Protokoll der Sitzung vom 24.05.2000

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. September 1998 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen (Erste Lesung) – Drucksache 3/1288 –

Das Wort zur Einbringung hat der Ministerpräsident. Bitte sehr, Herr Dr. Ringstorff.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Satelliten und Glasfaserkabel machen es möglich: Fernsehen überschreitet die Grenzen. Und wo es keine Grenzen mehr gibt, bedarf es Regeln des Übereinkommens. Das Europaratsabkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen regelt daher Fragen, die die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen im Bereich der Mitgliedsstaaten betreffen. Das Übereinkommen ist seit 1993 in seiner ersten Fassung für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich, nachdem Bund und Länder durch Zustimmungsgesetze das Übereinkommen ratifiziert haben. In Mecklenburg-Vorpommern erfolgte die Ratifizierung mit dem Gesetz vom 8. März 1993. Seit dem 9. September 1998 liegt das Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen vor.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung soll formal die Zustimmung des Landtages zu diesem Protokoll eingeholt werden. Entsprechende Beschlüsse der Landtage wurden bereits in fast allen Ländern herbeigeführt. Parallel dazu hat der Bund ein Zustimmungsgesetz auf Bundesebene dem Bundesrat zugeleitet. Wenn alle parlamentarischen Gremien zugestimmt haben, wird die Ratifikationsurkunde durch die Bundesregierung hinterlegt.

Sie wundern sich vielleicht, warum ich gerade von formaler Umsetzung gesprochen habe. Es ist aber tatsächlich so, dass durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sowie durch Paragraph 22 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes auf Bundesebene das Ihnen heute vorliegende Protokoll schon umgesetzt wurde. Die Inhalte des Protokolls sind daher bereits weitgehend nationales Recht.

So haben wir seit dem April diesen Jahres mit der InKraft-Tretung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages beispielsweise liberalere Werbebestimmungen. In normalen Fernsehprogrammen können nunmehr drei Stunden Teleshopping angeboten werden. Darüber hinaus sind auch reine Teleshopping-Kanäle zulässig. Auch die Teilbelegung des ausgestrahlten Bildes mit Werbung und virtuelle Werbung sind einheitlich geregelt.

Das Protokoll, meine Damen und Herren, war auch Anlass, die Ausstrahlung von Großereignissen im frei zugänglichen Fernsehen zu sichern – ein ganz wichtiger Punkt.

(Zuruf von Norbert Baunach, SPD)

Als derartige Großereignisse wurden im Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag aufgenommen die Olympischen Sommer- und Winterspiele, bei den Fußballeuropaund -weltmeisterschaften alle Spiele mit deutscher Betei

ligung sowie unabhängig von einer deutschen Beteiligung das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele und das Endspiel, …

(Heinz Müller, SPD: Das ist in Ordnung.)

Ja, unter Umständen würden wir sonst nicht so viel sehen, meint der Abgeordnete Baunach. Darüber kann tatsächlich diskutiert werden.

… darüber hinaus die Halbfinalspiele und das Endspiel um den Vereinspokal des Deutschen Fußballbundes, die Heim- und Auswärtsspiele der deutschen Fußballnationalmannschaft und die Endspiele der europäischen Vereinsmannschaften im Fußball, also Champions League und UEFA-Cup bei deutscher Beteiligung.

Durch das Protokoll wurde gesichert, dass diese Ereignisse in den Vertragsländern ausgestrahlt werden, und auch Regelungen zur Vereinheitlichung der Gegendarstellungsrechte wurden durch das Protokoll auf den Weg gebracht. Es ist gelungen, auf europäischer Ebene das gemeinsame Recht über die Grenzen der EU hinaus in die Gemeinschaft der nunmehr über 40 Mitgliedsstaaten des Europarates zu tragen. Damit wird Fernsehen im europäischen Raum von Island bis nach Russland und sogar in die Türkei einheitlichen Grundstandards folgen. Das ist wichtig, denn die Abstrahlung von Sattelitenfernsehprogrammen kennt schon lange keine Grenzen mehr. Sie sehen also, den Inhalt des Protokolls haben wir abgearbeitet.

Nichtsdestotrotz erfordert die Eurokratie, dass wir dem Protokoll als Vertragspapier selbst mit dem heutigen Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben. Meine Damen und Herren, ich meine, daran soll es nicht scheitern und daran sollten sich die Geister nicht scheiden. Ich bitte Sie daher, dem Gesetzentwurf der Landesregierung Ihre Zustimmung zu geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Wenn es dazu keinen Widerspruch gibt, eröffne ich die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Prachtl von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht hätte man gar nicht zu diesem Gesetz sprechen müssen oder sollen. Der Ministerpräsident hat von Eurokratie gesprochen. Er hat das locker gesagt, insofern darf man hier auch locker reden. Zu dieser Bemerkung werde ich in wesentlichen Teilen meiner Rede sprechen.

Es geht uns nicht darum, dass wir hier dagegen stimmen wollen – nein, keinesfalls –, weil wir für dieses Protokoll sind. Ich glaube, wenn man sieht, dass ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern leider mit einem durchschnittlichen Alkoholverbrauch von 20 Litern pro Jahr und Kopf die traurige Spitze bei uns in der Bundesrepublik hält,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

muss uns natürlich der Einsatz gegen den Alkohol- oder Drogenmissbrauch am Herzen liegen.

(Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff: Wie viel trägt Herr Riemann dazu bei?)

Na ja, wir müssen schauen, da sind einige Jägermeisterfreunde im Parlament, die sicherlich da auch etwas auf die Waage bringen würden. Ich selbst schließe mich da auch nicht ganz aus.

(Erhard Bräunig, SPD: Haben Sie was gegen Jägermeister? – Heiterkeit bei den Abgeordneten)

Ich weiß zwar, dass durch die bloße Formulierung – das ist ja schon ein Stück Eurokratie –, das heißt, wenn dort steht, niemand, der wie ein Minderjähriger aussieht, darf im Werbe- oder Teleshopping-Spot mit dem Konsum alkoholischer Getränke in Zusammenhang gebracht werden, wenig erreicht wird. Da können Sie sich Eurokraten vorstellen, die natürlich nur an Minderjährige denken und nicht daran denken, mit wie viel Spaß man Minderjährige in der Werbung mit Comicfiguren und weiß ich welchen Dingen, und wenn’s mit Thomas Gottschalk ist, wie man solche Leute verführen kann. Die Verführungsmechanismen sind also ganz andere. Das Problem kann damit allein nicht gelöst werden, aber in einer Mediengesellschaft muss auch der Umgang mit dem Thema Drogenmissbrauch in den elektronischen Medien Beachtung finden.

Ob das vollständige Verbot für Werbung, zum Beispiel für Tabakerzeugnisse, zielführend ist, kann durchaus diskutiert werden, denn wir werden künftig vor der Situation stehen, dass nicht mehr im Werbeblock die Tabakindustrie zu Wort kommen wird, sondern vielleicht verstärkt im redaktionellen Teil, dann nämlich, wenn darüber berichtet werden muss und wird, dass die Formel 1 – unter Umständen der Grand Prix – in Amerika oder auf irgendwelchen afrikanischen Inseln, wo man dann Pisten baut, abgehandelt wird. Es ist an den Aufnähern der Rennanzüge der Fahrer sehr deutlich zu erkennen, dass die Tabakindustrie hier zu den wichtigsten Finanziers gehört. Ich denke, es wäre schade, wenn aus dem guten Anlass, da etwas zu verbieten, eine Jetzt-erst-recht-Philosophie wird. Dann ist uns nicht geholfen.

Von eminenter Wichtigkeit für die demokratische Entwicklung in der Mediengesellschaft ist natürlich – und darauf haben Sie, Herr Ministerpräsident, sehr deutlich hingewiesen – der Artikel 9 a. Es geht um die Exklusivrechte von Übertragungen. Ich möchte dem nichts hinzufügen. Wir wollen unsere Fußballereignisse und auch andere wichtige Entscheidungen im Sport sowie in anderen wichtigen Bereichen sehen. Dies darf nicht einigen wenigen vorbehalten bleiben.

Diese im Protokoll aufgeführten Problembereiche zeigen, dass das digitale Fernsehen und das Internet schon heute oft ungeahnt auf die Prozesse der Meinungsbildung allgemein, aber auch der politischen Partizipation wirken. Mit diesen Möglichkeiten moderner Kommunikation schrumpfen geographische Entfernungen und diese Technik wird gleichzeitig zur Triebfeder der Globalisierung. Das heißt für uns, wenn wir bei den Gewinnern dieser Entwicklung sein wollen in Mecklenburg-Vorpommern oder in Deutschland und in Europa, dann gilt es, dass wir im vorderen Bereich der Weltliga mitspielen müssen. Ein Quälen wie bei Hansa Rostock darf es da nicht geben.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Dies gilt natürlich für die Chancen der neuen Technik. Aber vielmehr – davon bin ich zutiefst überzeugt – sollte

auch über das Wertesystem gesprochen werden. Deshalb müssen wir unsere Vorstellungen für das Kommunikationszeitalter deutlich und umfassend artikulieren. Es darf sich keine kalte Ellenbogengesellschaft, die nur konsumorientiert ist, entwickeln, von der nur einige wenige Vorteile haben. Der Umgang der Menschen miteinander und füreinander in einem vertretbaren Wertesystem muss das wichtigste Anliegen sein. So ist der Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. September 1998 für Europa ein erster wichtiger Wegweiser. Ich glaube, es müssen noch wichtigere Zeichen der Zukunft gesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Ich darf noch ein Wort als Landespolitiker hinzufügen. Das hat Dr. Ringstorff wahrscheinlich in etwa mit dem Wort Eurokratie auch gemeint. Es ist die Art und Weise des Zustandekommens dieses Protokolls. Ich habe zu den verschiedenen Rundfunkstaatsverträgen auf Bundesebene immer wieder erklärt, dass ich dieses quälend lange Verfahren mit den Beratungen in den Landtagen, in denen wir nur noch die Chance haben zuzustimmen oder abzulehnen, aber wir müssen dann doch zustimmen, weil es in etwa schon beschlossen ist, nicht für sonderlich glücklich halte. Die Präsidenten der Landtage haben noch einmal auf Usedom darauf hingewiesen, dass dem Föderalismus hier eine größere Bedeutung zukommt. Das wird schon seit Jahren betont und wir als Landespolitiker sollten diesen Bereich des Föderalismus auch stärker für uns ins Visier nehmen und uns intensiver damit beschäftigen. Erleichterung könnten wir uns unter Umständen dadurch verschaffen, dass die Vereinbarungen auf Bundesebene wie auch auf europäischer Ebene sich auf die wirklichen Eckpunkte konzentrieren. Ich denke, hier muss den Ländern die ihnen zugestandene Kulturhoheit und auch das, was im Rundfunkund im Fernsehbereich möglich ist, zugestanden werden. Wir sollten das als ernsthaften neuen Diskussionspunkt nehmen. Wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Mir ist eben signalisiert worden, dass aus den beiden anderen Fraktionen kein Redebedarf mehr besteht. Aus diesem Grund schlage ich vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1288 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig dem Überweisungsvorschlag gefolgt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Beratung der Berichtigung zu dem Antrag der Finanzministerin – Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 1998 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes – Drucksache 3/1012 –, auf Drucksache 3/1233.

Berichtigung zu dem Antrag der Finanzministerin: Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 1998 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes – – Drucksache 3/1012 – – Drucksache 3/1233 –

Im Ältestenrat wurde vereinbart, keine Aussprache durchzuführen. Dazu gibt es keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, die Berichtigung auf Drucksache 3/1233 zur Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diesem Überweisungsvorschlag einstimmig gefolgt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Langfristige Verpachtung landeseigener Flächen vorrangig an Unternehmen mit Tierproduktion oder anderem arbeitsintensiven Produktionsprofil, Drucksache 3/731, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Landwirtschaftsausschusses, Drucksache 3/1280.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Langfristige Verpachtung landeseigener Flächen vorrangig an Unternehmen mit Tierproduktion oder anderem arbeitsintensiven Produktionsprofil – Drucksache 3/731 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Landwirtschaftsausschusses – Drucksache 3/1280 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Herr Scheringer. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit seiner dritten Sitzung der ersten Wahlperiode am 23. November 1990 hat sich der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern fortwährend mit Fragen der Bodenpolitik und dabei insbesondere auch mit der Verwertungspraxis der Treuhandanstalt und später der BVVG befassen müssen. In diese lange Reihe von parlamentarischen Aktivitäten reihen sich der Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 3/731 und die Beschlussempfehlung des Agrarausschusses auf Drucksache 3/1280 nahtlos ein.

Ein Unterschied besteht jedoch: Es geht um Landesflächen und nicht um die Treuhand- und BVVG-Flächen. Dabei wäre es wünschenswert, wenn für die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft von dem heute zu fassenden Landtagsbeschluss Impulse ausgehen würden. Gemeint ist, die Verwertungspraxis der BVVG stärker an den Bedürfnissen des Landes zu orientieren, als das bislang der Fall war. So weit eine Vorrede.

Anliegen des Koalitionsantrages war es, ein Konzept über die langfristige Verpachtung landeseigener Flächen von der Landesregierung einzufordern, das gleichzeitig arbeitsintensive Produktionsprofile unterstützt. Der Landwirtschaftsausschuss hat mit seiner Beschlussempfehlung dafür Grundsätze und Vergabekriterien aufgestellt und ist insofern weit über den ursprünglichen Antrag hinausgegangen.

Es steht, so meine ich, dem Parlament und seinen Gremien gut zu Gesicht, wenn es das Handeln der Regierung in eine ihm sachgerecht erscheinende Richtung drängt. Das haben wir getan. Im Rahmen eines Expertengespräches wurde vom Ausschuss zunächst die landwirtschaftliche Praxis in das Verfahren mit einbezogen. Dabei wurde deutlich, dass es zwischen den einzelnen Interessengruppen durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt. Knackpunkte waren dabei, ich zähle einmal die wichtigsten auf:

die Wertung der Änderungen von Betriebskonzepten, also von Konzepten, die ursprünglich Tierproduktion und den Anbau arbeitsintensiver Fruchtarten, wie Kartoffeln zum Beispiel, vorsahen und dies nun nicht mehr tun,

das Tätigwerden der kreislichen Pachtempfehlungskommission,

die Frage des pauschalen Herangehens oder die Einzelfallprüfung