Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

Seltsam in dieser Diskussion finde ich allerdings, dass jeder der Genannten sein persönliches Einkommen als absolut gerechtfertigt, bestenfalls angemessen und wahrscheinlich sogar unterbezahlt bezeichnet. Sei es nun der Versicherungsvertreter, der vielfach auf Provisionsbasis arbeitet, oder sei es Michael Schumacher, der 17 Autorennen im Jahr fährt. Eine einzige Berufsgruppe in Deutschland hat mit ihrer Einkommensentwicklung heftige Schwierigkeiten und das ist die Berufsgruppe der Politiker. Bei uns ist angesichts unseres Einkommens ein gewisses schlechtes Gewissen weit verbreitet. Viele von uns haben das Gefühl, dass sie die Diätenhöhe gegenüber unseren Wählerinnen und Wählern nicht rechtfertigen können. Deshalb ist es zum Beispiel im Rahmen von Haushaltsberatungen eine alte Tradition, dass Politiker angeben, ihren eigenen Gürtel enger zu schnallen, um auch in jedem Fall nicht den Eindruck zu vermitteln, dass den Wählern etwas abzuverlangen ist, was wir Politiker selbst nicht leisten wollen.

(Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

Dies ist dort in jedem Fall richtig, wo es zur Überversorgung kommt. Wir wissen alle, dass es hier und da aufgrund verschiedener Ämter, die Politiker in ihrem Leben übernommen haben, zur Doppelversorgung, ja manchmal auch zur Dreifachversorgung gekommen ist, die sich addieren – ich korrigiere, die sich addiert haben. Denn hier wurde auch aufgrund des Drucks der öffentlichen Meinung, von Experten wie Herrn von Arnim und den Medien schon sehr viel in die richtige Richtung bewegt. Dies führt dazu, dass heute vielleicht im Einzelfall noch Probleme existieren, die allerdings auch gelöst werden können.

Mit Sorge beobachte ich mittlerweile jedoch eine schon etwas gegenläufige Tendenz. Es wird aus kurzfristigen, ja durchaus populistischen Gründen eine Art der Bescheidenheit propagiert, von der jeder weiß, dass diese langfristig ohnehin nicht durchgehalten werden kann, so dass Einkommenszuschläge in einer Größenordnung notwen

dig werden, die dann allerdings keinesfalls vermittelbar sind. Auch hier hatten wir gerade auf Bundesebene in der letzten Legislatur negative Beispiele zu beklagen.

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann nicht unser Ziel sein. Deshalb hielt ich die bisherige Regelung des Abgeordnetengesetzes, wie wir es in der letzten Legislatur verabschiedet hatten, für durchaus fair, nachvollziehbar, transparent und angemessen. Die Abgeordneten sollten an der Einkommensentwicklung teilhaben, die der Durchschnitt der Arbeitnehmerhaushalte im Land auch erhält. Ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, dass es mit den Kolleginnen und Kollegen, die heute den vorliegenden Gesetzentwurf gemeinsam einbringen, zu einem solchen Konsens gereicht hätte, oder aber dass wir ein Steigerungsinstrument vorgelegt hätten wie die Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst, meinetwegen auch definiert nach einer bestimmten Berufsgruppe, seien es nun Bürgermeister einer Gemeinde, Richter, was immer man sich da auch vorstellen könnte. Leider war es nicht möglich, so dass, um überhaupt an der Entwicklung teilzuhaben, der Kompromiss der Kopplung an die Inflationsrate gefunden wurde. Dabei jedoch – dies möchte ich durchaus offen denjenigen zu bedenken geben, die in diesem Vorschlag einen unangreifbaren sehen – besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass die Wählerinnen und Wähler uns Politikern Diätenerhöhung durch die Hintertür vorwerfen könnten. Wenn wir nämlich beispielsweise als Parlamentarier die Öko-Steuer beschließen, die die Inflationsrate um einen halben Prozentpunkt steigern lässt, würde man unmittelbar durch die Hintertür daran mit profitieren.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja.)

Dieses Beispiel zeigt, dass, wie immer wir unsere Diätenentwicklung definieren – egal wie –, es immer wieder Vorwürfe geben kann, dass wir unser Geld nicht verdient hätten oder uns schlicht auf Kosten der Steuerzahler bereichern wollten. Dies liegt aus meiner Sicht nicht an der Höhe der Diäten, die wir uns „genehmigen“. Ich meine nämlich, dass wir uns in den letzten Jahren durchaus sehr verantwortungsvoll verhalten haben, dies nicht nur im Vergleich mit anderen Landtagen, sondern auch im Vergleich mit anderen Berufsgruppen im Land.

So sind wir im Vergleich zu den Kolleginnen und Kollegen der anderen Flächenländer deutlich Schlusslicht. Vorletzter sind die Schleswig-Holsteiner mit derzeit 7.570 DM, Thüringen liegt bei 7.851 DM und Sachsen-Anhalt bei 7.700 DM, Brandenburg bei 7.576 DM. Vergleichen wir das Einkommen der Landtagsabgeordneten mit anderen Arbeitnehmern, ist ebenfalls erkennbar, dass die vorgeschlagenen Erhöhungsmargen keinesfalls unangemessen sind. So erhält ein Bürgermeister einer kreisangehörigen Stadt mit 10.000 Einwohnern, 40 Jahre alt, verheiratet, ein Kind, ohne Amt- und Stellenzulagen bereits 6.980 DM. Ein zweiter Stellvertreter des Landrates bei gleichem Alter und einem Kind erhält 8.612,97 DM, ein Referent im Bergamt 6.953 DM, ein Realschullehrer 6.379 DM und ein leitender Verwaltungsbeamter 6.379 DM. Vielfach wird diskutiert, ob man die Abgeordneten an der Richterbesoldung orientieren soll. Hier erhält ein Vorsitzender Richter am Landgericht 8.633 DM und ein Richter am Amts- oder Landgericht 7.884 DM.

Wenn es also richtig ist, dass unsere bisherigen Bezüge nicht schamlos hoch sind, dann müssen wir uns doch einmal fragen, warum wir als Politiker in diesen Ruf gera

ten sind. Da ist zum einen sicherlich das traditionelle Ansehen unserer Berufsgruppe, das in der Beliebtheitsskala noch weit vor Gebrauchtwagenhändlern, Versicherungsvertretern und Journalisten liegt, wobei ich auch nicht verstehen kann, warum gerade diese Berufsgruppen ein ähnlich negatives Image haben wie wir als Politiker. Ich selbst glaube, dass unser schlechtes Image ein bisschen daran liegt, dass die Menschen gar nicht genau wissen, was wir den ganzen Tag überhaupt treiben. Hier, meine ich, sollten wir auch um das Ansehen der Politik willen gemeinsam ein bisschen offensiver werden.

Jeder von uns hat sicherlich schon Briefe von Landtagsbesuchern erhalten, die sich darüber beklagen, dass bei bestimmten Debatten das Plenum nicht recht gefüllt ist. Wir alle erklären dann die Situation mit den gleichen Argumenten, indem wir nämlich unser Berufsleben ein wenig genauer schildern. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich habe auf diese Beschreibung hin noch niemals einen Antwortbrief erhalten, in dem geschrieben wurde, das stimmt alles nicht, ihr zockt ja nur ab. Nein, ich habe die Erfahrung gemacht, dass nach dieser Erklärung das Verständnis für unsere Tätigkeit größer geworden ist. Und hier sollten wir vielleicht etwas intensiver ansetzen. Gewähren wir den Menschen doch jenseits der parteipolitischen Auseinandersetzung, die wir hier täglich im Plenum, in den Ausschüssen und über die Medien liefern, ein wenig Einblicke in unsere Tätigkeit als Abgeordnete.

Die Menschen wissen gar nicht, dass wir uns – die wir uns leidenschaftlich um den richtigen Weg der Entwicklung hier im Land streiten, über die Fehler beim Aufbau Ost, die Interessenvertretung unseres Landes beim Bund, Positionierung als Drehkreuz nach Skandinavien oder nach Polen, das Pro und Contra um den Transrapid, die Airbus-Anwerbung, Schule, 12 oder 13 Jahre Abitur, Öffentlicher Beschäftigungssektor und, und, und – von früh bis abends auseinander setzen, um den besten Weg zu schreiten, die Entwicklung unseres Landes und insbesondere auch unserer Wahlkreise zu gestalten und noch auf vielen Gebieten nebenbei tätig sind. Wir sind manchmal kleine Unternehmensberater, die den Betrieben in unseren Wahlkreisen erläutern, wie bestimmte Förderprogramme funktionieren können, Kontakte herstellen und somit auch Starthilfen geben, die leider auch nicht immer klappen. Wir sind kleine Verbraucherzentralen, die dabei helfen, Renten, Wohngeld, Fördergeld oder Bauanträge zu beantragen. Wir sind kleine Vermittlungsbüros, die behilflich sein können, Wege zu finden, um Plätze in einer Pflegestation zu erringen. Wir sind kleine Bürgerbeauftragte, die gegenüber der Verwaltung ein wenig Druck machen, wenn der Förderbescheid mal wieder ein halbes Jahr unterwegs ist. Wir sind Akquisiteure, wenn wir kleine Betriebe mit größeren in Verbindung bringen, um vielleicht Absatzmärkte zu eröffnen. Wir sind Bittsteller und Bettler, wenn wir um die Bereitstellung von Lehrstellen werben. Wir sind kleine Sozialarbeiter, wenn wir in unseren Bürgersprechstunden die eine oder andere Erbstreitigkeit behandeln müssen. Wir sind kleine Betriebe in unserem Wahlkreisbüro, Arbeitgeber, Werbefachleute für den Wahlkampf bis hin zum Plakatkleben, Fachleute für PR und Medienarbeit, Generaldirektor und Schreibkraft zugleich.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Wir sind bei all dem auch Repräsentanten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und das sollte man auch

deutlich sagen dürfen. Das merken wir allerdings häufig nur negativ, nämlich dann, wenn wir bei einem kleinen Verkehrsunfall, der jedem passieren kann, am nächsten Tag in der Zeitung lesen: Skandal – Abgeordneter rammt Verkehrsampel.

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Es verstehe mich hier niemand falsch. Ich möchte nicht klagen, denn ich meine, es gibt keine schönere Aufgabe als diejenige, für seine Überzeugung, für die Entwicklung des Landes, des gesamten Landes Mecklenburg-Vorpommern einzutreten. Dies sage ich gerade im Bewusstsein der Tatsache, dass wir in wenigen Monaten das zehnjährige Bestehen des frei gewählten Landtages Mecklenburg-Vorpommern begehen werden und aus meiner Sicht bei allen Streitigkeiten zwischen ganz Rechts bis ganz Links auf eine wirklich unter dem Strich erfolgreiche Arbeit zurückblicken können.

Ich sage das also nicht, um mich zu beklagen, sondern weil ich selbstbewusst genug bin zu sagen, dass die Diätenhöhe, die wir haben, keinesfalls unangemessen ist. Und ich finde, das kann jeder von uns sagen, egal ob CDU, SPD oder PDS. Und wer gerade nach den Krisen der Parteien, insbesondere meiner Partei im letzten halben Jahr, davon redet, dass mehr und mehr auch Quereinsteiger für einen begrenzten Zeitraum in einem Parlament tätig sein sollten, der muss dann eben auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir uns mit unseren Bezügen nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppeln, sonst bekommen wir keine profilierten Quereinsteiger über einen begrenzten Zeitraum.

Ich bin deshalb sehr dankbar, dass erstmals in der Geschichte der Diätendiskussion Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen ein Zeichen setzen und diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Diese gemeinsame Initiative ist nun keine neue supergroße Koalition, ist keine Verbindung der Abzocker, sondern basiert auf der gemeinsamen Ansicht, dass wir zwar unter dem Argusauge der öffentlichen Meinung als Abgeordneter verpflichtet sind, unser eigenes Einkommen selbst zu bestimmen, es aber zwingend erforderlich ist, dass wir diese Entscheidung aus einer gesunden Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein treffen sollten, denn auch wir im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern brauchen gutes Personal, brauchen gute Leute, die die Aufgaben, die die Politik in unserem Land noch hat, das noch längst nicht am Ziel ist, bewältigen müssen. Ich bitte Sie deshalb um eine unpolemische und sachliche Auseinandersetzung um diesen Gesetzentwurf und würde mich freuen, wenn Sie dieser Initiative und diesem Gesetzentwurf mehrheitlich Ihre Zustimmung geben könnten.

Abschließend gestatten Sie mir noch ein Wort zu dem Änderungsantrag, der heute auf dem Tisch liegt. Eigentlich ist es unüblich, dass man zur Einbringung gleich einen Änderungsantrag mitbringt.

(Angelika Gramkow, PDS: Ha, ha, ha!)

Wir könnten ihn auch ablehnen. Da er dann jedoch im Ausschuss wieder zur Diskussion gestellt wird, haben wir uns entschlossen, ihn mit zur Überweisung zu empfehlen. Ich sage nur zu dem Antrag, ich halte ihn für halbherzig. Ein Schelm, der Schlimmes dabei denkt, wenn ich sage, auf die steuerpflichtigen Steigerungen verzichte ich und die steuerfreien Steigerungen nehme ich mal mit. Insofern

bedanke ich mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit und wünsche den Beratungen einen guten Verlauf.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Caffier.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Schoenenburg für die PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Also ich spreche nicht für die Abgeordneten der PDS-Fraktion,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU: Freigewählte Abgeordnete.)

sondern ich spreche für mich und ich spreche, nehme ich an, auch für Herrn Bluhm. Wie andere PDS-Fraktionsmitglieder das sehen, wird man sicherlich auch an der Abstimmung sehen und an der Rede, die noch aus unseren Reihen kommt.

Fest steht jedenfalls, dass wir wieder einmal das Reizthema „Entlohnung der Abgeordneten“ auf der Tagesordnung haben. Es ist nicht nur reizvoll, es ist einfach brisant, und zwar aus zwei Gründen:

Wir als Abgeordnete entscheiden in eigener Sache. Und das ist ganz klar, wer in eigener Sache über Geld entscheidet, der wird immer beargwöhnt und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, er wirtschaftet in die eigene Tasche. Aber nach bundesdeutscher Rechtsauffassung und nach geltendem Recht müssen wir selbst entscheiden, keiner kann es uns abnehmen. Also wir müssen es tun. Wir müssen sozusagen in den sauren Apfel beißen. Und ich hätte es sehr gern, wenn man einen so genannten überparteilichen objektiven Schiedsrichter hätte, der es für uns erledigen könnte. Diesen haben wir aber nicht. Wir hatten eine Expertenkommission, mit der wir Erfahrungen gemacht haben. Sie konnte uns am Ende aber nicht die Entscheidung abnehmen. Wir mussten es trotzdem entscheiden. Also es führt kein Weg daran vorbei, es muss Farbe bekannt werden.

Zweitens müssen wir mit unserer heutigen Entscheidung oder besser gesagt mit dem heutigen Antrag und der sich anschließenden Diskussion entscheiden, was ist eine angemessene, die Unabhängigkeit der Abgeordneten sichernde Entschädigung. So steht es ja im Grundgesetz und so steht es in unserer Landesverfassung. Niemand kann genau sagen, was das ist. Und auch das Bundesverfassungsgericht bleibt in seinem Diätenurteil hinlänglich unbestimmt. Je nach politischem und sozialem Standort werden Abgeordnete als geldgierige Raffkes angesehen, die sich auf Kosten der Steuerzahler die Taschen füllen, oder etwa von Spitzenverdienern mit einem müden Grinsen bedacht. Ich rede wohlgemerkt nicht über mittelmäßige Fußballtreter, die sozusagen Millionen im Jahr verdienen.

Übrigens gab es das Diätenproblem nicht, auch daran möchte ich hier erinnern, solange das Abgeordnetenmandat der exklusiven Schicht der politisch und ökonomisch Herrschenden vorbehalten war. Die Reform des Perikles, etwa 460 vor unserer Zeitrechnung, eröffnete im alten Griechenland breiteren Teilen der Bevölkerung den Zugang zum Parlamentsmandat auch durch eine Art Diätenzahlung. In Deutschland ist das erst 1906 geschehen. Und noch die Reichsverfassung von 1871 hat Diätenzah

lung ausdrücklich verboten. Es ist ganz klar, wenn man ein Parlament der Honoratioren eines Landes hat, die das sozusagen nebenbei als Hobby machen, dann braucht man keine Diäten, dann hat man aber das Volk draußen vor. Und deswegen war es ein Sieg der revolutionären Arbeiterbewegung, dass 1906 in Deutschland Diäten eingeführt wurden.

Nun, wir haben den Fortschritt, wir haben auch das Problem.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Allerdings haben wir in Mecklenburg-Vorpommern ein ganz besonderes Problem. Wir haben ein Abgeordnetengesetz, das zumindest hinsichtlich des Paragraphen 28 a nicht durchführbar ist, weil der Maßstab – Durchschnitt der Veränderung der Bruttoverdienste von abhängig Beschäftigten – nicht mehr statistisch erhoben wird. Dieser Punkt lässt sich leicht lösen. Es gibt in unserem Parlament dazu eine breite Übereinstimmung. Dazu gibt es auch keinen Widerspruch in der PDS-Fraktion, nämlich dazu den Begriff – Entwicklung der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte – einzuführen.

Was bleibt, ist die unterschiedliche Auffassung dazu, ob es erforderlich und richtig ist, die Diäten, wenngleich vorsichtig, auf dieser Basis bereits in den Jahren 2001 und 2002 anzuheben. Nun kann ja jeder mal ausrechnen, wie das mit der Inflationsrate ist, von der ich gehört habe, dass sie bei 1,6 Prozent liegen soll. Keiner weiß es so genau.

(Angelika Gramkow, PDS: Der Präsident hat es vorgerechnet.)

Nehmen wir zwei Prozent. Auch dann wird man sehen, wenn man weiß, was die Abgeordneten bekommen, dass es außerordentlich bescheiden ist

(Gerd Böttger, PDS: Dann kann man auch darauf verzichten. – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Witzig.)

und dass sich hier niemand die Taschen füllen will. Selbstverständlich bin ich auch der Meinung, dass man darauf verzichten kann. Aber dazu komme ich noch.

Es lässt sich eben trefflich darüber streiten und ich akzeptiere völlig den Standpunkt, den Herr Böttger gerade so laut tönend von sich gegeben hat, dass man sozusagen in der gegenwärtigen Situation den Status quo für angemessen ansehen kann. Wir ändern mit diesem Gesetz natürlich nichts Erhebliches, wenn es um die tatsächliche Höhe geht.

(Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

Dennoch möchte ich auf das so genannte Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 05.11.1975 verweisen. Dort heißt es unter anderem, die Abgeordnetenentschädigung solle auch der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden. (Man möchte darüber nachdenken.) Ferner hielt das Verfassungsgericht das Amt des Abgeordneten nicht für ein Ehrenamt, sondern für eine Vollzeitbeschäftigung. Dies können wir wohl aus eigener Erfahrung, jedenfalls diejenigen, die hier ihre Arbeit machen, bestätigen. Es folgt nun daraus, dass man sich fragt, ob wir für 2001 und 2002 die Diäten erhöhen müssen – müssen: natürlich nicht.

Aber doch ist einiges sehr auffällig. Und hier will ich ein paar konkrete Fakten nennen. Wenn ich richtig gezählt habe, befinden sich 21 Personen unter uns, die 1998 zum ersten Mal ein Mandat im Landtag Mecklenburg-Vorpommern erhielten. Davon sind zehn Pädagogen, drei Juristen oder Staatswissenschaftler, zwei Beamte, zwei Arbeiter, eine Sozialwissenschaftlerin, ein Theologe, ein Physiker, ein Chemiker. Nun will ich nichts gegen die hier genannten Berufe sagen, schon gar nicht gegen die Pädagogen, ich bin ja ursprünglich selbst einer. Und ich will auch nichts gegen die Abgeordneten sagen, die 1998 hier eingezogen sind. Wir sind alle wunderbare und kompetente Personen, besonders die von der PDS natürlich.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Aber es entsteht für mich doch die Frage: Ist unser Parlament eigentlich so besetzt, wie es seiner Verantwortung zukommt? Wo sind denn die Topwirtschaftsleute?

(Gerd Böttger, PDS: Die sind nicht gewählt worden zum Teil. Frau Glagla zum Beispiel, das ist doch wer.)

Wo sind die Spitzengewerkschafter?