Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Zunächst hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister Kauffold.
Ich bedanke mich sehr bei Ihnen, Herr Bluhm, für Ihren engagierten, inhaltsreichen Beitrag, dem ich in vielen Punkten nichts hinzuzufügen habe. Und ich freue mich über das klare Bekenntnis des Koalitionspartners zur Bildungspolitik in unserem Lande.
Das Lehrerpersonalkonzept ist eine komplexe und sehr komplizierte politische Materie und Handlungsgrundlage und erfordert bei der Handhabung und Durchsetzung sehr viel Insiderkenntnisse, muss ich sagen. Und wir haben mit dem Konzept beständig zu leben, wir haben es umzuset
zen, wir haben es fortzuschreiben und das geschieht. Also die Fortschreibung und Umsetzung geschieht beständig und dieses Konzept wird von einer Gruppe begleitet, zu der auch die Partner gehören, die Interessenvertreter, die Vertreter von Lehrerverbänden. Das geschieht also regelmäßig und lege artis und in sehr, sehr schwierigen, auf konstruktive Lösungen bedachten Ansätzen und Beratungen. So ist das auch jetzt geschehen, zu dem Zeitpunkt, wo die Teilzeit ernst wird.
Herr Bluhm hat neben seinen grundsätzlichen Einlassungen schon sehr viele Details genannt, auf die ich mich ebenfalls vorbereitet hatte. Ich möchte hier deswegen etwas kürzen und überspringen.
Auf jeden Fall möchte ich zum Antrag der CDU auf Drucksache 3/1296 sagen, dass es dieses Antrages nicht bedarf,
weil die angesprochene Thematik ständiger Bestandteil der Umsetzung und Fortschreibung des Lehrerpersonalkonzeptes ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Veränderung der Altersstruktur. Die Altersstruktur bedrückt uns natürlich und die Problematik drückt uns auch, aber wir müssen mit den Fakten leben. Darauf hat Herr Bluhm schon hingewiesen. Von 1994 bis 1996, also vor der Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes, erhöhte sich das Durchschnittsalter der Lehrkräfte von 42,3 auf 44,1 Jahre. Von 1996 bis 1998, also seit Beginn der Umsetzung der Maßnahmen, haben wir einen leichten Rückgang von 44,1 auf 43,8 Jahre. Das ist natürlich noch nicht umwerfend, Herr Jäger, aber es ist auf jeden Fall kein dramatischer Anstieg zu bemerken. Aber der Lehrerbestand ist im Altersaufbau nicht so, wie man sich das wünschen möchte. Das ist uns allen ganz klar.
Aber für, ich will mal sagen, dieses Konstanthalten dieser Linie gibt es zwei Ursachen: Erstens sind im Rahmen der Vorruhestandsregelung als einer tragenden Säule dieses Konzeptes ältere Lehrkräfte ausgeschieden. Und zweitens haben wir den Einstellungskorridor von jährlich 170 Stellen, der vor allem Berufsanfängern vorbehalten ist und vorrangig für Mangelfächer eingesetzt wird. An dieser Stelle möchte ich jedoch deutlich sagen, dass nur dieses Lehrerpersonalkonzept es ermöglicht, trotz des Bedarfsrückganges diesen jährlichen Einstellungskorridor vorzuhalten und auf diesem Wege, soweit wir es vermögen, junge Leute in das System zu bringen. Junge Lehrkräfte mit Bedarfsfächern stabilisieren nicht nur die Altersstruktur, sondern sie verbessern die Unterrichtsversorgung in Fächern wie beispielsweise Englisch oder Informatik.
Das Lehrerpersonalkonzept ist außerhalb unseres Bundeslandes mit viel Skepsis verfolgt worden. Wie wir aber feststellen können, machen andere Bundesländer nun Ähnliches. Mittlerweile haben alle neuen Bundesländer ähnliche Konzepte.
Ich möchte auch noch erwähnen, dass unser Bundesland im Rahmen des Lehrerpersonalkonzeptes umfangreiche Mittel aufgewendet hat. Bis zum 31.07.1999 sind für die ausscheidenden Lehrkräfte durch den Vorruhestand Verpflichtungen des Landes in Höhe von insgesamt 200 Millionen DM entstanden. Das ist also ein nicht unerheblicher Aufwand, den das Land einbringt, um diese vertraglich vereinbarten Regulierungen vorzunehmen. Der Vorruhestand wird tatsächlich auch am meisten von den vorgesehenen Maßnahmen angenommen. Die ursprüngli
chen Kosten für einen Vorruheständler wurden 1996 mit circa 80.000 DM veranschlagt. Die Kosten liegen heute bei 150.000 bis 200.000 DM. Sie sehen also, dass die Leistungen des Landes hier auch angestiegen sind.
Es wird von verschiedenen Seiten immer wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, als würden das Lehrerpersonalkonzept und das ebenfalls im Bildungsministerium angesiedelte Konzept zur Qualitätssicherung an zwei unterschiedlichen Enden des Tischtuches ziehen. Das ist nicht so. Das Lehrerpersonalkonzept beinhaltete von Anfang an Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtssituation und es werden selbstverständlich auch aktuelle Entwicklungen aufgegriffen. Ich möchte die Beispiele noch mal aus meiner Sicht akzentuieren:
Erstens. Seit diesem Schuljahr wird in den Jahrgangsstufen 1 und 2 in den Fächern Deutsch und Mathematik jeweils eine Stunde zusätzlich unterrichtet.
Die Abgeordnete Schnoor hat schon mal reklamiert, dass das eigentlich eine CDU-Initiative ist. Es ist mir völlig schnurz, wessen Initiative das ist, entscheidend ist, dass wir die Stunden mehr haben, um die Qualität des Unterrichtes in diesem sensiblen Bereich zu verbessern.
Zweitens. Circa 90 Prozent unserer Grundschüler erlernen zurzeit ab der 3. Klasse Englisch. In zwei Jahren werden wir dieses Angebot allen unseren Schülern machen können.
Drittens. In diesem Schuljahr ist der weitere Ausbau der Ganztagsbeschulung betrieben worden. Ich glaube, das hatte Herr Bluhm schon erwähnt. Im laufenden Schuljahr bieten landesweit 38 Schulen Ganztagsbeschulung an.
Viertens. Landesweit sind inzwischen 58 öffentliche volle Halbtagsgrundschulen mit festen Öffnungszeiten eingerichtet worden. Ich wünsche mir, dass es noch mehr werden.
Und dann haben wir schließlich auch im Ergebnis der Bildungspolitik der letzten Legislaturperiode die Kleinen Grundschulen auf dem Lande. Das ist eine sehr sympathische Maßnahme in unserem Flächenland, in dem Grundschüler jahrgangsübergreifend unterrichtet werden. Und das werden wir auch noch aufrechterhalten. Diese Kleinen Grundschulen werden in den ländlichen Räumen gebraucht.
Unabhängig davon orientieren wir in Ballungsgebieten auf mehrzügige Schulen, denn wir müssen Ressourcen freisetzen, die dem Bildungssystem dann in dem von Herrn Bluhm geforderten Sinne wieder zugute kommen.
(Harry Glawe, CDU: Ja, Sie haben aber noch keine Antwort gegeben. – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)
Aber ich möchte auf noch einen Umstand hinweisen: Mit 19,4 Schülern pro Klasse hat Mecklenburg-Vorpommern im Grundschulbereich im Vergleich mit den anderen Bundesländern bisher die kleinsten Klassen. Das ist ja auch eine Maßnahme, die qualitativ nicht uninteressant ist, aber diese Größe werden wir nicht halten.
Herr Bluhm hat schon darauf hingewiesen, dass es jetzt im Rahmen des Lehrerpersonalkonzeptes erstmalig gelungen ist, über die planerischen Ansätze eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung allein über Stellen zu gewährleisten und nicht nur über Stellen und Vertretungsmittel. Und ich möchte hier erwähnen, dass wir im ersten Halbjahr des laufenden Schuljahres den Unterrichtsausfall auf 2,7 Prozent haben begrenzen können. Das ist im Vergleich zu anderen Bundesländern ja keine schlechte Zahl, wenngleich uns natürlich entgegengehalten wird, dass punktuell in bestimmten Regionen und bei bestimmten Fächern der Unterricht in unvertretbarer Weise ausfällt. Ich sehe das auch. Mit diesem Problem werden wir aber wahrscheinlich, wie andere Bundesländer auch, permanent zu ringen haben.
Über die jetzt erfolgte Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes sind die Lehrer im Grundschulbereich bereits ausführlich informiert worden. Der Umfang der Beschäftigung im Grundschulbereich wird im kommenden Schuljahr in den staatlichen Schulämtern Schwerin und Rostock jeweils 20 Stunden und in den staatlichen Schulämtern Greifswald und Neubrandenburg jeweils 21 Stunden betragen. Das entspricht einer Beschäftigung von 74 beziehungsweise 78 Prozent einer vollbeschäftigten Lehrkraft.
Im Vergleich wären Zahlen aus anderen neuen Bundesländern nicht uninteressant. In Sachsen beträgt der Beschäftigungsumfang der Grundschullehrer zurzeit 57 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei Grundschullehrern 81 Prozent. Dieser Anteil wird jedoch nur dadurch erreicht, dass Grundschullehrkräfte in erheblichem Umfang an weiterführenden Schulen tätig sind, und das führt zu Teilzeitbeschäftigung für Lehrer an den weiterführenden Schulen. Also das, was bei uns jetzt im Grundschulbereich einsetzt und dann in die weiterführenden Schulen übergeht, das ist in Sachsen-Anhalt bereits jetzt auf alle Schulen verteilt. In Thüringen beträgt der Beschäftigungsumfang der Grundschullehrer zurzeit 60 Prozent und in Brandenburg circa 80 Prozent. Aber das gilt dann bis zur Klasse 6. So sind also die Zahlen und Sie sehen, dass wir da auch einen Vergleich mit Sachsen – das ist ja ein von der Opposition häufig zitiertes Land – nicht zu scheuen brauchen,
Allen Grundschullehrkräften, die ihre Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept erklärt und durch die Unterzeichnung der entsprechenden Änderungsverträge aufrechterhalten haben, erhalten einen unbefristeten Kündigungsschutz im Umfang einer halben Stelle. Lehrkräfte, die dieses Vertragsangebot nicht angenommen haben, werden entsprechend den Bestimmungen des Lehrerpersonalkonzeptes als Nichtteilnehmer gewertet und erhalten zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Beendigungskündigung. Darüber hatten wir uns ja auch schon im Bildungsausschuss verständigt. Das hat dort allgemeine Zustimmung gefunden.
Erkundigen Sie sich bei Ihren Mitgliedern aus dem Bildungsausschuss, Herr Riemann, die haben das für notwendig gehalten, dass das passiert, dass nämlich Lehrkräfte, die nicht die Solidarität mittragen, auch keinen Anspruch auf Solidarität haben.
Die Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes sieht vor, dass ausnahmslos alle Lehrkräfte von der Maßnahme Teilzeit erfasst werden. Betroffen sind somit auch Schulleiter und stellvertretende Schulleiter. Für diesen Personenkreis ist jedoch in Abhängigkeit von der Schulgröße ein Mindestbeschäftigungsumfang festgelegt worden, der es dem Schulleiter und dem Stellvertreter einerseits ermöglicht, ihren Leitungsaufgaben gerecht zu werden, andererseits einen solidarischen Beitrag für den erforderlichen Stellenabbau zu leisten.
Im Berufsschulbereich betrifft uns diese Problematik noch nicht aktuell, aber das Problem wächst in den Berufsschulbereich hinein. Zurzeit werden an den öffentlichen beruflichen Schulen im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums 70.200 Schüler unterrichtet. Dafür stehen 2.361 hauptberufliche Vollzeit- und Teilzeitlehrkräfte und einige sonstige teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte – Honorarlehrkräfte – zur Verfügung. Angesichts des auch hier unvermeidlichen Strukturwandels in den nächsten zehn Jahren infolge zurückgehender Schülerzahlen auf ein Drittel des heutigen Standes und der demographischen Entwicklung der Altersstruktur der Lehrkräfte ist bereits jetzt eine systematische Anpassung des Lehrkräftebedarfes zwingend notwendig. Hier ist die Altersstruktur der Lehrer ungünstiger. Sie liegt derzeit bei den hauptberuflichen Lehrkräften bei 47,3 Jahren. Das ist natürlich eine alarmierende Botschaft.