meinem letzten Anliegen. Die hier ausgeführten Ergebnisse, ja, ich möchte sagen, in Fachkreisen bundesweit beachteten Erfolge sind vor allem Ergebnis des Wirkens einer Person. Sie wissen sicher schon, welcher Name jetzt kommt – Frau Karla Staszak, unsere Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Parlamentarische Staatssekretärin in der Landesregierung. Karla Staszak trat 1990 in meiner Heimatstadt an, um die neuen Chancen für Frauen gemeinsam mit Frauen zu nutzen. Diese Aktivitäten führten dazu, dass Karla bereits 1994 ihr Amt auf Landesebene übernahm. Mit beispielhaftem Engagement und vor allen Dingen mit sehr viel Herz und Verstand gelang es ihr, die unterschiedlichen Interessen und Ansprüche der Frauen zu bündeln und ein arbeitsfähiges Netzwerk im Land zu knüpfen.
Dafür stehen insbesondere der Landesfrauenrat mit seinen 38 Mitgliedsverbänden und Vereinen sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Und ganz wichtig, Karla schaffte es auch im Kabinett, den Forderungen der Frauen Gehör zu verschaffen.
Für mich war und ist sie eine gleichgesinnte Mitstreiterin und Vorbild zugleich. Ich sage heute Dank und schade, liebe Karla, dass du aus deinem Amt ausscheidest. Aber auch das, denke ich, zeichnet Frauen und dich besonders aus, zu wissen, wann man den Staffelstab übergeben sollte. Nochmals herzlichen Dank und alles Gute für dich persönlich und für die neuen Aufgaben, die du in Angriff nehmen möchtest.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident!
Herr Glawe, an Ihrer Fachlichkeit wage ich nun wirklich heftigst langsam zu zweifeln. Was Sie hier heute vorgetragen haben bezüglich unseres Antrages, spottet jeder Beschreibung.
Da werden Beschäftigte in den Kassen zu den sozialen Berufen gezählt. Ich sage mal, außer dem MdK – da könnte man es noch weitläufig mit einfassen, weil da ja Ärztinnen und Ärzte mit involviert sind – sind die anderen Verwaltungsangestellte und Verwaltungsfachberufe,
haben also in dem Sozialberufsbereich nichts zu tun. Das als Erstes.
Und sicherlich hat die Belastung von Pflegefachkräften auch was mit Qualität in den Einrichtungen, egal jetzt ob im Krankenhaus oder im Pflegebereich, zu tun.
Aber was das mit der Sicherung der Fachkräfte anhand der Bedarfe zu tun hat,
das erschließt sich nun für keinen hier in diesem Haus. Und die Pflegestufe 0 ist eben kein Pflegebedarf im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes.
Deswegen gehen sie raus aus dem Heim
und es wurden Übergangslösungen gefunden, weil wir Alten- und Pflegeheime hatten.
Und den Investitionsstau im Kita-Bereich mit unserem Antrag in Zusammenhang zu bringen,
das hat ja nun überhaupt gleich gar nichts damit zu tun.
Frau Dr. Seemann hat ganz richtig gesagt,
Ihr Antrag ist nicht nur nach hinten gewandt, sondern ganze Teile Ihres Antrages – deswegen ist er auch völlig überflüssig – sind in unserem Antrag mit erfasst.
Wir möchten, dass hier analysiert wird, das heißt, man betrachtet die Ist-Situation und das, was gewesen ist, und daraus sollen dann Schlussfolgerungen gezogen werden, wie es zukünftig weitergeht. Und die Zukunft, wie gesagt, die fehlt bei Ihnen vollkommen. Bei Ihnen funktioniert augenscheinlich das immer noch so: „Zurück in die Zukunft“. Da wollen wir aber nicht hin, wir wollen vorwärts in die Zukunft.
Meine Damen und Herren, wie mein Kollege Herr Koplin bereits in seiner Einbringung sehr ausführlich darlegte, ist der hier zur Debatte stehende Antrag der Koalitionsfraktionen im engen Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung zu betrachten und einzuordnen. Mit den Konsequenzen und notwendigen Richtungsentscheidungen für die Politik aus dieser Entwicklung haben wir uns gestern, und das ist hier schon mehrfach erwähnt worden, und auch in den Ausschüssen und Expertenanhörungen ausführlich befasst. Ich erinnere, wie gesagt, an die gestrige Debatte ebenfalls. Die allgemeine demographische Entwicklung mit dem steigenden Anteil älterer Menschen geht einher mit dem sozialen Wandel.
Eins möchte ich hier noch herausstellen: Älterwerden bedeutet nicht gleich Pflegebedürftigkeit.
Ich meine damit nicht gleich die Eingruppierung in eine Pflegestufe 1 bis 3. Älterwerden ist nicht Pflegefall, im Gegenteil,
auch in der dritten Lebensphase sind erhebliche Interessen und Bedürfnisse nach gesellschaftlicher Teilhabe, nach neuem Wissen, nach sportlicher, kultureller Betätigung durchaus vorhanden. Sie bedürfen jedoch auch einer fachspezifischen Begleitung.
So sind Erzieherinnen für mich nur bedingt geeignet für den Einsatz in der Seniorenbetreuung. Und umgekehrt, denke ich, ist das ebenso der Fall. Eine examinierte Altenpflegerin ist nicht gleich einer Fachkraft für einen KitaBereich. Dieser Umstand findet in der Praxis unzureichend Beachtung und muss auch in der Aus- und Weiterbildung unbedingt berücksichtigt werden.
Auf einen weiteren Aspekt möchte ich hinweisen, den auch Herr Koplin hier schon erwähnt hatte, den sich vollziehenden sozialen Wandel in unserer Gesellschaft. Singularisierung, Individualisierungstrend und Pluralisierung der Lebensstile und der persönlichen Lebensplanung prägen immer mehr das soziale Zusammenleben mit völlig neuen sozialen Beziehungen. Daraus erwachsen neue Anfragen, Anforderungen nach den sozialen Diensten. Es ist festzustellen, dass traditionelle Beziehungen zum Beispiel in der Familie, was so bisher üblich war, Pflege von Angehörigen, Betreuung von Kindern in der Folge des sozialen Wandelns und der sich gravierenden Veränderungen in der Arbeitswelt wie bisher eben nicht mehr vorhanden sind, ja sogar nicht mehr möglich sind. Sie müssen also ergänzt beziehungsweise ersetzt werden durch staatliche, gemeinnützige, gewerbliche Angebote und ehrenamtliche Hilfen. Diese Angebote, im weitesten Sinne soziale Dienste, bedürfen qualitativer Standards und daran ausgerichteter Fachkompetenz, die ohne fundierte und differenzierte Grundausbildung nicht zu leisten sind.
Wie dem jetzt abgeholfen wird, haben Frau Ministerin und auch Frau Dr. Seemann hier schon deutlich dargelegt, durch die Veränderungen von gesetzlichen Grundlagen. Diese differenzierte, auf die jeweilige Altersgruppe bezogene Fachausbildung erfordert vorausschauende Planung und die notwendigen Zeiträume. Für mich ist diese Rechnung eigentlich relativ schnell auszumachen. Erstens die Analyse der erforderlichen Bedarfe: Hier meine ich kleinräumige Sozialraumanalysen, langfristig funktionierende Sozialberichtssysteme und darauf aufbauend Sozialraumplanungen auf den unterschiedlichsten Ebenen und zweitens die Analyse der Beschäftigungsstruktur nach Alter und vorhandener Qualifikation, spezifiziert nach den unterschiedlichsten sozialen Diensten.
Der Soll-Ist-Vergleich ist zu ziehen und wir haben den Bedarf. Um diesen dann decken zu können, bedarf es wiederum einer frühzeitigen Berufsorientierung an den Schulen und der darauf ausgerichteten Ausbildung an den entsprechenden Berufseinrichtungen beziehungsweise Fachhochschulen, Fachschulen, Hochschulen wie auch an den Universitäten.
Meine Damen und Herren, keine Angst, ich meine keineswegs, wie wir es auch noch kennen, eine staatliche
Verordnung und Berufslenkung oder gar Zuweisung von Absolventinnen und Absolventen. Ich plädiere aber für die Wahrnahme der Verantwortung durch die Landespolitik hier im Plenum wie aber auch in der Regierung für diese Konsequenzen, die sich objektiv sowohl aus der demographischen Entwicklung wie auch aus dem sozialen Wandel, wie ich es eben dargelegt habe, in den vielschichtigen örtlichen, sehr differenziert dargestellten Problemlagen ergeben.
Mir und sicherlich auch Ihnen ist bekannt, dass bereits umfangreiche Studien zur Veränderung in der Nachfrage nach Arbeitskräften für die verschiedensten Berufsbereiche und Arbeitsfelder vorliegen. Diese sollten sehr schnell ausgewertet und mit den erforderlichen Konsequenzen versehen werden. Die Verantwortung sehen wir aber auch bei Gewerkschaft, Wohlfahrtsverbänden und bei der Politik hinsichtlich der Erhöhung der Attraktivität der sozialen Berufe. Das Tarifgefüge zum Beispiel zwischen sozialen Berufen und anderen Berufen ist unberechtigterweise nach wie vor weit auseinander klaffend.
Und auch das Tarifgefüge zwischen Ost und West – wenn wir dem endlich begegnen, können wir einen Schritt zur Erhöhung der Attraktivität sozialer Berufe leisten durch eine tarifgerechte Bezahlung. Eine Krankenschwester möchte eine entsprechende Vergütung für ihre schwere aufopferungsvolle Arbeit, ebenso eine Erzieherin in einer Krippe, in einem Kindergarten, in einem Hort beziehungsweise in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Es ist nicht hinnehmbar, dass in diesen Bereichen, wie in vielen anderen auch sicherlich, untertariflich bezahlt wird.
Zu den Arbeitsregimen: Ich sage mal, die Klage, die Ärztinnen und Ärzte erhoben haben vor dem Europäischen Gerichtshof hinsichtlich der Bereitschaftsstunden, ist nur ein klitzekleines Beispiel. Wir haben in den sozialen Berufen Arbeitsregime, die so nicht mehr hinnehmbar sind im Interesse der Schonung der Arbeitskräfte, aber auch im Interesse der Verbesserung der Attraktivität dieser Berufe. Noch dazu, weil der demographische Wandel uns bundesweit dazu auffordert, weil wir hier größere Bedarfe in Zukunft haben werden.
In diesem Sinne sind die sozialen Berufe, die sozialen Dienste für mich also auch ein zukunftsträchtiger Arbeitsmarkt und wir sollten junge Leute anspornen, sich hier mit einzubringen. Wir bereiten somit die zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gut darauf vor und sind dann auch für die zu Pflegenden, zu Betreuenden entsprechend in guter Qualität gerüstet. – Danke schön.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Der Siebente Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten dokumentiert erneut die Notwendigkeit dieses Verfassungsorgans für die Einwohnerinnen und Ein
wohner unseres Landes. Die Zahlen der Inanspruchnahme von Sprechstunden belegen das ausdrücklich. Das symbolisiert den wachsenden Bekanntheitsgrad dieser Institution ebenso wie das steigende Bedürfnis von Einwohnerinnen und Einwohnern, mit Hilfe der Bürgerbeauftragten persönliche beziehungsweise gesellschaftliche Probleme zu lösen oder Vorschläge für Veränderungen an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger heranzutragen. Damit entspricht sie der Funktion, Mittlerin, aber auch Anwältin für die Einwohnerinnen und Einwohner gegenüber dem Handeln der öffentlichen Verwaltung aller Ebenen und den Auswirkungen gesetzlicher Regelungen zu sein, mit zunehmendem Erfolg. Die aktive Unterstützung seitens der OberbürgermeisterInnen, LandrätInnen, BürgermeisterInnen bei den zahlreichen Außenterminen der Bürgerbeauftragten lässt zudem für uns erkennen, dass kommunale Verwaltungen und Verantwortliche in zunehmendem Maße in dieser Institution eine Unterstützung hinsichtlich der Ausgestaltung einer bürgernahen, transparenten Kommunalpolitik und des Verwaltungshandelns ihrerseits sehen.
Bei allen positiven Entwicklungen, die wir hier zu konstatieren haben, werden jedoch zahlreiche Unzulänglichkeiten erneut aufgeführt. Meine Damen und Herren, allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Das wissen wir. So und ähnlich könnte man das Beziehungsgeflecht zwischen Verwaltungen der unterschiedlichen Ebenen und den Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes bezeichnen. Dennoch müssen wir bedauerlicherweise erneut feststellen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen, egal ob in der Kommune, im Landkreis oder in der Landesverwaltung, entweder gar nicht oder immer mal nicht verstanden haben, dass sie die Dienstleisterinnen und Dienstleister für die Einwohnerinnen und Einwohner sind.
Es zeichnet sich ab, dass vereinzelt sogar das Grundrecht auf Petitionen eingegrenzt wird, indem Petentinnen oder Petenten unter Druck gesetzt werden, wie das im Bericht zum Ausdruck kommt. Das ist nicht hinnehmbar. Ebenso ist zu kritisieren, dass nach wie vor die Bearbeitungsdauer – Herr Nitz hat das ja auch schon mit angesprochen – in Behörden über Gebühr lange Zeit in Anspruch nimmt. Verfahrensdauern von 23 Monaten wie bei dem Beispiel mit dem Erwerbsunfähigkeitsrentenantrag oder von gar vier Jahren für einen Widerspruch dienen keinesfalls dazu, Vertrauen in das bürgernahe und rechtsstaatliche Verwaltungshandeln zu festigen, und sind nicht hinnehmbar.
Für die Hinnahme von rechtswidrigen Zuständen durch Verwaltungen gilt das ebenso. Diese Zustände sind auch nicht mit personellen Problemen zu entschuldigen. Nach unserer Auffassung und Analyse der Problematik zeigt sich, dass hierfür oftmals strukturelle Mängel innerhalb der Verwaltung selbst oder fehlende Kontrollmechanismen ursächlich sind.
Bedauerlich ist ebenfalls, dass Verwaltungen ihrer beratenden Aufgabe ungenügend nachkommen. Es könnten damit Unzufriedenheit auf beiden Seiten vermieden werden und sicherlich auch so mancher Rechtsstreit. Ausgangspunkt kann also nur die Frage sein: Wie sehen
wir denn den Menschen, der vor uns sitzt? Als Bittstellerin oder Bittsteller oder eher als Partnerin oder Partner, der ein berechtigtes Anliegen vorträgt oder auch nicht, dem ich das dann aber auch verständlich und plausibel erläutern muss?
Meine Damen und Herren, in den vorgenannten Debatten haben wir die Arbeit der Bürgerbeauftragten und deren Empfehlungen einschließlich deren Umsetzung einer kritischen Analyse unterzogen und notwendige Handlungen für unser Agieren abgeleitet. Die im Bericht vorgelegte Übersicht verdeutlicht jedoch erneut, dass hier unsererseits ebenfalls noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. Also wir müssten uns auch noch mehr in die Pflicht nehmen. So muss es nach Überweisung des Tätigkeitsberichtes in die Ausschüsse des Landtages zu einer zügigen Beratung zu den einzelnen Empfehlungen kommen und zu deren Umsetzung. Im Plenum werden wir uns dann sicherlich noch detailliert mit den einzelnen Vorschlägen auseinander setzen müssen und Aufgaben herausarbeiten, die wir in der kommenden Legislaturperiode zu bewerkstelligen haben beziehungsweise noch in dieser anpacken müssen.
Meine Damen und Herren, die Bürgerbeauftragte Frau Lorenz zeigt nach unserer Auffassung ein sehr großes Engagement im Bereich Jugend, Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderungen neben den vielen anderen Sachen, die sie auch leistet. Und das findet landesweit Anerkennung.
Und dazu gehört auch ein gerüttelt Maß an Zähigkeit bei den einzelnen Verhandlungen. Gleiche Erfahrungen machen ja auch die einzelnen Mitglieder im Petitionsausschuss.
Besonders begrüßenswert ist nach unserer Ansicht zum Beispiel die aufsuchende Tätigkeit in Schulen, sozialen Einrichtungen, bei Initiativen und Bildungsträgern. Es reicht nach unserer Auffassung eben nicht aus, sich einen zentralen Punkt in einem Ort zu suchen und auf Einwohnerinnen und Einwohner zu warten, und es reicht ebenso nicht aus, sich ausschließlich auf Beschwerden oder Bitten zu konzentrieren, sondern es gilt Wege aufzuzeigen, wie der oder die Einzelne sich in gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einbringen kann. Daher gilt unser Dank ebenso für die umfangreichen Aktivitäten, die auf Initiative oder mit tatkräftiger Unterstützung der Bürgerbeauftragten im Bereich Zuwanderung, Integration in unserem Land initiiert wurden. Ich sehe das nicht als ein rein sozialpolitisches Engagement an, sondern wir sind alle gefordert, auch aufgrund der Ereignisse, die wir im Sommer 2000 beziehungsweise 1999 hatten, uns hier gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Toleranz einzusetzen. Und dass unsere Bürgerbeauftragte hier beispielgebend vorangeht, finden wir sehr lobenswert.
Ihre Bemühungen sind darauf gerichtet, über die Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten in Schulen und anderen Einrichtungen in Zusammenarbeit mit anderen Kräften aufzuklären. Ergänzend wäre vielleicht noch hinzuzufügen, dass vorhandene Initiativen wie die RAA und Vereine wie „Bunt statt braun“ einschließlich des „Netzwerkes“ oder „Für Demokratie und Toleranz“ ko
operativ einbezogen und mit ihren Potentialen stärker im Land in den einzelnen Regionen bekannt gemacht werden sollten. Gleiches gilt für die Selbstorganisation von Migrantinnen und Migranten. Ich nenne da als Rostockerin natürlich unsere Beispiele wie den Ausländerbeirat, die Afrikanische Bürgerinitiative oder Dien hong.
Für die Beratung in den Ausschüssen haben wir an den Rechtsausschuss noch die detaillierte Bitte, folgendes Problem einer genaueren Prüfung zu unterziehen, das bei der Bürgerbeauftragten, aber auch schon im Petitionsausschuss aufgetreten ist. Wir haben auf der einen Seite gerade für Migrantinnen das Grundrecht auf Petitionen, andererseits kollidiert es aber in einer gewissen Hinsicht immer, wenn sich diese Petenten dann an die Härtefallkommission wenden. Ich denke, hier muss noch mal genau überprüft werden, wie man dieses Kollidieren auseinander knüpfen kann, ebenso was die Beseitigung von Diskriminierungen in Gesetzen und Verordnungen, zum Beispiel Asylbewerberleistungsgesetz oder Residenzpflicht, anbelangt. – Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wie schon mehrfach bei den Ausspra
chen zum Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses erweist sich auch dieser zum einen als ein Spiegelbild der Problemlagen der Einwohnerinnen und Einwohnern und zum anderen – gerade in dem Auf und Ab bei den unterschiedlichen Bereichen – als ein Spiegelbild auch der politischen Aktivitäten innerhalb der Landespolitik, egal, ob das auf Regierungs- oder auf Parlamentsebene geschieht.
Ich möchte das noch mal verdeutlichen. Im Bericht des Petitionsausschusses steht es ungefähr so drin, dass die Petitionen zum Umweltbereich nun nicht mehr so stark aufgetreten sind. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass zum Beispiel die Regularien zu den FFH-Gebieten, die im Jahr davor eine wesentliche Rolle bei den Petitionen mit gespielt haben, abgeschlossen sind und demzufolge hier einer Lösung zugeführt wurden, wobei natürlich nicht alle Petentinnen und Petenten einen positiven Bescheid bekommen konnten, wo man auch das politische Agieren einzelner Landtagsabgeordneter sehr deutlich absehen kann, was ja positiv ist.
Ähnlich zu verzeichnen haben wir das bei der Schulentwicklungsplanung, die jetzt ganz markant in den Petitionsaufkommen ist, wo wir aber eindeutig sagen müssen, Schulnetzplanung ist kommunale Hoheit, schon immer gewesen, das wissen wir. Und wir müssen einfach auf die neuen Veränderungen, die sich innerhalb der Altersklasse der Schulkinder ergeben haben, reagieren und dann auch entsprechend planerisch wirksam werden können.
Wir hatten – und da wird noch mal ganz deutlich, welches Spiegelbild hier die einzelnen Petitionen bringen – eine große Kontrolle in der JVA Bützow und da sprang plötzlich die Anzahl der Petitionen heftig in die Höhe, was sich dann auch widerspiegelt in den Statistiken der einzelnen Landkreise. Überall da, wo Justizvollzugsanstalten sind, haben wir einen wesentlich höheren Anteil an Petitionen als in anderen Landkreisen, so dass man natürlich nicht sagen kann, dass dort die Bürgerinnen und Bürger insgesamt oder die Einwohnerinnen und Einwohner unzufriedener sind oder mehr Probleme haben, sondern wenn man solche Problemsituationen oder problembehaftete Institutionen in einigen Landkreisen hat, tritt auch der Fall ein, dass in den Statistiken die Petitionen zunehmen.
Der Petitionsausschuss ist laut seinem gesetzlichen Auftrag als Instrument gelebter Demokratie festgeschrieben, indem Einwohnerinnen und Einwohner Vorschläge machen können, wie Landespolitik, Bundespolitik aussehen könnte, verändert werden müsste, auch aufgrund praktischer Erfahrungen. Von der Warte her ist natürlich auch der Bericht des Petitionsausschusses ein Spiegelbild dieser gelebten Demokratie und zeigt, dass wir hier einen Großteil von Einwohnerinnen und Einwohnern haben, die ihre demokratischen Möglichkeiten auch entsprechend wahrnehmen. Aber ich denke, wir müssen uns hier alle selber in die Pflicht nehmen, um diese gelebte Demokratie weiter auszubauen, denn es ist mir nach wie vor noch ein bisschen wenig, was den Anteil an Vorschlägen, Veränderungswünschen anbelangt, also das direkte Einbringen in politische Entscheidungsprozesse.
Und da komme ich noch mal auf den Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten zurück. Das Engagement, was sie dort zeigt, was auch andere Landtagsabgeordnete und andere Institutionen zeigen, heißt eigentlich, hier darauf aufmerksam zu machen, wo und wie sich Einwohnerinnen und Einwohner in die Gestaltung der politischen Struktu
ren dieses Landes mit einbringen können. Es werden also mehrheitlich, so kann man das auch an der Statistik erkennen, in dem Bericht Petitionen eingebracht, die sich mit Bitten und Beschwerden an uns Landespolitikerinnen und Landespolitiker wenden, und es wird weniger auf notwendige Veränderungen aufmerksam gemacht. Deswegen bin ich zum Beispiel sehr dankbar, dass eine Initiative eine Massenpetition gestartet hat zur Veränderung der Residenzpflicht, der so genannten Residenzpflicht für Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die wir als Politikerinnen und Politiker hier aufgreifen und um Veränderungen ringen sollten. Und von der Warte her halte ich es für notwendig, dass wir als einzelne Abgeordnete vor Ort hier dafür werben sollten.
Noch einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Herrn Grams. Ich halte es genauso für wichtig, dass wir Petitionen öfter vor Ort beraten, weil manchmal Entscheidungen auch von Verwaltungen am grünen Tisch gefällt werden. Das haben wir bei Vor-Ort-Terminen oft erlebt und auch, dass sich ganz konkret das Bild für diese Petition mitunter ganz anders darstellt.
Was ich für problematisch halte – und das haben wir auch im Ausschuss öfter schon diskutiert –, ist, wenn wir generell Petentinnen und Petenten in Ausschussberatungen mit dazu laden.
Dass das in Einzelfällen mal notwendig sein kann, das ist unstrittig. Ich halte es aber für viel wirkungsvoller, wenn im Vorfeld, also wenn die Berichterstatterinnen und Berichterstatter die Petition auf dem Tisch haben, Kontakte zu den Petentinnen und Petenten vor Ort gesucht werden, eventuell auch kleine runde Tische zur Konsensbildung bemüht werden, um zum Beispiel auch eine Fülle von Ausschussberatungen zu verhindern. Das ist ja manchmal möglich. Ich praktiziere das so. Deswegen hänge ich manchmal mit meinen Berichterstatterinnenakten hinterher, aber mir ist das wichtig, weil ich es nicht immer als effektiv ansehe, wenn die Petentin in den Ausschuss direkt kommt, weil dort die Problemlösung komplizierter ist, als wenn man es konkret vor Ort macht. – Recht vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin!
Herr Albrecht, Sie haben hier davon gesprochen, dass Sie nicht dafür verantwortlich sind. Haben Sie für sich persönlich gesprochen oder für die CDU-Fraktion? Die CDU ist hier maßgeblich dafür verantwortlich.
Und zu den Aufbewahrungsanstalten sage ich nachher noch etwas.
Mit der Drucksache 3/2731 der CDU liegt uns ein Antrag vor, dessen Anliegen auf den ersten Blick durchaus zu begrüßen wäre, aber wirklich nur auf den allerersten Blick. Nun folgt das große Aber: Meine Damen und Herren der CDU, ich finde es schon unglaublich, fast eine Frechheit, dass gerade Sie eine qualitativ hochwertige Betreuung der Kinder fordern.
Wer hat denn die politische Verantwortung dafür, dass das flächendeckende Betreuungsnetz an Krippen, Kindergärten und Horten so ausgedünnt wurde? Wer hat es vor allem zu verantworten, dass gut ausgebildete Erzieherinnen mit drei- und vierjährigem Fachschulabschluss, Ausbildung in Musik, Erziehung, Beherrschung eines Musikinstrumentes, spezieller Sprach- und Sprechausbildung, Ausbildung in Methodik des Kinderturnens, der Haltungsschulen sowie in darstellenden Fähigkeiten wie Malen, Formen, Basteln bis hin zur Lehrbefähigung bei den Horterzieherinnen, um nur einiges zu nennen, mit einem Durchschnittsalter von knapp 35 Jahren in den Einrichtungen zu Tausenden entlassen wurden?
Das, meine Damen und Herren der CDU, war CDU/CSU-Politik pur! Das war der erste große Schnitt im Prozess der Einheit des Zusammenwachsens von Ost und West, angefangen von der Kohl-Regierung in Bonn bis hin zur CDU/F.D.P.-Regierung im Schweriner Schloss. Ihre Anstrengungen waren darauf gerichtet und deswegen gab es damals auch massenhaft Proteste. Wir wollten keine Aufbewahrungsanstalten, die Sie uns jetzt unterstellen.
Die sozialen Errungenschaften der DDR radikal zu beseitigen, ohne zu hinterfragen, welche dieser Errungenschaften und Erfahrungen in den Einigungsprozess mit einbezogen werden könnten – das ist die historische Wahrheit. Ich könnte das an sehr vielen Beispielen weiter nachweisen. Bezogen auf den Bereich der Förderung der Kinder in Kindertageseinrichtungen kann ich nur sagen, es durfte im Osten nicht sein, wovon der Westen schon seit Jahrzehnten träumte.
Auch heute ist der Osten diesbezüglich dem Westen noch weit voraus. Im internationalen Vergleich konnte die BRD nur mit der Versorgungssituation in den neuen Ländern punkten.
Ich erinnere daran, vorschulische Bildung und Erziehung war keine Erfindung des Sozialismus, sondern schon in der Antike gab es solche Angebote. Man nannte sie damals Knabenschule, weil ja Mädchen von Bildung ausgeschlossen waren.
Im 15. Jahrhundert forderte Comenius, ein tschechischer Pädagoge, die so genannten Mutterschulen und ich könnte weitergehen über Fröbel, Pestalozzi, Diesterweg, die alle dafür plädierten, Einrichtungen zu schaffen, damit Kinder vom frühesten Alter an in der Gemeinschaft Gleichaltriger gebildet und erzogen werden. Wissenschaftliche Studien belegen ausreichend, die entscheidenden Grundlagen für die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen werden im Alter von zwei bis sieben Jahren angelegt. In diesem Alter werden also die Grundzüge für die geistigen Fähigkeiten und das soziale Verhalten, für Charaktereigenschaften insgesamt ausgeprägt. Was Hänschen und Lieschen nicht lernen, lernen Hans und Liese nimmermehr. Es ist nicht umsonst eine Lebens- und Volksweisheit.
Und wie gesagt, es ist keine Erfindung des Sozialismus. Das beweist uns auch ein Blick in unsere Nachbarländer. Ob in Finnland, Schweden, Frankreich, Spanien oder Italien, ganz zu schweigen von Japan, hier finden wir staatli
che oder betriebliche Förderung von vorschulischen Einrichtungen und es wird zum Teil sogar kostenlos der Besuch dieser Kindereinrichtungen ermöglicht. Wir haben im Übrigen eine solche Einrichtung gesehen, als wir in den entsprechenden Ländern waren.
Ja, meine Damen und Herren, es sind die Ursachen für die Ergebnisse der viel bemühten PISA-Studie. Aber die Ergebnisse der PISA-Studie sind ebenfalls nicht überraschend. Ähnliche Ergebnisse weist eine analoge Studie aus dem Jahre 1974 für die alte BRD aus, aber das war es dann auch schon. Konsequenzen für politisches Handeln, für Veränderungen blieben bis heute aus. So verwundert es auch nicht, dass die Reform des Jugendhilferechts in der alten BRD über 20 Jahre in Anspruch nahm und dann endlich 1990 mit dem Wirken engagierter Fachkräfte aus dem Osten mit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes einen relativen Abschluss fand. In diesem Gesetz wird die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im dritten Abschnitt gesetzlich verankert, aber nur halbherzig, denn die Ausgestaltung des Gesetzes, vor allem die finanzielle, wird den Ländern und letztlich den örtlichen Trägern der Jugendhilfe überlassen.
Die länderspezifische Ausgestaltung in MecklenburgVorpommern vollzog sich, meine Damen und Herren der CDU, unter Ihrer Regentschaft. Sie hatten acht Jahre Zeit, hier nachzubessern, denn die Probleme, die wir heute mit der finanziellen Ausstattung der Kindertagesstätten haben, sind seit Anfang an vorhanden. Ich erinnere hier auch noch mal an unsere Forderung, wir wollten eine 50prozentige Beteiligung des Landes.
Nein, das wollten wir nicht. Das haben Sie nicht richtig gelesen.
Es ist deshalb für mich politisch und moralisch unerträglich, dass gerade Sie sich hier heute als so genannte Gralshüter aufspielen.
Abschließend auch noch ein Wort an unsere Koalitionspartnerinnen und -partner. Meine Damen und Herren der SPD, ich konnte und kann leider nicht umhin, auch Ihnen zu sagen, dass Sie für die derzeitigen Problemlagen mitverantwortlich sind. Natürlich muss gespart werden, das wissen wir. Selbstverständlich sind alle Ressorts zu beachten, sind Prioritäten zu setzen. Aber gerade dort den Rotstift anzusetzen, wo es um Investitionen für die Zukunft geht, ist für mich nicht nachvollziehbar. Seit Jahren kennen wir die Diskussion um die Höhe der durchschnittlichen Regelkosten, auch um die miserable Struktur dieses ganzen Systems, und wissen auch, dass wir dringend Veränderungen brauchen. Wir haben sie versucht in die Koalitionsverhandlungen mit einzubringen, es ist damals nicht gelungen. Wir haben es auch während der Legislaturperiode versucht und es ist bisher nicht gelungen.
Aber, es steht aus, diese Veränderungen brauchen wir. Dies lässt sich allerdings nicht mit der Regelkostenverordnung bewältigen, sondern nur mit einer Gesetzesnovelle. Und auch Ihr Antrag lässt sich nur lösen, indem das Kita-Gesetz sowie das Haushaltsgesetz gelten, denn es
geht hier um Knete und nicht um wenig Knete, das sage ich auch ganz bewusst. Bisher haben sich leider eine ganze Reihe diesen Regelungen verschlossen.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Es tut mir ja nun Leid, aber, Frau Ministerin,
an vielen Punkten muss ich Ihnen doch heftig widersprechen.
Wir haben eine Situation bei Alleinerziehenden, die eben keine angebliche Schlechterstellung der derzeitigen Regelung, sondern eine tatsächliche bringt.
Das Problem liegt darin, dass so, wie Sie das eben auch sagten – und das war meines Erachtens kein Lapsus –, diese Form des Zusammenlebens mit Kindern nicht als Familie betrachtet wird. Und das ist das Problem in dieser Politik,
in der Steuerpolitik insbesondere, und daran, denke ich, muss endlich gearbeitet werden. Vielleicht sollten auch einige von den Finanzpolitikerinnen und -politikern auf Landes- und Bundesebene der SPD mal Vorschläge der ASF mit dazunehmen, wie man das gestalten könnte, auch was die Vorschläge des Deutschen Frauenrates anbelangt. Dort gibt es ausreichend Intentionen.
Aber, meine Damen und Herren von der CDU, so glücklich werden Sie über meine Ausführungen auch nicht sein,
weil Sie schaffen es langsam, dass ich meinen pädagogischen Optimismus doch noch verliere.
Ausgehend von Ihrem Titel bei dem Antrag könnte ja die geneigte Leserin und der geneigte Leser davon ausgehen, dass es Ihnen hier wirklich um eine ernst zu nehmende Problemlösung geht.
Doch der Antragstext einschließlich der Begründung wie auch das, was hier von Herrn Riemann vorgetragen wurde,
macht deutlich, dass es Ihnen nur um ein populistisches Haudrauf und das Verkaufen Ihrer alten unsozialen Kamellen geht.
Die Situation Alleinerziehender in dieser Bundesrepublik ist von dem höchsten Armutsrisiko geprägt, wie die
seit Jahren bekannten Untersuchungen belegen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Alleinerziehende haben wesentlich größere Schwierigkeiten, einen Erwerbsarbeitsplatz zu bekommen und dann vielleicht auch noch einen gut bezahlten. Insbesondere in den alten Bundesländern ist das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen unzureichend von der Anzahl her wie auch von den angebotenen Öffnungszeiten oder zum Beispiel einem Angebot an warmem Mittagessen. Das heißt, der Anteil der alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen ist erheblich und zum großen Teil führen bestimmte Bundesgesetze dazu, dass Alleinerziehende regelrecht in die Sozialhilfe gedrückt werden, wie zum Beispiel das Bundeserziehungsgeld- und -urlaubsgesetz, so Leid, wie mir das tut.
Je mehr Kinder, umso größer das Armutsrisiko von Familien.
Bei Alleinerziehenden verschärft sich dieses Problem noch.
Der Familienleistungsausgleich über steuerliche Maßnahmen begünstigt immer diejenigen, die über ein hohes Einkommen verfügen. Diese Situationsschilderung ist allen bisherigen Bundesregierungen ins Stammbuch geschrieben worden.
Insbesondere 1994, im Übrigen das Internationale Jahr der Familie, wurde von zahlreichen außerparlamentarischen und parlamentarischen Kräften auf diese prekäre Situation aufmerksam gemacht und entsprechende Veränderungen eingefordert beziehungsweise auch Wege dahin vorgeschlagen, wie zum Beispiel ein existenzsicherndes Kindergeld sowie die Anhebung von Sozialhilferegelsätzen gemäß der europäischen Definition des Existenzminimums. Eine Eigeninitiative seitens der damaligen KohlRegierung ist nicht erfolgt. Erst durch entsprechende Entscheide des Bundesverfassungsgerichts wurden zaghafte Veränderungen vorgenommen. Und bereits in meiner Rede zu einem ähnlich gelagerten Antrag seitens der CDU habe ich deutlich gemacht, welche Hinterlassenschaft nach 16 Jahren CDU-dominierter Familienpolitik abzuarbeiten ist. Dass die rot-grüne Bundesregierung in nicht unerheblichem Maße Finanzen zur Erhöhung des Kindergeldes wie auch von Kinderfreibeträgen bereitgestellt hat, und das – was Frau Ministerin hier noch an anderen Beispielen gebracht hat –, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gerecht werden zu können, ist zwar löblich,
doch zu kritisieren ist, dass die strukturellen Mängel des Familienleistungsausgleiches zur Benachteiligung und zum Auseinanderdriften zwischen Partnerschaften mit und ohne Kindern wie auch zwischen gut verdienenden und schlecht verdienenden Familien führen.
Daraus ergibt sich, dass sich trotz finanzieller Aufstockung die prekäre Lage der Familien mit Kindern und insbesondere mit sehr geringem Einkommen und solchen, die von Sozialhilfe abhängig sind, und insbesondere der Alleinerziehenden nicht verbessert, sondern verschlechtert hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat für Recht erkannt, dass der Haushaltsfreibetrag als Ausgleich für die Mehrbelastungen der Alleinerziehenden, wenn es eben nur für Alleinerziehende angewendet wird, eine Ungleichbehandlung zu verheirateten Paaren mit Kindern oder Kind darstellt wie auch zu verheirateten Paaren ohne Kindern,
und die Bundesregierung beauftragt, andere Ausgleichsmaßnahmen zu suchen.
Derzeit wurde – und das kritisiert die CDU zu Recht – lediglich der Haushaltsfreibetrag für die Alleinerziehenden abgeschmolzen mit den bekannten und genannten Regelungen und ab diesem Jahr soll er für einige sogar gänzlich entfallen, ohne eine andere Form des Ausgleichs für die Mehrbelastung, die diese familiale Lebensform hat, zu schaffen.
Damit enthält das Zweite Gesetz zur Familienförderung eine erhebliche soziale Schieflage. Ein neuer Ansatz, der die kritisierte Ungleichbehandlung aufhebt, aber auch der Situation Alleinerziehender gerecht wird, ist nicht enthalten.
Meine Damen und Herren, der Armutsbericht, der der Bundesregierung vorliegt, wie auch der Kinder- und Jugendbericht machen offensichtlich, wo es klemmt. Es wird daher Zeit, die Ideen, zum Teil sind sie bereits wie gesagt 1994 entwickelt und in der gesellschaftlichen Diskussion, von Familienverbänden, Initiativen zum Schutz der Rechte der Kinder, dem Deutschen Frauenrat aufzunehmen und das System finanzieller Sicherstellung von Familien zu verändern.
Aber welche Vorschläge hat nun die CDU anzubieten und wie hat sich die CDU bei der Gesetzgebung im Bundestag beziehungsweise im Bundesrat verhalten?
Weder in den Ausschüssen noch im Plenum des Bundestages kam es seitens der CDU zu einem Antrag, der auf die Verschlechterung der Situation Alleinerziehender aufmerksam machte und einen Lösungsvorschlag enthielt. Auch im Bundesrat wurde von CDU-geführten Ländern keine Initiative unternommen, um eine Änderung im Gesetz zu erreichen. Haben Sie die Zeit verpasst
oder wollen Sie jetzt die letzten Chancen eventuell nutzen? Das wäre ja auch eine Variante. Ich denke eher, Sie wollen sich hier als Retter der Enterbten aufspielen,
und das kauft Ihnen zum Glück keiner ab.
Welche Vorschläge für einen gerechten, vor allem einen sozial gerechten Familienleistungsausgleich haben Sie
denn? Sehen wir uns Ihre Vorstellungen zur Familienpolitik anhand der Materialien Ihrer Bundesparteitage an, wissen wir, dass Sie nach wie vor Vorstellungen von Familie in tradierten Formen haben, völlig an der Realität der Vielfältigkeit familialer Formen vorbei,
dass Sie die strukturellen Mängel und Verwerfungen i nnerhalb des steuerlichen Familienleistungsausgleiches, die zu den sozialen Ungerechtigkeiten bei der Entlastung der verschiedenen familialen Lebensformen führen, beibehalten wollen und Sie sogar mit Ihren Vorstellungen zu einem Familiengehalt oder -geld – jeder nennt das anders – die Situation insbesondere für die ärmsten Familien noch verschlechtern wollen. Und das ist völlig inakzeptabel.
Immer wieder tönen einzelne Politiker der CDU, Politikerinnen weniger, wie sie sich die Zusammensetzung des Familiengeldes vorstellen. Da wird davon ausgegangen, dass alle Transferleistungen, die familialen Bezug haben, zusammengefasst und als gesonderte Leistungen gestrichen werden. Dabei soll aber das Familiengeld 1.200 DM nicht überschreiten. Sieht man sich an, was als familiale Transferleistung definiert ist, also Regelsatz der Sozialhilfe, Mehrbedarf für Kinder in einem entsprechenden Alter, Unterhaltsvorschuss, im Wohngeld sind Anteile drin, bemessen an der Familiengröße, oder das Kindergeld und weitere Sachen, wird deutlich, dass wir durch diese Variante zu noch mehr sozialen Benachteiligungen und Verwerfungen kommen werden. Auch dies ist abzulehnen.
Meine Damen und Herren, die PDS hat im Bundestag wie auch hier im Landtag schon mehrfach Vorschläge unterbreitet und wird es immer wieder tun, wie man den Familienleistungsausgleich sozial gerecht und den verschiedenen familialen Lebensformen gerecht werdend ausgestalten kann. Die finanzielle Sicherstellung von Familien muss sich nach unserer Auffassung daran ausrichten, dass erstens alle Lebensformen, in denen Kinder betreut und erzogen werden, daran gleichmäßig partizipieren können. Daraus ergibt sich logischerweise, dass die Ehe als Institution keiner finanziellen Unterstützung bedarf. Alle Regularien, die steuerliche Freibeträge für Partnerschaften jeglicher Art oder für Kinder beinhalten, führen nämlich zum Auseinanderdriften der Familien in reiche und arme. Und deshalb brauchen wir eine Aufstockung des Kindergeldes auf das von der EU definierte Existenzminimum, die gerechte Verteilung der Steuerlasten bei Familien durch konsequente Individualbesteuerung. Und da haben wir auch gleich ein bisschen Knete.
Das Ehegattensplitting kostet mal locker 63 Milliarden DM. Ich habe das jetzt nicht in Euro umgerechnet. So viel Knete für eine einzige Familienform kann ja wohl nicht wahr sein!
Genau.
Bei der Entlastung von der Höhe der Kinderbetreuungskosten bietet auch gerade hier die PISA-Studie mit ihren Aussagen für frühkindliche Bildung und Erziehung die Chance, dass der Bund sich endlich finanziell an der
Absicherung der Kindertageserziehung beteiligt, und ein weiterer Vorschlag richtet sich auch auf den Schutz vor Sozialhilfebedürftigkeit und Armut.
Hier spreche ich ganz explizit noch einmal das Bundeserziehungsurlaubsgesetz an, denn hier wäre die Möglichkeit, durch gesetzliche Veränderung zu verhindern, dass Frauen, insbesondere auch alleinerziehende, in die Sozialhilfe abgedrängt werden. Und ich bitte auch noch einmal eindringlich, dass alle genauestens überlegen oder wahrnehmen, dass wir so viele verschiedene Lebensformen im familialen Bereich haben, und sie sind zum großen Teil selbst bestimmt. Mit welchem Recht sagen wir, die einen sind förderungswürdig, die anderen nicht, wenn wir eine plurale Gesellschaft, auch was die Lebensform anbelangt, haben wollen?!
Den Antrag der CDU lehnen wir aus Gründen,
die ich hier schon benannt habe, ab. Wir halten es einfach für populistisch, mit Ihren alten Kamellen
diese Problemsituation aufreiben zu wollen.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Oberflächlich betrachtet lässt die Begründung unseres Antrages scheinen, dass wir mit der Umsetzung der EU-Richtlinie Neuland betreten. Punktuell ist der Eindruck sogar richtig, da – wie andere Länder auch – die BRD noch erhebliche Nachholbedarfe hat, was die gleichberechtigte Teilhabe, sprich den Abbau von direkter und indirekter Diskriminierung eines großen Teils der Bevölkerung betrifft.
Die EU-Richtlinien geben den Mitgliedsstaaten einen konkreten Handlungsauftrag. Wir können es auch so formulieren: Bundesseitig wie auch landesseitig sind sämtliche Gesetze, Verordnungen und andere Regularien einer Generalrevision zu unterziehen. Es kommt darauf an, vorhandene mittelbare und unmittelbare Diskriminierungen herauszufiltern, zu beseitigen sowie die Schaffung von Regularien zur Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe der Geschlechter in allen Bereichen und für alle in den Richtlinien erfassten benachteiligten Gruppen zu erreichen.
Daraus ergeben sich für uns Forderungen, auch an die Bundesregierung, unter anderem die Novellierung des Bundesgleichstellungsgesetzes, die Überarbeitung der Vergaberichtlinien hinsichtlich der Festlegung positiver Maßnahmen, die Diskriminierungen beseitigen und bestehende Benachteiligungen aufheben sollen, sowie das Gesetz zur Gleichstellung in der Privatwirtschaft verbindlich auszugestalten. Der derzeitig zaghafte Versuch ist zwar ein nicht unwesentlicher Schritt, wie ich finde, doch wie bei fast allen bisherigen Veränderungen der Bundesregierung bleibt es leider ein Reförmchen. Die private Wirtschaft soll auf freiwilliger Basis Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen ergreifen. Wer darauf hofft, ist wirklich blauäugig, zumal Sanktionen gar nicht vorgesehen sind. Somit bleibt ein solches Gesetz für mich ein Papiertiger.
In Mecklenburg-Vorpommern haben wir einige Grundvoraussetzungen für die Umsetzung der EU-Richtlinien
geschaffen. Ich denke dabei an das Landesgleichstellungsgesetz, an die Landesgleichstellungskonzeption, die Konzeption zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen in öffentlichen Verwaltungen des Landes einschließlich der Poolbildung, die dort vorgeschrieben ist, an das Programm zur beruflichen und sozialen Integration von Imigrantinnen und Imigranten und an das in Arbeit befindliche Programm „Ganz normal anders“ bezüglich der gleichberechtigten Teilhabe von gleichgeschlechtlichen Lebensformen. Also, ein Anfang ist gemacht. Trotzdem belegen bisherige Analysen, auf die BRD als Ganzes wie auch auf Mecklenburg-Vorpommern im Besonderen bezogen, wir sind gleichstellungspolitisch ein Entwicklungsland. Vorhandene Entwicklungspotentiale, die Integration aller und die Entwicklungsmöglichkeiten der und des Einzelnen nach seinen individuellen Möglichkeiten werden eben noch nicht in vollem Umfange genutzt.
Es wäre schon sehr wünschenswert, wenn wir ähnliche Entwicklungen erreicht hätten wie bereits in der Umweltpolitik, ein weit hergeholter Vergleich vielleicht. Da sind zum Beispiel neue Unternehmen entstanden, neue Verfahrenstechniken entwickelt und auch neue Erwerbsarbeitsplätze geschaffen worden. Der Hintergrund dafür: Es gab klare Rahmenbedingungen – sicherlich auch noch veränderungsbedürftig – mit entsprechenden Sanktionen, wenn diese nicht eingehalten werden. Grundlage dafür bildeten jahrelange intensive Diskussionen zu einer Veränderung beim Umgang mit und bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen des Wirtschaftens und der Berücksichtigung der entsprechenden Folgeerscheinungen. Im Zusammenhang mit der Beendigung von Diskriminierungen und Benachteiligungen von verschiedenen Personengruppen ist dies leider noch nicht gelungen. Trotz jahrzehntelangen, ja, sogar jahrhundertelangen gesellschaftlichen Diskussionen zur Benachteiligung von Frauen in allen Bereichen, wie zum Beispiel Bildung, Ausbildung, Erwerbsarbeit und so weiter, haben wir bei weitem noch nicht die notwendigen Erfolge zu verzeichnen.
Sicherlich sind Mädchen und Frauen im Bildungsbereich nicht mehr ausgegrenzt, doch diskriminierungsfrei ist der Bildungsbereich bei weitem nicht. So gibt es beispielsweise nach wie vor bei der Gestaltung von Projekttagen Computerkurse ausschließlich für Jungen, Kochen, Nähen, Backen für Mädchen. Das muss verändert werden!
Auch wenn wir uns die Belegung der Fachgymnasien anschauen: Wo finden wir mehrheitlich Frauen und wo mehrheitlich Männer? Die Ursachen für dieses Wahlverhalten sind vielfältig, aber auch bekannt. An deren Beseitigung wird allerdings nur sehr zögerlich gearbeitet, zum Beispiel bei der Überarbeitung von Schulbüchern hinsichtlich der Darstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft, von Geschlechterrollen, von familialen Beziehungen, Veränderungen von Didaktik und Methodik bei der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Herangehensweise von Mädchen und Jungen bei der Erschließung von Lehrinhalten oder verstärkte Bemühungen für eine Veränderung des Berufswahlverhaltens bei Mädchen und Jungen, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Gerade der gleichberechtigte Zugang von Mädchen und Jungen im Bildungsbereich bietet besondere Ent
wicklungschancen für die gesamte Gesellschaft. Das beweist ein Blick in die Geschichte. Nach dem regelrechten Bildungsverbot für Mädchen und Frauen erfolgte schrittweise der Zugang zur Bildung bis hin zum gänzlichen Bruch mit dem Bildungsprivileg für Jungen und Männer. Das weibliche Geschlecht hat in einem historisch sehr kurzen Zeitraum bewiesen, dass Innovation, Fortschritt und die Entwicklung der Gesellschaft als Ganzes ohne sie undenkbar sind. Heute ist zu verzeichnen: Mädchen und Frauen haben bessere Leistungen und Abschlüsse als Jungen. Sie werden jedoch noch nicht in entsprechendem Maße in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik genutzt, geschweige denn sind sie schon gar nicht in adäquater Weise in Führungsetagen wiederzufinden.
Gleiches ließe sich auch bezüglich der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen darlegen. Jahrhundertelang von Ausgrenzungen jeglicher Art bis hin zur Vernichtung so genannten unwerten Lebens betroffen, hat es in der Gesellschaft – wenn auch langsam – ein Umdenken gegeben. Heute gibt es keinen Ausschluss von Bildung mehr und von Beeinträchtigungen betroffene Menschen können einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Noch vorhandene Barrieren und Vorurteile, die eine breite Umsetzung solcher Forderungen nach Erwerbsarbeitsplätzen verhindern, befinden sich vorrangig in den Köpfen von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, die nicht von Beeinträchtigungen betroffen sind.
Welchen Gewinn es für die Einzelne, den Einzelnen und die Gemeinschaft bringt – manchmal auch mit einem größeren Aufwand, was die entsprechende Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen anbelangt –, sehen wir in unserem Hohen Hause täglich. Wer von Ihnen hätte geglaubt, dass es fast unproblematisch möglich ist, die Arbeit einer blinden Abgeordneten abzusichern? Ich denke, Frau Müller belegt hier exemplarisch für Tausende andere Menschen mit Behinderungen, dass es möglich ist und keine negativen Beeinträchtigungen für Arbeitsablauf oder Ähnliches mit sich bringt. Im Gegenteil, alle in den Verwaltungen und alle, die wir hier sitzen, haben enorm dazugelernt, denke ich, vor allem auch Entscheidungen mit den Augen von bestimmten betroffenen Gruppen zu sehen und zu bewerten.
Dass die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen nicht ohne materielle Mehraufwendung für die Gesellschaft realisierbar ist, ist, glaube ich, auch unstrittig, angefangen von technischen Hilfsmitteln, Umgestaltung von entsprechenden Arbeitsplätzen, bis hin zum finanziellen Ausgleich von Minderleistung, zum Beispiel bei geschützten Betriebsabteilungen oder sozialen Zweckbetrieben, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen. Aber ich frage Sie: Was ist für die Gesellschaft als Ganzes sozial, aber auch volkswirtschaftlich besser – die Verteilung von Almosen oder die Integration dieser Menschen?
Das Aufgabenfeld, meine Damen und Herren, ist breit gefächert. Auch der Bereich der Integration von Emigrantinnen und Emigranten bietet vielfältige Betätigungsnotwendigkeiten für die Politik und die Verwaltungen der verschiedenen Ebenen. Klar muss für uns sein: Eine umfassende Integration, berufliche wie auch soziale, ist die beste Grundlage für das Zurückdrängen rechtsextremistischen Gedankengutes und Gewalt. Dazu gehört für uns die Schaffung von Bedingungen zur Anerkennung gleichwertiger Qualifikationen und Berufsabschlüsse, zum Beispiel bei Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern, jüdischen Emigrantinnen und Emigranten oder anerkannten
Flüchtlingen. Auch hier kann die bisherige Verfahrensweise nicht weiter hingenommen werden. Wir sehen im Übrigen bei der Umsetzung der EU-Richtlinien das Bündnis für Arbeit gefordert, da dies keineswegs – und das hat auch Herr Neumann schon zum Ausdruck gebracht – eine ausschließliche Aufgabe der Politik ist.
Meine Damen und Herren! Berufliche und soziale Integration, die Schaffung von Rahmenbedingungen für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an allen Bereichen der Gesellschaft ist nicht zum Nulltarif zu haben. Das gilt für die Bundesebene genauso wie für die Landes- und Kommunalebene. Vorhandene Programme sind in vollem Umfang finanziell zu untersetzen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dies für unser Land nicht einfach zu realisieren ist, dennoch kommen wir nicht umhin.
Auch in diesem Zusammenhang bitte ich, neben den an erster Stelle der Bewertung stehenden menschenrechtlichen Aspekten die volkswirtschaftlichen mit in unsere Überlegungen einzubeziehen. So manches wäre nach unserer Sicht unproblematischer, unbürokratischer realisierbar, wenn die Barrieren in unseren Köpfen abgebaut werden und eher nach dem Motto verfahren würde, was und wie kann ich für die einzelne Person die Problemlösung, den Erwerbsarbeitsplatz, Entwicklungschancen und die Integration ermöglichen, und nicht nach dem Motto, was kann er/sie alles eventuell nicht. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Einige Anmerkungen der PDS-Fraktion zum Einzelplan 03, Staatskanzlei, Geschäftsbereich der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Landesregierung, ein Bereich, der mit Verlaub nur bescheiden finanziell ausgestattet ist, wenn man die politische Tragweite in Rechnung stellt. Da wären zum Beispiel:
Initiativen, Maßnahmen und Projekte zur Umsetzung der Gleichstellung begleiten beziehungsweise ins Leben rufen,
Entwicklung von Konzepten zur verbesserten Gleichstellung einschließlich der Fort- und Weiterbildung innerhalb der Landesregierung und deren nachgeordneten Einrichtungen,
Leitung und Koordinierung des Kampfes gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder
und, aber nicht abschließend, die Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Landesfrauenrates als Dachverband für etwa 40 Mitgliedsvereine.
Sicherlich könnte dem entgegengehalten werden, dass wir ja immer wieder einfordern, Gleichstellungspolitik ressortübergreifend umzusetzen und dies auch haushaltstechnisch zu realisieren. Wichtig ist dabei, dass dies nicht nur verbal beteuert wird. Wir sehen allerdings, dass dies nur im Landwirtschaftsministerium in Ansätzen realisiert ist durch die Finanzierung der Arbeit des Landfrauenverbandes. Und das möchten wir hier explizit lobend hervorheben. Einen ähnlichen Ansatz finden wir bei der Umsetzung der Landesgleichstellungskonzeption. Die Fortbildungsveranstaltungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere solchen mit Leitungsaufgaben, zur A n w e n d u n g des Gender-Mainstreaming-Prinzips werden nicht gesondert aus dem Haushalt der Landesgleichstellungsbeauftragten finanziert. Hier ist und wird so verfahren, dass diese Thematik in den bestehenden Fortbildungsplänen implementiert ist und demnach auch aus den jeweiligen Ressorts finanziert wird.
Schauen wir uns den Haushalt der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an, fällt auf, dass der Anteil der für Projekte und Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehenden Mittel, also dem eher präventiven Teil, im Verhältnis zu den Mitteln, die zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder zur Verfügung gestellt werden müssen, sehr niedrig bemessen ist. Dies ist der brisanten Problemlage geschuldet, die wir bundesweit, aber auch in unserem Land vorfinden. Uns wäre es durchaus lieber, wenn der Großteil der finanziellen Mittel zur Finanzierung der Förderung der Gleichstellung eingesetzt werden könnte, zum Beispiel für Bildungsträger, die sich bei der Fortbildung von Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern der unterschiedlichen Ebenen und Bereiche zur Anwendung des Gender-Mainstreaming-Prinzips engagieren, eine wichtige Aufgabe, um die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Verbesserung der Chancengleichheit kontinuierlich voranzubringen. Auch die seit langem bestehende Forderung nach Freistellungsregelungen für Gleichstellungsbeauftragte in öffentlichen Einrichtungen analog dem Personalvertretungsgesetz wäre in diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Ich denke, dass diese wichtige gleichstellungspolitische Forderung noch nicht realisiert wurde. Die Ursachen sind bekannt. Sie liegen zum einen in der schlechten Haushaltslage – siehe Steuerausfälle, was hier schon eine Rolle gespielt hat, und auch die Rezession –, aber ein größeres Hindernis sehen wir darin, dass noch nicht hinreichend im Bewusstsein verankert ist, welche Schubkraft von Gleichstellungsbeauftragten für die gleichberechtigte Teilhabe und die systematische Nutzung der Potentiale der Mitarbeiterinnen ausgehen kann, wenn strukturelle Rahmenbedingungen dem nicht entgegenstehen, und wie man durch Veränderung dieser zu einer Intensivierung der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten kommen kann. So, denke ich, kann präventiv auf die Veränderung des gesellschaftlichen Klimas hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit Einfluss genommen werden.
Meine Damen und Herren, wie eben verdeutlicht, geben wir aufgrund der Brisanz einen Großteil der Mittel, die die Landesgleichstellungsbeauftragte zur Verfügung hat, für die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder aus. Es ist leider Tatsache, dass es noch weiterer Mittel bedarf, um diese Arbeit den neuen Erfordernissen anzupassen, in guter Qualität leisten und nachhaltige Wirkungen erzielen zu können.
Dank des Landesaktionsplanes zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen haben wir uns einen inhaltlichen Rahmen gesetzt, den es nun finanziell zu untersetzen gilt. Da wir schon seit einem Jahrzehnt nicht wenige Summen für die Antigewaltarbeit ausgeben, fangen wir also auch nicht beim Punkt null an. Ich möchte in diesem Zusammenhang insbesondere an die Finanzierung von Frauenund Mädchenhäusern sowie die entsprechenden spezifischen Beratungsangebote erinnern.
Entsprechend der neuen Herangehensweise bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder sind Mittel in nicht unerheblichem Maße zusätzlich erforderlich, wenn wir wirksame Maßnahmen in den entsprechenden Strukturen aufbauen und durchführen wollen. Konkret heißt das: Im Zusammenhang mit der Wegweisung des Gewalttäters bei häuslicher Gewalt aus der Wohnung und dem entsprechenden Rückkehrverbot brauchen wir Interventionsstellen, die zum einen die Aufgabe haben, Kontakt zu den betroffenen Frauen herzustellen und konkrete Hilfen anzubieten sowie die Kooperation und Vernetzung zu Polizei, Justiz und den verschiedenen Ämtern zu sichern. Mit dem heute zu beschließenden Haushalt haben Landesregierung und das Parlament mit der Aufstockung des Ansatzes für diesen Titel um 92.000 Euro die Basis für den Aufbau eines landesweiten Netzes von solchen Interventionsstellen geschaffen, ausgerichtet an den Strukturen der Polizeidirektionen im Lande. Über die Einbeziehung in die Mittelfristige Finanzplanung ist erstmalig auch Langfristigkeit und damit Kontinuität für diese Arbeit gegeben. Ich möchte hier ausdrücklich all jenen danken, die zu diesem Ergebnis mit beigetragen haben. Die Formulierung, wir haben die Basis geschaffen, macht jedoch gleichzeitig deutlich, dass es in den kommenden Jahren noch weiterer Anstrengungen bedarf, um, wie vorhin erwähnt, die Qualität sowie die nachhaltige Wirkung sicherzustellen.
Unwirksame Stellen, die nicht dem Ziel dienen, die Gewalt gegen Frauen und Kinder einzudämmen und zu beenden, brauchen wir nicht. Die jetzige finanzielle Ausstattung reicht gerade mal für eine Personalstelle, das ist bekannt, sprich, für eine Juristin. Notwendig ist jedoch eine personelle Ausstattung der Interventionsstellen mit einer Juristin, einer Sozialpädagogin beziehungsweise Sozialarbeiterin und einer halben Stelle für Verwaltungsarbeiten. Schritt für Schritt müssen wir in den kommenden Jahren die dafür erforderlichen Finanzen bereitstellen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal deutlich machen, dass diese Arbeit durch die Beratung in Jugend- und Sozialämtern nicht geleistet werden kann. Das ist nicht nur unsere Auffassung, sondern auch die Meinung von Fachexpertinnen und -experten bundesweit. Spezifischen Problemlagen kann nur mit spezifischen Hilfestrukturen begegnet werden. Das ist sicherlich für alle verständlich. Natürlich schließt das eine enge Kooperation und Zusammenarbeit sowie die Nutzung der dort vorhandenen Ressourcen mit den entsprechenden Ämtern keinesfalls aus, sondern ist eigentlich zwingend erforderlich.