Die vom Bund versprochene Kompensation durch eine anderweitige Entlastung der Justiz durch die Reform des Zivilverfahrens steht dagegen weiterhin aus. Auch dies ist, beiläufig gesagt, ein Beispiel, das belegt, wie wichtig es wäre, das Konnexitätsprinzip strikt in die Bund-LänderBeziehungen einzuführen.
Und ebenso ist mit einiger Sicherheit auch die Frage der Prozesskostenhilfe behandelt worden. Mögen die
Und so hat eben nicht zuletzt auch dies zu einer deutlichen Steigerung des Haushaltstitels Prozesskostenhilfe um etwa 1 Million DM geführt in unserem Land, wie auch die stärkere Förderung der Schuldnerberatungsstellen auf inzwischen 2,7 Millionen DM nötig war. Aber abgesehen hiervon liegen die Probleme vor allem im praktischen, also im real existierenden Leben, im Pleitenalltag. Man hört und sieht ja bekanntlich so manches.
Meine Damen und Herren, gewiss muss, wenn von Pleiten die Rede ist, nicht immer sofort an Herrn Schneider gedacht werden, der ja letztlich den Steuerzahler mit einem Bilderbuchkonkurs um 3 Milliarden DM erleichtert hat. Man muss selbstverständlich an die vielen strafbaren und bekannt gewordenen Gaunereien vor allem in unserem Lande denken. Schließlich haben wir nicht grundlos Untersuchungsausschüsse eingesetzt. Es ist da beileibe nicht nur der Ihlenberger – nein, Ihlenfelder – Müllberg,
Ihlenberger Müllberg, der zum Himmel stinkt, sondern es sind auch die Pleiten und Verschleuderungen von Boizenburg über Rostock, Ribnitz-Damgarten, Barth, Neubrandenburg, Grimmen bis Ueckermünde flächendeckend über das Land gekommen,
um nur einige wenige zu nennen. Auch das Eisenwerk Ueckermünde, sehr verehrter Herr Kollege Helmrich.
Der jetzige Untersuchungsausschuss versucht mit 17 komplexen Vorgängen fertig zu werden. Ich wage keine Prognose, wie. Bekanntlich hat das Land allein beim Fall BESTWOOD circa 50 Millionen DM Außenstände, die es getrost wohl in den Schornstein schreiben kann. Es steht fest, dass das Kapital eben nicht ein gar so scheues Rehlein ist. Wie Karl Marx es in jener Fußnote zum „Kapital“ beschrieb,
gibt es bei entsprechender Aussicht auf Profit kein Verbrechen, das das Kapital nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.
Und dass mit den Segnungen der Marktwirtschaft zugleich auch die Maßstäbe westlicher Zahlungsmoral über den ahnungslosen kleinen Ostunternehmer und Geschäftsmann hereingebrochen sind, kommt hinzu. Immerhin haben wir im Land jährlich etwa 1.000 Gesamtvollstreckungen bei Gewerbeunternehmen und Freiberuflichen. Meist ist mangels Masse sogar kein Insolvenzverfahren machbar, weil nichts mehr zu holen ist.
Und genau an der Stelle, wo die Ernsten und die Verzweifeltsten von allen getroffen werden, müsste die Prozesskostenhilfe einsetzen und wird in der Regel ausgeschlagen. Immerhin belief sich 1998 der Gesamtumfang der Forderungen auf 964 Millionen DM.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein noch so gutes Insolvenzrecht ist gegen diese Entwicklung und Zustände natürlich machtlos. Es ist vielfach ein hilfloses Herumquacksalbern an Symptomen. Aber das ist angesichts der Realitäten im real existierenden Kapitalismus
mit Sicherheit eben nicht anders zu machen. Dennoch ist es in Anerkenntnis der traurigen Realität auf der kapitalistischen Wildbahn nicht sinnlos, juristische Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, wenn damit vor allem überschuldeten Verbrauchern und Kleinstgewerbetreibenden die Chance gegeben werden kann, einen finanziellen und wirtschaftlichen Neubeginn zu schaffen. Und das ist ja der eigentliche Sinn der neu geregelten Verbraucherinsolvenz.
Und einer dieser juristischen Stolpersteine ist eben die unbefriedigende Verfahrensweise der Insolvenzgerichte bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn allzu oft ist es doch so, dass das Verfahren nicht betrieben werden kann, weil beim Schuldner kein Geld vorhanden ist und ebenso häufig auch der Gläubiger finanziell mittlerweile am Ende ist. Die Rechtsprechung ist, was die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung von Anwälten betrifft, bundesweit wie auch hier im Land außerordentlich zersplittert. Das kam ebenfalls in den Anhörungen zum Ausführungsgesetz des Landes so zum Ausdruck.
Insgesamt, so scheint es, sind die Insolvenzgerichte eben zaghaft in der Gewährung von Prozesskostenhilfe. Was beispielsweise in Neubrandenburg möglich ist, geht leider woanders offenbar nicht – ein ganz erstaunlicher Fakt gerade auch im Lichte der richterlichen Unabhängigkeit. Insofern stimme ich Ihnen, Frau Kollegin Dr. Seemann, zu, nicht dass wir zum Schluss noch ein Chancenkataster über das Land legen müssen für erfolgreiche Insolvenzverfahren und Prozesskostenhilfe.
Meine Damen und Herren, deshalb ist es angebracht, dass sich die Landesregierung um eine baldige Klärung bemüht. Da aber die Prozesskostenhilfe tatsächlich bundesrechtliche Materie ist, ist eine befriedigende Lösung wohl letztlich nur durch eine bundesgesetzliche Regelung möglich.
Dazu ist, wie im Antrag festgestellt wurde, eine Abstimmung vorab mit den anderen Ländern nötig. Jedenfalls wird wohl, das ist unsere Überzeugung, eine Lösung durch eine andere Interpretation beziehungsweise Auslegung von Paragraph 4 der Insolvenzverordnung nicht möglich sein, was ja die jetzige Praxis der Insolvenzgerichte lediglich augenscheinlich macht.
Insofern schlage ich Ihnen vor, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Dr. Born, den Antrag nicht in den Rechtsausschuss oder irgendwo anders hin zu überweisen. Ich denke, die Fakten sind so klar, dass wir heute hier endgültig abstimmen können. Ich bitte Sie um die Zustimmung zu diesem Antrag. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir haben uns gegenseitig jetzt die Argumente angehört. Ich stelle keine großen Unterschiede fest. Insofern verzichte ich auf meinen Redebeitrag.
Ich möchte allerdings auch dafür plädieren, dass wir den Antrag sofort in der Sache abstimmen, damit die Landesregierung anfangen kann zu handeln und wir nicht noch den Antrag lange in den Ausschüssen haben. Herr Dr. Born, und wenn überhaupt, dann wären, denke ich, infolge der vorherigen Zuständigkeit ohnehin der Sozialausschuss und der Finanzausschuss zuständig gewesen. Aber wir lassen es lieber ganz und stimmen in der Sache ab.
Und noch ein Punkt, ich gebe Ihnen Recht, auch mit der Prozesskostenhilfe werden wir noch nicht alle Probleme gelöst haben, wenn man allein daran denkt, dass auch mit den Vorschüssen zum Beispiel Probleme dann noch bestehen, wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird. Aber ich denke, da können wir uns zu einem späteren Zeitpunkt verständigen. Jetzt sollten wir den Antrag abstimmen, damit die Landesregierung handeln kann. – Danke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Kollege Herr Kreuzer hat mir noch zweieinhalb Minuten gelassen. Die möchte ich insofern nutzen, dass ich an einen Aspekt noch mal anknüpfe, den Herr Professor Eggert hier nannte, und zwar die Frage der Folgekosten.
Ich bin der Meinung und will das hier nicht ungesagt lassen, dieser Antrag hat nämlich nicht nur eine rechtliche, juristische, sondern vor allen Dingen auch eine sozialpolitische Dimension. Und wenn durch abgelehnte Prozesskostenhilfe keine Schuldenregulierung stattfindet, kommt es aus meiner Sicht zu nicht berechenbaren Folgekosten. Und eben das ist die soziale Dimension des Antrages. Fehlende Schuldenbereinigung bringt psychischen Druck, gesundheitliche Folgekosten sind dann nicht ausgeschlossen. Das bringt gegebenenfalls Kontenpfändung. Dies kann zum Arbeitsplatzverlust führen, gegebenenfalls zu Schwarzarbeit. All diese Folgen sind nicht vertretbar.
Gewollt ist – und das ist mir wichtig, dass es noch mal gesagt wird –, dass jeder Schuldner Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren hat. Der Weg dahin ist sicherlich unterschiedlich, das hat hier Herr Dr. Born auch noch mal gesagt. Aber dem dient der Antrag, nämlich dass der Schuldner Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren bekommt. Ich schließe mich diesbezüglich den Ausführungen von Frau Dr. Seemann an. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist in der Diskussion deutlich geworden, dass es ein sehr vielschichtiges Problem ist. Und deshalb appelliere ich noch mal an Sie, dass wir diesen Antrag sorgfältig beraten. Deshalb erweitere ich den Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss, selbstverständlich Sozialausschuss, aber ebenso auch Wirtschafts- und Landwirtschaftsausschuss sind nämlich die Bereiche, die sehr stark in unserem Land
betroffen sind, und natürlich der Finanzausschuss. Die Auswirkungen, die der Wirtschaftsminister vorhin dargestellt hat, auf die Finanzen des Landeshaushalts sind erheblich.
Ich bitte also herzlich darum, dass wir bei einer solch schwierigen Materie tatsächlich in den Ausschüssen beraten können, bevor wir hier endgültig votieren. – Danke schön.
Sie haben eben den Antrag noch einmal gehört. Für den Antrag der Fraktion der SPD und PDS auf Drucksache 3/1223 ist die Überweisung zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Sozialausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss, Landwirtschaftsausschuss und Finanzausschuss beantragt. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der SPD- und PDSFraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, der auf Drucksache 3/1223 steht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1223 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion bei Stimmenthaltung der CDU-Fraktion angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD – Einhaltung der Beschlüsse des Berliner Gipfels vom 24./25. März 1999 zum Agrarteil der Agenda 2000, auf Drucksache 3/1218.
Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Einhaltung der Beschlüsse des Berliner Gipfels vom 24./25. März 1999 zum Agrarteil der Agenda 2000 – Drucksache 3/1218 –
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Scheringer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der auf Drucksache 3/1218 vorliegende Antrag ist die Reaktion der Koalitionsfraktionen auf aktuelle Entwicklungen auf europäischer Ebene, die Anlass zur Sorge geben, dass die Landwirte unseres Landes und darüber hinaus erneut zur Kasse gebeten werden sollen, um Löcher im europäischen Haushalt zu stopfen.
Ich stimme mit der Auffassung von Herrn Sonnleitner überein, der sich gegen die Vorbereitung des Unterlaufens der Agenda-Beschlüsse ausgesprochen hat, denn dieser Antrag hat im Wesentlichen zum Ziel, wenigstens den mit den Beschlüssen des Berliner Gipfels vom 24. und 25. März 1999 im Agrarteil der Agenda 2000 erreichten Kompromiss zu sichern. Das bedeutet nicht, meine Damen und Herren, dass die PDS-Fraktion diesen Kompromiss an sich gut findet. Im Gegenteil, meine Fraktion lehnt – im Unterschied zur SPD-Fraktion – die Agenda in ihrer beschlossenen Form nach wie vor ab.
Ich möchte jetzt nicht eingehen auf den Strukturwandel, der sich im Bereich der Landwirtschaft in den letzten