Zunächst hat um das Wort gebeten die Sozialministerin in Vertretung für den Minister für Arbeit und Bau. Bitte sehr, Frau Ministerin Bunge.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich die Rede des Arbeitsministers vortrage, bitte ich Sie zu beachten, dass Ichaussagen dann jeweils die des Arbeitsministers sind. Ich habe jetzt also nicht versucht, das alles …
(Peter Ritter, PDS: Martina, wir werden Herrn Riemann mal verdeutlichen, dass du nicht Herr Holter bist.)
Ausschusseinschätzungen und Gedanken wiederzugeben, bei denen ich nicht dabei war. Deshalb, damit Irritationen nicht aufkommen, das vorab.
Als Verantwortliche und Verantwortlicher in der Wirtschaft und in der Politik kommt man manchmal in die Situation, Strukturen, deren Bedeutung als gegeben hingenommen werden, die als unentbehrlich empfunden werden, für die Zukunft in Frage zu stellen. Wenngleich unbequem, ist diese Situation dennoch gut, denn es heißt an dieser Stelle nachzudenken, wie Gutes durch noch Besseres ersetzt werden kann. Das ist Motor von Fortschritt in Wirtschaft und Gesellschaft.
Ich habe daher die im Zusammenhang mit unserem heutigen Verhandlungsgegenstand erforderlichen Untersuchungen und Prüfungen, aber auch die damit verbundenen Diskussionen sehr begrüßt. Ich will an dieser Stelle
nicht all das wiederholen, was ich bereits während der Landtagssitzung im April zu den arbeitsmarktpolitischen Landesgesellschaften und zu deren Fortführung gesagt habe. Aus den vielen Diskussionen möchte ich allerdings einige Eckpunkte festhalten, die nach meinem Eindruck Konsens finden.
Erstens. Wir werden auf absehbare Zeit einen erheblichen arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf haben. Ich sehe derzeit auch mittelfristig keine Entwicklung, die auf eine so hohe Nachfrage des allgemeinen Arbeitsmarktes hindeutet, dass Vollbeschäftigung darüber zu erzielen wäre. Wir brauchen also vielfältige arbeitsmarktpolitische Instrumente zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit bei uns im Lande. Angesichts der vielen Frauen und Männer, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, ist mir die pauschale Forderung zu platt, möglichst alles Geld in die Wirtschaft zu pumpen.
Ich meine, es gibt keinen Königsweg zur Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit. Wirtschaft und Politik müssen jeweils ihren Beitrag für mehr Beschäftigung leisten. Wir müssen daher auch landespolitisch nach neuen Wegen aus der Arbeitslosigkeit suchen. Das heißt, wir haben einen erhöhten Umsetzungsbedarf für die Arbeitsmarktpolitik unseres Landes bei der Regionalisierung, bei neuen Beschäftigungsmodellen, aber auch bei besonderen aktuellen Interventionslagen, bei Unternehmenskrisen oder bei neuen Qualifizierungsschwerpunkten wie zum Beispiel bei den modernen Informationstechnologien.
sondern um neue Inhalte mit innovativen Köpfen. Die Gesellschaften TGL und TGS haben dazu neue und, wie ich meine, anspruchsvolle Unternehmenskonzepte vorgelegt,
Unsere Erfahrungen zeigen, dass dieser Beratungsund Umsetzungsbedarf umso höher ist, je zielgerichteter die Politik sein soll. Dabei verbietet es sich schon aus Kostengründen, diese Strukturen im Landesdienst zu schaffen.
Und letztens. Wir verfügen mit den beiden arbeitsmarktpolitischen Landesgesellschaften über Instrumente, um die uns andere Bundesländer beneiden. Jede Gesellschaft wird in ihrem jeweiligen Aufgabengebiet von einem repräsentativen und hochwirksamen Gesellschafterkreis getragen.
Die involvierten Kräfte wären für jeden Runden Tisch der Arbeitsmarktpolitik unentbehrlich. Tendenzen, aber auch aktuelle Bedarfe können mit der durch das Gesell
schaftsrecht gegebenen Verbindlichkeit zum Beispiel zwischen den Sozialpartnern oder zwischen kommunalen Spitzenverbänden und dem Land abgesprochen werden. Dies gibt es in keinem anderen Bundesland. Darum ist für mich der Wunsch der Gesellschafter, zwei klar abgegrenzte Gesellschaften auch in Zukunft aufrechtzuerhalten, eine nicht zu vernachlässigende politische Botschaft, die ernst genommen werden muss. Beide Gesellschaften zu fusionieren würde kaum mit einem Einspareffekt verbunden sein,
weil beide Gesellschaften ganz unterschiedliche Handlungsfelder abdecken. Ihre Zusammenlegung würde also die Addition beider Handlungsfelder und der dafür erforderlichen Ressourcen bedeuten. Allenfalls ein Geschäftsführer könnte eingespart werden. Dafür wäre aber organisatorisch eine Kraft im mittleren Management einzuplanen. Eine Fusion würden weder die IG Metall noch Nord Metall mittragen,
weil beide im klar abgegrenzten Bereich ihrer Zuständigkeit arbeitsmarktpolitisch aktiv werden wollen. Für mich ist das eine nachvollziehbare Position, die wir gemeinsam akzeptieren sollten.
Lassen Sie mich noch auf einige Detailpunkte eingehen, die in den Ausschussberatungen aufgetaucht sind:
Missstände, die – aus welchen Gründen auch immer – im Einzelfall auf dem zweiten Arbeitsmarkt zu beobachten sind, sind nicht zu akzeptieren. Die Trägergesellschaften haben sich beide dazu bekannt, durch Beratung, Schulung und Controlling den Beschäftigungsträgern zur Vermeidung von Fehlsteuerungen zur Seite zu stehen. Dies gilt auch für die Vermeidung von Wettbewerbsstörungen durch Beschäftigungsträger des zweiten Arbeitsmarktes auf dem allgemeinen Waren- und Dienstleistungsmarkt. Die Trägergesellschaften werden künftig selbst nicht mehr Träger von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sein. Das Dienstleistungsangebot der Gesellschaften selbst ist eindeutig so ausgerichtet, dass Wettbewerbssituationen zum Beispiel mit Unternehmensberatungen in unserem Lande nicht stattfinden.
Die Förderung von Unternehmensgründungen wird auch künftig ein Schwerpunkt der Arbeit der TGS sein. Auch hier gibt es keinen unlauteren Wettbewerb. Es werden ausschließlich arbeitslose Existenzgründerinnen und -gründer beraten, die keine Mittel haben, um kommerzielle Anbieter einschalten zu können. Dieses Beratungsfeld betreut die TGS in ausdrücklicher Abstimmung mit den IHKs, teilweise sogar in deren Räumen.
Zu der in den Ausschussberatungen angesprochenen Nachhaltigkeit von Ausgründungen konnte ich mich im Ergebnis einer Kurzerhebung bei der TGS überzeugen. Bis Ende Februar dieses Jahres wurden aus den ABSGesellschaften, die von der TGS betreut wurden, insgesamt 65 Unternehmen ausgegründet. Derzeit sind weitere Ausgründungen in der Realisierungsphase, so dass bis zum Sommer 2000 die Zahl von 70 Gründungen erreicht werden kann. Die Ausgründungen haben sich als durchweg nachhaltig erwiesen. Lediglich in zwei Fällen kam es zu Insolvenzen und damit verbunden zur Einstellung der Geschäftstätigkeit.
Nicht eingerechnet sind die im Rahmen der Krisenintervention gesicherten Arbeitsplätze bei übertragenen
Sanierungen, zum Beispiel bei der Mineralwolle Lübz mit 70 Mitarbeitern, oder die Ankopplung von Betriebsabteilungen während struktureller Kurzarbeit an existierende Unternehmen. Das sind etwa zehn Fälle mit über 100 gesicherten oder geschaffenen Arbeitsplätzen. Diese Bilanz kann sich sehen lassen. Dieser Tätigkeitsschwerpunkt wird weiter vertieft.
Lassen Sie mich abschließend auch noch einige Worte zu den Finanzen sagen. Wir nehmen die Gesellschaften künftig noch stärker an die kurze Leine. Wenn in der Vergangenheit manchmal auch ein gegenteiliger Eindruck entstanden sein mag, künftig werden die Gesellschaften sich in ihrer Beschäftigungsstruktur, hoffentlich auch in ihrem Image nicht als ABM-Gesellschaften des Landes verstehen oder darstellen können. Daher bleiben sämtliche Beschäftigungsverhältnisse in den Gesellschaften befristet, auch die der Geschäftsführer.
Die Gesellschaften werden sich künftig als privatwirtschaftlich agierende Leistungserbringer verstehen müssen. Ohne effiziente Beratungsergebnisse bin ich zumindest nicht bereit, die Gesellschaften unverändert weiterlaufen zu lassen. Dafür soll 2003 eine Zwischenbilanz gezogen werden. Die Gesellschaften von vornherein auf diesen Zeitpunkt zu befristen wäre allerdings kontraproduktiv, weil für derartig kurze Einstellungszeiträume kaum qualifiziertes Personal zu bekommen wäre
Ich bitte Sie um Ihre Einwilligung zur weiteren Beteiligung des Landes an der TGL und der TGS. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Zunächst einmal, Frau Ministerin Bunge, in der Rede von Herrn Minister Holter habe ich viele positive Ansätze gefunden, aber die Schlussfolgerung daraus fehlt uns natürlich in der CDU-Fraktion. Und wenn wir damit bis zum Jahre 2005 warten sollen, ist das ein bisschen viel verlangt von uns.
(Angelika Gramkow, PDS: Befristet, aber die Überprüfung steht auch schon drin. – Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)