Protokoll der Sitzung vom 16.03.2000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wie Sie wissen, fahre ich gern Bahn und ich fahre oft Bahn, aber deshalb rede ich heute nicht, sondern ich vertrete den Wirtschaftsminister, der heute in Rostock bei der Jahresfeier der IHK die Landesregierung vertritt. Ich nehme an, der Termin ist leider nicht so richtig mit uns koordiniert worden, aber ich denke, dass der Wirtschaftsminister schon dort anwesend sein muss.

Ich halte also jetzt seine Rede und ich habe mit Staunen festgestellt, Herr Vierkant, dass Sie das ganze Thema der Unterfinanzierung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit gar nicht mit in Ihr Kalkül ziehen. Und ich glaube auch, dass Sie Ihrem Vorgänger Herrn Seidel ein bisschen Unrecht tun, denn ich nehme an, dass die Planungen, die jetzt für die Fragen mit der Deutschen Bahn laufen, in erster Linie noch auf die Verhandlungen und das Ergebnis von Herrn Seidel zurückzuführen sind.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Der Transrapid ist ja ein extra Thema.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, den Sie nicht wollten.)

Hier geht es ja jetzt um das andere Thema. Ich werde mal versuchen, in der Rede die...

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wollen ihn doch schon seit anderthalb Jahren nicht.)

Das hat doch mit dem Anderen gar nichts zu tun. Ich komme dazu.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Als Schweriner muss ich ihn doch fordern.)

Ja, für Sie als Schweriner, aber ich glaube, wir sind ein Landesparlament, und hier geht es um die Anbindung des Landes

(Dr. Armin Jäger, CDU: Auch der Landeshauptstadt, auch der Landeshauptstadt, Frau Ministerin.)

an die anderen Zentren, wie Hamburg, Berlin oder auch die Verbindung hier quer durch das Land. Ich glaube schon, ein bisschen kann ich da mitreden, weil ich all die Strecken doch öfters mit dem Zug fahre.

(Peter Ritter, PDS: Man sieht sich öfter im Zug.)

Wir treffen uns manchmal, ja.

Die aktuelle verkehrspolitische Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die regionale Entwicklung in Europa nicht mehr an politischen Grenzen ausrichtet, sondern an grenzüberschreitenden Großregionen. Die Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns vollzieht sich so innerhalb der Ostseeregion. Für Norddeutschland ist der Ostseeraum ein historisch gewachsener Bezugsraum. Hier leben über 50 Millionen Menschen, die einen Markt von europäischer Bedeutung bilden. Grundlage für die

Entwicklung der Ostseeregion ist eine partnerschaftliche Kooperation, die wir seit zehn Jahren aktiv mitgestalten. Um gemeinsame Strategien für verkehrliche Entwicklung, Raumordnung und Landesplanung zu erarbeiten, streben wir im Rahmen der INTERREG-II-Gemeinschaftsinitiative nachhaltige Verbesserungen der Verkehrssysteme und korridore an. Als positive Ansätze nenne ich die EU-geförderten Verkehrsprojekte VIKING und SEABIRD, die nationale Verkehrsinformationssysteme koordinieren beziehungsweise den Regionalluftverkehr im Ostseeraum untersuchen.

Trotz der Zusammenarbeit besteht auch innerhalb der Region ein Wettbewerbsdenken. Ein Beispiel dafür ist die abweichende Auffassung Mecklenburg-Vorpommerns zur Fehmarnbelt-Querung wegen der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die Häfen im Lande.

Zur Einbindung Mecklenburg-Vorpommerns in den sich stark entwickelnden Ostseeraum sind insbesondere folgende Verkehrsprojekte von besonderer Bedeutung:

Beim Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 1 von Lübeck nach Stralsund drängt die Landesregierung weiter auf eine Beschleunigung dieses von Bund und Deutscher Bahn AG nicht sehr hoch eingestuften Projektes.

Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 2, die Eisenbahnstrecke Berlin–Hamburg, ist im Bereich des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Wesentlichen abgeschlossen. Als Ersatz für den Transrapid ist aber ein weiterer Ausbau erforderlich. Ich komme auf diese Problematik noch zurück. Auch die von Norden auf Berlin zulaufenden Eisenbahnstrecken Rostock –Güstrow–Neus t r e l i tz–Berlin und Saßnitz–S t r a l s u nd–P a s e w a lk – B e r l i n müssen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde ausgebaut werden.

(Reinhard Dankert, SPD: Mindestens.)

Meine Damen und Herren, nach dem Wegfall der Transrapidstrecke Hamburg–Schwerin–Berlin fordert die Landesregierung attraktive Angebote im Schienenpersonenfernverkehr, die allen Landesteilen Vorteile bringen. Um hier attraktive Ersatzangebote im Schienenpersonenfernverkehr anbieten zu können, fordert die Landesregierung den umgehenden Ausbau der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur in folgenden Achsen:

H a m b u rg–L u d w i g s l u st–Berlin auf 230 Kilometer pro Stunde,

K i el–L ü b e ck–S c h w e r in–Ludwigslust auf 160 Kilometer pro Stunde und

Rostock–Berlin auf 160 Kilometer pro Stunde.

Als wichtigstes Ziel, weil es von der Strecke her auf der Hand liegt, sehe ich in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer schnellen Verbindung Kiel–L ü b e ck – Schwerin–Ludwigslust–Berlin im Einstundentakt.

(Beifall Götz Kreuzer, PDS)

Mecklenburg-Vorpommern befindet sich damit im Einklang mit Schleswig-Holstein. Erreicht werden soll damit auch eine Verkürzung der Fahrzeit Schwerin–Berlin von zweieinviertel auf unter anderthalb Stunden. Die vier Stunden, die Sie genannt haben, Herr Vierkant, waren ein bisschen übertrieben.

(Jörg Vierkant, CDU: Regionalbahn war im Gespräch, Frau Keler, das wissen Sie.)

Ja.

Als Sofortmaßnahme – nach meinen Vorstellungen noch bis Ende Mai 2000 – fordert die Landesregierung von der Deutschen Bahn AG die Einrichtung eines IC-Haltes in Ludwigslust. Dadurch werden stündlich statt bisher zweistündlich Umsteigeverbindungen zwischen dem Raum Wismar-Schwerin und Berlin sowie eine Fernverkehrsanbindung des südmecklenburgischen Raumes an Hamburg und darüber hinaus geschaffen.

(Harry Glawe, CDU: Sie reden schon wieder über Sachen, die Sie noch gar nicht haben.)

Ebenso wichtig ist für uns die Verbindung zwischen der Hansestadt Rostock und der Bundeshauptstadt Berlin im Schienenpersonenfernverkehr. Da gebe ich zu, Herr Vierkant, das ist zur Zeit nicht optimal. Durch Streckenausbau von Rostock über Neustrelitz, hier erfolgt die Anbindung Neubrandenburgs nach Berlin, kann die Fahrzeit von heute gut drei Stunden auf etwa eindreiviertel Stunden verringert werden. Auch die Häufigkeit der Bedienung muss erhöht werden.

Neben diesen in direktem Zusammenhang mit dem Wegfall des Transrapid stehenden Forderungen setzt sich die Landesregierung für eine kurzfristige Verkürzung der Reisezeit und eine häufigere Bedienung auf der für Vorpommern und den Tourismus wichtigen Achsen Rügen– S t r a l s u nd–G r e i f s w a ld–P a s e w a lk–Berlin ein. Die ständigen Bestrebungen, den Fortschritt beim Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 1 Lübeck–H a g e n o w / L a n d R o s t o ck–Stralsund erheblich zu beschleunigen, werden wir dabei nicht aus den Augen verlieren.

Meine Damen und Herren, der Schienenpersonennahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern wird durch attraktive Angebote weiter gestärkt. Die seit der Übernahme der Verantwortung für den SPNV durch das Land von 1996 bis heute durchgeführten Verbesserungen haben Fahrgaststeigerungen von über 25 Prozent gebracht. Dies ist, wie ich finde, ein Beweis für die Akzeptanz des ÖPNV, wenn gute Angebote vorliegen.

Die nächsten Verbesserungsschritte werden sein:

der Lückenschluss der Eisenbahn nach Usedom Ende Mai 2000,

die durchgehende Wiederaufnahme des Betriebes zwischen Wismar, Neubukow, Bad Doberan, Rostock und Tessin im November des Jahres sowie

die Aufnahme des Stundentaktes zwischen Schwerin und Gadebusch durch die Stadtwerke Schwerin GmbH ab Juni 2001.

(Angelika Gramkow, PDS: Aha.)

In allen drei Fällen werden moderne Dieseltriebwagen die bisherigen in Sachen Technik und Komfort veralteten Fahrzeuge ablösen. Wir werden den ÖPNV-Landesplan vom August 1997 fortschreiben. Dabei werden ausgehend von einer Optimierung des Fahrplanangebotes Anforderungen an Infrastruktur und Fahrzeuge definiert. Des Weiteren werden wir im nächsten Plan der Verknüpfung von SPNV und sonstigem ÖPNV noch mehr Beachtung schenken. Umsteigepunkte werden verbessert, weitere Tarifkooperationen angestrebt und eine durchgängige Information über die Angebote aller Verkehrsunternehmen im gesamten ÖPNV umgesetzt, auch durch den verstärkten Einsatz elektronischer Medien.

Meine Damen und Herren, wir wollen Usedom besser an sein Oberzentrum Stralsund/Greifswald und den Schienenpersonenfernverkehr anbinden. Eine erhebliche Verbesserung steht für Sommer 2002 an, wenn die von der Landesregierung geförderte Vorpommern-Regionalbahn Realität wird. Angestrebt wird nach derzeitigem Planungsstand ein ganzjähriger Einstundentakt mit einmaligem Umsteigen am Fernverkehrsknotenpunkt Stralsund. Derzeit erfolgen die Abstimmungen der beiden beteiligten Bahnunternehmen Deutsche Bahn AG und Regio beziehungsweise Usedomer Bäderbahn.

Sie sehen meine Damen und Herren, die Landesregierung hat, wie Sie aus meinen Ausführungen jetzt ersehen können, sehr konkrete Vorstellungen, was die Entwicklung des Schienenverkehrs in Mecklenburg-Vorpommern betrifft. Die gesonderte Beauftragung eines Konzeptes, wie es Ziffer II der Drucksache beinhaltet, ist daher meines Erachtens nicht erforderlich. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte gestern Abend schon gesagt, dass ich nicht mehr allzu viel davon halte, der CDU immer wieder vorzuhalten, was sie hätte in den letzten acht Jahren tun und lassen können. Obwohl bei dem Antrag reizt es mich besonders, aber ich lasse es trotzdem sein.

Dennoch aber ein Blick auf gestern Abend: In der gestrigen Debatte zur Problematik „Nachwachsende Rohstoffe in Mecklenburg-Vorpommern“ hat die Frau Vizepräsidentin in ihrem Diskussionsbeitrag uns kritisiert, weil wir ein Konzept von der Landesregierung erwarten, wie wir dieses Programm umsetzen. Heute verlangen Sie ein Konzept von der Landesregierung zur Entwicklung des Schienenverkehrs in Mecklenburg-Vorpommern. Sie müssen sich nun schon entscheiden was Sie wollen, ob Konzepte richtig sind oder nicht richtig sind.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Mal sind sie richtig und mal nicht. Kommt ganz darauf an, wer es fordert!)

Und als ich den Antrag das erste Mal gelesen habe, dachte ich, die CDU hat jetzt ihr Herz für die Eisenbahn entdeckt.