Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Paragraphen 1 des vorliegenden Integrationsförderratsgesetzes werden die Ziele dieses Förderrates formuliert. Dort heißt es: „Ziel der Arbeit des Integrationsförderrates ist es, Chancengleichheit für die Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke“ – soweit wie möglich – „herzustellen, Voraussetzungen für ihre gleichberechtigte Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu schaffen und noch bestehende tatsächliche Benachteiligungen abzubauen.“ Die Ziele sind okay. Nur: Lassen sich diese Ziele durch den vorliegenden Gesetzesentwurf erreichen und verwirklichen? Da bestehen bei den Betroffenen, ihren Verbänden und in der CDU-Fraktion erhebliche Zweifel und Bedenken. Aber darauf komme ich noch zurück.
Meine Damen und Herren, das wichtige Thema Integrationsförderung beschäftigt diesen Landtag schon seit Januar 1999. In der Landtagssitzung am 28. Januar wurde …
… der Antrag Integrationsfördergesetz, Drucksache 3/111, von den Koalitionsfraktionen eingereicht. Die Landesregierung wurde damals beauftragt, bis zum April 1999 dem Landtag einen Bericht zu geben, wie sie gedenkt, im Weiteren mit dem Antrag Integrationsfördergesetz umzugehen. Der Terminplan wurde nicht eingehalten. Kurz vor der Landtagssitzung im April wurde dieser Bericht mit der Begründung: „Die Prüfung bedarf einer umfassenden Abstimmung mit den Ministerien. Die Zusammenfassung und Auswertung der Ergebnisse ist daher nicht zu dem vom Landtag gewünschten Termin“ – also April – „zu schaffen.“ nicht vorgelegt, auf unbestimmte Zeit verschoben und von der Tagesordnung abgesetzt.
Das kann passieren und ist an sich nicht weiter tragisch. Nur, was dann am 7. Juni als Bericht der Landesregierung kam, war mehr als dürftig. Ganze vier lapidare Sätze war der Landesregierung der Bericht zur Zweckmäßigkeit eines Integrationsfördergesetzes wert – kein Wort der inhaltlichen Begründung, keine Aussage zur Zweckmäßigkeit eines Integrationsfördergesetzes. Stattdessen überraschte Frau Sozialministerin Dr. Bunge die Betroffenen, ihre Verbände und auch große Teile des Landtages mit der Schaffung eines Rates für Integrationsförderung.
Am 29. März – und darauf wies auch schon Frau Dr. Seemann hin – gab es dann im Sozialausschuss zum Integrationsförderratsgesetz eine öffentliche Anhörung.
Meine Damen und Herren und Frau Ministerin, ich möchte Sie an dieser Stelle an Ihre Worte auf der Landtagssitzung vom 28. Januar 1999 erinnern: „Also lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Regierung und im Parlament, die Chancen des Auftrages“ – sprich Integrationsfördergesetz – „begreifen und ein Integrationsfördergesetz anpacken.“ Sie sagten dann weiter, die Integration Behinderter dürfe nicht an knappen Kassen scheitern. Aber genau das, Frau Ministerin, ist passiert.
Was ist aus Ihrem damaligen Optimismus geworden? Dass ein Integrationsfördergesetz unter Umständen in der Größenordnung 50 bis 60 Regelungen im Baurecht oder Verkehrsrecht umfassen würde, ist bekannt. Es ist auch bekannt, dass diese Änderungen Geld kosten werden. Dort ist eine Summe von 50 bis 60 Millionen DM veranschlagt. Ich vermute einmal, dass diese Zahlen – 50 bis 60 Millionen DM – der wahre Grund sind, warum es kein wie auch immer geartetes Integrationsfördergesetz gibt.
Ihre Ressortkollegen beziehungsweise -kolleginnen haben blockiert und eine Umschichtung im Sozialhaushalt in dieser Größenordnung, denke ich, war und ist Ihnen nicht möglich.
Frau Ministerin, wenn es andere Begründungen gibt, hätte ich es mir gewünscht, wenn Sie diese dezidiert in Ihrem Bericht vom 7. Juni aufgeschrieben hätten.
Denn nur so wäre im Landtag und mit den Behinderten und ihren Verbänden und Selbsthilfegruppen eine inhaltliche Diskussion über die Zweckmäßigkeit eines Integrationsfördergesetzes möglich gewesen.
Stattdessen, Frau Ministerin, weichen Sie einer inhaltlichen Debatte über die Zweckmäßigkeit eines Integrationsgesetzes aus,
indem Sie als Ausweg ein Integrationsförderratsgesetz auf den parlamentarischen Weg bringen. Frau Ministerin, da kann ich Ihnen nur empfehlen, …
Frau Ministerin, da kann ich Ihnen nur empfehlen, lesen Sie noch einmal Punkt 105 Ihrer Koalitionsvereinbarung durch! Da werden Sie merken,
Meine Damen und Herren, was ist von dem Integrationsförderratsgesetz nun zu halten? Wird der vorliegende Gesetzentwurf auch mit den Änderungen, die im Sozialausschuss beschlossen wurden,
den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen gerecht? Auf diese Frage möchte ich nicht vordergründig politisch antworten, sondern in Auszügen das wiedergeben, was die Vertreter der verschiedenen Verbände zum vorliegenden Gesetzentwurf in der öffentlichen Anhörung kundgetan haben.
Hören Sie mal zu, Frau Dr. Seemann! Den Verbänden lag ein Fragenkatalog von 22 Fragen zur Beantwortung vor. Und ich möchte mich hier nur auf die Frage 1 beschränken. Diese lautete: Sind Sie der Auffassung, dass durch einen Integrationsförderrat die Voraussetzung dafür geschaffen wird, um Menschen mit Behinderung und chronisch Kranken eine gleichberechtigte Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu schaffen sowie Benachteiligungen abzubauen? Ich möchte hier nur Beispiele aus den Antworten – typische Beispiele wohlgemerkt – der Betroffenen wiedergeben. Ich könnte sie auch alle vorlesen, aber das würde die Zeit sprengen.
Der Allgemeine Behindertenverband in MecklenburgVorpommern: „Sicherlich ist ein Integrationsförderrat geeignet, den Meinungsbildungsprozess einer zögerlichen Administration zu unterstützen und den politischen Prozess der Gleichstellung behinderter und chronisch kranker Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zu beschleunigen; ein wirksames Rechtsinstrument stellt er aber nicht dar.“
Der Deutsche Schwerhörigenbund, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern sagt eindeutig: „Nein. Ein Integrationsförderrat ist sicher besser als nichts.“
Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern schreibt in seiner Zusammenfassung: „Mit der Realisierung des Integrationsförderratsgesetzes ist die Landesregierung ihrer in der Koalitionsvereinbarung selbst auferlegten Verpflichtung, zu prüfen, ob ein Integrationsgesetz beschlossen werden soll, noch nicht gerecht geworden.“
Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege schreibt: „Die Liga beurteilt die Einrichtung eines Integrationsförderrates auf Grundlage des Integrationsförderratsgesetzes vom Grundsatz her als unzureichend, um den im Koalitionsvertrag festgelegten Zielen der Schaffung eines Integrationsfördergesetzes in dieser Legislaturperiode zu entsprechen. … An diesem Anspruch gemessen, ist die Errichtung des Integrationsförderrates eine völlig unzureichende Alternative. Insofern ersetzt das Integrationsförderratsgesetz in keiner Weise ein Integrationsfördergesetz.“
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Dort heißt es: „Der Landesverband der Lebenshilfe bezweifelt, ob die Einrichtung eines Integrationsförderrates anstelle des Integrationsfördergesetzes dem o. g. und dem eigentlichen Anliegen der betroffenen Menschen entspricht.“
Es überwiegen die Befürchtungen, meine Damen und Herren, dass das Integrationsförderratsgesetz alles ist, was in dieser Legislaturperiode vom Sozialministerium in Sachen Behinderte