Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Siegfried Friese, SPD: Schwerin ist ein kommu- nales Theater. – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, …

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na gut, Herr Born, Sie sitzen aber auf allen Bänken und auf allen Seiten.)

Ja, ja. Also, wenn Ihnen das hilft, Dr. Schoenenburg, ich habe gar kein Problem, wenn ich sage, der Landtag ist im Vergleich zum Staatstheater da drüben ein Laienspieltheater. Nur, was besonders schlimm ist, hier wird ein Trauerspiel aufgeführt,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich bitte Sie! – Sylvia Bretschneider, SPD: Oh, ein Trauerspiel?)

und das nicht auf sehr hohem Niveau.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Land hat nicht sehr viele Trümpfe, sehr viele Attraktivitäten, ausgenommen die Naturschönheiten,

(Peter Ritter, PDS: Die wollen Sie auch nicht schützen.)

als dass wir uns den Luxus leisten könnten, mit diesen wenigen Trümpfen auch noch nachlässig umzugehen. Sparsamkeit ist erforderlich, das ist überhaupt gar keine Frage. Aber wir müssen uns fragen, was wir eigentlich für Ziele haben, wenn wir um Kultur in diesem Lande ringen. Wir können nicht um jeden Preis sparen. Wenn sie eine Fußballmannschaft haben und die soll in der ersten Liga spielen, dann hat es auch keinen Sinn, dass sie plötzlich anfangen zu sagen, ich brauche nicht mehr elf Spieler, weil ich die nicht bezahlen kann, sondern nur noch zehn. Wenn Hansa Rostock so verfahren wäre, wären sie abgestiegen am letzten Sonnabend.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abge- ordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Mit acht kann man auch noch spielen.)

Ja, meine Damen und Herren.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist aber auch ein schlechtes Beispiel.)

Ja, verehrte Frau Gramkow, dann nehmen Sie die Landtagsverwaltung, das liegt Ihnen vielleicht näher. Wenn das Geld nicht reicht, können Sie auch nicht sagen, ich friere die Beträge pro Jahr ein und dann spare ich immer mehr Beamte und Angestellte ein. Und plötzlich funktioniert das hier nicht mehr. Irgendwann geht es dann nämlich wirklich nicht mehr mit den Einsparungen.

(Lutz Brauer, CDU: Das ist wie mit dem Wald und den Bäumen. – Zuruf von Dr. Berndt Seite, CDU)

Ich will Sie noch mal daran erinnern, wie sich das hier in Schwerin abgespielt hat. Ich weiß noch ganz genau, als im Jahre 1994 mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit, Aufregungen, Empörungen die Philharmonie eingespart wurde. Es wurde erklärt, es geht nicht anders, die Landeshauptstadt kann sich zwei Kapellen nicht leisten. Das ist alles nachvollziehbar gewesen. Nur, dann muss man auch den zweiten Teil der Ehrlichkeit halber hinzufügen. Damals ist auch versprochen worden, dafür kriegt die Staatskapelle dann 20 Stellen mehr, dann habt ihr ein Orchester, ein AOrchester mit 106 Musikern,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau!)

und das ist ein Orchester, das auf Dauer auf höchstem Niveau auch dieses Land repräsentieren kann.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und wie ist die Situation wenige Jahre später? 86 Musiker sind noch da, 86 Planstellen. Und jedes Jahr das neue Theater um das Orchester. Das heißt, es geht jetzt darum, ob weitere Stellen eingespart werden können, sollen oder müssen. Und das bedeutet im Klartext: Ob Sie dann noch A-Orchester davor schreiben oder nicht, es ist kein A-Orchester mehr. Es ist Schwindel, wenn Sie das A-Orchester nennen. Mit weniger als 80 Musikern können Sie dann einfach nicht mehr auf einem entsprechenden

Niveau die kulturellen Leistungen erbringen lassen wollen, die wir uns alle, ja, nach dem, was ich hier höre, auch auf Dauer wünschen. Vor allen Dingen ist eine solche Diskussion eine Zumutung für die Betroffenen, die nämlich Tag für Tag Höchstleistungen erbringen müssen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist für einen Künstler eine größere Anstrengung, Kollege Schoenenburg, bei einer Aufführung eine Höchstleistung zu erbringen, als hier im Landtag sprechen zu müssen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, der Künstler wird besser geigen können als reden.)

Und wenn man diesen Menschen jeden Monat wieder sagt, wir müssen noch diskutieren, wir haben jetzt eine Kommission eingesetzt und wir haben noch eine Kommission gebildet, da helfen wir niemandem mit. Das Einzige, was wir erreichen, ist, dass die guten Leute sich wegbewerben. Und dann sage ich Ihnen eines: Wenn Sie zum Beispiel erst einmal einen solchen Klangkörper, dasselbe gilt für das Theater, auf ein niedriges Niveau zurückgefahren haben, dann ist das auf Dauer kaputt, das kriegen Sie nicht mehr repariert.

(Angelika Gramkow, PDS: Wir haben das hinter uns, als Sie die Philharmonie abgewickelt haben.)

Und deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind hier in der Tat gemeinsame Anstrengungen aller erforderlich: Land, die Landkreise, die Städte, aber auch der NDR sind gefordert. Ich komme noch mal darauf zurück.

Ich will noch mal ganz kurz auf die Zahlen eingehen, die Sie genannt haben, Herr Professor Kauffold. In der Tat, in Westdeutschland werden 15 Prozent der Einnahmen oder der Kosten durch die Besucher erbracht. In Rostock sind es 5,3 Prozent. Sie haben gesagt, in Neubrandenburg ist das am günstigsten mit etwa 22 Prozent.

(Minister Dr. Peter Kauffold: Die Philharmonie.)

Ja, die Philharmonie da. Sie dürfen nur in diesem Zusammenhang meines Erachtens nicht die Philharmonie mit zum Beispiel dem Staatstheater Schwerin gleichsetzen,

(Minister Dr. Peter Kauffold: Schwerin war doch auch ein positives Beispiel.)

das vier Sparten zu betreuen hat. Und immerhin, hier werden 18,9 Prozent aufgebracht. Und ganz entscheidend ist, dass pro Einwohner in Sachsen vom Land eben mehr erbracht wird an Leistungen als in MecklenburgVorpommern, und das in einem Land, das wesentlich mehr Einwohner hat. Und wir sind ein dünnbesiedeltes Flächenland.

(Angelika Gramkow, PDS: Das auch wesentlich mehr finanzielles Potential hat als Mecklenburg-Vorpommern.)

Hier stimmt doch einfach die Relation nicht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Weil es eine ordentliche Finanzpolitik macht, Frau Gramkow, zumindest in den letzten Jahren.)

Hier stimmt die Relation nicht.

Meine Damen und Herren, ich kann nur uns alle auffordern, das Trauerspiel um die Kulturlandschaft in diesem Lande zu beenden.

(Angelika Gramkow, PDS: Ich möchte einmal das Geld haben, das er hat, Herr Riemann. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir brauchen jetzt eine Initiative pro Kultur in diesem Land.

Erstens, das Land muss sich institutionell in die Pflicht nehmen.

(Angelika Gramkow, PDS: Was heißt das?)

Also anders, als Sie es eben gesagt haben, …

Ja, wenn hier über eine GmbH nachgedacht wird, dann muss das, was in allen anderen Bundesländern üblich ist, dann muss ein Bekenntnis zu einem Staatstheater durch das Land auch so erfolgen, dass das Land sich daran beteiligt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist in allen Bundesländern der Fall, nur in Mecklenburg-Vorpommern nicht.

Zweitens, meine Damen und Herren, der Norddeutsche Rundfunk ist eine Rundfunkanstalt für vier Bundesländer. Und es geht nicht, dass allein das Land Mecklenburg-Vorpommern, wenn es um Kulturförderung geht, anders behandelt wird als die anderen drei Bundesländer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Immer als Bittsteller.)

Ich erinnere hier erstens an die Aufführungen vom Ohnsorg-Theater, die übertragen werden. Und dann gucken Sie mal, wie viel von der Fritz-Reuter-Bühne zu welcher Sendezeit gebracht wird. Zweitens gucken Sie sich mal an, was für die Orchester des Norddeutschen Rundfunks aufgebracht wird – das sind über 50 Millionen DM.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also ich finde, er hat Recht. Aber es passiert doch schon zehn Jahre so.)

Und wie viel macht der NDR hier in Mecklenburg-Vorpommern?! Also auch hier ist ein klares Bekenntnis erforderlich.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wer wollte zum NDR? Wer war das?)

Drittens, die Landkreise und jetzt im Gegensatz,