da weigert man sich – richtig – an einer Aktion für Toleranz teilzunehmen, weil diese von einer Stadtpräsidentin eröffnet wird, die PDS-Mitglied ist. Und dann wird bedauert, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die von der CDU ausgestreckte Hand nicht angenommen wurde.
Ach ja, ausgestreckte Hand, Herr Rehberg, der Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten Mecklenburg-Vorpommern reichte den Fraktionen im Landtag die Hand zum gemeinsamen Handeln. Die PDS-Fraktionsvorsitzende nahm die Einladung zur Delegiertenkonferenz des Verbandes an, die SPD-Fraktion übermittelte ein Grußwort und bot die Zusammenarbeit an. Eine Reaktion von der CDU-Fraktion – Fehlanzeige. Der Landesvorstand des VVdN-BdA bat um Gespräche mit den Fraktionen im Landtag. Mit der PDS fand dieses Gespräch bereits statt, mit der SPD-Fraktion wird es zurzeit vorbereitet. Eine Reaktion von der CDU-Fraktion – Fehlanzeige. Vielleicht liegt es ja daran, Herr Rehberg, dass das linksextremistische PDS-Mitglied Peter Ritter stellvertretender Landesvorsitzender dieses Verbandes ist?
Gut, wenn das Ihre Hemmschwelle ist, diese ausgestreckte Hand anzunehmen, dann treffen Sie sich wenigstens mit den Mitgliedern des Verbandes, die im Konzentrationslager saßen oder Angehörige im Konzentrationslager verloren haben! Reden Sie mit ihnen über die Ursachen des Faschismus, über Möglichkeiten, aktiv gegen Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen!
Es gibt aber auch mit Blick auf Ihren Antrag genügend weitere Möglichkeiten, aktiv zu werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie fordern eine Aufstockung der Fächer Geschichte und Sozialkunde. Gut, aber ich frage Sie, warum damit warten. Sicher, Herr Rehberg, Sie haben Recht, Geschichte ist unteilbar. Das gilt aber nicht nur für die Zeit von 1933 bis 1989, sondern auch für die letzten zehn Jahre. Ich will das an einigen Beispielen verdeutlichen:
In meiner Heimatstadt gab es zwei Schulen, die den Namen von Ernst Schneller und Edwin Hörnle trugen. Wer oder was hindert die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern daran, den Schülerinnen und Schülern schon jetzt zu erklären, wer Ernst Schneller und Edwin Hörnle waren, warum die Schulen ihren Namen erhielten und warum die Schulen diese Namen heute nicht mehr tragen? Da muss man nicht auf eine zusätzliche Geschichtsstunde warten.
Im Heimatkundeunterricht der 3. oder 4. Klasse steht das Thema „Meine Heimatstadt“ auf dem Lehrplan. Wer oder was hindert denn die Lehrerinnen und Lehrer daran, den Kindern zu erklären, warum es in ihrer Heimatstadt eine Straße gibt, die nach den Geschwistern Scholl benannt ist, und warum so mancher Straßenname verschwunden ist?
Wer oder was hindert denn die Lehrerinnen und Lehrer oder uns Eltern daran, unseren Kindern den Roman „Nackt unter Wölfen“ oder „Das Tagebuch der Anne Frank“ zum Lesen zu geben?
Ich nenne diese Beispiele, um zu verdeutlichen, und ich weiß, dass es natürlich Lehrerinnen und Lehrer gibt, die so handeln. Aber gerade in den Anfangsjahren nach der Wende fehlte vielen der Mut dazu, weil es von der Politik damals auch nicht so gewollt war.
Und so müssen wir eben auch feststellen, dass die Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr die 10. Klasse beenden, die also 1990 eingeschult wurden, auch wesentlich von dieser Erziehung geprägt wurden und nicht von den antifaschistischen Nachttöpfen in der sozialistischen Kinderkrippe, die ja von einigen als Ursache für Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in unserem Land angesehen werden.
Zurück zu Ihrem Antrag, Herr Rehberg. Sie fordern zu prüfen, ob der Besuch von Gedenkstätten obligatorisch werden kann. Ich muss mich wundern. Soll da etwas verordnet werden? Ich erinnere mich an meine Jugendweihe. Der Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald gehörte zum obligatorischen Programm. Aber noch heute läuft Ihnen ja beim Wort „Jugendweihe“ ein kalter Schauer über den Rücken. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nicht zurück, ich will also auch keine obligatorischen Besuche. Ich will eine Kinder- und Jugendpolitik und eine Politik überhaupt, die die Men
schen selbst befähigt und motiviert, aktiv gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus aufzutreten.
Wissen um historische Wurzeln und Auswirkungen des Rechtsextremismus muss dabei vermittelt und angeeignet, darf aber nicht verordnet werden. Eine Erkenntnis, die man gewinnt, wenn man sich ernsthaft mit seiner eigenen Vergangenheit auseinander setzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, rechtsextremistische Erscheinungen können nur dann zurückgedrängt werden, wenn es gesamtgesellschaftliche Anstrengungen über einen längeren Zeitraum gibt. Eine gewollte Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt und Beförderung von Demokratie und Toleranz unter der Prämisse der Finanzneutralität wird da keinen Erfolg haben. Das sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich,
auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine Kampagne allein nicht ausreicht, sondern längerer Atem vonnöten sein wird. Weiter denke ich, dass eine Zurückdrängung von Fremdenfeindlichkeit als eine tragende Säule rechtsextremer Weltbilder ohne Veränderung der ausländerrechtlichen Bestimmungen nicht möglich sein wird, da sie dem Grundsatz von der Ungleichwertigkeit und Ungleichbehandlung von Menschen ständig neue und staatlich praktizierte Nahrung geben. Die neuerlichen Diskussionen zur Abschaffung des Asylrechts laufen dabei genau in die falsche Richtung.
Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich mit beiden vorliegenden Anträgen nicht ganz zufrieden bin. Dennoch meine ich, dass wir heute die Entschließung gemeinsam verabschieden sollten, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen, und den Antrag der CDU zum Anlass nehmen sollten, hier im Landtag eine Anhörung durchzuführen, bei der wir gemeinsam mit Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften, Kirchen und allen, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen, über konkrete Handlungsschritte beraten und sie festlegen. Vielleicht können wir Parlamentarier dabei auch lernen, wie man trotz unterschiedlicher politischer Herkunft etwas gemeinsam gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus tun kann. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zitieren aus dem „Nordkurier“ vom 21.09. diesen Jahres, also, wenn ich mich recht entsinne, vom heutigen Morgen. Da steht im Kommentar über unsere Sitzung gestern – und ich übertrage das mal auf Ansätze, die ich jetzt schon wieder habe konstatieren müssen, und ich denke, da passt das: „Zwar wähnte sich der Beobachter gestern kaum noch in ernsthaften politischen Gefilden – so oft wie in Schimpfkanonaden von Polemik, Heuchelei und unseriösen Machwerken die Rede war. Aber das sind Stilfragen. Und mit denen hatte das Parlament schon immer ein Problem.“ So wir
ken teilweise unsere Diskussionen hier und den Ansatz dazu habe ich vorhin – ich habe es gerade gesagt – schon wieder feststellen müssen. Es ist mir zuwider, ich sage das persönlich mit allem Nachdruck, mir ist das wirklich zuwider, bei gerade diesem Thema diese Auseinandersetzung immer wieder erleben zu müssen, wie wir sie hier ständig erleben müssen, nämlich den anderen in aller Öffentlichkeit schlecht zu reden, schlecht zu machen mit der vielleicht vagen Hoffnung, nachher selber viel besser oder gut dazustehen. Ich glaube, das hat die Öffentlichkeit und das haben diejenigen, die unsere Diäten bezahlen, nicht verdient, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, allein in dieser Wahlperiode hat sich der Landtag schon mit etlichen Anträgen und auch in einigen Aktuellen Stunden mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander gesetzt. Unstrittig ist dabei, denke ich auch, so hoffe ich zumindest, dass es richtig und wichtig ist, dies am heutigen Tage erneut zu tun, denn nach den Vorfällen der letzten Wochen und Monate, vor allem auch in der Sommerpause, haben sich die Maßstäbe verschoben. Endlich hat eine breite, gesamtgesellschaftliche Diskussion eingesetzt und es hat den Anschein, als sei nichts mehr wie vorher. Es ist eben nicht so, wie manche Politiker doch tatsächlich öffentlich von sich geben, dass es sich hier um eine überzogene Debatte handele und die Diskussionen der vergangenen Woche an der Wirklichkeit vorbeigehen. Meine Damen und Herren, wer so redet, der verkennt die Tatsachen und schwächt dabei alle Bemühungen demokratischer Bündnisse gegen Rechts.
Aber, meine Damen und Herren, ich habe in den vergangenen Wochen mit Freude zur Kenntnis genommen, dass sich zum Beispiel auch die Wirtschaft dieser Republik und dieses Landes zu Wort meldet und klarstellt, dass sie die gewalttätigen und rechtsextremen Vorfälle verurteilt und gemeinsam mit allen Demokraten, im Schulterschluss mit den Gewerkschaften dagegen vorgehen wird. Es werden seitdem beispielsweise Argumentationshilfen für Arbeitgeber erarbeitet, die gegen rechtsextreme Mitarbeiter arbeitsrechtlich vorgehen wollen.
So erfreulich und gut dies auch ist, so darf doch eins dabei nicht verkannt werden. Der Hauptbeweggrund, warum alle demokratischen Kräfte gemeinsam gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit vorgehen müssen, ist der völlig unakzeptable Verstoß der Gewalttäter gegen die elementaren Grundsätze der Menschlichkeit. Und das muss allen klar sein und nochmals nachdrücklich ins Bewusstsein gerufen werden, meine Damen und Herren.
Ich möchte auch festhalten, nicht die Ausländer und Wehrlosen stehen außerhalb dieser Gesellschaft oder verletzen die Grundregeln unserer Gesellschaft. Außerhalb dieser Gesellschaft stehen diejenigen, die Wehrlose in bislang ungekannter Brutalität zu Tode treten, Ausländer hetzen und zusammenschlagen. Deshalb muss von diesem Landtag das unmissverständliche Signal ausgehen, dass wir denjenigen die Hand entgegenstrecken, die an solchen Menschenrechtsverletzungen nicht beteiligt waren und ernsthaft der rechtsextremistischen Ideologie abschwören.
Meine Damen und Herren, den anderen aber will ich, sollten wir von dieser Stelle aus ein anderes Signal senden. Wer so handelt, der steht außerhalb dieser Gesell
schaft und wird von diesem Staat mit aller Entschiedenheit verfolgt und bestraft werden. Für sie kann nur eins gelten: null Toleranz!
Die Entschiedenheit eines solchen Signals ist davon abhängig und erfordert es, dass alle politischen Kräfte dieses Landes und vor allem natürlich die des Landtages zusammenarbeiten und nicht vorhandene Aktivitäten schwächen. Und an dieser Stelle, meine Damen und Herren, entscheidet es sich, wie man weiter umgeht mit dem Thema und der so oft beschworenen Gemeinsamkeit der Demokraten.
Ich habe lange darüber nachgedacht, an dieser Stelle habe ich nämlich mein gesamtes Manuskript geändert. Ich könnte nun deutlich machen, wer sich hier wem verweigert. Ich könnte wirklich für die Galerie und medienwirksam über bestimmte Parteien oder Fraktionen herfallen und Anlässe dazu sind auch vorhin eigentlich schon geliefert worden. Aber ich sage es noch mal, es ist mir einfach zuwider, und ich denke, uns allen ist es zuwider. Es geht hier nicht im Wettbewerb darum, wer ist der bessere Demokrat, meine Damen und Herren. Ich frage Sie allen Ernstes: Ein solcher Streit zwischen den Fraktionen und Parteien hier im Landtag, in aller Öffentlichkeit geführt, ohne die Gemeinsamkeit überhaupt nur zu versuchen, kann so etwas Sinn machen? Kann es Sinn machen, angesichts von Toten, der misshandelten und gefolterten Opfer einen solchen Zank, denn Streit ist das nicht mehr, einen solchen Zank hier auszufechten?
Wenn wir das so tun, wie es hier schon angedeutet worden ist, laden wir dann nicht wirklich Schuld auf uns? Sind wir nicht vielmehr verpflichtet – und damit meine ich alle hier –, parteipolitische Vorbehalte, Taktiken und Strategien zur Seite zu schieben und zusammen gegen die Feinde unserer gemeinsamen Demokratie anzugehen?
Ich sage auch ganz bewusst, jede Seite – und da schließe ich meine Seite mit ein – hat in diesem Parlament in den vergangenen Monaten Fehler gemacht. Dazu muss man dann auch mal stehen. Aber ich sage ganz bewusst noch mal, jede Seite. Und bei diesem Thema wäre es ein Zeichen von Stärke aller hier, dies einzugestehen
Meine Damen und Herren, schaffen wir es nicht, über unseren eigenen Schatten zu springen, wir über unseren und Sie über Ihren, wer wird dann der lachende Dritte sein? Das frage ich Sie allen Ernstes. Diese Frage müssen wir uns stellen und wir müssen sie uns beantworten. Meine Antwort auf diese Frage ist relativ einfach. Es werden lachen die Neonazis, die rechtsextremistischen Verbände, Organisationen und Klubs werden immer dreister und werden uns auslachen. Sie lachen über die zerstrittenen Demokraten, die noch nicht einmal in der Lage sind, gemeinsam eine Entschließung im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, zu dem Thema Selbstverständlichkeiten: Unsere Kolleginnen und Kollegen im Landtag von Niedersachsen haben sich fraktionsübergreifend für eine Entschließung entschieden. SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen haben nicht lange gezögert, sind über ihre Schatten gesprungen, sind aufeinander zugegangen und haben heute vor 16 Tagen, nämlich am 5.September, im Landtag von Niedersachsen gemeinsam ein Signal gegeben, ein Signal, dessen Charakter durch Ihren Fraktionsvorsitzenden mit Selbstverständlichkeiten überschrieben sind, nämlich ein Signal gegen fremdenfeindliche Übergriffe, ein Signal gegen Gewalt und Extremismus, ein Signal für Toleranz und Achtung der Menschenwürde, dass man als Landtag den Jugendgruppen und Initiativen dankt, dass Polizei und Verfassungsschutz weiterhin alle Anstrengungen zu unternehmen haben.