Und das ist wohl auch richtig so, denn wenn man sich die Ist-Zahlen von 1999 ansieht, dann wird das klar. Die sind nämlich deutlich niedriger als die Veranschlagung fürs Jahr 2000.
(Wolfgang Riemann, CDU: Dann gucken Sie doch mal in das Ist, in Ihr eigenes Ist rein im Ver- lauf dieses Jahres! Gucken Sie doch da mal rein!)
Herr Riemann, ich habe Ihnen ja gesagt, wir haben ein Volumen von über 9,2 Milliarden und wenn es da um 1 0 0 Millionen Abweichungen geben sollte, dann ist das ein Prozent. Und wenn Sie glauben, dass dieses eine Prozent dann gleich wieder für zusätzliche Ausgaben genutzt werden kann, dann kann ich nur sagen: Herr Riemann, was sind Sie für ein finanzpolitischer Sprecher?
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Finanzpolitik muss was ermöglichen und nicht verhindern.)
Und ich sage Ihnen noch eins, es wird Ihnen nicht gelingen – das war doch die Absicht heute hier in Ihrer Rede –, einen Keil zwischen meine Ministerkollegen und mich zu treiben.
(Wolfgang Riemann, CDU: Wir werden das gleich sehr hellhörig überprüfen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)
Das wird Ihnen nicht gelingen, denn wir haben das sehr transparent veranschlagt. Ihre Rede hier fand ich schon mehr als primitiv.
Im Übrigen, es verwundert mich, dass ein finanzpolitischer Sprecher einer Oppositionspartei, der ja für sich in Anspruch nimmt, für den Landeshaushalt und für die Kommunalfinanzen so zu kämpfen, dass der nicht ein Wort zur Nettokreditaufnahme gesagt hat. Da schweigt er.
(Wolfgang Riemann, CDU: Den Spielraum, den kenne ich, den Sie haben, Frau Keler. Der steht im Haushalt drin. Warum soll ich das noch erläutern?)
Herr Riemann, wir werden sehen, wie das Ist 2000 ausgeht, Herr Riemann, und erst dann rede ich mit Ihnen weiter über die anderen Sachen. Es ist schon peinlich, wenn Sie sogar Minderbedarfe, die aufgrund von Rückgängen in den Schülerzahlen da sind, gleich wieder für andere Sachen ausgeben wollen, ohne mal zu sagen, wie Sie eigentlich mit der Nettokreditaufnahme umgehen wollen.
(Wolfgang Riemann, CDU: Das wollte Frau Gramkow übrigens auch. Das hat sie in ihrer Rede gesagt. Weil Bildung eine Zukunfts- frage ist, Frau Keler, und kein Steinbruch.)
Das tun Sie nämlich überhaupt nicht. Und da wird, Herr Riemann, ganz deutlich, wie unsolide Sie sind und wie primitiv Ihre ganze Herangehensweise ist.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1400, die Ergänzung auf Drucksache 3/1475 sowie die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 3/1399 zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Wirtschaftsausschuss, den Landwirtschaftsausschuss, den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur, den Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung, den Sozialausschuss, den Umweltausschuss und den Tourismusausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig an die genannten Ausschüsse überwiesen.
Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Gesundheitsbericht für das Jahr 1998, auf Drucksache 3/1249.
Im Ältestenrat wurde zu diesem Tagesordnungspunkt vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minu
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Berichterstattungen, erst recht Sozialberichterstattungen, sollten niemals Selbstzweck sein. Jede Situationsanalyse macht nur dann Sinn, wenn sie als Steuerungselement für Politikentscheidungen nutzbar ist. Leider ist es um die Sozialberichterstattung in der Bundesrepublik und auch in MecklenburgVorpommern nicht so gut bestellt, dass dieses Ziel auch immer erreicht wird. Aber die Berichterstattung ist im Umbruch.
Nach jahrzehntelangen Verweigerungen von Bundesregierungen nimmt die derzeitige rot-grüne Koalition endlich eine qualifizierte Armuts- und Reichtumsberichterstattung in Angriff. Und in Mecklenburg-Vorpommern? Nicht erst die vernichtende Kritik des Landesrechnungshofes an der bisherigen Sozialberichterstattung ließ mich den Entschluss fassen, zu einer indikatorgestützten Berichterstattung für Mecklenburg-Vorpommern überzugehen. Statt bisher punktueller Analysen, die nur Situationen schlagartig darstellen, lassen Indikatoren, kontinuierlich verfolgt, Entwicklungen erkennen und Reaktionen auf veränderte Rahmenbedingungen zu. Natürlich braucht diese Umstellung Zeit. Derzeit werden geeignete Indikatoren ermittelt. Mit der fälligen Jugendberichterstattung soll mit dieser neuen Methodik begonnen werden.
Eine lobenswerte Ausnahme im Sozialberichterstattungsgeschehen bildet die Gesundheitsberichterstattung. Die Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden hat in einem langen Abstimmungsprozess zwischen den Ländern einen Indikatorensatz bestimmt, der, von allen angewandt, hohe Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit der Daten ermöglicht.
Mit dem uns heute vorliegenden Gesundheitsber i c h t 1998 für Mecklenburg-Vorpommern wurde der vereinbarte AOLG-Indikatorensatz nahezu vollständig realisiert. Erlauben Sie mir, mich an dieser Stelle bei allen daran Beteiligten recht herzlich zu bedanken.
Neben den Zahlen der Bevölkerungsentwicklung stehen vielfältige Aussagen zum Gesundheitszustand unserer Bevölkerung, zu deren gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen, zu den Gesundheitsrisiken aus der natürlichen und technischen Umwelt, zum medizinischen und sozialen Arbeitsschutz bis hin zur materiell-technischen und personellen Infrastruktur im Gesundheitswesen zur Verfügung.
Noch sind wir von der Bevölkerung her das jüngste Bundesland. Doch seit 1990 ist ein Alterungsprozess zu registrieren, der sich künftig noch verschärfen wird. Die Verschiebung in der Altersstruktur wird signifikant sichtbar beim Rückgang der 0- bis 15-Jährigen von 22 Prozent im Jahre 1990 auf 15,2 Prozent im Jahre 1998 und dem Anstieg der über 65-Jährigen im selben Zeitraum von 10,9 Prozent auf 13,8 Prozent. Im Jahre 2020 wird der Anteil der über 65-Jährigen bei circa 22 Prozent liegen. Politik und Verwaltung sind gut beraten, sich heute langfristig darauf einzus t e l l e n.
Dieser Alterungsprozess ist übrigens in ganz Deutschland, ja in allen entwickelten Industrienationen zu verzeichnen. Auch die gerade veröffentliche 9. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Bundes und der Länder geht davon aus, dass sich der Anteil der Altersgruppe über 65 in Deutschland von derzeit 16 Prozent auf 22 Prozent im Jahre 2020 erhöhen wird. In MecklenburgVorpommern geht es allerdings mit größerer Dynamik, so dass wir nach 2020 – wie eine EUROSTAT-Aussage voraussagt – neben Ligurien zu den ältesten Regionen Europas zählen werden.
Sich dem demographischen Wandel zu stellen, heißt aber nicht nur, mehr Pflegeheime zu bauen. Längeres Leben sollte auch gute Lebensqualität ermöglichen. Deshalb sind vor allem die Potenzen, die in geriatrischen Behandlungsangeboten stecken, dringend für mehr ältere Patientinnen und Patienten zu erschließen.
Hier steht Mecklenburg-Vorpommern noch ganz am Anfang. Obwohl vor zweieinhalb Jahren ein Geriatriekonzept vereinbart wurde, sind die Resultate ernüchternd. Einerseits werden geriatrische Rehabilitationseinrichtungen völlig unzureichend genutzt, während Ältere mit geriatrierelevanten Indikationen entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse viel zu lange in unseren Krankenhäusern verbleiben. Seit dem Frühjahr dieses Jahres analysieren wir im Sozialministerium die Ursachen, im Sommer wurden die Krankenhäuser befragt, jetzt wird ein Diskussionsprozess aller Beteiligten von mir moderiert, der uns hoffentlich die Hindernisse überwinden hilft.
Erforderlich ist meines Erachtens hier eine abgestimmte Entwicklung von geriatrischen Leistungen, ambulanten und stationären Pflegeangeboten sowie vielfältigen betreuten Wohnformen. Hierbei kommt es insbesondere darauf an, bestimmte Sachverhalte in der Landespolitik als Querschnittsaufgabe zu begreifen und umzusetzen. Erste Schritte dazu werden in Vorbereitung der 2001-er Planung gegangen.
Erfreulich ist, dass bei den Geburten seit 1990 wieder ein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnen ist. Allerdings ist mit 68 Lebendgeburten je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner gegenüber den alten Bundesländern mit 102 Lebendgeburten noch ein deutlich niedrigeres Geburtenniveau zu registrieren, auch wenn tendenziell eine Angleichung erkennbar ist. Entscheidend dafür, dass diese Entwicklung so weitergeht, wird sein, dass es gelingt, die Abwanderung vor allem junger Frauen aus Mecklenburg-Vorpommern zu stoppen. Allerdings ist auch bemerkenswert, dass wir bei der diesjährigen Regelkostenermittlung für unsere Kindertagesstätten feststellten, dass mehr Kinder im Land sind, als hier geboren wurden, wir also auch Zuzüge gerade junger Familien haben.
Erfreulich ist, dass das Ja zum Kind in MecklenburgVorpommern bei jungen Frauen steigt. Hatten wir in den Jahren 1990 bis 1992 noch jährlich 7.000 Abbrüche zu verzeichnen, so waren es 1997 bis 1999 jährlich noch circa 3.500 Schwangerschaftsabbrüche. Diese lassen im Land vor allem verheiratete Frauen vornehmen, die bereits ein oder mehrere Kinder geboren haben. Mit Sachsen haben wir von den neuen Bundesländern die geringsten Abbruchraten. Das spricht doch von Zukunftszuversicht der hier lebenden jungen Familien.
Gesundheitsbereich für die Vorsorge, Behandlung und Rehabilitation zur Verfügung. Die Krankenhausplanung ist für die Jahre 2000 bis 2003 fortgeschrieben. Nicht starre Vorgaben prägen diese Planung, sondern ein an der Auslastung orientiertes, optimiertes Ausgangsniveau wird mit Hilfe sachgerechter Grundsätze kontinuierlich dem sich ändernden Bedarf anzupassen sein.
Im ambulanten Bereich haben wir einen – im Bundesvergleich – hohen Versorgungsgrad mit Ärztinnen und Ärzten sowie Zahnärztinnen und -ärzten zu verzeichnen.
Im öffentlichen Gesundheitsdienst konnte 1998 erstmals der Personalabbau gestoppt werden, eine Entwicklung, die angesichts der vielfältigen Aufgaben auch dringend erforderlich war.
Gewaltig sind für den Gesundheitsbereich aus dem Bundes- und Landeshaushalt sowie von den Krankenkassen zur Verfügung gestellte finanzielle Mittel. Unübersehbar ist, dass es nicht einfach sein wird, auch bei Haushaltskonsolidierung das ehrgeizige Ziel zu erfüllen, die Krankenhaussanierung und -erneuerung an allen Standorten bis 2004 erreicht oder zumindest baulich begonnen zu haben. Um die prekäre Finanzsituation der Krankenkassen abzumildern, die wesentlich natürlich die Krankenhausbudgets, das Honorarbudget für die Niedergelassenen sowie das Arzneimittelbudget bestimmen,
hat die Landesregierung vielfältige Initiativen unternommen. Ich darf Sie nur erinnern an die im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform vereinbarte bundeseinheitliche Ausgestaltung des Risikostrukturausgleichs oder an die derzeitigen Bemühungen, einen Teil der aus dem Risikostrukturausgleich zur Verfügung stehenden Mittel auch für die Verbesserung der ambulanten Versorgung im Osten zu erschließen. Eine kollektive Haftung der Ärzte für die notwendigen Kosten der Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten werden wir darüber hinaus auch nicht dulden.
(Harry Glawe, CDU: Das hat doch aber Ihre Regierung in Berlin beschlossen. – Heiterkeit bei Irene Müller, PDS)