Protokoll der Sitzung vom 25.05.2000

Das Umweltministerium begrüßt ausdrücklich diese Vorschläge. Dadurch wird keine neue Behörde gebildet, sondern die vorhandenen Strukturen werden endlich einheitlich geführt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass nach einem Unfall gewährleistet wird, dass das betroffene Land im Havariekommando vertreten ist und damit seine hoheitlichen Kompetenzen und die Interessen aufgrund seiner Betroffenheit beachtet werden.

Zum zweiten Vorschlag oder zur zweiten Forderung der CDU: Die Sinnhaftigkeit eines zusätzlichen Lagezentrums Ostsee wird, auch aufgrund meiner einleitenden Feststellungen, von uns sehr in Frage gestellt. Das von der Grobecker-Kommission vorgesehene Havariekommando kann nur dann alle in der Bundesrepublik vorhandenen Geräte und Einsatzkräfte optimal einsetzen, wenn es auch darüber verfügen kann. Eine Aufsplittung in Ost- und Nordsee verringert die Schlagkraft der zur Verfügung stehenden Mittel.

(Reinhardt Thomas, CDU: Das haben wir doch. – Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Im Zeitalter der modernen Nachrichtenübermittlung ist der Standort des Kommandos übrigens nicht für den Bekämpfungserfolg maßgebend. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die technischen und logistischen Voraussetzungen in Cuxhaven so ausgebaut sind, dass von dort bereits jetzt die erforderlichen Entscheidungen getroffen werden können.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Zum Dritten. Von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wird gegenwärtig ein Schadstoffbekämpfungsschiff für den östlichen Teil der Ostsee geplant. Das ist unter anderem durch meine Aufforderung an den Bundesverkehrsminister veranlasst worden. Das Schiff wird auch für Schleppeinsätze geeignet sein. Die derzeitige Praxis, dass die Eigner der havarierten Schiffe auf privatrechtlichem Wege nach eigener Entscheidung Schlepper von deutschen oder dänischen Privatreedereien anfordern, muss aus unserer Sicht ergänzt werden. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, meine Damen und Herren, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Schlepperverträge abzuschließen hat, die eine sofortige Bereitstellung bei Bedarf garantieren. Einen Schlepper wie die „Oceanic“ ständig vorzuhalten erachte ich allerdings als nicht für erforderlich, da er keine zusätzliche Sicherheit bringen würde, jedoch hohe Kosten verursacht, an denen wir uns auch zu beteiligen haben. Insbesondere die dänischen Schlepper, die in zwei bis drei Stunden im besonders gefährdeten Gebiet der Kadet-Rinne vor Ort sein können, haben Pfahlzugkräfte von über 70 Tonnen, was aus unserer Sicht für die in der Ostsee erforderliche Leistung ausreichend ist.

(Lutz Brauer, CDU: Bei schönem Wetter. – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Zum Vierten. Bereits im vergangenen Jahr hat nach Bekanntwerden der häufigen Strandungen großer Schiffe in der Kadet-Rinne das Umweltministerium das Bundesverkehrsministerium aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit, unter anderem die Einführung der

Lotsenpflicht, in diesem Gebiet einzuleiten. Diese Maßnahme kann allerdings nur nach Zustimmung durch die dafür zuständigen internationalen Gremien durchgesetzt werden. Eine Verbesserung der Wegeführung wurde durch die Änderung der Betonnung im Bereich der KadetRinne bereits erreicht, Herr Brauer ist ja darauf eingegangen. In den zuständigen Gremien der Helsinki-Kommission wurden aufgrund meiner Initiative die Probleme sowohl der Schiffssicherheit, die ich hier schon benannt hatte, als auch der Verkehrsüberwachung durch den Bundesvertreter bereits auf die Tagesordnung gesetzt.

Zum Fünften. Die Hoheitsrechte auf See sind klar definiert und die sich ergebenden Zuständigkeiten klar geregelt. Sie werden leider, insbesondere von Medien, aber auch von einigen Politikern, als Kompetenzwirrwarr diagnostiziert. Auch bei der Bekämpfung von Unfällen an Land werden die zuständigen Behörden in den verschiedenen Zuständigkeitsbereichen tätig und erledigen ihre Aufgaben ordnungsgemäß, ohne dass zum Beispiel Feuerwehr, Polizei und Bundesgrenzschutz unter ein Kommando gestellt werden müssten, sondern es ist das Zusammenwirken zu sichern.

Um in ausländischen Gewässern tätig zu werden, auch wenn die eigenen Küsten bedroht sind, vor allen Dingen dann, wenn die eigenen Küsten bedroht sind, ist es nun einmal international so geregelt, dass nur mit Zustimmung des betroffenen Landes eine Intervention durch einen Drittstaat erfolgen kann. Das ist aus deutscher Sicht sicher auch nicht anders zu beurteilen. Stellen Sie sich vor, bei uns würde etwas passieren und die Dänen würden bei uns versuchen zu handeln, ohne dass das mit uns abgesprochen wäre. Das ist doch undenkbar. Mit Dänemark besteht ein Abkommen zur gegenseitigen Hilfeleistung nach einer Havarie. Mit Polen wird ein solcher Vertrag durch die Bundesregierung vorbereitet.

Zum sechsten Antragspunkt: Die internationalen Bemühungen zur Einrichtung eines ständigen Überwachungssystems durch die Küstenstaaten haben zu einer Einigung über die Überwachung des Schiffsverkehrs geführt. Danach müssen ab 2002 alle Schiffsneubauten mit einem satellitengestützten so genannten ResponderSystem (AIS) ausgerüstet sein. Für bestehende Schiffe gibt es Übergangsregelungen. Für Tanker und Fahrgastschiffe muss ab 2003 dieses System betrieben werden. Für die weiteren Schiffe sind gestaffelt nach der Gefährdung in Jahresscheiben bis zum Jahre 2008 alle Schiffe mit dem AIS-System auszurüsten.

(Lutz Brauer, CDU: Was keine Havarie ausschließt.)

Das müssen Sie mir ja wohl nicht sagen, Herr Brauer, dass man damit Havarien nicht gänzlich verhindert,

(Peter Ritter, PDS: Havarien kann man nie ausschließen.)

aber Sie haben doch selber diese Forderung gestellt und dem wird hier entsprochen. Ich weiß gar nicht, warum Sie dann daran zweifeln. Ich weiß doch auch, dass das nicht alleine ausreichend ist.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Für die weiteren Schiffe wird also gestaffelt dieses AISSystem umgesetzt werden, die Schiffe werden so ausgerüstet. Dadurch wird es möglich, jede Schiffsposition von jeder Leitstelle aus zu kontrollieren. Gegenwärtig eine

Radarkontrolle, ich betone, eine Radarkontrolle für die ganze Ostsee zu installieren ist sowohl wegen des veralterten Systems als auch aus Kostengründen weder durchsetzbar noch zu empfehlen. Es gibt eben modernere Systeme.

Eine Kontrolle über den Sicherheitsstandard der Schiffe beim Einlaufen in die Ostsee – man könnte ja Stellen dafür vorsehen, wo dieser Sicherheitscheck erfolgt –, eine solche Kontrolle würde gegen grundsätzliche Bestimmungen international geltender Regeln verstoßen. Die Kontrolle ist nur in den Hafenstaaten möglich. Hier sind die Mitglieder des Helsinki-Abkommens aufzufordern, die vorhandenen Möglichkeiten auch konsequent durchzusetzen. Die Bundesanstalt für Seeschifffahrt und Hydrographie als die vom Bund beauftragte Behörde in dieser Angelegenheit ist diesbezüglich bereits in den Helsinki-Gremien tätig.

Und zum siebten Vorschlag in Ihrem Antrag: Jährlich werden für Training und Schulungen der mit der Bekämpfung von Meeresverschmutzungen betrauten Behörden und Einrichtungen in Deutschland circa 2 Millionen DM ausgegeben. Die Einsätze werden in so genannten Jahresübungs- und -schulungsplänen festgeschrieben. Das Training wird in großer Zahl als so genannte Kombiübung durchgeführt, bei der sowohl eine Bekämpfung von Land wie auch auf See geprobt wird. Dabei werden auch die an der Küste zuständigen weiteren Landesbehörden einbezogen. Eine Katastrophenübung, in die sowohl das Innenministerium, das Umweltministerium und der betroffene Landrat als auch die Einrichtungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eingebunden sind, wird gegenwärtig gemeinsam durch das Innenministerium und das Umweltministerium vorbereitet. Ich hoffe, und das darf ich an dieser Stelle noch einmal sagen, dass diese Übung bei ungünstigen Witterungsbedingungen stattfinden wird, dass es keine Schönwetterübung ist. Aber meine Planungshoheit ist auf diesem Gebiet sehr begrenzt.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS: Das finden wir nicht in Ordnung. – Zuruf von Minister Dr. Gottfried Timm)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat in Auswertung des Berichtes der Grobecker-Kommission die Küstenländer aufgefordert, sich an der Umsetzung der Empfehlungen zu beteiligen. In acht Arbeitsgruppen wird über die 30 Empfehlungen in sachlich zusammengefassten Themenkomplexen beraten werden. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern wird in mehreren Gruppen vertreten sein und dort die berechtigten Forderungen des Landes vertreten.

Ich möchte noch einmal betonen, zu behaupten, wir hätten in Mecklenburg-Vorpommern für die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen kein Sicherheitskonzept, ist einfach nicht wahr. Durch die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den anderen Küstenländern ist erreicht worden, dass Deutschland und damit auch MecklenburgVorpommern über eine der am besten ausgestatteten Bekämpfungsflotten in Europa verfügt. Dass im Detail stets noch Verbesserungen anzustreben sind, insbesondere Verbesserungen im internationalen Zusammenwirken, ist selbstverständlich und das habe ich hier auch nicht zum ersten Mal hervorgehoben.

Die Struktur bei der Leitung von Havariebekämpfungen zu verbessern und anzustreben, dass es durch Vorsorge

maßnahmen gar nicht erst zu einem Unfall kommt, sowie alle Voraussetzungen zu schaffen, dass im Falle einer Küstenverschmutzung der Strand mit hoher Effektivität und in hohem Tempo gereinigt werden kann, wird die Arbeit der Landesregierung auch in Zukunft bestimmen. Die dem Land möglichen Sofortmaßnahmen wurden stets ergriffen. Der heute von der Opposition vorgelegte Antrag ist deshalb aus unserer Sicht überflüssig und enthält teilweise Forderungen, denen wir uns nicht anschließen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss eine kleine, nicht ganz ernst gemeinte Äußerung zu diesem Thema: Schweröl ist von Natur aus von einer solchen Konsistenz, dass auch durch noch so kräftiges Rumrühren es nicht gelingen wird, daraus Schaum zu schlagen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

In diesem Sinne hoffe ich, dass ich nicht in Kürze, vielleicht schon wieder im nächsten Monat, zu dieser Problematik in diesem Hohen Hause sprechen muss. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Klostermann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Klostermann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Zunächst, Herr Minister Methling, der Wahrheit die Ehre, es ist in der Tat hier in diesem Hohen Hause über das Thema gesprochen worden. In mehreren Anträgen hat Anfang der 90er Jahre der damalige Abgeordnete Herr Dr. Ringstorff die Doppelhüllenverwendung eingeklagt und gefordert und das steht schon im Zusammenhang mit diesem ganzen Thema. Leider hat sich dann aber auch mit der IMO nichts Entsprechendes bewegt.

(Caterina Muth, PDS: Aber die CDU hat keinen Antrag gestellt.)

Meine Damen und Herren, mit dem heutigen CDUAntrag bestätigt es sich, dass es zwei gefährliche Trends gibt, die beide eskalieren. Der eine Trend – nennen wir ihn a –, hier in diesem Hohen Hause mehrfach in Debatten erörtert, wird einstimmig parteiübergreifend erkannt. Das sind die zunehmenden Gefahren aus Schiffs- und vor allem Tankerunfällen infolge größer gewordener Schiffseinheiten, immer noch genutzter Substandardschiffe, schlecht ausgebildeter Mannschaften und hasardierender Reederpraktiken. Dieser Trend bedarf keiner zusätzlichen Analysen oder Langzeitforschungen, denn er ist real und nicht zu leugnen. Der zweite Trend – nennen wir ihn b –, das ist die zweite gefährliche Entwicklung, die indes durch die CDU heraufbeschworen wird, indem sie uns in Permanenz beschäftigen will mit Debatten, die geführt werden, mit Forderungen, die der Landtag bereits mit einem Auftrag an die Landesregierung formuliert und verabschiedet hat, und das ist nur wenige Wochen her.

Landesregierung und Bund sind tätig, um die neuen Gefahren, Trend a, präventiv abzubauen und zu bekämpfen. Wir kennen die Defizite, und das gebetsmühlenartige Anklagen, das wäre der Trend b, wird mit der Zeit stumpf und entblößt sich zunehmend als populistisch.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Versäumnisse der vergangenen Jahre müssen die Staaten und Länder aufholen, Versäumnisse, die Sie von der CDU-Fraktion auch im Bund mit zu verantworten haben. Der jetzige Wettlauf, künftige Gefahren präventiv anzugehen und mögliche etwaige Unfälle sachgerecht, technisch auf höchstem Stand und mit bestem Management zu bekämpfen, wird nicht durch Kriegsgeschrei gewonnen. Die Konsequenzen aus dem Bericht der Grobecker-Kommission sind gezogen, Aktivitäten und Maßnahmen auf allen Ebenen eingeleitet, bis hin zu internationalen Vereinbarungen. Dazu haben wir eben auch etwas gehört.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Andererseits, ich stehe persönlich weiterhin zu meiner Forderung, den außerparlamentarischen Druck auch über Bürgerinitiativen zu unterstützen. Wir müssen gemeinsam über Schiffsunfälle, insbesondere Tankerunfälle, und deren Folgen mit möglichen Ölpestauswirkungen aufklären und wir müssen Betroffenheit herstellen. Und wir als Parlamentarier sollen, so, wie es unsere Aufgabe ist, der Exekutive scharf auf die Finger sehen und unsere Kontrollpflicht wahrnehmen.

Die Fraktion der SPD, meine Damen und Herren, lehnt den Antrag der Opposition ab, also keine Überweisung, sondern Ablehnung heute. Wir können natürlich den Abgeordneten Herrn Thomas nicht daran hindern, weitere Ausflugsbutterfahrten, vielleicht einmal nach Sankt Petersburg, zu unternehmen oder zu organisieren. Ob dies Ihre leeren Parteikassen jedoch tragen könnten,

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

das ist für mich eine offene Frage. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist enttäuschend, ganz enttäuschend. Ich glaube nicht, dass Sie die Rede selber geschrieben haben.)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Thomas von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Thomas.

(Caterina Muth, PDS: Ooh, ich fass’ es nicht! Warum spricht der jetzt schon wieder dazu?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Dr. Klostermann, das hätten Sie mal zu Seerechtsexperten und Bergungsprofis sagen sollen. Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Dann hören Sie doch auf zu reden, wenn Ihnen nichts dazu einfällt!)

Das ist eher peinlich und ich glaube, diese Einstellung ist es, die immer und immer wieder dazu geführt hat, dass erst nach Katastrophen