Ersatzkassen benachteiligt. Ich glaube nicht, dass ein Einvernehmen zwischen AOK und Ersatzkassen auf diesem Gebiet so einfach zu erzielen ist, wie Sie das hier vorgetragen haben. Ich gestehe ja, dass die Frage äußerst kompliziert ist. Ich sage Ihnen aber auch, man muss vielleicht auch mal sehen, ob noch Reserven innerhalb des Systems zu erschließen sind, und das ist vielleicht aus Ihrer Fachaufsicht her zu sichern. Das kann ich hier nicht einschätzen, weil ich im Detail die einzelnen Haushaltspositionen jetzt nicht kenne, die Sie sicherlich kennen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Psychotherapeutengesetz sollte die rechtliche Stellung der Psychotherapeuten gesichert werden, sollte auch die Frage der Finanzierung der Praxen und der wirtschaftlichen Existenz geklärt werden. Und hier haben sich nun für unsere neuen Bundesländer erhebliche Probleme ergeben, weil, wie bei der Budgetfestlegung für die niedergelassenen Ärzte, die sich in Niederlassung befanden, keine realen Bezüge und keine realen Zahlen dafür vorlagen und eine Öffnung für die in Bewegung befindliche Situation nicht kalkuliert worden ist. Mithin möchte ich hier auch deutlich sagen, ich habe den Eindruck gehabt, dass diese Gesetzgebung sehr lax und unter sehr nachlässiger oder schlechter Berücksichtigung unserer speziellen Verhältnisse hier in den neuen Bundesländern erfolgt ist.
Die Situation ist beschrieben worden in der Einbringung, ist zum Teil durch Herrn Glawe noch einmal beleuchtet worden. Ich möchte sie nur anhand einiger weniger, vielleicht eingängiger Beispiele erläutern, wie sie bei einem Forum, bei einer Diskussion im Herbst vorigen Jahres geboten worden sind.
Bei der gegenwärtigen finanziellen Situation mit der Punktwertvergütung von zwischen 3,8 und etwa 4,8 Pfennigen für die Psychotherapeuten blieb unter dem Strich für eine Psychotherapeutenpraxis eine Summe von rund 6.000 DM im Monat. Die Praxiskosten alleine beliefen sich auf etwa 5.500 DM. Und wenn man sich dann noch vergegenwärtigt, dass nicht jede Woche im Jahr gearbeitet werden muss, sondern zehn Wochen in Abzug zu bringen sind, bliebe pro Arbeitsmonat, pro Monat insgesamt ein Verdienst von 6.500 DM. Abzüglich Praxiskosten würden also bleiben 1.000 DM im Monat für hochspezialisierte Tätigkeit. Und das kann’s nicht sein.
Demgegenüber, wenn man das auf das Jahr hochrechnet, liegen selbst die gering verdienenden pädiatrischen Praxen fast doppelt so hoch. Und wenn man das in Ansatz bringt und nach einem Punktwert sucht, der in etwa den Bedürfnissen Rechnung tragen würde, müsste man etwa zwischen 6 und 8 liegen. Und ich habe heute erfreulich zur Kenntnis nehmen können, dass die Berechnungen, Einschätzungen und Empfehlungen für eine Vergütung seitens des Sozialministeriums genau in diesen Größenordnungen liegen, nämlich bei einem Punktwert zwischen 7 und 7,5 Pfennig.
Die Gespräche, die geführt worden sind, Briefe, die in alle Richtungen geschrieben worden sind seitens der
Ärzte, seitens der Psychotherapeuten, die öffentlichen Diskussionen, die sich insbesondere im Herbst des vergangenen Jahres auch schon deutlich in der Öffentlichkeit wiederfanden, das Anrufen des Schiedsamtes haben nicht zu einer Lösung dieses Problems geführt. Auch die jetzige Situation hat letztlich Anlass dazu gegeben, dass die Sozialministerin sich hier klar positioniert hat. Mir ist sehr bewusst und sehr klar, welche Auseinandersetzungen das insgesamt auf Bundesebene zur Folge haben wird.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für das klare Wort „nicht im Budget finanzierbar“, „nicht unter Wegnahme von Mitteln für die Hausärzte“, „nicht unter Reduzierung der Mittel für die Fachärzte“. Das ist ein klares Wort und es zeigt die Entschlossenheit und die Sinnfälligkeit der Einflussnahme des Sozialministeriums an dieser Stelle. Ich möchte mich darauf beschränken zu sagen, dass diese Regelung dringend notwendig war, das Einschreiten des Sozialministeriums. Nachdem die vorherige Entwicklung im Grunde keine andere Tendenz mehr erkennen ließ, keine Luft bei den Kassen, keine Bereitschaft bei der Kassenärztlichen Vereinigung, war dieser Schritt notwendig. Ich unterstütze ihn, auch wenn ich mir klar bin darüber, dass es noch eine Vielzahl von sehr heftigen Auseinandersetzungen über die Frage der Finanzierung geben wird.
Ich sage an dieser Stelle auch klar, man kann nicht neue Leistungen oder neue Entwicklungen erwarten und finanzieren mit dem vorhandenen Rahmen. Die Niedergelassenen haben das deutlich ausgedrückt, indem sie eine Untersuchung vorgelegt haben, dass wir in den neuen Bundesländern mit 70 Prozent der Mittel 100 Prozent der Leistungen für die Patienten erbringen müssen. Und die Frage ist durchaus richtig und auch an dieser Stelle zu stellen und zu betonen, dass wir nach anderen, nach zusätzlichen neuen Finanzierungsmöglichkeiten suchen müssen, aber auch, das sage ich ebenfalls an dieser Stelle, die Reserven im System insgesamt auf den Tisch legen müssen. Nur so haben wir eine Chance, alle Leistungen, die erforderlich sind, den Patienten zukommen zu lassen und sie finanzieren zu können oder es zumindest zu versuchen.
Wir müssen in der Diskussion bleiben. Diese Diskussion ist mit dem heutigen Tag, mit der Entscheidung des Ministeriums noch lange nicht beendet. Wir haben eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, damit korrekt und fair umzugehen. Wenn wir die Solidarität im Gesundheitswesen, in der Gesellschaft behalten wollen, müssen wir darüber offen diskutieren.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und stimme dieser Regelung, die die Ministerin vorgeschlagen hat, in vollem Umfang zu. Ich hatte sie allerdings mit dem heutigen Tag, muss ich ehrlich sagen, noch nicht erwartet. Aber in ihrer Deutlichkeit, in ihrer Klarheit lässt sie für mich nichts zu wünschen übrig. Ich hoffe, dass das die Menschen im Lande auch wahrnehmen, dass hier gehandelt wird und verantwortungsvoll mit der Situation umgegangen worden ist. – Vielen Dank.
Also, Herr Glawe, wenn man Sie hier so in den letzten Monaten reden hört, könnte man denken, die Probleme im Gesundheitswesen – Finanzierung, strukturelle Probleme –, die hätten Ende 1989 angefangen. Das kann’s nicht sein!
Fast ein Vierteljahrhundert lang wurde um dieses Psychotherapeutengesetz gestritten. Erst andiskutiert, dann mal kurz wieder wegdiskutiert,
dann durchdiskutiert und dann in einem Schnellstverfahren und als Pfuscharbeit, so muss man sagen, in der letzten Legislatur – in der letzten, da waren Sie am Ruder! – verabschiedet.
Mit dem am 01.01.1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetz war eigentlich beabsichtigt, die Voraussetzungen für eine qualitativ gesicherte und quantitativ ausreichende psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Die Debatte heute zeigt, die gesetzlichen Regelungen, insbesondere das vorgesehene Vergütungsvolumen der Psychotherapeutinnen und -therapeuten, haben sich jedoch als völlig unzureichend erwiesen. Mein Kollege Koplin und die anderen Vorrednerinnen und Vorredner haben das schon detailliert ausgeführt.
Es war eigentlich allen von Anfang an klar – schließlich haben die Psychotherapeutinnen und -therapeuten bundesweit im Vorfeld der Gesetzgebung darauf aufmerksam gemacht –, dass es zu finanziellen Problemen kommen wird. Auch die im Gesetz vorgesehenen Aushandlungsmodalitäten zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen können diese nicht beheben. Und auch das war im Vorfeld dargestellt worden. Im Gegenteil, hier werden die vom Gesetzgeber vorprogrammierten Probleme auf dem Rücken von Patientinnen und Patienten, von Therapeutinnen und Therapeuten ausgetragen.
Auch die Forderung, die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder sollen auf diesen Aushandlungsprozess Einfluss nehmen, ist hier nur wenig hilfreich. Der Handlungsspielraum, und das wissen wir, bezüglich der Selbstvertretungsorgane ist sehr eingeschränkt. Dankenswerterweise wird dieser in Mecklenburg-Vorpommern trotzdem intensiv genutzt, wie wir bereits gehört haben.
Meine Damen und Herren, wo liegen denn nun die eigentlichen Ursachen für das in Rede stehende Problem? Ich sehe hier vorrangig zwei, die ich auch begründen möchte:
Erstens. Die Interessen von Patientinnen und Patienten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten standen nicht im Mittelpunkt der Gesetzgebung. Es ist weithin
bekannt, dass dank psychotherapeutischer Behandlung Medikamente in Größenordnungen eingespart werden können. Dazu gibt es im Übrigen ausgezeichnete KostenNutzen-Recherchen innerhalb der Medizin. Daraus ergibt sich, dass hier die Interessen der Pharmaindustrie dem diametral entgegenstehen.
Und wie die damalige Bundesregierung diese gehätschelt und gerade in der Gesundheitsgesetzgebung deren Interessen gewahrt hat, ist hinlänglich bekannt.
Zweitens. Ausgangspunkt für das Gesetz ist die veraltete Datenbasis zur patientenorientierten Bedarfsermittlung sowie zur Planung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung. Das Gesetz basiert auf einer Studie des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik. Untersucht wurden der patientenorientierte Bedarf und die daraus resultierende notwendige ambulante psychotherapeutische Versorgung. Schön, könnte man meinen, selbst die Wissenschaft wurde bemüht. Doch auch Wissenschaft muss sich Kritik gefallen lassen, es sei denn, sie haben eine darauf ausgerichtete konkrete Aufgabenstellung durch die alte Bundesregierung erhalten. Die Studie und deren Schlussfolgerungen gehen zum großen Teil von Daten aus den 80er Jahren beziehungsweise vom Anfang der 90er Jahre aus, also zum Teil von einer Grundlage noch vor der Vereinigung. Das ist unfassbar! Ostdeutsche Psychotherapeutinnen und -therapeuten wurden bei der Erstellung der Studie überhaupt nicht beteiligt.
Wie unter diesen Voraussetzungen eine realistische Einschätzung der Situation, der Bedingungen und der Bedarfe erfolgen kann, bleibt schleierhaft. Es bleibt daher eher zu vermuten, dass ganz bewusst mit dem Psychotherapeutengesetz die Unterversorgung allgemein und in den neuen Bundesländern insbesondere festgeschrieben wurde.
Vielleicht sollte sich die Politik endlich befleißigen, Praktikerinnen und Praktikern mehr Gewicht beizumessen bei der Erarbeitung gesetzlicher Rahmenbedingungen. Neben den Initiativen auf Landesebene halten wir es für erforderlich, auch auf Bundesebene Aktivitäten zu entwickeln, die eine Veränderung des Psychotherapeutengesetzes ermöglichen. Wir sollten unsere Kolleginnen und Kollegen in den Bundestagsfraktionen auffordern, entsprechende Initiativen einzuleiten und im Bundesrat sowie in der GesundheitsministerInnenkonferenz die notwendigen Schritte zu unternehmen.
Ich möchte hier auch noch die Gelegenheit nutzen, auf die besondere Situation im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie aufmerksam zu machen. Wenn meine Vorrednerinnen und Vorredner schon ganz allgemein auf die gravierende Unterversorgung in der psychotherapeutischen Versorgung aufmerksam gemacht haben, so trifft das in der Kinder- und Jugendpsychotherapie noch viel stärker zu. Wie Herr Koplin schon ausführte, weisen die Untersuchungen laut Gesundheitsbericht eine ständige Zunahme von psychischen und psychosomatischen Krankheiten aus. Die Ursachen dafür sind vielschichtig, jedoch stehen dabei einige im Vordergrund: die rasanten und tiefgreifenden strukturellen Umgestaltungsprozesse in unserer Gesellschaft, die sehr hohe und zum
Sind die Auswirkungen schon von Erwachsenen kaum zu bewältigen, so schon gar nicht von Kindern und Jugendlichen. Dafür muss es Hilfsangebote geben, so auch im psychotherapeutischen Bereich. Derzeit bleibt nur festzustellen, Kinder und Jugendliche werden regelrecht im Stich gelassen. Sie werden es der Gesellschaft entsprechend zurückzahlen beziehungsweise sie zahlen es ihr schon zurück, denn die Zunahme von Kinder- und Jugendkriminalität seit der Vereinigung hat auch da ihre Ursachen. Dagegen helfen allerdings nicht solche Einrichtungen, wie Herr Thomas sie für die CDU gestern noch einmal forderte. Da helfen vor allem Freizeitangebote für alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, ausreichende Hilfsangebote gemäß KJHG und ein Netz von kinder- und jugendpsychotherapeutischen Praxen.
Daher bitte ich Sie um die Zustimmung zu unserem Antrag und möchte noch einmal alle auffordern, sich auch an Ihre Kolleginnen und Kollegen in den entsprechenden Bundesgremien zu wenden. – Danke.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1135. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Der Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1135 ist mit den Stimmen der Fraktionen der PDS und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Qualitätssicherung und -entwicklung an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1140.
Antrag der Fraktion der CDU: Qualitätssicherung und -entwicklung an allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1140 –